Hohes Haus! Zunächst möchte ich den Herrn Referenten Dr. Patejdl um Entschuldigung bitten, daß ich nicht zu dem Gegenstande, der heute auf der Tagesordnung steht, spreche, sondern zu einer anderen Angelegenheit, die meines Erachtens und dem Erachten meines Klubs gemäß das größte Interesse dieses Hauses hervorrufen müßte.
Es betrifft dies die geradezu skandalösen Ereignisse, die sich bei den Gemeindewahlen am 1. Dezember 1929 in Iglau zugetragen haben. Diese Vorfälle waren Gegenstand von vier verschiedenen Interpellationen, die sowohl im Senat, als auch im Abgeordnetenhaus eingebracht wurden. Schon dieser Umstand zeigt, welche Erregung dies in allen Parteikreisen, gleichgültig, ob sie in der Regierung oder in der Opposition sich befinden, ausgelöst hat. Es wurden nicht nur im Senat vom Sen. Tichý, sondern auch im Abgeordnetenhaus Interpellationen vom Abg. Zajièek, vom Koll. Dr. Hassold und von meiner Partei eingebracht. Außerdem hat auch die sozialdemokratische Partei zwar keine Interpellation eingebracht, wohl aber in ihrer Presse eine überaus scharfe Kritik an den damaligen Wahlen und an den Vorgängen bei diesen Wahlen geübt. Der "Sozialdemokrat" vom 3. Dezember 1929 schrieb unter dem Titel "Türkische Wahlen" unter anderem: "Das, was sich nun am 1. Dezember bei den Gemeindewahlen zugetragen hat, übersteigt wohl die Grenzen selbst der in größeren Städten geübten Praxis. Viele Hunderte Wähler, meist Arbeiter und Angestellte, erhielten ihre Wahllegitimationen und Stimmzettel überhaupt nicht zugestellt. Auch als siein der Wahlabteilung des Rathauses gegen Vorweis der Ausweispapiere dieselben ansprachen, wurden die Wahldokumente ihnen nicht ausgefolgt, wie in vielen Fällen einwandfrei festgestellt wurde. Der Großteil dieser Wähler, der dann am Sonntag in den einzelnen Kommissionen die Wahldokumente beanspruchte, mußte feststellen, daß auf ihre Namen bereits in den ersten Morgenstunden gewählt worden war." Sehr richtig heißt es in demselben Artikel weiter: "Diese Methoden sind wohl das Unübertrefflichste an Wahlmethoden überhaupt. Und darauf stolz zu sein heißt wohl, stolz darauf zu sein, die in den Balkanländern praktizierten Wahlmethoden übertroffen zu haben."
Sie sehen, daß alle deutschen Parteien ohne Unterschied des politischen Bekenntnisses diese Wahlen als eine Schande und als einen Betrug bezeichneten.
Was war vorgefallen? Am 27. Oktober 1929 bei den Parlamentswahlen hatten alle èechischen Parteien eine Stimmenanzahl von 8370 Stimmen, am 1. Dezember 1929 hatten die èechischen Parteien 10.411 Stimmen, also ein Plus von mehr als 2000 Stimmen. Diese 2000 Stimmen waren nur möglich, weil an diesem Tage Hunderte und Tausende Menschen aus der näheren und weiteren Umgebung Iglaus mit falschen Legitimationen und mit erschwindelten Legitimationen sich bei den Wahlurnen einfanden und dort ein Wahlrecht ausübten, das ihnen niemals zugestanden hat. Während sie bei den Parlamentswahlen in ihren Heimatsorten wählten, hatten sie die Möglichkeit, sich am 1. Dezember in Iglau in schwindelhafter Weise an den Wahlen zu beteiligen.
Dieser Zuwachs ist durch nichts aufgeklärt worden und es ist interessant zu verfolgen, wie es damals in Iglau zugegangen ist. Wer am Tage der Wahlen in Iglau war, dem mußte unwillkürlich auffallen, daß ein außerordentlich großer Teil der Bevölkerung aus den selbst in weiter Entfernung liegenden èechischen Dörfern in Iglau anwesend war und in einer Reihe èechischer Gastwirtschaften verpflegt, mit Wahldokumenten versehen und in Autos zum Wahllokal befördert wurde. Da die èechischen Parteien 11 verschiedene Kandidatenlisten eingebracht hatten, befanden sie sich bei der Zusammensetzung der Wahlkommissionen gegenüber den deutschen Kandidatenlisten in der Mehrheit. Diese Tatsache wurde bei den verschiedenen Anständen in den einzelnen Wahllokalen dazu ausgenützt, um die Wahlproteste einfach niederzustimmen.
Nach § 34 der Gemeindewahlordnung ist über den Verlauf der Wahl ein Wahlprotokoll, in welches alle Beschlüsse der Wahlkommission mit kurzer Begründung eingetragen sind, zu führen. In sämtlichen Kommissionen wurde mit Majorität beschlossen, daß die èechischen Kommissionsmitglieder die Protokollierung der von den deutschen Mitgliedern der Wahlkommission gestellten Anträge verweigern werden. Die dagegen erhobenen Proteste wurden auf Grund ebensolcher Abstimmungen nicht protokolliert. Durch diese Mehrheitsbeschlüsse der in der Mehrheit èechischen Wahlkommissionen wurde das Gesetz verletzt. Nur auf diese Weise ist es zu erklären, daß nur ein Bruchteil bewiesener Wahlschwindeleien festgestellt werden konnte und die überwiegende Mehrzahl infolge der Ablehnung der Anträge der Kommissionsmitglieder durch die èechischen Mehrheiten der Behörde nicht zur Kenntnis gebracht werden kann. Es muß ferner hervorgehoben werden, daß die èechischen Kommissionsmitglieder es abgelehnt haben, erwiesene Wahlschwindler zu identifizieren, daß Personen, die nicht einmal ihren Geburtsort oder ihre Wohnungsadresse angeben konnten, auf Grund der Majoritätsbeschlüsse der èechischen Kommissionsmitglieder zur Wahl zugelassen wurden und die Protokollierung solcher Fälle von den èechischen Kommissionsmitgliedern abgelehnt wurde.
Ich bemerke ferner, daß die deutschen Parteien an die politische Landesbehörde in Brünn einen Rekurs gegen diese Wahlen überreicht haben, in dessen Beilagen auch ein Informationszettel ist, der einem nicht in Iglau wohnhaften Wähler abgenommen wurde, und aus welchem ersichtlich ist, daß die Wahlschwindeleien auf Grund einer gut durchgeführten Organisation betrieben wurden, die so weit ging, daß den falschen Wählern die Daten jener Personen, für welche sie wählen sollten, besonders aufgezeichnet worden sind.
Ich sowie eine Reihe Kollegen anderer Parteien haben über diese Vorfälle Interpellationen eingebracht. Diese Interpellationen hat der Minister des Innern am 14. April beantwortet, und zwar, indem er sagte, daß mit Rücksicht auf die bedeutende Anzahl von Einwendungen, die gegen die Wahlen vorgebracht worden sind, die Landesbehörde die Untersuchung nicht sofort abschließen könne, daß aber alle gegen die Wahl vorgebrachten Einwendungen strenge, gewissenhaft und unverzüglich geprüft werden. Es ist nun notwendig, in größter Kürze diesen wichtigen Fall, der, wenn er ungesühnt bliebe, auch in anderen Städten Konsequenzen haben könnte, dem hohen Hause zur Kenntnis zu bringen.
Die deutsche Wählergruppe in Iglau hat an das Landesamt in Brünn einen Rekurs gegen die Wahlen eingebracht, der mit dem Entscheid vom 30. April 1930, welcher einen Umfang von 29 Seiten hat, abschlägig beschieden wurde. Die Landesbehörde hat es sich außerordentlich leicht gemacht. Sie hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß die größere Anzahl der vorgebrachten Wahlbetrugsfälle nicht näher konkretisiert worden ist. In dem Entscheid heißt es zunächst (ète): "Nach dem Gesetze ist es nicht möglich, diese Beschwerde zu untersuchen, schon aus dem Grunde, weil das entscheidende Amt nach § 56, Abs. 1 über Einwendungen nur jene Umstände untersuchen kann, die während der Wahl in die Stadtvertretung selbst sich zutrugen, soferne es die Vorbereitungen für die Durchführung der Wahl betrifft. Daher kann auch das Landesamt aus dem Umstande, daß die Wahlen in die Nationalversammlung, die vier Wochen vor der Wahl in die Stadtvertretung in Iglau stattfanden und an denen sich 2000 Wähler weniger beteiligten, als an den Wahlen in die Stadtvertretung, nach dem Gesetz nicht deduzieren, daß sich bei dieser Wahl vielleicht Mängel in der Durchführung gezeigt haben." (Posl. Horpynka: Der Landespräsident Èerný und seine Bürokraten decken einen offenkundigen Betrug!) Jawohl! Und Minister Slávik verantwortet das hier in diesem Hause.
Es heißt dann in einer weiteren Fortsetzung: "Nach der schriftlichen Äußerung der Vorsitzenden aller Wahlkommissionen vom 10. März 1930 wurden in alle Wahlprotokolle alle wichtigen Begebenheiten, die im Laufe der Wahl aufgetreten sind, verzeichnet. Weiters wurde nach dieser Äußerung in zweifelhaften Fällen auch die Identität aller Wähler festgestellt. Diese Behauptung aller Vorsitzenden der Wahlkommissionen könnte nur durch die Anführung konkreter Fälle umgestoßen werden."
Wir erklären hier ausdrücklich, daß die Zeugen, die die deutschen Wähler geführt haben, bei den Verhandlungen nicht vorgeladen worden sind und nicht zur Äußerung gekommen sind, daß es also unmöglich war, die lügnerische Behauptung der verschiedenen Vorsitzenden der Wahlkommissionen in Iglau zu widerlegen, bzw. umzustoßen. Wir erklären es hier als eine offene Lüge der Vorsitzenden der Wahlkommissionen, die wir dessen beschuldigen, daß es eine Lüge ist, daß die Wahlprotokolle ohne irgendwelche Schwierigkeiten geführt worden sind, bzw., daß jeder Protest der deutschen Mitglieder der Wahlkommissionen in die Protokolle einge tragen worden ist.
Und es heißt hier weiter: "Da nun in dieser Beschwerde keine einzelnen konkreten Fälle einer ungesetzlichen Verweigerung der Einschreibung in das Wahlprotokoll angeführt sind, kann das Landesamt sich nach dem Gesetze nicht mit dieser allgemeinen Einwendung beschäftigen."
Also auch hier macht es sich das Landesamt riesig einfach. Es lädt die angebotenen Zeugen einfach nicht vor und die Vorsitzenden der Kommissionen erklären: "Wir haben die Protokolle ordentlich geführt!" Das genügt und der deutsche Wahlrekurs wird abgewiesen.
Aber es kommt noch viel besser. Wohl eine der unglaublichsten Tatsachen ist der Mißbrauch der Angehörigen der Landessiechenanstalt bei der Wahl in Iglau. Es ist in Iglau am 1. Dezember v. J. dazu gekommen, daß die Aufsichtsorgane der Landessiechenanstalt mit 20 bis 30 Wahllegitimationen bei der Wahlurne erschienen und diese Wahllegitimationen abgegeben haben und daß die Wahlkommissionen gegen den Protest der deutschen Mitglieder dieser Wahlkommissionen die Aufsichtsorgane zuließen, bei den Wahlen also eine Vertretung in der Wahl, die das Gesetz ausdrücklich ausschließt, zugelassen haben. Hier heißt es in der Wahlordnung nach § 38, Abs. 5: "Blinde Personen und solche, die wegen eines körperlichen Gebrechens einen Stimmzettel nicht abgeben können, üben ihr Wahlrecht in Begleitung eines Wählers aus, mit dem sie in gemeinsamem Haushalt leben oder in Begleitung eines Wählers, den sie sich freiwillig als Vertreter gewählt haben. Dieser Begleiter gibt den Stimmzettel, eventuell die Legitimation für seinen Vollmachtgeber ab. Die Wahlkommission stellt durch Anfrage fest, ob der Wähler seine Begleitperson frei gewählt hat und ob er ihren Vor- und Zunamen kennt und trägt diese Art der Wahl besonders in die Wahlprotokolle ein."
Was ist nun in Iglau geschehen? 90 Stimmzettel sind abgegeben worden in Packeten, ohne daß die Wähler bei der Wahlurne erschienen sind, ohne daß die Siechen im Wahllokale erschienen sind, sondern es sind einfach durch die Aufsichtsorgane der Landessiechenanstalt die Stimmzettel vorgelegt und abgegeben worden. Der deutsche Protest auch über diese Tatsache ist nicht protokolliert worden und daher wird jetzt selbstverständlich, was ich Ihnen nun zur Kenntnis bringen werde. Hier heißt es im Entscheid des Landesamtes nach Zitierung des § 38, den ich eben verlesen habe, wie folgt: "In dieser Einwendung führen Sie allgemein an, daß für die Wähler in der Landessiechenanstalt sich ein Bediensteter dieser Anstalt zur Wahl einfand und daß er trotz des Protestes als Bevollmächtigter der Siechen zur Wahl zugelassen wurde. Es ist deshalb nicht möglich, zu dieser Einwendung nach dem Gesetze Stellung zu nehmen, u. zw. aus den unter II/2 angeführten Gründen. Diese Beschwerde ist ebenfalls nicht näher konkretisiert." Das heißt: Jetzt verlangt die Behörde das, was die Wahlkommission unmöglich gemacht hat, nämlich jeden einzelnen Fall zu protokollieren. Also das, was die Wahlkommission abgelehnt hat, wird jetzt vom Landesamt von uns eingefordert und wir sollen jeden einzelnen Fall anführen! Nur dann will sie die Beschwerde als berechtigt anerkennen. Es heißt weiter: "Diese Beschwerde ist ebenfalls nicht näher konkretisiert in der Richtung, welche von den Siechen der Landessiechenanstalt in Iglau sich an der Wahl beteiligten durch einen Bevollmächtigten und welche Bedienstete dieser Anstalt als solche Bevollmächtigte fungierten." Auch das konnte von deutschen Mitgliedern der Kommission nicht festgestellt werden.
"So wie die Beschwerde lautet", heißt es hier weiter, "müßte man glauben, daß alle Siechen der Landesanstalt durch die Vermittlung der Bediensteten dieser Anstalt wählten. Dem ist jedoch nicht so. Bei der kontradiktorischen Amtshandlung wurde in dieser Richtung festgestellt, daß ungefähr zwei Drittel der Siechen dieser Anstalt selbst wählten, daß also für alle Siechen ein Bevollmächtigter nicht gewählt hat." Das ist richtig. In der Anstalt sind 300 Sieche untergebracht, von denen mehr als 90 durch Bevollmächtigte gewählt haben. "Es war daher Sache der Beschwerde, daß genau Fälle angegeben werden, in denen einige Pfleglinge des bezeichneten Institutes durch einen Bevollmächtigten auf ungesetzliche Weise gewählt haben."
Und nun frage ich Sie, wie das den deutschen Wählern, die den Protest eingebracht haben, möglich sein soll, wenn wir ausdrücklich angeführt und auch nachgewiesen haben, daß die Wahlkommission mit Majorität die Feststellung dieser Tatsache verweigert hat, die Feststellung nämlich der einzelnen Fälle, wo durch Umgehung des Gesetzes das Wahlrecht ausgeübt wurde.
Es heißt hier zum Schlusse: "Man kann sicherlich nicht bezweifeln, daß diese Art zu wählen ein Stütze in den Bestimmungen des zitierten § 38 letzter Absatz nicht findet und daß darüber hinaus nach dem Gesetze es nicht möglich ist, diese Beschwerde zu untersuchen." Ich meine, da bleibt einem einfach der Verstand stehen. Der Beamte erklärt, daß hier der § 38 offenkundig verletzt worden ist, denn er sagt, es ist eine Stütze im § 38 der Wahlordnung nicht zu finden. Er erklärt aber gleichtzeitig, daß es nicht möglich ist, diese Beschwerde irgendwie deshalb zu untersuchen.
Es wird dann eine Reihe von einzelnen Fällen konkretisiert, u. zw. möchte ich hier noch einiges anführen.
Im Punkt 36 der Beschwerde muß selbst das Elaborat des Landesamtes folgendes feststellen: "Man muß als erwiesen annehmen, daß anstelle dieser Wählerin tatsächlich eine andere Person auf ungesetzliche Art wählte, deren Identität nicht sichergestellt wurde."
Weiters in einem zweiten Fall: "Infolgedessen konnte sich auch dieser Wähler nicht an der Wahl beteiligen, obwohl er in den ständigen Wählerverzeichnissen ordnungsgemäß geführt worden war, weil ein anderer für ihn gewählt hatte." Weiters: "Es wurde ihr die Ausgabe der Wahllegitimation verweigert mit dem Hinweis, daß auf ihren Namen schon ein anderer gewählt habe." Ein weiterer Fall: "Menoušek, der nach der protokollarischen Aussage des Mitgliedes der Wahlkommission Lang zwe imal wählte." Es wird weiter festgestellt, daß die deutschen Mitglieder der Wahlkommission persönlich den Josef Huï kennen und ihn zur Rede stellten, daß er auf ungesetzliche Art und Weise wähle, obzwar er in den Wählerverzeichnissen der Stadt Iglau überhaupt nicht eingetragen ist. So geht das weiter, es ist eine ganze Anzahl von konkretisierten Fällen in dieser Beschwerde angeführt. Das Landesamt aber kommt zu der Entscheidung, daß all das, was hier vorgefallen sei, nicht genug Anlaß sein könne, um die Wahlen als ungültig zu erklären. Es sei daher nicht möglich, die angeführte Beschwerde unter III-1-57 nach dem Gesetze zu untersuchen. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Stivín.)
Was sich in Iglau zugetragen hat, läßt sich in Folgendem kurz zusammenfassen:
1. Es haben am 1. Dezember 1929 um 2000 Wähler mehr gewählt, als im Wählerverzeichnis eingetragen waren.
2. Es ist erwiesen und vom politischen Landesamt in Brünn zugegeben, daß Bedienstete der Landessiechenanstalt in Iglau mit Vollmacht für etwa 90 Personen gewählt haben, daß also mit Zustimmung der Wahlkommission die Bestimmungen des Wahlgesetzes verletzt worden sind.
3. Es ist durch das kontradiktorische Verfahren festgestellt, daß die Wahlkommission des 16. Wahlbezirkes die Protokollierung darüber, daß Personen, die kein Wahlrecht hatten, zur Wahl zugelassen wurden, verweigerte.
4. Es ist durch die Erhebungen des Landesamtes in Brünn erwiesen, daß die unter Zahl 3, 11, 27, 33, 36, 39, 57, 38, 40, 41, 42 bis 46 angeführten Personen ungesetzlich gewählt haben.
5. Es ist erwiesen, daß die Wahlkommissionen in zahlreichen Fällen Anträge der deutschen Mitglieder der Wahlkommissionen auf Feststellung von Wahlschwindeleien nicht protokollierten.
6. Es ist erwiesen, daß die Polizeiorgane die Feststellung der Namen solcher Personen, die offenkundig als Wahlschwindler von den deutschen Kommissionsmitgliedern entlarvt worden waren, verweigerten.
Alle diese Tatsachen bestimmen uns zu erklären, daß die Interpellationsbeantwortung des Herrn Ministers wie die Entscheidung des Landesamtes in Brünn nicht nur ein Verbrechen gegen die Vernunft, sondern auch die Bestätigung eines ungesetzlichen Vorgehens darstellen. (Posl. Knirsch: Die Gutheißung des Betruges und der Gaunerei!) Die Gutheißung eines Wahlschwindels, wie er in einem solchen Umfang kaum irgendwo in der Republik, man muß es ganz offen sagen, sich zugetragen hat. (Posl. Horpynka: Der Landespräsident Èerný hat sich entösterreichert, in Österreich hätte er das nicht wagen dürfen!) Das ist nicht einmal in Galizien vorgekommen.
Nur einen kurzen Rückblick: Wie der Stadt Iglau seit dem Umsturz mitgespielt worden ist, ist geradezu unerhört und muß als Schande für dieses Land und auch für die Regierung bezeichnet werden, die heute die Verantwortung für das trägt, was sich am 1. Dezember v. J. dort zugetragen hat. Zuerst hat man die Gemeindevertretung im Jahre 1918 selbstverständlich sofort nach der Besetzung Iglaus aufgelöst. Mehr als 4 Jahre hat eine Verwaltungskommission in Iglau, die mehr als einmal Gegenstand von Interpellationen in diesem Hause war, in der unerhörtesten Weise nicht nur nationalistisch, sondern auch wirtschaftlich das Vermögen dieser einst reichen Stadt zugrunde gewirtschaftet und hat sich auch von den schwersten wirtschaftlichen Bedenken nicht hindern lassen, um alle deutschen Beamten aufs Pflaster zu werfen und èechische Beamte einzustellen, in einer Stadt, die damals und ich sage auch heute noch eine deutsche Mehrheit besitzt. Denn die Wahlen am 1. Dezember 1929 sind und bleiben ein Betrug. Nach den Ergebnissen der Parlamentswahlen hat Iglau eine deutsche Mehrheit. Als man endlich im Jahre 1923 an die ersten Gemeindewahlen ging, hat man das Soldatenwahlrecht im reichlichen Maße mißbraucht und auch das war mehr als einmal Gegenstand von Interpellationen in diesem Hause. Sie werden sich noch erinnern können, daß man damals mehr als 2000 Soldaten einige Tage vor der Wahl nach Iglau kommandiert hat, so daß man tatsächlich mehr als 4000 Soldatenwähler zu diesem Zeitpunkt in Iglau hatte. Als auch dieser Betrug - es war ein Betrug und blieb ein Betrug und bleibt es in alle Ewigkeit - zur Vergewaltigung der deutschen Stadt Iglau nicht hinreichte, weil das Soldatenwahlrecht beseitigt wurde, hat man zu dem Wahlschwindel gegriffen, der sich am 1. Dezember v. J. in seiner ganzen Gloriole gezeigt hat. 10 Jahre Skandal ist es, was in Iglau aufgeführt wird, 10 Jahre Mißbrauch jedes Begriffes von Gerechtigkeit, von Demokratie, von Freiheit des Willens der Wähler, 10 Jahre Unterdrückung in der niederträchtigsten und gemeinsten Art und Weise, die man sich überhaupt vorstellen kann. (Posl. dr Stern: Die èechische Bourgeoisie hat von der deutschen Bourgeoisie sehr gut gelernt!) Und Sie sind die Unterstützer und Helfer dieser Bourgeoisie. Wir werden es den deutschen Iglauer Arbeitern sagen, daß Sie in Prag den Mißbrauch und den Betrug bei den Iglauer Gemeindewahlen gerechtfertigt haben und dafür eingetreten sind, daß das gerechtfertigt wird, mit Ihren Zwischenrufen. (Posl. dr Stern: Dadurch, daß Ihr die Arbeiter national gegeneinander verhetzt, ermöglicht Ihr der Regierung die nationale Unterdrückung!) Aber lieber Freund, Sie nimmt kein Mensch in diesem Hause ernst. (Výkøiky posl. dr Sterna.) Mit Ihnen diskutiert man nicht mehr. (Rùzné výkøiky posl. dr Sterna, Knirsche a Horpynky.)
Ich habe es für notwendig gefunden, diese Tatsachen hier vorzubringen, nicht weil wir glauben, daß die Regierung oder der Herr Minister des Innern jetzt zur Einsicht kommen und in Iglau vielleicht eine neuerliche Untersuchung der Fälle vornehmen wird. Dieses Vertrauen haben wir zu dieser Regierung nicht und wir wissen auch, daß diese Regierung dieses Vertrauen nicht verdienen würde, eine Regierung, die derartige Erhebungsweisen deckt, die sich mit dem Wahlbetrug identifiziert, die kann nicht damit rechnen, daß ihr jemand das Vertrauen ausdrückt, von dem Vertrauen kann keine Rede sein, die auch in anderen Fällen den guten Willen vermissen läßt, die nationalen oder politischen Verhältnisse in diesem Lande zu reinigen oder zu entlasten.
Aber wenn ich bei dem Kapitel Ministeri um des Innern bin, so habe ich noch einen anderen Fall vorzutragen, den ich schon gelegentlich der Budgetverhandlungen heuer im Winter im Budgetausschuß vorgebracht habe. Er betrifft den Fall des Gendarmeriewachtmeisters Èuda in Wegstädtl.
Bei den Parlamentswahlen des vergangenen Jahres hat unsere Ortspartei, unser Vertrauensmann die Wahlplakate plakatieren wollen. Er hat zu diesem Zwecke sich die behördliche Bewilligung der Bezirksbehörde unter Z. 22.234 vom 14. Oktober beschafft und auch erhalten. Trotz der Bewilligung wurden aber in Wegstädtl die Plakate von der Gendarmerie nicht geduldet, sondern die Plakate wurden heruntergefetzt. Als sich unser Vertrauensmann noch eine zweite Bescheinigung von der politischen Bezirksbehörde in Dauba beschafft hatte, wonach die Plakate auch in den verschiedenen öffentlichen Lokalen, nicht nur auf den normalen Anschlagstellen ausgehängt werden dürfen, hat auch diese Amtsbestätigung den Gendarmeriewachtmeister nicht abhalten können, vor Zeugen zu erklären: "Pan Hegerlik" - das ist der Bezirkskommissär in Dauba - "je v Dubé velký pán, a tady jsme my velcí páni." Diese Äußerung ist vor drei Zeugen getan worden, die sich sofort an Ort und Stelle gemeldet haben und von denen der Landwirt Hackl sofort erklärte, als diese Äußerung fiel: "Hast Du das gehört? Merk Dir das gut!" Diese Äußerung ist auch vom Zahntechniker Frühauf und vom Privatbeamten Herold, drei unbescholtenen Männern der Gemeinde Wegstädtl, beglaubigt worden.
Der Herr Innenminister hat mir sofort auf meine Interpellation geantwortet, daß diese Äußerung des Gendarmeriewachtmeisters Èuda "Pan Hegerlik je v Dubé velký pán, a tady jsme my velcí páni", d. h., es geht uns das, was der Bezirkskommissär anordnet, nichts an, wir machen, was wir wollen, diese einfach einer jeden Disziplin und jeder Ordnung sich widersetzende Äußerung auf Grund der Erhebungen der Gendarmerieorgane nicht gefallen sei. Nun hat Herr Èuda einige unserer Parteigenossen geklagt, bezw. er hat die Anzeige wegen unbefugter Verbreitung von Druckschriften nach § 23 des Preß gesetzes beim Kreisgericht in Leitmeritz überreicht. In beiden Fällen wurden unsere Parteigenossen freigesprochen, weil der Richter erkannte, daß die Bewilligung zur Aushängung der Plakate vorhanden war, und durch Zeugen bei Gericht und später durch den untersuchenden Stabskapitän der Gendarmerie aus Jungbunzlau die Äußerung "Pan Hegerlik je v Dubé velký pán a tady jsme my velcí páni", also eine direkte Auflehnung des Gendarmeriewachtmeisters Èuda gegen seine vorgesetzte Behörde erwiesen wurde. Aber das hat Herrn Èuda nichts geschadet. Er ist auch heute noch nicht in Disziplinaruntersuchung, er amtiert heute noch und läuft frei herum. Er ist eine Nummer für sich und sekkiert die Gemeinde, d. h. die deutschen Einwohner in der unerhörtesten Weise. Es ist bezeichnend, daß schon 1924 gegen Èuda eine Untersuchung wegen Notzucht an einer nach Leitmeritz eingelieferten Verhafteten eingeleitet worden ist, und dieser Mann ist noch heute in dieser Republik in Wegstädtl Gendarmeriewachtmeister und kann heute noch den Staat und die Ordnung sozusagen repräsentieren.
Ich bringe auch dies zur Kenntnis, um zu zeigen, mit welchen Mitteln die innere Verwaltung hierzulande arbeitet. (Výkøiky.) Es wäre wirklich nötig, diese Fälle zu sammeln und sie dem Innenminister zur Kenntnis zu bringen, der bei den letzten Verhandlungen des Staatsvoranschlages im Budgetausschuß so hohe Töne über die Gendarmerie angeschlagen hat, damit er den wirklichen Charakter der Gendarmerie kennen lerne. Wir geben zu, daß bei den Gendarmerieorganen in letzter Zeit vieles besser geworden ist und daß auch in vielen Fällen gegenwärtig objektivere Handlungen zu verzeichnen sind. Aber wir stellen fest, daß unter der Gendarmerie sich soviel Auswurf - wir sagen es offen - befindet, so viele Menschen, die keine Legitimation zur Aufrechthaltung der Ruhe und der Ordnung erhalten sollen, und es wäre angezeigt, daß wir diese einzelnen Fälle sammeln und dem Minister zur Kenntnis bringen. Es wird dies zur Reinigung des gesamten öffentlichen Lebens nötig sein, das durch derartige Organe mehr als einmal vergiftet wird.
Wenn ich also zusammenfasse, möchte ich nochmals sagen: Wir haben zu dieser Regierung kein Vertrauen. Wir haben zu dieser Regierung kein Vertrauen, weil sie Handlungen, wie die heute festgestellten, unterstützt, weil in dieser Republik nach nahezu 12jährigem Bestande der unerhörteste Betrug bei Wahlen möglich ist, von den Landesämtern gedeckt wird, die Untersuchungen in der fahrlässigsten Art und Weise durchgeführt werden und für uns keine Möglichkeit bieten, uns mit dem System abzufinden, das sich hier aufgerichtet hat. Wenn es, so sagen wir nun, nicht möglich ist, daß sich der Geist des ganzen Konvoluts des Landesamtes in Brünn darüber, was Sie in Iglau getan haben, nicht auch in anderen Städten äußern kann, so ist es der Zwang, unter dem Sie jetzt stehen, daß unter der Kontrolle der deutschen Bevölkerung anständige und reine Wahlen in vielen Orten du rchgeführt werden müssen. Wenn wir bei vielen, unzähligen Wahlen feststellen konnten, daß trotz den unerhörtesten Bestrebungen der Èechisierungsvereine auch in jenen Gebieten das èechische Element nicht mehr in dem Maße vorwärtsdringt wie früher, so ist das nur darauf zurückzuführen, daß der Wahlbetrug und Wahlschwindel von 1919 bis 1920 und 1923 nicht mehr in dem Maße, wie es noch in Iglau möglich war, durchgeführt werden kann. Ich will hoffen, daß die Zeit kommen wird, wo auch die Deutschen in Iglau ihr Recht bekommen werden, wo das gebeugte Recht der unterdrückten Bevölkerung dieser deutschen Stadt wieder einmal gutgemacht und reine Wahlen in Iglau möglich sein werden. Wir werden uns bei den nächsten Verhandlungen über den Staatsvoranschlag im Budgetausschuß darüber nochmals unterhalten und derartige Vorschläge machen, daß in Iglau und anderen Orten die Sicherheit geboten sein wird, daß derartige unerhörte Vorfälle sich nicht wiederholen. (Potlesk.)