Meine Damen und Herren! Die Regierungsvorlage Druck Nr. 290 über die Baubewegung stellt einen Gesetzesantrag vor, von dem man wenigstens sagen kann, daß der Gesetzgeber die gute Absicht hat, so etwas wie eine Bauförderung gesetzlich einzuleiten. Das stärkste Argument, das gegen einen systematischen Abbau des Mieterschutzes bisher immer ins Treffen geführt wurde, war der Mangel an billigen Kleinwohnungen, deren Mietzins auch von den wirtschaftlich schwächsten Schichten, den Festbesoldeten und Arbeitern, ohne Bedrohung ihrer wirtschaftlichen Existenz gezahlt werden könnte. Es ist richtig, daß unter der Wirkung der bisherigen Bauförderungsgesetze diese billigen Kleinwohnungen in ausreichender Anzahl nicht hergestellt wurden. Der Mangel an solchen Wohnungen besteht also wirklich und es ist außer Zweifel, daß das Zurückgehen des Familienlebens und das Sinken der Geburtenziffer letzten Endes auf diesen Mangel zurückzuführen ist. Wenn nun der vorliegende Gesetzentwurf diesem Mangel an Kleinwohnungen abzuhelfen trachtet, so muß das nur begrü ßt werden. Ich darf daher im Namen des parlamentarischen Klubs der deutschen Nationalpartei erklären, daß derselbe für das Gesetz stimmen wird.
Trotzdem will ich die Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, um einige Worte der Kritik dieser Gesetzesvorlage zu widmen. Es ist fraglos zu begrüßen, daß zur Förderung des Baues von Kleinwohnungen außer der Staatsbürgschaft durch 10 Jahre von Staatswegen ein Verzinsungsbeitrag in der Höhe von 2 1/2 % des Bauaufwandes geleistet werden soll, wofür der Staat den Betrag von jährlich 20 Millionen zur Verfügung stellt. Dieser Staatsbeitrag kann nur dann herabgesetzt werden, wenn der Hauseigentümer die ihm gesetzlich auferlegten Bedingungen nicht restlos erfüllt. Der Regreßparagraph der früheren Bauförderungsgesetze fällt und damit steigt die Sicherheit für den Bewerber um den Staatsbeitrag. Nach dem Motivenbericht hofft die Regierung, daß auf Grund dieser Unterstützung 22.000 Kleinwohnungen zu einem Jahreszins von je 2200 Kè entstehen werden. Gleich hier muß ich schon das erste Bedenken äußern. Zieht man in Betracht, daß diese Unterstützung nur für solche Kleinwohnungen gewährt wird, die höchstens aus Zimmer und Küche im Flächenausmaß von 40 m2 besteht, so wird man mir recht geben, wenn ich sage, daß es sich um die Herstellung von Notwohnungen handelt. Der Zins von 2200 Kè für solche bescheidene Wohnungen wird nur in Hauptstädten mit günstigeren Verdienstmöglichkeiten und sehr hohen Mietzinsen als eine Erleichterung von den Arbeitern und kleineren Angestellten empfunden werden. In der größten Anzahl von Städten und Ortschaften wird auch dieser Mietzins für die wirtschaftlich Schwachen sehr drückend, vielleicht unerschwinglich bleiben. Dem Arbeiter und Angestellten, der nur auf ein sehr bescheidenes Bestimmung der letzte Anreiz genommen, für sich und seine Familie ein Eigenheim zu bauen, denn wenn er schon trotz Staatsgarantie und Staatsbeitrag die schwere Last eines Eigenbaues auf sich nimmt, kann er doch von vornherein seine Familie nicht für immerwährende Zeiten auf eine Wohnung von 40 m2 Fläche beschränken, er will doch zumindest eine Fläche von 80 m2 verbauen. Diese Bedenken scheint der Gesetzgeber selbst schon gehabt zu haben, denn Staatsgarantie und Staatsbeitrag sind nicht nur für private Bauherren vorgesehen, sondern werden auch für den Bau von Kleinwohnungen an Städte, Bezirke, Länder, öffentlich-rechtliche Körperschaften und Anstalten, gemeinnützige Baugenossenschaften, ferner an Besitzer von Land- und Forstwirtschaften und an Industrien für den Bau von Arbeiterwohnhäusern zugesagt. Trotzdem aber muß man befürchten, daß die neue Bauförderung wieder, mit Ausnahme der großen Städte, nicht wird voll ausgenützt werden können. Der Staat hat schon früher, als die Selbstverwaltungskörper noch in einer günstigeren finanziellen Lage waren, durch vorteilhafte Baubegünstigungen diese zum Bau von Wohnungen anregen wollen. Damals hat es sich dem Staat aber nicht darum gehandelt, die Wohnungsnot in den betreffenden Orten zu beheben, er wollte vielmehr nur Wohnungen für die nach diesen Orten versetzten Militärpersonen und Staatsangestellten schaffen und darum haben die Städte nicht mitgetan. Heute, wo das sogenannte Gemeindefinanzgesetz die Bewegungsfreiheit der Selbstverwaltungskörper derart gedrosselt hat, daß nicht einmal für die laufenden Auslagen einer Gemeinde das notwendige Geld vorhanden ist, heute kann natürlich keine Lust zum Bauen mehr vorhanden sein. Den Versprechungen des Herrn Finanzminister, daß er durch die Biersteuer den Selbstverwaltungskörpern helfen werde, schenkt niemand Glauben, eine Novellierung des Gemeindefinanzgesetzes ist bei der gegenwärtigen Zusammensetzung der Koalition nicht zu erwarten und so muß natürlich das neue Bauförderungsgesetz für die Selbstverwaltungskörper wirkungslos bleiben. Der Großgrundbesitz ist durch die famose Bodenreform verarmt, die Industrie befindet sich nach der Aussage des Finanzministers Dr. Engliš im Zustande der Depression, deren Ende noch nicht abzusehen ist, und die Landwirtschaft macht verzweifelte Versuche, durch gesetzliche Mittel aus dem krisenhaften Zustand sich herauszuarbeiten. Wenn auch Staatsgarantie und Staatsbeitrag für alle Bauten zugesagt werden, die bis Ende 1931 begonnen wurden, ist zu befürchten, daß weder Industrie noch Landwirtschaft bis zu dieser Zeit die krisenhaften Zustände überwunden haben werden, so daß bei ihnen schon eine merkliche Baulust zu verzeichnen wäre. Ich kann mir nicht vorstellen, daß unter solchen Umständen wirklich die im Motivenberichte erhoffte Anzahl von 22.000 Kleinwohnungen in der Tat hergestellt werden kann, zumindest wird die Verteilung dieser Kleinwohnungen auf alle wohnungsbedürftigen Gebiete der Republik nicht gerecht sein. Wenn meine Partei für den vorliegenden Gesetzesantrag stimmt, geschieht dies nur aus der Erwägung, daß dieses Gesetz nicht wie die früheren Gesetze bauhemmend wirkt.
Leider hat die Regierung aus dem früheren Bauförderungsgesetz das Hauptstück über die Lohnschiedsgerichte unverändert in das neue Gesetz übernommen, trotzdem die Erfahrung lehrt, daß sich die Lohnschiedsgerichte überhaupt nicht bewährt haben. Die Lohnschiedsgerichte konnten in keinem einzigen Fall den Ausbruch eines Lohnkampfes verhindern oder einen entstandenen Lohnkampf beenden. Sie bleiben auch weiterhin so mangelhaft organisiert, wie bisher, und trotzdem sollen sie in letzter, inappellabler Instanz entscheiden. Ein Berufsrichter, der die Agenda des Lohnschiedsgerichtes nur nebenamtlich führt und die wirtschaftlichen Verhältnisse der einzelnen Gebiete gar nicht aus eigener Anschauung kennen kann, entscheidet zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wobei der Schiedsspruch für den Arbeitgeber zwar bindend ist, während die Arbeitnehmer nachher immer noch die Möglichkeit des gewerkschaftlichen Kampfes in Händen haben. Die Erfahrung hat gelehrt, daß die Lohnschiedsgerichte in vielen Fällen sogar bauverteuernd gewirkt haben. All das ist der Regierung bekannt, doch hat sie sich nicht entschließen können, diese überflüssige Einrichtung der Lohnschiedsgerichte zu beseitigen, die ein Schönheitsfehler im Gesetze sind, der sich vielleicht noch bitter rächen wird. Meine Partei fordert noch im letzten Augenblick, daß das zweite Hauptstück, und zwar §§ 12 bis 27, aus dem Gesetze entfernt werden.
Zum Schluß und nicht im Zusammenhange mit dem vorliegenden Gesetzesantrage erlaube ich mir an den Herrn Minister für nationale Verteidigung die dringende Forderung zu richten, in der Garnison Reichenberg endlich Ordnung. zu schaffen und das unnütze Vernichten von jungen Soldatenleben unmöglich zu machen. Am 12. Feber 1930 starb in Reichenberg ein junger deutscher Soldat, der bestimmt zu retten gewesen wäre. Er war gebürtig und wohnhaft in Groß-Priesen. Er hat sich am Sonntag, den 2. Feber, marod gemeldet und wurde zuerst in einem Marodenzimmer, welches für einen Kranken eher schädlich als nützlich ist, verpflegt. Mittwoch, den 5. Feber, bekam er 42 Grad Fieber. Trotzdem wollte der Militärarzt noch immer nicht glauben, daß der Kranke in Lebensgefahr schwebt, erst als der Aufseher des Marodenzimmers. ein Unteroffizier, erklärte, daß er die Verantwortung nicht weiter tragen könne, wurde der Soldat in das Reichenberger Spital geschafft. Hier erklärte der Arzt sofort, daß schon zu spät sei, daß der Soldat hätte gerettet werden können, wenn er zwei Tage früher in Spitalsbehandlung gegeben worden wäre. Der Soldat ist zwar durch den Tod von seinen Leiden erlöst worden, schuld an seinem Tod aber trägt die Militärverwaltung.
Die Warnung, die in diesem Falle der Militärbehörde in Reichenberg gegeben wurde, blieb unbeachtet. Am 15. März, nicht ganz drei Wochen später, meldeten die Zeitungen schon wieder einen ähnlichen Fall aus Reichenberg. Ein Soldat, in Zivil wohnhaft in Hetow bei Bilin, Artillerieregiment 253 in Reichenberg, kommt mit erfrorenen Füßen zur Marodenvisite, er wird nicht anerkannt. Als es zu spät war, wurden ihm zwei Zehen abgenommen, es trat aber Brand dazu und der blühende junge Mann, die Stütze seiner kranken Eltern, starb und wurde am 10. März begraben.
Fazit: Zwei Todesopfer des Militarismus
innerhalb drei Wochen in derselben Garnisonsstadt. Das ist eine
furchtbare Anklage. Die Militärärzte, die das verschuldet haben,
sind entweder unfähige Ignoranten oder Verbrecher. In beiden Fällen
sind sie sofort von ihren Dienstposten zu entfernen. Wir fordern
mit vollem Recht, daß der Minister für nationale Verteidigung
die Zustände in der Garnison Reichenberg sofort untersuchen lasse,
daß er dem Wehrausschuß über diese beiden Fälle Bericht erstatte
und Vorsorge treffe, daß sich derartige Fälle nicht mehr ereignen.
(Potlesk.)
Hohes Haus! Aus parlamentstechnischen Gründen beschäftigt sich das Parlament heute nur mit dem Bauförderungsgesetz. Dieses Gesetz kann selbstverständlich nicht isoliert vom Mieterschutzgesetz betrachtet werden. Beide Gesetze bedingen einander, ergänzen einander und wer einen Zusammenhang der beiden Gesetze leugnen wollte, müßte dem Zimmermann gleichen, der die Dachdeckerarbeiten durchführen wollte, ohne sich vorher mit dem Architekten in Verbindung gesetzt zu haben. Deswegen müssen wir an dieser Stelle beide Gesetze im Zusammenhang beurteilen. Wir bedauern, daß das Mieterschutzgesetz nur bis zum 30. November gilt und daß auch das Bauförderungsgesetz wieder als Provisorium geschaffen worden ist. Wir bedauern das, weil durch diese ewigen Provisorien neuerlich Unruhe in die Reihe der Mieter getragen wird, die nicht wissen, wie hoch die Miete in einem halben, in einem, zwei und drei Jahren sein werde, wir bedauern die Provisorien aber auch im Interesse der Industrie und der Arbeiterschaft. Denn eines ist klar, das provisorische Bauförderungsgesetz begünstigt das überhastete Bauen, das provisorische Bauförderungsgesetz ist gleichbedeutend mit schlechtem Bauen, aber auch gleichbedeutend mit einem Hinaufschnellen der Grundpreise und der Preise der Baumaterialien. Wir meinen, daß die Koalition Zeit gehabt hätte, zumindest ein definitives Bauförderungsgesetz vorzulegen, dies um so mehr, als ja die alte Koalition schon vor einem halben Jahr ein Bauförderungsgesetz vollständig fertig hatte. Und wenn man uns sagte, daß selbstverständlich die neue Koalition ein Gesetz der alten Koalition nicht unbesehen übernehmen kann, so antworten wir darauf: Es ist kennzeichnend, daß das Mieterschutzgesetz und das Bauförderungsgesetz zu 90% Beschlüsse aus der alten Koalition übernommen hat. Wir sind überzeugt. wenn die Koalition wirklich ein definitives Bauförderungs- und Mieterschutzgesetz beschließen sollte, so wird der heutigen Regierung nichts übrig bleiben, als die meisten Punkte der alten Beschlüsse der alten Regierung zu übernehmen. Und meine Herren, wir müssen der heutigen Koalition den Vorwurf machen, daß sie es verabsäumt hat, einen gewaltigen Motor anzukurbeln. Es ist klar, daß nichts so sehr die Gesamtwirtschaft belebt, wie gerade vieles Bauen, und wenn dieser Motor zum Teile leer laufen wird, wenn dieser Motor nicht ausgenützt werden wird, wie es sein könnte, so muß selbstverständlich hiefür die heutige Regierung die volle politische Verantwortung tragen.
Wir müssen uns auch dagegen wenden, daß im sozialpolitischen und im Budgetausschuß das Mieterschutzgesetz buchstäblich durchgepeitscht worden ist. Wenn wir hören, daß in der Generaldebatte die Redezeit mit 30 Minuten festgesetzt wurde und wenn wir bedenken, was geschehen wäre, wenn das unter der alten Regierung möglich gewesen wäre, so müssen wir gegen ein derartiges Durchpeitschen einer so wichtigen Vorlage entschiedenst Verwahrung einlegen.
Einige Worte zum Bauförderungsgesetz selbst. Jeder Objektive muß zugeben, daß in der Èechoslovakei sehr viel gebaut worden ist. In erster Linie deswegen, weil bei uns der Zinsfuß für Hypothekardarlehen sicherlich wesentlich niedriger ist, als in manchen anderen Staaten, wie z. B. im Deutschen Reiche oder in Österreich. Es wurde auf Grund der seinerzeitigen staatlichen Subventionen gebaut, dann wurde sicherlich das Bauen durch die staatliche Garantie gefördert, die sich sehr gut bewährt hat, und endlich haben auch dazu beigetragen die vielen Steuererleichterungen, die den Erbauern gewährt worden sind. Das jetzt vorliegende Gesetz enthält eigentlich nur eine Neuerung gegenüber dem alten Gesetz, daß nämlich wiederum Subventionen, u. zw. im Gesamtbetrage von 20 Millionen jährlich, gegeben werden können. Diese Bestimmung ist neu im Verhältnis zum alten Gesetz. Sie ist aber entnommen den Beschlüssen des alten Achterausschusses. Aber ich bedauere nur, daß die heutige Regierung nur einen Teil dieser Beschlüsse übernommen hat. Wir hatten seinerzeit gesagt, daß wir den Bau von Kleinstwohnungen in der Weise unterstützen wollen, wie es das heutige Gesetz sagt. Wir wollten noch weiter gehen. Wir wollten den Bauwerbern Darlehen zu einem Zinsfuß von 3 bis höchstens 5% geben und wollten sogar in bestimmten Fällen einen Teil des Bauaufwandes sofort beim Baubeginn ersetzen. Wenn Sie das, was wir beschlossen haben, mit dem vergleichen, was im jetzigen Bauförderungsgesetz ist, so müssen wir sagen, daß sicherlich im jetzigen viel weniger ist, als was die alte Koalition beschlossen hat und was sie auch durchgeführt hätte, wenn nicht das Parlament vorzeitig aufgelöst worden wäre.
Im sozialpolitischen Ausschuß habe ich zum Bauförderungsgesetz einige Anträge gestellt, die angenommen worden sind; so, daß die Staatsgarantie auch für Erholungsheime gelten soll, dann ein Antrag bezüglich der Ausdehnung der Gebührenbefreiungen und dann ein Resolutionsantrag, daß bei der Gewährung der Subventionen in erster Linie Invalide und kinderreiche Familien zu berücksichtigen seien. Meine Herren, wir haben sowohl im sozialpolitischen Ausschuß als auch im Budgetausschuß nur solche Anträge gestellt, die voll und ganz objektiv sind und ich erlaube mir dem Plenum dieses Hauses noch einen Antrag zu unterbreiten, der sicherlich sehr dringend ist. Im § 32 der vorliegenden Gesetzesvorlage wird davon gesprochen, wann mit dem Bau eines Hauses begonnen werden muß, damit der Erbauer Anspruch auf Subvention hat. In dem vorliegenden Gesetz wird aber nicht davon gesprochen, ob diese Unterstützung auf Häuser gegeben werden kann, die schon im Baue sind oder Häusern, die schon erbaut worden sind. Ich habe deswegen im Plenum einen Antrag gestellt, daß der staatliche Beitrag auch für solche Bauten gewährt werden kann, die in der Zeit vom 1. Jänner 1928 bis zur Kundmachung dieses Gesetzes fertiggestellt worden sind. Ich erinnere daran, daß es in den früheren Bauförderungsgesetzen immer geheißen hat, Staatsgarantie kann nicht nur für Häuser gegeben werden, die erst gebaut werden sollen, sondern auch für Häuser, die zum Beispiel ein bis zwei Jahre fertig sind. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Špatný.) In der Presse und in Versammlungen brüsten sich einige Herren damit, daß es den Herren Sozialisten gelungen sei, jetzt jährlich 20 Millionen für die Bauförderung herauszubekommen. Wir müssen doch einmal der Öffentlichkeit sagen, daß diese 20 Millionen vom Finanzminister gegeben werden, nicht vielleicht aus den Steuergeldern, sondern als eine Akontozahlung aus jenen Geldern, die der Herr Finanzminister erwartet, wenn vom Regreßrecht Gebrauch gemacht werden wird. Und es ist ein offenes Geheimnis, daß man damit rechnet, auf diese Weise vielleicht sogahr eine Miliarde hereinbekommen zu können. Wir sind überzeugt, daß diese Ziffer viel zu hoch gegriffen ist, aber immerhin ist eines sicher, daß der Finanzminister diese Gelder nicht zur Verfügung stellt aus den Staatseinnahmen, und dann sagen wir: Was sind 20 Millionen Kè zu einer Zeit, wo der Herr Finanzminister drei Banken, denen es scheinbar sehr schlecht gehht, 300 Millionen Kè borgt, borgt zu einem geringen Zinsfuß, und jeder einzelne von uns weiß, und das wissen auch die Herren von der Regierungsseite ganz genau, daß es noch sehr fraglich ist, ob der Staat diese 300 Millionen, die zur Konsolidierung der Finanzen dieser Banken verwendet werden sollen, überhaupt jemals wiedersehen wird. Deswegen sagen wir, daß diese 20 Millionen Kè, verglichen mit diesen 300 Millionen Kè, blutwenig sind.
Bezüglich des künftigen Bauförderungsgesetzes hat man gesagt, man könne über den Mieterschutz und die Bauförderung erst dann etwas Definitives sagen, bis man wissen wird, wieviel Wohnungen uns eigentlich fehlen. Professor Dr Schönbaum hat vor längerer Zeit erklärt, daß uns in der Èechoslovakei 208.000 Wohnungen fehlen, davon in Prag allein 13.000 Wohnungen. Meine Herren, seit dem Bestehen des Staates sind in der Èechoslovakei gegen 500.000 Wohnungen gebaut worden und wenn die Wohnbautätigkeit so weiter ginge wie bisher, so könnte man damit rechnen, daß im Jahre 1936 im allgemeinen kein Mangel an Wohnungen mehr bestünde. Mit einem Stichtage, im Dezember wurde in den Städten der Republik, die über 10.000 Einwohner haben, eine Rundfrage gemacht, wieviel Wohnungen in den Städten als dringend nötig gebraucht werden und wieviel Wohnungen weniger dringend nötig sind. Und da wurde festgestellt, daß in Böhmen 28.536 Wohnungen sehr dringend nötig sind und 15.405 Wohnungen weniger dringend, also insgesamt gegen 44.000 Wohnungen, die in Böhmen augenblicklich gebraucht werden- und zwar in Städten mit über 10.000 Einwohnern. In Mähren und Schlesien werden auf Grund dieser Rundfrage etwas über 10.000 Wohnungen gebraucht, in der Slovakei über 9000, in Karpathorußland über 1000. Das wäre insgesamt in den Städten mit über 10.000 Einwohnern etwa 64.000 Wohnungen, und davon, was interessant ist, 50.000 Kleinwohnungen, das sind also 80% des Wohnungsbedarfes. Ich weiß nicht, ob diese Statistik ganz stimmt, ich glaube aber, wenn sie nicht stimmt, kann man denen, die die Frage beantwortet haben, keinen Vorwurf machen. Die Ziffern werden vielleicht etwas zu hoch sein, da jede Gemeinde ein Interesse daran hat, wenn sie vom Ministerium darum gefragt wird, lieber ein bißchen mehr als weniger zu sagen. Interessant ist, daß z. B. die Stadtgemeinde Falkenau mit 10.000 Einwohnern 38 Wohnungen als sehr dringend angibt, während Komotau mit 20.000 Einwohnern nur 9 Wohnungen braucht, Eger mit ungefähr 30.000 Einwohnern verlangt 197 Wohnungen als sofort nötig. Kladno mit 20.000 Einwohnern verlangt 284 Wohnungen, Pilsen 1950 Wohnungen und Prag etwa 20.000 Wohnungen sofort. Außerdem sagt Prag, daß es noch 10.000 Wohnungen als nicht sehr notwendig, aber immerhin als notwendig braucht. Aus diesen Ziffern sehen wir sicher das Eine (Posl. dr Luschka: Wohin die Gelder fließen werden!), wohin die Gelder nicht nur geflossen sind, sondern auch fließen werden. Aber ich glaube, aus dem Zwischenruf sollten auch die deutschen Volksvertreter die Mahnung an unsere Wähler richten; daß sie von der Wohltat des Bauförderungsgesetzes auch entsprechenden Gebrauch machen. (Posl. Krumpe: Die Geldanstalten, die zentralen Geldanstalten bleiben uns verschlossen!) Das ist ja das Traurige. Wenn größere Bauten durchgeführt werden so³len, wo wirklich Millionen nötig sind, um den Bau zu finanzieren, und man wendet sich an manches große Geldinstitut, so sagt man dort: wir geben das Geld lieber dorthin, wo es mehr trägt, nicht aber für soziale Zwecke. Es ist dies ein Vorwurf, der gerechtfertigt ist und den man leider vielen Geldanstalten machen muß.
Meine Herren, es gibt Kreise in der Bevölkerung, die der Ansicht sind, daß die Bauförderungen aufhören müssen, denn Wohnen und Bauen seien reine Privatangelegenheiten, in die sich der Staat nicht einmengen dürfe. Es ist selbstverständlich, daß wir solchen Anschauungen nicht huldigen können. Wir sagen. wenn andere Staaten das Bauen fördern, ist es selbstverständlich, daß wir uns nicht ausschließen können. In England hat man beim Umsturz festgestellt, daß 1,000.000 Wohnungen fehlen und daß eine weitere Million Wohnungen verwahrlost sind. Die englische Regierung hat dann einen großen Plan aufgestellt, wie man das Bauen fördern soll und man hofft, bis zum Jahre 1940 200.000 Wohnungen fertigzustellen. Ein anderes Beispiel ist Frankreich, wo man ebenfalls einen groß en Plan fertiggestellt hat und wo man hofft, bis 1937 die Wohnungsnot beseitigt zu haben. Interessant ist, daß die französische Gesetzgebung kinderreichen Familien und Invaliden besondere Unterstützungen gewährt.
Wir müssen auch aus vielen anderen Gründen sehr viel bauen. Wir haben ein großes Problem vor uns. Tausende, Zehntausende junger Menschen leben mit einem geringen Einkommen und wohnen in neuen Wohnungen, die oftmals ein Drittel, ja die Hälfte ihres Einkommens verschlingen. Da hat einmal ein Kongreß der Mieter den Antrag gestellt, die Regierung möge in den neuen Wohnungen die Mieten bestimmen. So wohlgemeint der Antrag ist, in der Praxis ist er undurchführbar. Denn wenn einmal die Regierung daran ginge, die Mieten festzusetzen, dann würde kein Privater mehr bauen wollen. Aber wir sehen, daß mit staatlichen Unterstützungen sehr viel gebaut wird und wenn die Mieten in diesen neuen Häusern billiger sein werden als in den Zinskasernen Privater, wird die Folge davon die sein, daß die Mieten in den von Privaten hergestellten Häusern unbedingt heruntergehen müssen. Und das muß ja auch eine der Ursachen sein, warum die Bautätigkeit gefördert werden muß. Das neue Bauförderungsgesetz muß unbedingt ein definitives sein und ich glaube, die Vorarbeiten sind soweit gediehen, daß die Regierung wirklich mit keiner Ausrede mehr kommen kann. Die Staatsgarantie muß beibehalten werden, in einzelnen Punkten könnte sie sogar erweitert werden. Auch die Subventionen müssen beibehalten werden und dann ist es notwendig, daß bedürftige Bauwerber aus Staatsmitteln oder aus den Mitteln des zu schaffenden staatlichen Wohnungsfonds billige Kredite erhalten.
Ein paar Worte über die Ausübung des Regreßrechtes. Gewiß ist, daß in den ersten Jahren des Bestandes der Republik durch ein Gesetz jedem, der gebaut hat, Subventionen gegeben werden konnten. Es wurde kein Unterschied gemacht, ob es sich um eine Villa oder um eine Zinskaserne oder um ein Einfamilienhaus gehandelt hatte. Es war sicher ein Fehler, auch die Reichen in dieser Weise aus öffentlichen Steuergeldern zu unterstützen. Es ist selbstverständlich, daß wir gar nichts dagegen einwenden können, wenn der Staat von einem Villenbesitzer, dessen Baugrund vielleicht heute mehr wert ist als die ganze Villa seinerzeit gekostet hat, das Geld zurückverlangt. Dasselbe gilt auch für die Besitzer von Zinshäusern. Es ist in Prag speziell sehr häufig vorgekommen, daß einer vom Staate riesige Subvention bekommen hat und daß die Mieten in diesen subventionierten Häusern um keine Krone billiger sind als in den Häusern. die ohne staatliche Subvention gebaut worden sind. Das ist selbstverständlich, daß der Staat auch von solchen Besitzern Geld zurückverlangt. Es ist aber ebenso selbstverständlich, daß von einem Pensionisten, von einem Arbeiter oder Landwirt, der mit staatlicher Unterstützung gebaut hat, keine Gelder zurückverlangt werden. Wir verlangen, daß die Gelder, die aus dem Titel des Regreßrechtes in die Staatskasse zurückfließen, nur zur Bauförderung verwendet werden und nicht vielleicht für andere Zwecke. Notwendig wird auch sein, daß das neue Bauförderungsgesetz dem Wucher mit Bauplätzen ein Ende mache. In Prag z. B. ist es vorgekommen, daß Genossenschaften aus der Bodenreform große Parzellen für ein Spottgeld bekommen haben, daß sie aber diese Parzellen zu Wucherpreisen weiter verkauft haben. Ich glaube, solche unsoziale Aktionen einzudämmen und solche Dinge zu verhindern, ist selbstverständliche Pflicht des Staates.
Selbstverständlich ist auch, daß der Staat alle Bestrebungen, die auf eine Verbilligung des Baues hinzielen, unbedingt unterstützen muß, sei es Bestrebungen auf Typisierung und Normierung einzelner Wohnungsbestandteile, sei es Bestrebungen nach Erleichterungen in bautechnischer Beziehung. Ich habe gestern den Plan eines Hauses gesehen, welches in Leitmeritz mit Hilfe der Gemeinde erbaut worden ist. In dem Haus werden sich die Parteien sicherlich wohl fühlen, die Miete ist nicht allzu hoch, u. zw. deswegen nicht, weil man eben in bautechnischer Beziehung sich gewisse Freiheiten erlaubt hat, aber es ist merkwürdig, daß dieses Haus nicht nur keine Staatsgarantie bekommen hat, sondern daß ihm nicht einmal die Gebührenfreiheit zuerkannt wurde. Ich glaube, in Zeiten der Not, wo es sich darum handelt, möglichst billige Wohnungen herzuste³len, darf man nicht das verlangen, was man z. B. im Frieden bei Neubauten alles verlangt hat.
Nun ein paar Worte zum Mieterschutzgesetz. Im Motivenbericht zum Bauförderungsgesetz des Jahres 1920 wird als Ziel der staatlichen Wohnungspolitik Folgendes aufgestellt: "Die Mieten in den alten Häusern sollen den Mieten in den neuen Häusern, die ohne staatliche Unterstützung gebaut worden sind, angeglichen werden ... auf diese Weise soll beseitigt werden der letzte Rest der gebundenen Wirtschaft aus dem Kriege". Meine Herren, wenn man das in die Praxis übersetzt, so heißt das: Nehmen wir an, daß die Mieten in einem neuen Hause ungefähr auf zehnfacher Friedenshöhe stehen, so würden, wenn man den Mieterschutz aufheben würde, die Mieten in alten Wohnungen wahrscheinlich siebenmal so viel kosten, denn bekanntlich besteht bei normalen Zuständen zwischen Mieten in neuen Häusern und alten Häusern ungefähr eine Differenz vom 30%. Im Jahre 1920 wurde als Ziel unserer Wohnungspolitik das hingestellt. Interessant ist, wer das Gesetz eingebracht hat, wer diese Grundsätze aufgestellt hat. Das war niemand anderer als der sozialdemokratische Fürsorgeminister Habrman. Wenn eine andere Partei eine ähnliche Forderung aufgestel³t hat, die ist übel zugerichtet word en, speziell in Mieterversammlungen. Hier aber können wir feststellen, daß der sozialdemokratische Minister solch weitgehende Forderungen aufgestellt hat.
Wir sagen uns: der Mieterschutz muß solange bestehen, als wir nicht genügend Wohnungen haben und für den Einzelnen der Mieterschutz notwendig ist, wenn er gar nichts oder sehr wenig verdient. Man kann nicht vom Arbeiter verlangen, daß er 50% des Lohnes für die Wohnung ausgibt. Das ist ein Ding der Unmöglichkeit. Auf der anderen Seite sagen wir, der Mieterschutz muß abgebaut werden, beseitigt werden, aber für die Reichen. Es ist ein Widersinn sondergleichen, wenn der Staat reiche Leute schützt. Mieterschutz kann nur für sozial Schwache bestehen. Das neue Gesetz sagt, daß Personen mit einem Einkommen von über 60.000 Kè oder einer Erwerbssteuergrundlage von über 250.000 Kè erhöhten Mietzins zahlen sollen. Dem stimmen wir zu. Weiters enthält das neue Gesetz einen Paragraphen, der in der Öffentlichkeit viel besprochen worden ist, den Paragraph, wonach der Hausherr eine Wohnung in seinem Hause kündigen kann, wenn er seine Kinder ins Haus bringen will. Wir sind für diesen Paragraphen, nur überrascht uns Eines: Wenn dieses Gesetz durchgeführt werden wird, wird es öfters als einmal vorkommen, daß der Hausherr zum Beispiel einem Arbeiter oder Pensionisten kündigt. Wir sagen uns aber: Wenn man einem Arbeiter kündigen darf, dann verstehen wir nicht, warum man einer Bank oder einer Akiengesellschaft nicht kündigen darf. Ich habe im Ausschuß den Antrag gestellt: "Das Gesetz findet keine Anwendung auf Vergnügungsstätten". Der Antrag wurde nicht angenommen. Also bitte: Die Barbesitzer, die werden weiter ihre Vergnügungsstätten unter Mieterschutz haben, aber Arbeiter werden gekündigt werden können.