Hohes Haus! Vor 12 Jahren durcheilte die sudetendeutschen Gebiete die Schreckensnachricht von dem blutigen Ereignis des 4. März. An diesem Tage waren Hunderttausende Sudetendeutsche in unseren Städten zu großen Kundgebungen zusammengekommen. An diesem Tage trat in Wien die deutsch-österreichische Nationalversammlung zum erstenmal nach dem Weltkrieg zusammen, die erste, seit der Konstitution Österreichs ohne die Sudetendeutschen. An diesem Tage erscholl der Ruf nach dem Selbstbestimmungsrecht der Sudetendeutschen durch unsere Heimat, der im Glauben an eine Weltgerechtigkeit und im Glauben an eine neue Ordnung der Dinge erhoben worden ist. Viele Millionen Menschen glaubten damals, daß das Zeitalter der Gewalt, das Zeitalter der Macht, ein Ende nehmen und daß nun eine Zeit neuer Ordnung die Menschheit beherrschen würde. An diesem Tage blieben 54 Sudetendeutsche tot auf den Straßen und Plätzen unserer Heimat und bezahlten an diesem Tage die Irrlehre von einer imaginären Weltgerechtigkeit, von einer imaginären Verbrüderung aller Nationen mit ihrem Blute. Sie bezahlten ihren Glauben, den man ihnen eingeredet hat, den Glauben an eine neue Zeit, mit ihrem Leben.
Wenn wir heute, 12 Jahre nach diesen Ereignissen, dieser Toten gedenken, da erhebt sich angesichts dieses Augenblicks die Frage: "Was hat sich denn grundsätzlich seit jenen Tagen in unserer Heimat geändert?" Viele Deutsche glaubten, daß im Jahre 1926 so etwas wie eine grundsätzliche Wandlung der Dinge in diesem Staate vor sich gegangen sei. Aber wir haben erst vor wenigen Tagen aus dem Munde einer Persönlichkeit, die damals an den Ereignissen außerordentlich beteiligt war, aus dem Munde des Herrn Ministers Dr. Spina auf dem Parteitage des Bundes der Landwirte in Teplitz-Schönau hören müssen, daß die Blütenträume des Jahres 1926, daß eine deutsch-èechische Zusammenarbeit ohne grundsätzlich vorhergegangene Auseinandersetzung möglich sei, leider nur Träume geblieben sind. Der Bericht des Ministers Dr. Spina als des prominentesten Führers des Bundes der Landwirte, war eine einzige Bankerotterklärung der Auffassung des Gedankens der bedingungslosen Zusammenarbeit zwischen Deutschen und Èechen in diesem Lande. In nationaler, sozialer und politischer Beziehung sind wir seither nicht einen Schritt vorwärts, vielmehr ununterbrochen ins Hintertreffen gekommen. Aber selbst die Beteuerungen der Regierungsparteien, doch weiter mitarbeiten zu wollen und weiterhin diesem System ihre Kraft und ihr Können zu leihen, findet auf èechischer Seite so gut wie gar keine Gegenliebe. Das Echo, das aus dem èechischen Blätterwalde in diesen Tagen nach der Rede des Herrn Ministers Spina uns entgegenhallte, zeigt klar und deutlich die psychologische Einstellung des èechischen Volkes und zeigt, daß sich in dem überaus großen Teil des èechischen Volkes nichts geändert hat in der grundsätzlichen Auffassung des Zusammenlebens beider Völker in diesem Lande. Die "Národní listy" leugnen einfach das deutsche Sprachgebiet, wie das ja auch Herr Minister Spina bedauernd auf dem Teplitzer Parteitag gesagt hat. Dieses Blatt begründet seine Haltung gegen die Deutschen in diesem Lande damit, daß die Sudetendeutschen immer noch nicht verläßlich seien, daß sie politisch oppositionell gesinnt seien, ja daß diese Oppositionellen in den sudetendeutschen Gebieten sich in der Mehrheit befänden. Dieses Blatt und seine Anhänger fragen sich nicht, warum denn die Opposition im Anwachsen begriffen ist, warum die Opposition im Angriff sich befindet. Sie kommen noch immer nicht darauf, daß einzig und allein die Haltung des èechischen Volkes, die Haltung, die wir von Tag zu Tag an unserem Leibe, an unseren Arbeitsplätzen, in unserem nationalen, sozialen und politischen Leben spüren, die Ursache der immer stärker und stärker werdenden oppositionellen Einstellung des Sudetendeutschtums darstellen. Wenn die "Národní politika" andererseits darüber jammert, daß die grundsätzliche Opposition, die die Mehrheit im deutschen Lager darstellt, weiterhin im Zunehmen begriffen sei, dann soll sich auch dieses Blatt die Frage vorlegen, warum das so ist. Es ist ja doch ohnedies nur der Lammsgeduld des Sudetendeutschtums zuzuschreiben, daß die oppositionellen Parteien nicht noch einen wesentlich stärkeren Anhang in ihrem Lager zählen und daß die Sudetendeutschen nicht die politische Konsequenz bereits gezogen haben aus den letzten Ereignissen, die jedes andere politisch denkende Volk, jedes Volk, das auf Ehre hält, das aber auch die sozialen und politischen Ereignisse richtig zu beantworten versteht, längst schon eingenommen hätte.
Wie stehen denn heute die Dinge in unserem Lande? Die Arbeistlosigkeit, die in unserem sudetendeutschen Gebiet sicherlich nicht wir sind nicht so intransigent, das behaupten zu wollen - absichtlich gesteigert oder in unseren Gebieten gefördert würde, die aber in der sozialen Struktur unseres sudetendeutschen Gebietes ihre Begründung hat, gegen diese Arbeitslosigkeit, leistet der Staat, leisten die Parteien, die seit Jahr und Tag in der Regierung sitzen, nichts, insbesondere haben die èechischen Parteien, die in der Mehrheit sind, kein Verständnis dafür. Die Staats- und Landesaufträge, die allein in Wirklichkeit gegenwärtig einigermaßen der deutschen Industrie oder unserer Wirtschaft überhaupt die Möglichkeit geben würden, einigermaßen einen kleinen Prozentsatz unserer Betriebe in Gang zu setzen, sie werden ausschließlich den èechischen Industrien, den èechischen Gegenden zugeschanzt. Die Militärtuchlieferungen z. B. in den letzten Wochen sind vom Militärärar ausschließlich an Industriefirmen im èechischen Gebiete verliehen worden. (Posl. inž. Jung: Reichenberg kennt man nicht!) Man kennt weder unsere Reichenberger noch unsere sonstigen nordböhmischen oder nordmährischen und schlesischen Industriegebiete. Erst gestern, am 4. März, hat der Landesausschuß von Böhmen Lieferungen um 105,748.000 Kè vergeben, von denen nicht ein einziger Auftrag an eine deutsche Firma oder an eine deutsche Arbeiter beschäftigende Firma verteilt worden ist. So finden wir, daß bei Schul- und Staatsbauten, die im deutschen Gebiete durchgeführt werden - wir stellen dies hier zum wiederholten Male fest - eine einseitig protektionistische Bevorzugung der èechischen Lieferanten und Firmen vorhanden ist, die in der Zeit der unerhörtesten Arbeitslosigkeit bei uns Arbeiter aus fremden Bezirken entgegen den bestehenden Vorschriften verwenden, und die Staatsbauten werden fast ausschließlich - oder wir können ganz ruhig sagen: ausschließlich - èechischen Baumeistern und Bauunternehmungen zugeschanzt. Wenn es vorkommen kann, daß in einem Bezirke wie Aussig, wo die Masarykstaustufe gebaut wird, der Betriebsingenieur dieser Staustufe in einem Bezirk, der 7.000 Arbeitslose zählt, es fertig bringt, den deutschen Arbeitsuchenden zu erklären: "Für Deutsche haben wir keine Arbeit", dann ist das eines der ungeheuerlichsten Dinge, (Výkøiky na levici.) wenn man sich dazu noch überlegt, daß dieser Aussiger Bezirk eine der ergiebigsten Steuerquellen dieses Staates ist, die größte finanzielle Ressource bietet. Wir haben das Vergnügen, Steuern zu bezahlen, aus denen alle diese Unternehmen gebaut und errichtet werden, aber unsere Arbeitslosen werden auf 20 Kè monatlich, im besten Falle auf 40 Kè monatlich Staatssubvention gesetzt, wenn sie nicht gewerkschaftlich organisiert sind.
Wie steht es denn um die Staatsangestellten? Hat sich denn da seit jenen Tagen etwas geändert? Sehen wir nicht, daß wir Deutschen geradezu ein Volk sind, das man pensioniert, das ganze Volk im öffentlichen Dienste auf den Aussterbeetat stellt? Und wenn wir uns vorstellen, welche Kämpfe im alten Österreich um jede einzelne Staatsdienststelle von Seite des èechischen Volkes - mit Recht - geführt worden sind, dann sehen wir erst, wie ungeheuerlich benachteiligt wir in unserem deutschen Siedlungsgebiete sind. (Výkøiky posl. inž. Junga.) Wie ist es denn in der Frage der Bodenreform, die auch jetzt noch ihre Fortsetzung findet? Haben wir da nicht eine Niederlage nach der anderen? Ist es nicht eine unerhörte Schande, nicht nur für das System, sondern für alle an dem System beteiligten Parteien, daß wir heute deutsche Regierungsparteien haben, einige, die zwei Jahre, andere, die vier und fünf Jahre in der Regierung sitzen, und trotzdem noch immer den Bodenreform-Verwaltungsausschuß in diesem Lande haben, der noch immer eine camera obscura ist, die noch nicht ein einziges deutsches Mitglied zählt, die noch immer keine Möglichkeit gibt, auch nur die geringsten Rechte des sudetendeutschen Volkes wahrzunehmen oder in irgendeiner Weise zu vertreten. (Posl. inž Jung: Und da gibt es eine deutsche Partei, die für sich das Monopol der Vertretung des landwirtschaftlichen Grundbesitzes in Anspruch nimmt!) Das ist richtig, wie Koll. Jung sagt, die Partei des Bundes der Landwirte, müßte den allergrößten Wert darauf legen, daß der landhungrige Kleinbauer in unserem Gebiete, das eingeschlossen ist von den Großgrundbesitzern, jetzt von dem zu verteilenden Boden etwas abbekäme.
Und haben wir es nicht bei der Volkszählung wieder erlebt, in welcher Art und Weise man gegen das deutsche Element in diesem Lande vorzugehen sich erdreistet? Brauche ich über die Sprachenschikanen et as zu sagen, brauche ich darüber zu sprechen, welcher Methoden sich jeder Bezirkspascha draußen bedient, sich selbst über oberstverwaltungsgerichtliche Entscheidungen hinwegsetzt, wie jüngst der Bezirkshauptmann von Podersam, der einfach erklärte, daß oberstgerichtliche Entscheidungen ihn nichts angehen und sich - nicht in materiellen, sondern in personellen Fällen - einfach darüber hinwegsetzte. Es herrschen in diesem Staate nicht Parlamentarismus und Demokratie, sondern Bürokratismus und Absolutismus des Bank- und Börsenkapitals. Wenn wir weiter darauf hinweisen, daß in diesem Lande sogar nicht nur die Parlamentsreden, sondern auch die Interpellationen konfisziert und zensuriert werden, dann ist das Bild noch immer nicht ein vollständiges, aber dann ist dieses Bild wenigstens so im großen und ganzen umrissen und beleuchtet die gerechte Lage, in der wir uns angeblich befinden, einigermaßen. (Výkøiky posl. inž. Junga.)
Vor ein paar Tagen hat unser erster Parteivorsitzender Koll. Jung, eine Zuschrift der Kammer bekommen, in der ihm aufs höflichste mitgeteilt wurde, daß seine Interpellation, in der er einen Artikel unseres Kollegen Abg. Schubert niederlegte, an drei verschiedenen Stellen der Konfiskation verfallen sei. (Posl. inž. Jng: Im alten Österreich hätte es kein Präsidium des Abgeordnetenhauses jemals gewagt, etwas zu zensurieren!) Jawohl!
Dabei muß jeder objektive Mensch, der diesen Aufsatz, diese Interpellation liest, feststellen, daß es geradezu unsinnig ist, was sich das geehrte Präsidium hier wieder einmal herausgenommen hat. Ich habe vor mir einen Zeitungsausschnitt aus der "Hultschiner Zeitung", der deshalb besonders interessant ist, weil er zeigt, welche Methoden in gewissen Teilen dieses Landes, heute da und morgen dort, herrschen. "Die berechtigten Hoffnungen der deutschen Hultschiner Bevölkerung" - so heißt es in dem Aufsatz "daß die im Vorjahr stattgefundene Volkszählung auf Grund der wiederholten Erklärungen des Innenministeriums wie auch anderer zuständiger Stellen, insbesonders aber auf Grund der Teilnahme deutscher Parteien an der jetzigen Regierungsmehrheit, in sachlich gerechter Weise durchgeführt wird, haben bei der Hultschiner Bevölkerung die größte Enttäuschung seit der Einverleibung dieses Gebietes hervorgerufen. Scharenweise wurden und werden diejenigen Personen aus den Gemeinden des Hultschiner Ländchens, die sich zur deutschen Nationalität bekannt haben, vor die zuständige politische Bezirksbehörde vorgeladen. Die Bezirksbe örde Hultschin hat sich für die protokollarische Einvernahm nachstehendes Protokollschema zurechtgelegt:
Verhandlungsgegenstand: Der erschienene N. N. ..... vom Beruf .... wohnhaft in ..... gibt folgende Erklärung ab;
1. Meine Muttersprache èechoslovakisch (mährisch);
2. In meiner Familie - meinem Haushalte spreche ich auch èechisch (mährisch);
3. Die deutsche Sprache beherrsche ich vollkommen;
4. Meine Kinder besuchen die èechische Schule in ......
Zur Begründung, daß ich bei der Volkszählung die deutsche Volkszugehörigkeit angegeben habe, führe ich an ......
Dieses Protokollschema hat natürlich zur Folge, daß die meisten trotz der Furcht vor der behördlichen Autorität die Unterschrift zu dem verfaßten Protokoll verweigern."
Und so, wie es in diesen Gebieten geht, geht es auch in unzähligen anderen. Wir haben Fälle ... (Posl. inž. Jung: Krawarn z. B.!) Jawohl! In dieser Gemeinde, wo 50 bis 100 Personen, ja 120 Personen zur Hultschiner Bezirksbehörde vorgeladen wurden, (Posl. inž. Jung: Schon 250 Personen!) insgesamt 250 Personen, wie Koll. Jung richtig ruft, von denen allen man eine Unterfertigung dieses vorhin erwähnten Protokolls verlangte. Um was es sich bei diesem Protokoll handelt, geht aus dem Aufsatze hervor, den ich eben verlesen habe. Der Hinweis darauf, daß die Betreffenden die èechische Sprache überhaupt oder nur genügend verstehen, wird einfach nicht beachtet. Man droht vielmehr mit Polizeistrafen. Unser Parteivorsitzender Abg. Jung hat am 3. März beim Bezirkshauptmann in Hultschin telephonisch interveniert, wobei sich der Bezirkshauptmann auf den Standpunkt stellte, daß die Bevölkerung des Hultschiner Gebietes durchwegs der èechischen Sprache mächtig sei, sie wolle aber nicht èechisch reden. (Posl. inž. Jung: Die Bezirksbehörde behandelt die Leute schlechter, als jemals die Schwarzen in irgendeiner Kolonie behandelt worden sind!) Sehr richtig. Abg. Jung verwies darauf, daß die Auffassung der Bezirksbehörde irrig sei und da stellte sich der Herr Bezirkshauptmann auf den Boden des Sprachengesetzes. Da ist er allerdings im Recht, aber es ist jedenfalls merkwürdig, daß eine Regierung, in der auch Deutsche sitzen, das Sprachengesetz noch nicht einmal gemildert hat. Ja es ist kennzeichnend, daß man nicht einmal in Sachen der Volkszählung sich der eigenen Muttersprache bedienen darf. Zur Volkszählung in Hultschin ist noch darauf hinzuweisen, daß die Volkszählungskommissäre in einer unglaublichen Art und Weise sich aufgeführt haben. Da ist z. B. auf dem Amselschacht in Petershofen ein Oberingenieur namens Nogol. Der Schacht gehört Rothschild. Wenn Rothschild kommt, dann kann der Herr Nogol deutsch. Mit den Arbeitern und Angestellten aber verkehrt er nur èechisch und droht fortwährend mit Konsequenzen, wenn jemand sich untersteht, deutsch zu reden. Er beanständet sogar die Leute, wenn sie den Kindern bei der Taufe deutsche Namen geben. (Posl. inž. Jung: Er hat sogar beanständet, daß jemand seinem Sohn den Namen Werner gegeben hat!) Er mischt sich also in persönliche Angelegenheiten, die ihn überhaupt nichts angehen. Dieser Nogol ist ein Haupthetzer. Ebensolche Hetzer si nd der Markscheider Josef Šichovský, der Steiger Hettenberger aus dem Oskarschacht, sowie der Lehrer Dressler in Hoschtialkowitz.
Mit welchen Mitteln die Opposition in dem Lande niedergehalten werden soll, sehen wir in den letzten Tagen ja auf allen Gebieten. Aber ich will zunächst von den Fällen sprechen, die uns selbst mehr oder weniger direkt oder indirekt berühren. In der Zeit vom 21. bis 23. Feber hat unser Senator Teschner im deutschen Gebiet von Podersam eine ganze Reihe von Versammlungen angemeldet. Der Bezirk gehört zu seinem Wahlkreis und er genügt nur seiner Pflicht, wenn er in diesem Gebiet Versammlungen abhält. Diese Versammlungen wurden nun mit Rücksicht auf die öffentliche Ruhe und Ordnung, die in diesem Bezirke angeblich nach Ansicht der Bezirksbehörde durch die Versammlungen gefährdet werden könnte, verboten. Am 8. März sollte in Karlsbad eine Kundgebung der nationalsozialistischen Arbeiterpartei gegen die Wirtschaftsnot und für die sudetendeutsche Selbstverwaltung stattfinden, bei der ich selbst hätte tätig sein sollen. Das Polizeikommissariat in Karlsbad hat diese Versammlung verboten. Dieser Polizeikommissär in Karlsbad ist derjenige, der im Vorjahre die unerhörte Dreistigkeit gehabt hat, zu verlangen, daß unser Parteivorsitzender Abg. Jung, der in Karlsbad hätte eine Versammlung abhalten sollen, ihm erst das Manuskript vorlege. (Posl. inž. Jung: Weil es nicht vorgelegt wurde, so wurde die Versammlung nur ohne Wechselrede gestattet!) Jawohl. Wir fragen uns, wohin wir bei einer derartigen Drosselung des politischen Lebens in diesem Lande kommen sollen? (Výkøiky posl. Geyera.) Die sozialdemokratische Arbeiterpartei Westböhmens hat den Landtagsabgeordneten Brüll aus Thüringen zu einer Reihe von Versammlungen eingeladen mit dem Thema "Hakenkreuz oder Volksnot". Alle diese Vorträge sind anstandslos bewilligt worden. Er hat in Karlsbad und in Falkenau und in Eger und in anderen Städten gesprochen, wobei ich ausdrücklich noch bemerke, daß es nirgends eine Störung gegeben hat, weil wir Nationalsozialisten offiziell die Versammlung nicht besucht haben, um jeder Möglichkeit von Störungen der öffentlichen Ruhe und Ordnung auszuweichen. Für den 18. Feber und die darauffolgenden Tage wollte der nationalsozialistische Abgeordnete Peukert aus Thüringen in nationalsozialistischen Versammlungen über das gleiche Thema sprechen. Darauf hat das Polizeikommissariat in Eger diese Versammlung mit Rücksicht auf die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung in Eger verboten. So sieht das gleiche Maß in diesem Lande aus. (Posl. inž. Jung: In Troppau, wo aus denselben Gründen der Reichstagsabgeordnete Helmuth sprechen sollte, ebenfalls!) Sehr richtig.
Aber wenn man sagen würde, das seien etwa vielleicht Versammlungen, die eine politische Auseinandersetzung nach sich ziehen könnten, so kann man etwas derartiges doch nicht von einer Reihe von Fällen behaupten, die ich im Folgenden mitteilen werde: So hat Anfang Februar die bekannte Schriftstellerin Gräfin Salburg in einer Reihe von Vorträgen in unserer Heimat zum Teil gesprochen und zum Teil hätte sie sprechen sollen. In Gablonz, Reichenberg, Trautenau und anderen Städten wurde dieser Vortrag der Gräfin Salburg verboten, obzwar sie sich in ihrem Vortrage nur mit ihren literarischen, durchaus schöngeistigen Werken beschäftigt hat. Ab 26. Februar wurde in Arnau ein Vortrag des Maschinenschiffsingenieurs Göbel, der über das Thema: "Mit dem Zeppelin über Afrika" vortragen sollte, verboten, wiederum mit Rücksicht auf die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung, derselbe Vortrag, der in Nachbarstädten ohne die geringste Störung der Ruhe und Ordnung stattfinden konnte und abgehalten worden ist. Man sieht, mit welcher absoluten Gewissenlosigkeit und Leichtfertigkeit, vor allem mit welchem Despotismus bei den einzelnen politischen Bezirksbehörden gearbeitet wird.
Besonders interessant ist in diesem Zus ammenhang vielleicht der Fall des Verbotes unserer Autonomieplakate. Die nationalsozialistische Arbeiterpartei hat im Herbst des vergangenen Jahres, zur Zeit, als in den Zeitungen die ersten Nachrichten darüber zu lesen waren, daß die Regierung eine eigene Kommission zur Durchführung der im § 3 der Staatsverfassung verankerten Autonomie Karpathorußlands eingesetzt habe und daß die Regierung nunmehr daran gehe, dieses Versprechen der Friedensverträge und der Staatsverfassung nach mehr als 12jährigem Bestande dieses Staates durchzuführen, in diesem Augenblick hat unsere Partei ein Plakat erscheinen lassen, das auch als Flugblatt sowie in einer Re ihe von Zeitungen publiziert worden ist. Dieses Plakat beinhaltet nichts anderes als das Zitat des § 3, in dem dargestellt wird, daß das karpathorussische Gebiet eine autonome Landesverwaltung erhalte, daß es einen Landtag bekommen werde, der über die Frage der Sprache, über die Frage des Sprachengebrauches der Schule, der Religion und der lokalen Verwaltung autonom entscheiden werde. Wir haben dann auf unseren Plakaten die ganz selbstverständliche und logische Folgerung aus dieser Bestimmung und aus der Bestimmung des § 128 der Staatsverfassung, der allen Bürgern dieses Landes das gleiche Recht nicht nur vor dem Gesetz, sondern auch das gleiche politische Recht verspricht, gezogen, daß auch dem sudetendeutschen Volke und dem sudetendeutschen Gebiet dasselbe Recht nicht werde verweigert werden können. Diese Plakate sind in einer ganzen Reihe von Bezirken mit bezirksbehördlicher Bewilligung plakatiert worden. (Výkøiky: Sie wurden dann aber wieder heruntergerissen!) Nein, nicht überall.
Zunächst muß festgestellt werden,
daß die politische Bezirksverwaltung in Tetschen das Plakat zensuriert
hat, daß sie den Text des Plakates unbeanständet ließ, weil nichts
zu beanständen war und an keinem Buchstaben etwas hätte geändert
werden können. Dann aber, als wir zur Plakatierung schreiten wollten,
hat die Bezirksbehörde mit Rücksicht auf die Aufrechterhaltung
der Ruhe und Ordnung die Plakatierung des von ihr zensurierten
Plakates verweigert. Der Bezirkshauptmann von Tetschen ist wahrscheinlich
der Ansicht, daß man das Plakat zum Tapezieren der Wohnungen drucken
ließ. Aber während in einer Reihe von Bezirken, es sind dies 37,
dieses Plakat verboten worden ist, ist es in einigen Bezirken
doch gestattet worden. Es ist im Gebiete des Polizeikommissariats
der Staatspolizei Aussig, der politischen Bezirksbehörde Aussig,
der Bezirksbehörde Böhm. Leipa, der Staatspolizei und Bezirksbehörde
Gablonz und der politischen Bezirksbehörde in Sternberg gestattet
und auch plakatiert worden und ist von der Bevölkerung ohne Anstand
zur Kenntnis genommen worden. (Výkøiky posl. Geyera.) Ich
will damit, daß ich feststelle, daß die Plakatierung in einer
Reihe von Bezirken bewilligt worden ist, auch nachweisen, daß
die Behauptung der Bezirksbehörden, daß diese Plakate die Ruhe
und Ordnung stören könnten, irrig ist, denn die Ruhe und Ordnung
ist nirgends dort, wo die Plakate plakatiert wurden, gestört worden.
Wir können uns wohl schon die Randbemerkung gestatten, es wäre
auch ein trauriger Staat, der bereits durch ein Plakat ins Wanken
gerät. (Posl. inž. Jung: Noch dazu, wenn es auf die Verfassung
hinweist!) Wir haben nichts anderes getan, als der Bevölkerung
staatsbürgerlichen Unterricht erteilt ...
Pøedseda (zvoní):
Upozoròuji pana øeèníka,
že øeènická lhùta uplynula, a kromì toho, že se nedrží denního
poøadu a nemluví k vìci.
Posl. Krebs (pokraèuje): Nun hat in Mähren u. zw. in Freiwaldau die Bezirksbehörde dieses Plakat ebenfalls beschlagnahmt. Wir haben daraufhin an die Landesbehörde in Brünn den Rekurs eingebracht, der eine außerordentlich interessante politische Rekrimination enthält. In diesen, vom ehemaligen Minister und jetzigen Landespräsidenten Èerný unterfertigten Aktenstück heißt es unter anderem folgendermaßen: "Das Plakat zitiert bloß Bruchstücke aus der Verfassungsurkunde, ohne den gehörigen Hinweis auf deren Zusammenhang. Im Plakate wird weiter ein Vergleich gezogen zwischen dem Gebiete der Podkarpatská Rus, welches gemäß § 3 der Verfassungsurkunde auf Grund seines freiwilligen Anschlusses zufolge des Vertrages zu Saint Germain en-Laye vom 10. September 1919 einen untrennbaren Bestandteil der Èechoslovakischen Republik bildet und dem laut des zitierten Paragraphen der Verfassungsurkunde die Autonomie gewährleistet wurde, und dem verfassungsrechtlich nicht existenten Begriff eines von den Sudetendeutschen bewohnten Gebietes." Also auch der Landespräsident Èerný bedient sich derselben Terminologie, die der Herr Minister Dr. Spina am Teplitzer Parteitag so bedauert hat, daß das èechische Volk das sudetendeutsche Gebiet immer noch nicht als existent betrachtet. "Gemäß dem Inhalte des Plakates sollen für dieses Gebiet dieselben Rechte, welche durch die Verfassung der Podkarpatská Rus vorbehalten wurden, erwirkt werden, und wird die deutsche Bevölkerung aufgefordert, sie anzustreben. Der Inhalt des Plakates ist demnach geeignet, die deutsche Öffentlichkeit irrezuführen dadurch, daß versucht wird, das oben angeführte rechtlich nicht existente Gebiet einem autonomen Teil der Èechoslovakischen Republik gleichzustellen. Aus diesem Grunde könnte das Anschlagen des Plakates zur Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung Anlaß geben." Ich bemerke dazu, daß die politische Bezirksbehörde Freiwaldau 27.423 deutsche und 673 èechische Bevölkerungsangehörige hat, daß in Sternberg, wo das Ziffernverhältnis so ist, daß 24.063 deutsche und 10.559 èechische Einwohner vorhanden sind, dieses Plakat die öffentliche Ruhe und Ordnung nicht gestört hat und ohne weiters plakatiert worden ist. Aber darum dreht es sich nicht, sondern vor allem um die politischen Auseinandersetzungen in dieser Frage. (Posl. inž. Jung: Appellieren!) Das geht nicht, weil auf Grund des schönen neuen Gesetzes vom Jahre 1927 die weitere Berufung unzulässig ist. Wir haben nicht mehr die Möglichkeit, an das Verwaltungsgericht zu appellieren, sondern müssen diese Dinge politisch austragen und ich sage, wir tragen sie auch politisch aus, weil darüber, ob ein sudetendeutsches Gebiet analog einem karpathorussischen Gebiet, das einmal existieren wird, behandelt werden soll oder nicht, niemals das Oberste Verwaltun gsgericht, sondern die politischen Machtverhältnisse in diesem Staate entscheiden werden. (Souhlas na levici.)
Die èechische Presse hat sich
damals anläßlich dieser Plakate derselben Frage bemächtigt, sich
nahezu derselben Redewendungen bedient und besonders darauf hingewiesen,
daß es ja ein Nonsens sei, daß die karpathorussische Autonomie
mit dem sudetendeutschen autonomen Verwaltungsgebiet zu vergleichen
sei. Die Karpathorussen hätten in der Verfassung und in den Friedensverträgen
diese Rechte bekommen und zwar deshalb, weil sie sich freiwillig
der Republik angeschlossen hätten. Lesen wir uns doch einmal den
Friedensvertrag von Saint Germain en-Laye vom 10. Dezember 1919
durch. Was steht da? Da heißt es, "daß die Völker Böhmens,
Mährens und eines Teiles von Schlesien sowie das Volk der Slovakei
aus eigenem Willen ihre Vereinigung zu dauerndem Bund behufs Schaffung
eines einheitlichen souveränen, selbständigen Staates unternehmen,
und diese Vereinigung tatsächlich vollzogen haben. In Anbetracht
dessen usw. wird die Republik anerkannt." Also jetzt gibt
es nur zwei Dinge: Entweder sind diese Worte des Friedensvertrages
unwahrhaft und dann können Sie uns sagen, daß wir nicht dieselben
Rechte haben wie die Karpathorussen, oder aber sie sind wahr,
dann müssen uns dieselben Rechte wie den Karpathorussen zugebilligt
werden. Es wäre interessant, auf diesem Gebiete noch eine Reihe
von ähnlichen Bestimmungen zu zitieren und nachzuweisen, wie das
Sudetendeutschtum verfassungsgemäß sich im Nachteil befindet.
Es wäre interessant nachzuweisen, wie durch Artikel 9 des Friedensvertrages
und § 128 der Staatsverfassung ausdrücklich "den Minderheiten
in der Èechoslovakischen Republik ein angemessener Anteil an dem
Genuß und der Verwendung der nach dem Staatsvoranschlag und nach
den Gemeinde- oder anderen öffentlichen Voranschlägen oder öffentlichen
Fonden für Erziehung, religiöse, humanitäre Zwecke usw. ausgeworfenen
Beträge gewährleistet wird";es wäre interessant, auf diese
Dinge hinzuweisen, besonders im Zusammenhange damit, was wir Tag
für Tag mit Empörung feststellen können, daß das sudetendeutsche
Gebiet in unerhörtester Weise wirtschaftlich ausgebeutet und auf
der anderen Seite die den Sudetendeutschen zustehenden Möglichkeiten,
die staatlichen Lieferungen und ähnliche finanzielle Förderung
ihnen in ihrem Gebiete aus ihren eigenen Mitteln rücksichtslos
verweigert werden.
Pøedseda (zvoní):
Upozoròuji pana øeèníka,
že jeho øeènická lhùta uplynula.