Meine Damen und Herren! Der Senat hat vorige Woche in einer hiezu eigens anberaum ten Aussprache zur bestehenden Wirtschaftskrise Stellung genommen und damit nach außenhin für die Bevölkerung sein Interesse an diesen wichtigen Fragen bekundet. Das Abgeordnetenhaus hat sich leider zu einer offiziellen Aussprache bisher noch nicht bereitgefunden und damit eigentlich eine merkwürdige beklagenswerte Unfähigkeit, wirtschaftliche Fragen zu lösen, bekundet. (Pøedsednictví prevzal místopøedseda Špatný.) Die derzeitige Regierungskoalition scheint infolge ihrer widerspruchsvollen Zusammensetzung nicht die Fähigkeit zu besitzen, wirtschaftliche Fragen in rein objektiver und sachlicher Weise zu behandeln, sie scheint noch zu sehr unter dem Einfluß der verschiedenen Parteiströmungen und einseitigen Parteiansichten zu stehen. Nicht, was der Bevölkerung Not tut, was die Gegenwart verlangt, was die wirtschaftlichen Verhältnisse fordern, ist die Sorge der einzelnen Regierungsparteien, sondern lediglich die Frage, was der eigenen Partei frommt, was ihr in den Augen der Wählerschaft nützt, was vielleicht geeignet wäre, ihr neue Anhänger zuzuführen. Das sind die Angelpunkte verantwortungsvoller Regierungstätigkeit. Daß wir auf diesem Wege so ernsten Problemen, wie es die Wirtschaftskrise ist, nicht begegnen und die entsprechenden Gegenmaßnahmen nicht rechtzeitig treffen können, ist begreiflich.
Die Gesetzesvorlage, die uns augenblicklich beschäftigt, der Handelsvertrag mit Rumänien hat nun den Parteien Gelegenheit gegeben, beziehungsweise sie haben sich diese Gelegenheit genommen, darüber hinaus zur Frage der Wirtschaftskrise überhaupt zu sprechen. Den Standpunkt meiner Partei zum Handelsvertrag mitRumänien hat bereits Koll. Horpynka ausführlich begründet. Ich benütze die gebotene Gelegenheit, auch über die Wirtschaftskrise zu sprechen und besonders bezüglich der neuen Steuergesetze den Standpunkt unserer Partei eindeutig festzulegen, um vor allem die Regierungsparteien im letzten Augenblick zu warnen, angesichts der ganz trostlosen wirtschaftlichen Verhältnisse vielleicht daran zu denken, die bereits unerträglichen Steuerlasten noch wesentlich zu vermehren. Dazu zwingt uns die Tatsache, daß in der Dienstagsitzung des Abgeordnetenhauses bereits die neuen Vorlagen aufgelegt wurden und in den nächsten Tagen mit ihrer Behandlung begonnen werden soll. Daraus geht zur Genüge der Ernst der Situation hervor. Trotz aller warnenden Stimmen aus den Kreisen der durch die neuen Pläne beunruhigten Bevölkerung, trotz der verschiedenen Steuerprotestversammlungen, in denen dieser Unmut zum Ausdruck kommt, scheinen die Regierungsparteien doch den traurigen Mut aufzubringen, gerade in der jetzigen trostlosen Zeit so unpopuläre Belastungen zu beschließen. Man wird von Seite der Regierungsparteien gegenüberhalten, daß diese neuen Steuervorlagen deshalb notwendig geworden sind, weil die letzthin beschlossenen Gesetze, das fälschlich sogenannte 13. Monatsgehalt, obwohl es nur 12 Monate gibt, und es auch kein volles Monatsgehalt ist, dann die Erhöhung der Invalidenpensionen, die Altpensionistenregelung, eben eine Bedeckung unbedingt fordern. Ausserdem müsse den Gemeinden eine Erhöhung ihrer Umlagen bewilligt werden, um ihnen die Möglichkeit zu geben, den vielfachen Anforderungen gerecht zu werden. Es ist ohne Zweifel auch von unserem Standpunkt aus richtig, wir haben diesen Gesetzen zugestimmt, weil die Altpensionen und Invalidenpensionen geradezu ein Skandal waren, so niedrig, daß sie unbedingt erhöht werden mußten. Wir haben dem 13. Monatsgehalt deshalb nicht zustimmen können, weil wir diese Erhöhung als durchaus unzulänglich betrachten. Wir stehen auch auf dem Standpunkt, daß den Gemeinden neue Einkünfte erschlossen werden müssen. Aber diese Bedeckung in der Form neuer Steuern zu finden, halten wir für falsch. Die bloße Nachricht von den bevorstehenden Steuererhöhungen hat bereits in der Bevölkerung eine weitgehende Unruhe erregt, die sich in Steuerprotesten und Aufmärschen vor den Steuerämtern und dergleichen äußert. Es ist ein bedenkliches Zeichen, wenn die produzierenden Stände, Handel und Gewerbe, Landwirtschaft und Industrie gezwungen werden, gewissermaßen öffentlich über ihre Not zu klagen und den Staat und seine Wirtschaftsund Finanzpolitik anzuklagen. Denn gerade diesen Kreisen liegen öffentliche Aufmärsche nicht. Es muß also ihre Not eine Siedehitze erreicht haben, daß der Unwille so elementar zum Durchbruch kommt und es ist richtig: Alle produzierenden Stände seufzen schon heute unter der gegenwärtigen Belastung, die jede Arbeits und Schaffensfreude vollständig ertötet und erschlägt. Denn wenn der Steuerzahler sieht, daß er selbst bei der gewissenhaftesten, aufopferndsten Arbeit von früh bis abends nichts erzielt, daß sich seine Lebenslage nicht bessert, sondern im Gegenteil tagtäglich verschlechtert, wenn er sehen muß, daß er darüber hinaus verarmt, daß sogar die Produktionsmittel angegriffen werden, dann ist es begreiflich, daß sich seiner Verzweiflung bemächtigt. Diese Stände waren schon im alten Österreich nicht sonderlich begünstigt. Man nahm keine Rücksicht auf ihre wirtschaftliche Kraft bei der Vorschreibung der Steuern. Die Èechoslovakei hat es mustergültig verstanden, dieses alte, österreichische Steuersystem weiter auszugestalten, neue Steuern zu finden und die alten, bestehenden Steuern nicht im Ausmaß der Geldentwertung zu erhöhen, sondern weit darüber hinaus. Steuern werden geduldig ertragen in Zeiten eines wirtschaftlichen Aufschwunges und gesunden Wirtschaftslebens, sie werden aber in dem Augenblick drückend empfunden, wenn eine Stagnation eintritt und man, wie eben jetzt, von einer Wirtschaftskrise spricht. Gewiß ist die gegenwärtige Krise eine Weltwirtschaftskrise, ihre Ursachen zu untersuchen, würde zuweit führen. Sie ist eine Weltwirtschaftskrise, die nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, daß während des Krieges und unmittelbar nach demselben die ganze Volkswirtschaft in neue Bahnen geleitet wurde, daß die alten Wirtschaftsgebiete zerschlagen wurden, daß in den Nachfolgestaaten vielfach Kleinstaaten erstanden, die sich gegenseitig durch Zollmauern abkapselten, eigene nationale Industrien schufen und in künstlicher Weise durch geldliche Unterstützungen usw. aufpäppelten. Die Èechoslovakei hätte aber eine solche Wirtschaftskrise viel leichter überstehen können als die anderen Staaten. Denn sie gehörte zu den besten Nachfolgestaaten und man konnte wohl sagen, daß sie in diesem Durcheinander die beste Zukunft erwarten konnte. Sie hatte die reichsten Bodenschätze, Eisen und Kohle zur Genüge, den Holzreichtum der Slovakei, eine reiche Industrie, bis 82 % des alten Österreich, die gesund war und sichere Absatzmärkte hatte. Denken Sie nur an die Textil-, Glas- und Porzellanindustrie. Es bestand keine Arbeitslosigkeit, sie hatte eine entschuldete Landwirtschaft, der es während des Krieges möglich gewesen war, aus der tiefen Verschuldung herauszukommen, einen gesunden Handelsund Gewerbestand, landschaftliche Schönheiten, Weltkurorte, sie war bekanntlich ein Siegerstaat, obwohl nicht festzustellen war, wo sie gesiegt hatte, sie erfreute sich der Freundschaft der großen Siegermächte, Frankreichs und Englands in erster Linie, und es war begreiflich, daß Rašín am 8. Feber 1919 das - Wort sprach: "Der Reichtum des Landes, seine arbeitsame Bevölkerung werden rasch aller Schwierigkeiten Herr werden und so sehe ich die Zukunft unseres Staates im rosigsten Licht".
Und heute sprechen wir von einer Wirtschaftskrise, von einer Krise der Landwirtschaft und der Industrie, die zur Arbeitslosigkeit führt und Handel und Gewerbe in schwerste Mitleidenschaft zieht. Wie groß diese Krise bereits ist, welch weite Kreise sie erfaßt hat, wurde im einzelnen in den letzten Tagen hier schon genügend erörtert. Ich erspare mir, auf die einzelnen Daten näher einzugehen. Diese Industriekrise umfaßt beinahe schon alle Zweige. Die Metallindustrie, die Maschinenindustrie, Porzellan, Glas, Keramik, Papier, die Zuckerindustrie, besonders schwer die Textilindustrie, weil sie besonders vom Export abhängig ist. Gerade vor einigen Tagen war in den Zeitungen zu lesen, daß im August trotz allen Anstrengungen der Textilindustrie ein weiterer schwerer Rückgang erfolgt ist, die Ausfuhr, einschließlich Konfektion um 6.600 Tonnen und 3,300.000 Stück, dem Werte nach um 643 Millionen Kronen zurückgegangen ist, weiters daß das beträchtliche Absatzgebiet England, das 1929 mit 607 Millionen an dieser Industrie beteiligt war, durch den Übergang zu einem neuen Zollsystem eine weitere Verschlechterung erwarten läßt. Den besten Ausdruck findet diese schwere Krise in der Arbeitslosigkeit, die nach offiziellen Ausweisen mindestens schon 75.000 Menschen umfaßt - das sind nur die, die angemeldet sind, so daß man annehmen kann, daß diese Zahl mindestens doppelt so hoch ist. Was das bedeutet, was das für ein Elend für die - Betroffenen bei der unzulänglichen und an sich auch unmoralischen Arbeitslosenunterstützung infolge der vermindeten Kaufkraft bedeutet, können wir uns vorstellen. Die Gesamtzahl der im Juli 1930 beigestellten Waggons betrug 184.000 und ist gegenüber dem Vorjahre um 57.000 niedriger, im Inlandverkehr allein um 52.000 Waggons, im Auslandsverkehr mit 5.000. Der Kohlentransport geht ständig zurück, wie es im Ausweis heißt, infolge geringerer Beschäftigung der Industrie. Der Außenhandel zei gt einen beständigen bedrohlichen Rückgang, wie es im Berichte Nr. 8 aus dem Jahre 1930 der Èechoslovakischen Nationalbank heiß t: Das Charakteristikon der gesamten Wirtschaftslage des Staates, die sinkende Einfuhr, spiegelt die geringe Beschäftigung wider, die besonders in einzelnen Artikeln groß ist, darunter Baumwolle, Wolle, Wollgarn, Maschinen, Apparate, Eisen und Eisenwaren. Ebenso ist die Ausfuhr besonders in diesen Artikeln, dann in Glas, Zucker, Kohle, Holz ganz bedenklich, manchmal bis zu 30-40 %, zurückgegangen.
Ich sagte vorher, daß die Krise sich für die Èechoslovakei nicht so schwer hätte auswirken müssen dank ihrer glücklichen Lage, wenn es die Staatsmänner verstanden hätten, in den ersten Jahren nach dem Umsturz in der Handels-, Wirtschafts- und Außenpolitik die richtigen Wege zu gehen, sich nach kaufmännischen Gesichtspunkten einzustellen. Das geschah leider nicht. Nach einseitigen chauvinistischen, èechischen Gesichtspunkten wurde Handelspolitik betrieben, der Deutschenhaß war maßgebend für die verschiedenen von der Regierung ergriffenen Maßnahmen. Es handelte sich doch in ersterLinie nur um eine deutsche Industrie; die mochte zugrunde gehen, an der hatte die èechische Volkswirtschaft kein großes Interesse. Man sorgte sich nicht darum, sichere Absatzmärkte zu schaffen, bzw. die alten festzuhalten, die Absatzgebiete durch Handelsgebiete zu sichern. Wir schlossen zwar sofort einen Handelsvertrag mit Frankreich, wir kamen aber jahrelang zu keinem Handelsvertrag mit Österreich und wir haben bis heute keinen Handelsvertrag mit Deutschland, obwohl Deutschland in der Ein- und Ausfuhr, wie an den Zahlen festzustellen ist, für uns von der allergrößten Bedeutung ist. Die Wirkung dieser einseitig èechischen Handelspolitik war, daß wohl zuerst die Industrie zugrunde ging, daß die deutsche Industrie schwer getroffen wurde, mit der deutschen Industrie der deutsche Arbeiter durch Arbeitslosigkeit und damit auch andere Stände, Handel und Gewerbe und Landwirtschaft, weil die Kaufkraft für die Produkte dieser Zweige und Stände fehlt. Mit diesen Ständen wurde aber auch zugleich der Staat in seinen Einnahmen schwer getroffen, weil er doch seine Steuerquelle verlor, sich damit jene Quellen verschüttet hat, aus denen er auf der anderen Seite seine Einnahmen beziehen wollte.
So liegt gegenwärtig die Situation. Sie ist trostlos fürwahr, und es müßten gerade die verantwortlichen Männer daran gehen, dieses Problem in ganz ernsthafter Weise zu untersuchen, in ernster Weise jene Maßnahmen zu treffen, die geeignet wären, aus dieser Not herauszuführen. Was bisher unternommen wurde, die Erhöhung der Arbeitslosenbeiträge und dergleichen mehr und die Landwirtschaftsgesetze, ist durchaus unzulänglich und es wurde auch schon von den Herren der Regierungsparteien in verschiedenen Reden klargelegt, die wir gestern und heute zu hören bekamen, daß sich diese Gesetze bisher nicht ausgewirkt haben, genau so, wie wir es seinerzeit vorausgesagt haben. Der Staat, bzw. eine verantwortungsvolle Finanzpolitik müßten darangehen, für die Produktion Erleichterungen zu schaffen, in erster Linie durch Senkung der Belastung, der direkten und der indirekten Belastung, durch Erleichterungen der Steuern, Gebühren und Abgaben. Es ist durchaus richtig, was Dr. Kramáø unlängst in Budweis sprach, wenn er sagte, den Schutz der heutigen wirtschaftlichen Situation müsse man vor allem in der Billigkeit und Qualität der Erzeugung suchen. Diese Billigkeit erreichen wir aber nicht, wenn wir Industrie, Handel und Gewerbe mit Steuern belasten. Das Problem der Löhne wurzelt in der allgemeinen Preisherabsetzung. Es ist nicht entscheidend, wieviel Geld der Arbeiter in die Hand bekommt, sondern wieviel er hiefür auf dem Markte kaufen kann. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die hohen Abgaben und Steuern die Kaufkraft des Geldes herabsetzen. Unter dem Druck hoher Steuern leidet in erster Linie der Konsument, es leiden darunter auch die Angestellten, weil ihnen durch ihre Brotgeber nicht jene Gehälter und Löhne gezahlt werden können, auf die sie vielleicht Anspruch hätten.
Diese Steuerherabsetzung, diese Senkung wäre naturgemäß nur möglich, wenn auf der anderen Seite bei den Ausgaben Ersparungen erzielt werden könnten, durch Sparmaßnahmen, die den Bedarf des Staates herabsetzen würden. Es ist gar keine Frage für jeden, der sich ernster mit unserem Staatsvoranschlage und seiner notwendigen Bedeckung im Wege der Steuer beschäftigt, daß unsere Staatsausgaben im Verhältnis zur Größe des Staates und zur Tragfähigkeit der Produktion viel zu hoch sind. Wir haben bei der Staatsvoranschlagsberatung jedes Jahr darauf hingewiesen, daß in erster Linie hier der Hebel anzusetzen wäre. Ich werde nicht in den Verruf eines ausgesprochenen Antimilitaristen kommen, wenn ich auch hier wieder darauf verweise, daß man vor allem bei diesem Kapitel mit dem Sparen zu beginnen hätte. Auch die Vertreter der èechischen Parteien werden ohne weiteres zugeben müssen, daß die ständigen Militärausgaben mit 1·715 Milliarden für die Èechoslovakei viel zu hoch sind. Und wenn wir dazu noch all das andere rechnen, was in verschiedenen Kapiteln für Polizei, Gendarmerie, Manöver usw. enthalten ist, kommen wir zu einer ständigen Militärausgabe von mindestens 2·215 Milliarden, das sind 23.2 % der Gesamtausgaben des Staates, d. h. pro Kopf der Bevölkerung 157·85 Kè, bei einer vierköpfigen Familie 631·40 Kè. Wenn sie aber die wirklichen Militärausgaben berechtigterweise mit 2 1/2 Milliarden annehmen, dann kommen wir zu einer Ziffer von 26·2 % der Gesamtausgaben, bei einer vierköpfigen Familie kommen wir auf eine Militärbelastung von 714·28 Kè. Das ist unverhältnismäßig hoch, wie der Vergleich mit anderen Staaten zeigt. Wenn England heute 14 % für Militär ausgibt und Frankreich, durchaus militaristisch, 21%, Italien 22 %, dann sind 26 % für die Èechoslovakei viel zu hoch. Wir werden nurmehr von Polen übertroffen mit 31 %. Die Stärke des Heeres ist mit 140.000 Mann festgesetzt. Es gelingt nicht, die einjährige Dienstzeit bei uns durchzuführen, obwohl sie Frankreich schon lange durchgeführt hat und obwohl das eine merkliche Verbilligung bedeuten würde. Die Zahl der Offiziere ist unverhältnismäßig hoch: 111 Generäle, 337 Oberste, 777 Oberstleutnants. 1238 Majore, 2373 Stabshauptleute, 1999 Oberleutnants, 1453 Leutnants, das ist weit über jedem Stand, den das alte Österreich jemals gehabt hat. Es entfällt heute auf 14 Mann bereits ein Offizier, auf 27 Mann ein Stabsoffizier, auf 1270 Mann ein General. Das èechoslovakische Nationalverteidigungsministerium hat heute 19 Generäle und 17 Sektionschefs im Generalsrang. Das alte Österreich-Ungarn, das ein kleinwenig größer war und mehr zu tun hatte, besaß 5 Generäle im Kriegsministerium. Das sind Dinge, die, ich me ine, auch von èechischer Seite zugegeben werden müssen und über das Maß dessen hinausgehen, was durch Steuern getragen werden kann. (Výkøiky: Gajda ist in obiger Generalszahl nicht mitgerechnet?) Gajda bekam ja nur eine Pension, obwohl sie nach den Delikten, die ihm bei Gericht vorgeworfen wurden, ihm gar nicht mehr zustand.
Wir haben eine viel zu kostspielige Auslandsvertretung, wir haben eine viel zu teure Verwaltung im Innern, wir treiben eine viel zu kostspielige Schulpolitik mit der Errichtung der Minderheitsschulen, darüber werde ich noch im Budgetausschuß sprechen, auch sonst ist in allen Zweigen die Verschwendungssucht weitgehend zu konstatieren. Wir haben von Zeit zu Zeit Beispiele aufgezeigt, denken Sie an den Kauf des Hotels Buen Retiro in Marienbad und an das Elektrizitätswerk in Nixdorf, zu denen der Staat einen merklichen Zuschuß gab und dergleichen mehr. Millionen und Milliarden könnten hier erspart werden, dann wäre es natürlich nicht notwendig, diese Beträge aus der Bevölkerung in Form von Steuern herauszupressen. Wie weit die Steuerschraube in den letzten Jahren angezogen wurde, ergibt sich aus der Gegenüberstellung mit der Vorkriegsbelastung. In den Jahren 1919 bis 1928 sind die direkten Steuern pro Kopf der Bevölkerung von 56.30 auf 136·10 gestiegen, die Verbrauchssteuern von 30·60 Kè auf 114·50 Kè, die Zölle von 11.80 Kè auf 103·7 Kè. Die Umsatzsteuer, die 1920 eingeführt wurde, ist von 36·90 Kè auf 161.60 Kc gestiegen, d. h. also in diesen Steuergruppen zusammen ist die Belastung pro Kopf der Bevölkerung von 144·90 Kè im Jahre 1919 auf 784·60 Kè im Jahre 1928 gestiegen. Ich werde ein Beispiel dazu anführen, dessen Ziffern richtig sind, ich habe sie selbst erhoben. Eine Firma in Neutischein hat 1913 an Erwerbssteuer, Einkommensteuer und Gemeindeumlagen insgesamt 2779·49 Kronen vorgeschrieben erhaltten. Derselben Firma wurden im Jahre 1927 bei valutarisch gleichen Umsätzen an Erwerbs und Einkommensteuer sowie Gemeindeumlagen insgesamt 420.892 Kè vorgeschrieben und wenn man berücksichtigt, daß dieselbe Firma im Jahre 1927 die von den Lieferanten in Rechnung gestellte Umsatzsteuer und die vom eigenen Umsatz abgeführte Umsatzsteuer von 800.000 Kè gleichfalls trägt, so zahlt heute diese Firma gegenüber der früher genannten Summe von 2779 49 Kronen 1,220.892 Kè, d. h. ungefähr 440 mal soviel wie früher. Es ist außerordentlich interessant, sich mit diesem Problem zu beschäftigen und hiebei feststellen zu müssen, daß eine vollständige Verschiebung zwischen direkten und indirekten Steuern stattgefunden hat. Im Jahre 1918 betrugen pro Kopf der Bevölkerung die direkten Steuern 10·50, die indirekten 2·20 Kè, diese betrugen also 1/5 der direkten Steuern. Im Jahre 1928 betrugen die direkten Steuern 136·1 die indirekten Steuern, einschließlich der Kohlenabgabe, Zöllen, Umsatzsteuer und Monopoleinnahmen 481 Kè, sind also 3 1/2 mal so hoch als die direkten Steuern. Die direkten Steuern sind vollständig bedeutungslos geworden; sie trugen 1928 nurmehr 1971 Millionen Kè, das Erträgnis der Umsatzsteuer aber im gleichen Jahr betrug 2.341 Millionen, die Zölle allein 1503 Millionen. Die Belastung ist relativ höher geworden als im alten Österreich sagte ich vorhin. In der Vorkriegszeit betrug sie pro Kopf der Bevölkerung 56·76 Kè, im Jahre 1928 betrug sie 784·60 Kè, also 14 mal so viel. Wenn wir die Entwertung mit 7 annehmen, so heißt das, daß wir heute mit 114·70 Kronen pro Kopf doppelt so viel Steuern bezahlen, als im alten Österreich. Es wäre interessant, dies an einzelnen Beispielen und Steuergattungen genau auszuführen, aus Zeitmangel aber muß ich es mir ersparen.
Vor zwei Jahren wurde die Steuerreform durchgeführt. Damals verwies man darauf, daß eine Erleichterung in der Belastung eintreten werde, besonders die damaligen deutschen Regierungsparteien konnten sich nicht genug über diese Reform tun. Heute allerdings müssen wir feststellen, daß die Belastung die gleiche geblieben ist, daß sie in der Bevölkerung nicht als Erleichterung empfunden wurde, weil man zwar die Basis hob, auf der anderen Seite aber lediglich die Sätze etwas senkte. Eine Erleichterung in der Steuerleistung haben lediglich die Großkapitalisten, die Banken erfahren, wie die letzthin veröffentlichten Ausweise durchaus klar nachweisen, ebenso eine Erleichterung in der besonderen Erwerbsteuer, die mit wenigen Zahlen klarzulegen ist. Im Jahre 1914 betrug die besondere Erwerbs euer bei Aktiengesellschaften 28 Millionen, im Jahre 1927 ist sie auf 230 Millionen gestiegen und im Jahre 1928 nach der Steuerreform betrug sie nur mehr 25 Millionen. Die Folge dieses Steuersystems äußerte sich in immer weiter greifenden Konkursen und Ausgleichen, die bereits eine erschreckende Höhe erreicht haben und die, wie die Zahlen zeigen, bereits das Deflationsjahr 1923 weit überschritten haben. In dem letzthin aufgelegten Staatsrechnungsabschluß vom Jahre 1929 zeigten sich Steuerrückstände von 4.475 Millionen, oder 320 Kè pro Kopf der Bevölkerung. Diese Steuuern sind zum großen Teil deshalb nicht einbringlich, weil sie aus einer Zeit stammen, wo der Geldwert ein durchaus anderer war als heute. Sie wurden in den Jahren 1922 und 1923 vorgeschrieben und kommen vielfach erst heute zur Eintreibung, in einer Zeit also, wo der Geldwert gegenüber der damaligen Zeit weitaus gestiegen ist. Die Bevölkerung ist einfach nicht mehr imstande, diese Steuern zu zahlen. Der Finanzminister Dr. Engliš hat es sich allerdings sehr leicht gemacht. Er hat in seinem Neujahrsartikel in den "Národní Listy" Klagegeführt über die gesunkene teuermoral, deren Ergebnis nicht befriedigen könne, und er kam letzten Endes zu dem Schlusse, daß er eine strenge Zensur der Vorschreibungen durchführen werde und daß mit allen Mitteln getrachtet werden müsse, die Steuerrückstände einzutreiben.
Nun, meine sehr Verehrten, der Herr Finanzminister Engliš stellt sich auf den Standpunkt, daß die Steuerzahler Gauner sind, die nichts zahlen wollen und daß man sie mit allen Mitteln dazu zwingen muß. Aber ich frage einmal: Hätte der Herr Finanzminister Engliš sich angesichts der Höhe der Steuerrückstände nicht die Frage vorlegen müssen, ob die Steuerzahler überhaupt noch zahlen können? Er sprach von der gesunkenen Steuermoral der Bevölkerung. Ich würde demgegenüber einmal von der Moral der Steuerbeamten und des ganzen Staatsfiskus sprechen und es würde dabei wahrscheinlich vieles ans Tageslicht kommen, das zeigen würde, daß die Steuereintreibungspraxis so, wie sie heute gehandhabt wird, vollständig unmöglich ist. Wir werden bei der Beratung der Steuergesetze Gelegenheit haben, im einzelnen darauf einzugehen. Ich werde Ihnen erschreckende Beweise bringen, wie heute den Kleingewerbetreibenden die Steuern vorgeschrieben werden, in welcher Höhe und mit welcher großen und unerträglichen Rücksichtslosigkeit sie schließlich auch eingetrieben werden. Ich habe Beweise, daß man ganz kleinen Leuten mit einem Jahresumsatz von oft nur 6.000 Kè, die sozusagen von der Hand in den Mund leben und die nur deshalb auf ihre alten Tage noch zur Arbeit gezwungen werden, weil für sie durch die wirtschaftlichen Verhältnisse, durch die Kriegsanleiheentwertung und dergleichen ein anderes Weiterkommen nicht möglich ist, einen Umsatz bis zu 20.000, 30.000 und 40.000 Kè im Jahr einfach dekretiert, vorschreibt. Jedes Bekenntnis wird willkürlich hinaufgesetzt, das eingebrachte Bekenntnis wird als falsch angenommen, es wird mit einem gewissen Quotienten, je nach dem Beamten multipliziert und davon die Steuer vorgeschrieben. Und wenn der Betreffende sich nicht rechtzeitig dagegen gewehrt hat, tritt es in Rechtskraft und es ist niemand mehr imstande, eine Ermäßigung dieser unmöglichen Steuern herbeizuführen. Wir werden dem Herrn Finanzminister solche Beweise in hinlänglicher Anzahl unterbreiten. Sie führen letzten Endes dazu, was sich unlängst in Graupen bei Teplitz-Schönau ereignet hat, wo ein Gastwirt, Vater von vier Kindern, mit einer Frau und einer Bojährigen Mutter, als der Exekutor kam und ihm seine Betriebsmittel pfändete, auf den Boden ging und sich aufhängte, weil er an seinem Dasein verzweifelte. (Posl. Horpynka: Wir müssen endlich damit brechen, sich von jedem Lausbuben für Schwindler halten zu lassen!) Das ist eben der Standpunkt. Der Steuerzahler wird immer als Betrüger angesehen, jeder Beamte glaubt, daß er sich ihm gegenüber alles erlauben darf. Denn der ganze Veranlagungsapparat, der durch die Schaffung des Gesetzes Nr. 235 aus dem Jahre 1924 entlastet werden sollte, ist heute durch diese Praxis vollständig überlastet und darunter leidet nicht bloß die Finanzverwaltung, die zu keiner Vorschreibung kommt und nicht weiß, mit welchen Eingängen sie rechnen kann, es leidet darunter auch der Steuerzahler, weil man immer wieder versucht, die unmöglichen Steuern einzutreiben, und es leiden vor allem auch die Selbstverwaltungskörper, die Gemeinden, die auch auf den unmöglichen Steuern budgetieren müssen, die Steuern nicht erhalten und fortwährend mit dem Gemeindevoranschlag in Bedeckungsschwierigkeiten kommen.
Der Fehler liegt in der ganzen Veranlagung, in der Bemessung, in der Vorschreibung. Sie glauben nicht, wenn Sie vorhin Ihrem Unmut Ausdruck gegeben haben über das Vorgehen der Steuerbeamten, was sich die Leute unter dem Drucke gefallen lassen müssen, wie wenig an die Öffentlichkeit kommt, weil sie aus Furcht und Angst lieber ganz unmögliche Beträge zahlen, weil sie nicht den Mut finden, sich an die entsprechende öffentliche Stelle zu wenden, aus der Angst heraus, bei der näch sten Steuervorschreibung doppelt und dreifach belastet zu werden. Die Bevölkerung ist diesen Schikanen gegenüber wehrlos.
Nicht zuletzt wirken hier in außerordentlich drückender Weise die sogenannten Revisionskommissionen mit. Nach den Bestimmungen der Regierungsverordnung hat die Partei lediglich Aufzeichnungen vorzulegen, die zur Feststellung des Tatbestandes notwendig wären. Die Revisionskommission geht darüber weit hinaus. Sie läßt sogar Privatgehälter, Schreibtische öffnen, sie stöbert die Privatkorrespondenz durch, um nur festzustellen, ob irgendwie nicht doch vielleicht ein Posten übersehen wurde. Wehe dem, bei dem überhaupt nichts gefunden wurde, denn der wird in den Augen der Bevölkerung als großer Gauner betrachtet und gegen den wird erst rücksichtslos vorgegangen. Nicht durch Tage, durch Wochen hindurch quartiert sich viel fach eine solche Revisionskommission bei dem Gewerbetreibenden ein, schikaniert den Mann von Tag zu Tag, bis er endlich zermürbt irgendwelche Angaben zugibt in dem Feststellungsprotokoll, die gar nicht richtig sind, nur um endlich Ruhe zu bekommen. Zu irgendwelchen Schätzungen ist diese Revisionskommission überhaupt nicht berechtigt, weil dies Sache der Steuerbehörde ist, bzw. der von den Steuerbehörden zu hörenden Sachverständigen. Trotzdem - leider muß man sagen - halten sich die Steuerbehörden daran nicht, sie nehmen vielmehr dieses Material von den Revisionskommissionen zum Anlaß, um ihrerseits dann die Steuervorschreibungen zu machen, bzw. gegen den Betreffenden ein Strafverfahren einzuleiten - denn es scheinen in der letzten Zeit außerordentlich weitgehende Verfügungen herausgegangen zu sein - ein Strafverfahren, in dem der betreffende arme Teufel von Steuerzahler auf die Gnade und Ungnade der Behörde angewiesen ist, weil die Steuersätze zwischen dem ein bis zwangzigfachen schwanken, mithin willkürlich ein vollständig freier Spielraum gegeben ist.
Das Vorhaltungsverfahren geschieht in durchaus unmöglicher Weise. Es werden an den Steuerzahler so blödsinnige, so unmöggliche Fragen gestellt, daß er sie überhaupt nicht beantworten kann. Und all dies nur deshalb, weil man die versierten deutschen Beamten hinausgeworfen und an ihre Stelle Èechen gesetzt hat, die die deutsche Sprache nicht beherrschen und infolgedessen solche unmögliche Fragen stellen. Es ließe sich auch sehr viel über die sogenannten Auskunftsdekrete sagen. Es wird noch Gelegenheit dazu sein. So lastet schon jetzt ein ungeheuerer Druck auf der Bevölkerung und nun will man daran gehen, durch die neuen Gesetze weitere Belastungen auf die Bevölkerung zu wälzen. Die Hoffnungen der Bevölkerung auf die Einsicht der Regierungsparteien bezüglich der wirtschaftlichen Verhältnisse, die eine weitere Belastung nicht zulassen, scheinen vergeblich gewesen zu sein, denn die Regierungsvorlage Druck Nr. 701 bringt die ominöse Biersteuer. Man kann sich zum Alkohol stellen, wie man will, aber dagegen muß man sich wehren, daß durch diese Biersteuer die ohnedies ins ungemessene angewachsenen indirekten Steuern noch vermehrt werden sollen. Die Gesetzesvorlage Druck Nr. 702 bringt eine weitgehende Beunruhigung, u. zw. besonders die zwei Paragraphen 79 und 80, die sogar die Verlustreserven in Zukunft besteuern wollen, die Verlustreserven auch der Sparkassen, der Volksgeldanstalten, die doch zu dem Zwecke geschaffen worden sind, um eventuell auftretende Verluste abdecken zu können, Verluste, die vielleicht nicht in zwei oder drei oder fünf Jahren, sondern erst vielleicht in 10 oder 20 Jahren eintreten, wodurch diesen Anstalten eine gewisse Sicherheit und das Vertrauen der Bevölkerung gewährt wurde.