Úterý 16. záøí 1930

Gestützt auf diese Resolution vom Jahre 1927 glaubten nun die Kriegsbeschädigten in der Tat, der Verpflichtung ledig zu sein, die empfangenen Übergenüsse zurückzuzahlen. Sie waren dazu auch nicht imstande, denn wenn ein Kriegsbeschädigter tatsächlich einen Betrag an Rente zuviel bezogen hatte, war er sicherlich aufgebraucht worden. Der Kriegsbeschädigte kann unter keinen Umständen ohne Bedrohung seiner Existenz an eine tatsächliche Rückzahlung denken. Aber die Resolution bedeutete für das Ministerium für soziale Fürsorge erst unter dem Minister Dr. Czech etwas Beach tliches, dem über seine Weisung die Landes- und Bezirksämter Berücksichtigung zuteil werden lassen mußten. Herr Dr. Czech sollte allerdings so wie er im Detail dieser Resolution Beachtung verschafft hatte, auch dem ganzen Problem seitens der Regierung Beachtung erzwingen. Die Möglichkeit dazu hat er.

Bezüglich der Verlängerung der Anmeldefrist ist bei der heutigen Debatte schon manches gesagt worden. Auch ich bin namens meiner Partei der Meinung, daß es unbedingt notwendig ist, die Anmeldefrist, die im Jahre 1923 abgelaufen war, zu verlängern. Es ist tatsächlich so, daß viele anständige Elemente unter den Kriegsbeschädigten nur deshalb die Renten nicht bekommen - obwohl sie auch jetzt in Not sind - weil die Anmeldung seinerzeit wegen ihrer besseren wirtschaftlichen Lage nicht vorgenommen wurde. (Posl. Geyer: Oder weil sie bei den Ämtern verworfen wurde!) Ja, das ist richtig. In dieser Beziehung will ja der vorliegende Regierungsantrag etwas Positives tun. Das, was schließlich hiebei durchgesetzt wurde an Gestattung einer nachträglichen Anmeldung, ist aber doch nur ein sehr bescheidenes Maß und es mußte hier generell für alle, die etwa die Anmeldefrist versäumt haben, die Möglichkeit geschaffen werden, die Anmeldung nachzuholen.

Eines der traurigsten Kapitel ist das Kapitel der Kriegsbeschädigten-Trafikanten. Außerordentlich bemerkenswert sind die Methoden, mit denen den Invaliden-Trafikanten begegnet wird. Wir können eine Reihe von Kriegsblinden und vollkommen erwerbsunfähigen Kriegsbeschädigten feststellen, die keinen Heller an Renten beziehen, weil sie sich im Besitze einer Tabaktrafik befinden. Nach § 4 des Versorgungsgesetzes fällt die Rente unter allen Umständen weg, wenn das Einkommen aus einer Tabaktrafik das Renteneinkommen um 100% übersteigt. Hiezu kommt das üble Kapitel der Gesellschafterzuweisungen, eine Methode, die man draußen anwendet, um die empfangene Wohltat der Zuweisung einer Trafik den Kriegsbeschädigten zum Ekel zu machen. (Sehr richtig!)

Ich habe von Orgien der Administrative gesprochen, die bei den Landesämtern und bei den Bezirksämtern sich dartun und die geeignet sind, den kärglichen Effekt der geltenden Kriegsbeschädigtengesetzgebung illusorisch zu machen. Ich bin bei Ausspruch einer solchen Meinung selbstverständlich in der Lage, den Beweis hiefür zu führen. Ich begnüge mich damit, nur einige wenige Fälle eines solchen orgiastischen Treibens der Administrative gegenüber den Kriegsbesch ädigten anzuführen und glaube, daß die Anführung dieser wenigen Fälle genügt, um die Überzeugung reifen zu lassen, daß wir alles daran setzen müssen, um die Administrative zu veranlassen, wenigstens den kleinen guten Kern der heutigen Gesetzgebung für die Kriegsbeschädigten nicht noch ganz zu erdrücken. (Pøedsednictví se ujal pøedseda Malypetr.)

Am 5. März 1930 wurde der Kriegsbeschädigte Rudolf Pilz aus Obermaxdorf, welcher doppelt amputiert ist - es fehlt ihm der linke Arm gänzlich, der rechte Arm im unteren Drittel - einer Revisionsuntersuchung unterzogen. Allerdings konnte man in diesem Falle von den 100 %, die der Kriegsbeschädigte tatsächlich hat, nichts streichen. Es soll aber gezeigt werden, daß selbst das Versprechen des Ministers, daß alle Schwer-Kriegsbeschädigten keiner Untersuchung unterzogen werden, sondern daß man sie in Ruhe lassen wird, von den unterstehenden Ämtern contrekarriert wird. Die Ämter laden einfach vor, wen sie wollen. Aber auch aus der Praxis in der Landesberufungskommission kann nachgewiesen werden, daß jetzt noch Leute vorgeladen werden, trotzdem sie 85 bis 100% erwerbsunfähig sind. So wurde erst im Laufe des Monats Mai ein Kriegsbeschädigter vorgeladen, der bisher bei allen Untersuchungen mit 85% anerkannt wurde. Er hat eine schwere Kopfverletzung und wurde nun auf 80% herabgesetzt. Wieviele solcher Fälle gibt es aber, von denen man nichts erfährt!

Ein anderer Fall: Der Kriegsbeschädigte Vetter Heinrich wurde bei der am 12. Dezember 1921 stattgefundenen sozialärztlichen Untersuchung mit 75% Erwerbsunfähigkeit anerkannt. Das zuständige Landesamt hat ihm auch mit Bescheid vom 11. Juli 1922 und 13. April 1924 die zustehenden Renten bemessen und ausgezahlt. Am 25. Feber 1926 hat derselbe bei einer neuerlichen Untersuchung in Böhmisch-Leipa, da sich sein Gesundheitszustand bedeutend verschlechtert hat - es handelt sich um Tuberkulose und Hüftgelenksentzündung - eine Erwerbsunfähigkeit von 85% zuerkannt erhalten. Am 23. Feber 1928 hat man ihn neuerlich zur sozialärztlichen Untersuchung nach Teplitz bestellt und hat ihn dort plötzlich nur noch mit einer 25%igen Erwerbsunfähigkeit anerkannt. Gegen diese Herabsetzung der Rente hat der Kriegsbeschädigte die Berufung eingebracht. Diese wurde am 7. Dezember 1928 behandelt. Der Berufung wurde keine Folge gegeben mit der Begründung, daß das Leiden nicht aus dem Kriege herstammt, sondern ein Vorkriegsleiden sei. Inwieweit dies zutrifft, konnte bis jetzt noch nicht überprüft werden, weil der Fall erst untersucht werden wird. Nun hat man aber den Betreffenden am 16. Dezember 1929 neuerlich einer sozialärztlichen Untersuchung zugeführt, auf Grund deren er jetzt den Bescheid erhielt, daß er überhaupt nicht kriegsbeschädigt ist. (Hört! Hört!)

Das sind Fälle, die geradezu zur schärfsten Kritik der Amtsführung herausfordern. Das Vorgehen der Administrative ist, wie ich schon wiederholt dargetan habe, nur dazu angetan, den letzten guten Kern der geltenden Kriegsbeschädigtengesetzgebung zu erschlagen. Ich könnte solche Fälle in einer weiteren Zahl anführen, ich kann es mir aber schließlich und endlich ersparen, weil ja jeder einzelne von den Kollegen hier im Hause und von den Parteien in Kenntnis der Angelegenheit ist. Wir müssen an die Administrative appellieren, daß diese Zustände nun endgültig verschwinden und daß bei der Behandlung der Kriegsbeschädigten solche Fälle, wie ich sie geschildert habe, in Zukunft vermieden werden, da sie ja auch den seelischen Zustand der Kriegsbeschädigten in schwerster Weise ungünstig beeinflussen. Was wir fordern ist, daß durch eine grundsätzliche Regelung des Invalidengesetzes eine Erhöhung der Rente für alle Kriegsbeschädigten eintritt und vor allem auch jene Witwen in die Rentenversorgung einbezogen werden, die nach dem Gesetz vom Jahre 1922 aus dieser hinausgeworfen wurden. Bezüglich des Meritums der heutigen Regierungsvorlage fordern wir die Streichung aller jener Bestimmungen, die sich auf eine Einkommensgrenze beziehen, weiter die Verlängerung der Anmeldefrist, die Erhöhung der Beiträge für charitative Fürsorge, die Einstellung der leidigen grausamen Revisionsuntersuchungen, sofern sie nicht von den Kriegsbeschädigten selbst gefordert werden. Wir fordern die Heilbehandlung für die Hinterbliebenen einzelner Kriegsbeschädigter auch aktenmäßig. Der Regierung gegenüber haben wir nochmals zu behaupten, daß für sie eine Regelung der Kriegsbeschädigtenfrage im Sinne der Wünsche und Forderungen der Organisationen eine absolute Notwendigkeit ist, zumal so vielfache Versprechungen gemacht wurden. Vom Ministerpräsidenten bis zum letzten Regierungsabgeordneten ist alles mit Versprechungen gegenüber den Kriegsbeschädigten belastet. Für jeden Teil der Koalition besteht sonach die moralische Verpflichtung, durch eine anständige Versorgung der Kriegsbeschädigten sich von dieser Last zu befreien. Ich habe vorhin auf die große staatssoziale Seite der Angelegenheit aufmerksam gemacht. Dieser ist ebenso die staatsmoralische Seite der Forderung nach einer grundsätzlichen Novellierung der geltenden Invalidengesetzgebung an die Seite zu stellen. Ich habe schon angeführt, wie oft es vorgekommen ist, daß der èechoslovakische Staat gerade wegen der ungenügenden Kriegsbeschädigtengesetzgebung im Auslande der Gegenstand einer nicht guten Kritik war. Aber wir erwähnen hier auch das große Staatspolitikum, das darin gelegen ist, daß man versucht, die Kriegsbeschädigtengesetzgebung auf eine anständige Grundlage zu stellen. Wir haben gerade im Verlaufe der Sommermonate, die dem heutigen Beginn der Herbsttagung vorangegangen sind, von einer Reihe èechischer Abgeordneter, u. zw. sehr prominenter, hören können, daß die Zukunft des Staates nicht zuletzt auf einem guten inneren Funktionieren des Heeres und der Wehrmacht des Staates aufgebaut sein muß. Ich weiß nicht, ob Sie dafür die beste Voraussetzung schaffen, wenn Sie die Kriegsbeschädigtengesetzgebung in dieser jetzigen Form belassen. Ich weiß nicht, ob Ihr Appell an die Opferwilligkeit etwa einer kommenden Generation für den Staat gehört werden wird, wenn Sie die Opferwilligkeit gegenüber der Vergangenheit, gegenüber Menschen, die ihre Pflicht erfüllt haben, so honorieren, wie in der gegenwärtigen Kriegsbeschädigtengesetzgebung. Es kann kein Argument genügend stark sein, um einen vernünftigen Weg zu behindern, auch nicht das staatsfinanzielle Moment, dem sich in der Vergangenheit ebenso wie heute, wenn es sich um die soziale Gesetzgebung handelt, in der Regierung noch jeder gebeugt hat, vom Abgeordneten einer bürgerlichen Partei bis zu den Abgeordneten der sozialistischen Parteien, die sich heute in der Regierung befinden, gleichgültig ob Abgeordnete der èechischen Sozialdemokratie oder der deutschen sozialdemokratischen Partei oder der èechischen nationalsozialistischen Partei. Der Hinweis auf das staatsfinanzielle Moment ist nicht stichhältig. Es ist nicht so, daß der Herr Finanzminnister nicht das Geld hätte, ein in so bescheidenen Grenzen gehaltenes soziales und wirtschaftliches Programm bezahlen zu können, wie es in der Sommertagung des Parlaments aufgezeigt wurde. Es stimmt nicht, daß der Herr Finanzminister nicht über diese Mittel verfügt. Es ist vielmehr so, daß er sehr wohl die Mittel in der Hand hält, ein solches Programm mit zu dekken, wie es in der Forderung nach einer anständigen Kriegsbeschädigtengesetzgebung und einer anständigen Bezahlung der staatlichen Beamten und Lehrer und in der Honorierung der im Ruhestand befindlichen Staatsbeamten besteht. Der Herr Finanzminister hält die Mittel in der Hand, das alles decken zu können, ohne die Notwendigkeit zu haben, eine neues Steuerbukett dem Parlamente vorzulegen. Dieser Herr Finanzminister ist reicher als er zugibt und es ist eine Schande des Parlaments, daß es nicht in der Lage ist, eine klare Schilderung der Finanzlage des Staates von ihm zu erreichen, sondern sich begnügen muß, was schließlich und endlich dem Hause in den Staatsvoransch lägen und Rechnungsabschlüssen vorgelegt wird. Es ist schon aus der Gegenüberstellung der Staatsvoranschläge und Rechnungsabschlüsse der Jahre 1926-1928 nachweisbar, daß dieser Herr Finanzminister nur aus dem Titel der Mehreinnahmen über den präliminierten Betrag 5 1/2 Milliarden Kronen in der Hand hält. (Hört!) Mit diesen 5 1/2 Milliarden ist der Herr Finanzminister in der Lage, ein bescheidenes soziales und wirtschaftliches Programm, wie wir es fordern, mit zu decken, ohne daß er, wie er immer angibt, den Staat in Gefahr bringt. Zumindest müßte es möglich sein, von ihm zu hören, was mit diesen 5 1/2 das Präliminare übersteigenden Milliarden geschehen ist, ob sie zu Zwecken verwendet wurden, die für uns tragbar sind. Es ist unwürdig des heutigen Parlaments, daß es nicht in der Lage ist, in die Finanzwirtschaft des Staates klare Einsicht zu bekommen, sondern daß es sich mit irgendwelchen Darlegungen begnügen muß. Es wird wohl kaum die Meinung bestehen, daß das, was ich von der Arbeit der Finanzverwaltung hinter den Kulissen gesagt habe, etwa nicht stimmt. Aber keine der in der Regierung vorhandenen Parteien ist imstande, dem Finanzminister das wahre Geständnis der Finanzlage des Staates abzuzwingen und Aufklärung zu erhalten, was mit dem Gelde, mit diesen Mehreinnahmen, geschehen ist. Wir sind der Meinung, daß die Überschüsse der Jahre 1926 bis 1928 in dieser schweren Zeit verwendet werden müssen, um allen leidenden Menschen des Staates Hilfe zu bringen. Sie sind in besseren Zeiten aus der gesamten Bevölkerung dieses Staates gezogen worden, nicht zuletzt aus den sozial schwachen Menschen, die wir als Dolmetscher ihrer Interessen hier vertreten. Wir werden in den kommenden Wochen in dieser Beziehung der Regierung wiederholt unsere klaren Forderungen vorlegen und von diesem Standpunkt nicht abrücken, daß es die höchste sittliche Pflicht dieses Hauses sein muß, gerade in dieser Zeit der Not und des Elends positive Hilfsmaßnahmen zu ergreifen. Das fordern wir auch bezüglich des vorliegenden Gesetzentwurfes, das fordern wir auch in Anbetracht der neuerlich wiederholten ungenügenden Behandlung der Invalidenfrage. Das fordern wir, und nur dem werden wir unsere Zustimmung geben. Dem heutigen Regierungsantrag aber, der wiederrum nur eine kleine Einzelheit der ganzen Frage zur Bereinigung bringen wird, können wir unsere Zustimmung nicht gewäh ren. (Potlesk.)


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