Pátek 24. øíjna 1930

Mit Rücksicht auf die Sonntag in Prag hier stattgefundene Versammlung, bei der auch eine ganze Anzahl èechischer Abgeordneten anwesend war, mit Rücksicht auf die ungeheuere Erregung, die in den Kreisen des sparenden Publikums bereits Platz gegriffen hat, kann ich nicht annehmen, daß diese Bestimmungen eine Mehrheit finden werden, vor allem hinsichtlich der rückwirkenden Kraft. Das ist unmöglich, das widerspricht jedem Rechtsbegriff, daß man Gesetze rückwirkend machen kann. Stellen Sie sich doch einmal die Wirkung vor, was das für alle Kreditinstitute bedeuten würde, wenn z. B. nur die Befürchtung bestünde, daß die heute vorgeschriebene Schweigepflicht auch dem Staate gegenüber bezüglich der Geldeinlagen aufgehoben werden könnte. Dann würde sich überhaupt jeder Rechtsbegriff aufhören. Wir müssen gegen diese neuen Steuergesetze unsere warnende Stimme erheben und wir werden auch Gelegenheit haben, in der Zukunft bei der Behandlung dieser Gesetze und besonders beim Gemeindefinanzgesetz unsere warnende Stimme zu erheben. Einer weiteren Belastung in Form von Steuern werden wir ein entschiedenes "Nein" entgegensetzen, weil dadurch die Produktion weiter verteuert und damit der Absatz erschwert wird. Ich glaube auch nicht, daß auf diesem Wege mehr Einnahmen zu erzielen sein werden, wenn man die Steuerzahler vollständig erschreckt, wenn man jede Produktion unmöglich macht. Ich habe vorhin gesagt, daß es andere Quellen gibt, Ersparungen auf allen Gebieten des staatlichen Lebens, u. zw. durch Heranziehung der stillen Reserven, von denen wir nichts wissen, über die niemals ein Aufschluß gegeben wird, stille Reserven, die in die Milliarden gehen müssen, denn auch die letzte Verrechnung vom Jahre 1929 weist neuerdings - trotzdem einzelne Kapitel überschritten worden sind, trotzdem das Ministerium für nationale Verteidigung allein 61 Millionen ohne Erlaubnis, ohne Beschluß des Parlaments mehr ausgegeben hatte, als es durfte - weist noch immer einen Überschuß an Steuern, bzw. Mehreinnahmen von 977 Millionen auf. Ist die ZZeit ernst, erträgt sie eine neue Steuerbelastung nicht, dann möge man auf diese stillen Reserven greifen.

Wir verlangen demgegenüber eine Steuersenkung, u. zw. in einem ausgiebigen Maße, um, wie gesagt, die Produktion zu heben. Wir verlangen Anerkennung des Bekenntnisses, Erledigung der Rekurse (Posl. Prause: Aber rasch!), eine rasche Erledigung der vielfach jahrelang schwebenden Rekurse, wir verlangen überhaupt Ordnung im ganzen Steuersystem, in der ganzen Steuerverwaltung und in der Steuermoral von Seiten des Fiskus. Wir verlangen Entgegenkommen bei Bezahlung der Steuern, Rücksichtnahme auf die Geschäftslage, Abschreibungen, wir verlangen eine Amnestie für die Verzugszinsen, die überhaupt unkontrollierbar sind - man weiß nicht, was aufgerechnet wird. Wir verlangen, daß die Exekution nur bei bösem Willen durchgeführt werden soll, sonst weitgehendes Entgegenkommen, wir verlangen Ratenzahlungen, die möglich und erträglich zu leisten sind, wir verlangen Beseitigung aller die Produktion belastenden Steuern, in erster Linie der Umsatzsteuer, wir verlangen eine Vereinheitlichung der Steuern, Schaffung einer progressiven Einkommensteuer, auf die die übrigen Umlagen zu legen sind. Wir verlangen Abschaffung der Revisionskommissionen, eine bessere Zusammensetzung der Steuerkommissionen, u. zw. unabhängiger Kommissionen, nicht durch Ernennung, sondern durch Wahl unter Berücksichtigung der Handels- und Gewerbekreise, die heute mehr oder weniger nichts zu sagen haben. Wir verlangen eine Erleichterung der sozialen Lasten, u. zw. nicht durch Herabsetzung der Leistungen, sondern durch Abbau des kostspieligen Beamtenapparates, billigere Kredite durch Herabsetzung des Bankfußes, durch Gewährung von Darlehen aus den verschiedenen Zentralanstalten, wo Milliarden angesammelt werden. Wir verlangen eine neue Ausgleichs- und Konkursordnung, die nicht nur die Interessen der Schuldner, sondern auch der Gläubiger wahrnimmt. Wir verlangen eine entsprechende Auslandspropaganda, die uns neue Absatzmärkte erschließt, die dazu führt, daß vom Ausland die Spezialartikel der Èechoslovakei mehr bezogen werden.

Dazu gehört natürlich nicht in letzter Linie eine entsprechende Inlandspolitik. Es ist unmöglich, auf der einen Seite dem Ausland zuzumuten, von uns zu beziehen, auf der anderen Seite aber bei jeder Gelegenheit nationalistische Politik zu machen und den Deutschen in Prag die Fenster einzuschlagen u. dgl. Vom deutschen Standpunkt verlangen wir selbstverständlich eine entsprechende Berücksichtigung der Deutschen, auch bei den Ausgaben des Staates. Denn der Staat ist ein so gewaltiger Wirtschaftskörper, daß er Milliarden jährlich zu vergeben hat, die heute durchaus der èechischen Volkswirtschaft zugute kommen. Wir verlangen Berücksichtigung bei Vergebung von Staatslieferungen und anderen öffentlichen Arbeiten.

Meine Verehrten, ich komme zum Schluß. Die Wirtschaftskrise, die ganzen wirtschaftlichen Verhältnisse würden verlangen, daß von ernster Regierungsstelle man sich eingehend damit beschäftige und die Belebung der Wirtschaft, die Ankurbelung, wie man draußen sagt, dadurch herbeiführe, daß man die Steuern ermäßigt, eine weitere Belastung hintanhält, die Produktion fördert. Aus diesem Gesichtspunkt heraus ist es unverständlich und ein schwerer Fehler der jetzigen Regierungsmehrheit, wenn sie durch neue Belastungen das ohnehin bereits erschlagene Wirtschaftsleben noch weiter zum Verderben bringen will.

Wir werden aus diesen Gründen gegen jede weitere Belastung der Bevölkerung unsere Stimme erheben und dagegen stimmen. (Potlesk.)

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