Das Tragische der Sache liegt darin, daß trotz der Größe des Problems eigentlich mit Ausnahme eines ganz kleinen Kreises kein Mensch über die Reparationen orientiert ist. Ich bin es auch nicht und wage zu behaupten, daß der Großteil meiner parlamentarischen Kollegen es auch nicht ist, nur ein geringer Teil beschäftigt sich damit. Ich will nur einige Momente erörtern, die man von weitem zu hören bekommt. Eine Entwirrung in das große Reparationsproblem können wir nur hereinbringen, wenn wir auseinanderhalten interalliierte Schulden der Sieger, wenn wir auseinanderhalten die Frage der deutschen Reparationen, wenn wir auseinanderhalten die Frage der österreichischen, der ungarischen und der bulgarischen Reparationen, wenn wir auf der anderen Seite auseinanderhalten die Bezahlung der biens cédés, der übernommenen Güter, und der Befreiungstaxe durch die Nachfolgestaaten, wenn wir auseinanderhalten die Bedeutung der Frage der Bodenreform, die Frage der Optanten, soweit sie agrarische und soweit sie nicht agrarische Optanten betrifft. Dabei ist ganz interessant, daß Sie doch bei den ganzen Reparationsverhandlungen nichts von der Türkei hören. Der Türkei sind die Reparationen als Belohnung für ihren Sieg über die Griechen in Kleinasien erlassen worden. Sie hören in der ganzen Größe des Reparationsproblems im Haag auch nicht den Namen Rußlands, wie die Frage der Reparationen mit Rußland geregelt wird, wie sie geregelt ist.
Bevor ich ein Wort zu den deutschen Reparationen sage, möchte ich davon sprechen, warum die andern Staaten ihr eigenes Reparationsproblem mit dem deutschen zus ammenlegen müssen. Die Antwort ist bildlich ausgedrückt: Brennt das Haus des Nachbarn, dann ist das eigene Haus in Gefahr, mitzubrennen. Und wenn heute die deutschen Reparationen in ihrer Höhe zur Auswirkung kommen, so ist das nichts anderes, als die Vorbereitung, die bewußte Vorbereitung für revolutionäre Zeiten in Deutschland, in die die Not zwangsläufig treiben muß, und diese revolutionären Zeiten müssen ebenso zwangsläufig auf die Èechoslovakei und andere Staaten übergehen. Denn diese Ziffern, die Deutschland heute auferlegt werden, das sind Wah nsinnsziffern, über deren Auswirkung man heute noch gar keine Ahnung hat. Heute müßten von sämtlichen Parlamenten und von sämtlichen Diplomaten, wie sie im Haag sitzen, alle mit einer Stimme eintreten für die Herabsetzung der deutschen Reparationen, einstimmig müßte der Ruf nach Amerika ertönen: "Europa kann nicht in dem Maße zahlen!" Sie auf èechischer Seite werden es mir vielleicht heute noch nicht ganz glauben wollen, aber wenn Sie die Auswirkungen der deutschen Reparationen in Wahrheit erfahren werden, dann denken Sie an die Worte, die ich Ihnen heute, am 16. Jänner zugerufen habe. Es wäre gut, wenn diese Prophezeihung nicht einträfe und heute die Mächte etwas verständigerer an die ganze Frage gingen. Ich rufe auch namens der Èechoslovakei heute in diesem Moment dem Haag noch zu: Auch die Belastung für die Èechoslovakei mit mehr als 1 1/2 Milliarden ist zu hoch, weil auch wir mit den anderen zus ammenhängen, in einer Zeit wirtschaftlicher Schwäche für die nächste Zukunft stehen und Arbeit haben, uns zu erholen. Denn auch für uns, mag die Reparationsfrage noch so günstig gelöst werden, wird sie immer wieder das Problem einer jährlichen Belastung von mindestens 100 Millionen auf lange Zeit hinaus darstellen.
Wenn man das deutsche Reparationsproblem in ganz kurzen Zügen verfolgt, muß man konstatieren, daß man von allem Anfang an mit großen Phantasieziffern gerechnet hat und es klingt ganz unwahrscheinlich, daß man im Jahre 1919 z. B. auf englischer Seite den Gedanken hatte, den Besiegten eine Schuld von 500 Milliarden Mark, das sind 4000 Milliarden Kè aufzuerlegen. Die französische Auffassung ging soweit, daß man dem Besiegten eine Schuld von 840 Milliarden Goldmark auferlegen wollte, das ist eine Schuld von 6.720 Milliarden Kè, also 6.7 Billionen. Man ist dann auf der Londoner Konferenz dahin gekommen, daß 132 Milliarden Goldmark zu zahlen sind. Da ist es interessant, daß man von diesen 132 Milliarden 118 Milliarden für Deutschland rechnete und die restlichen 14 Milliarden aufteilte: 2 Milliarden hat man Bulgarien aufgepelzt, 6 Milliarden hat man in der ersten Fassung den Nachfolgestaaten für die übernommenen Güter aufgerechnet, das sind auch 48 Milliarden Kè, und 6 Milliarden Goldmark hat man Österreich und Ungarn zugemutet. Wenn wir die Auffassung, die in der ganzen Frage liegt, näher betrachten, so ist es das Bestreben, um mit den beiläufigen Worten Poincarés zu sprechen, die interalliierte Schuld an Amerika und eine runde Summe zum Wiederaufbau aus der ganzen Chose herauszuholen.
Wenn wir uns die Pariser Konferenz ansehen, die in dem Abschluß des Sachverständigengutachtens bezüglich der Höhe im großen und ganzen in den beiden Haager Konferenzen gleich geblieben ist, so wollten die Gläubiger anfangs von Deutschland durch 37 Jahre 3 Milliarden und dann durch weitere 21 Jahre 1.700 Millionen. Man hat es dann herabgesetzt auf 2.360 Millionen und 1.700 Millionen für die weiteren Jahre. Dagegen hat Schacht andere Vorschläge gemacht und man hat sich letzten Endes auf einer Mitte geeinigt, die aber durchschnittlich mehr als 1.900 Millionen pro Jahr ausmacht. Zu dieser großen Summe kommen für Deutschland für die Okkupation Belgiens jährlich noch 25 Millionen Goldmark und nun ist es ganz interessant, aus dem ganzen deutschen Reparationsproblem zu erfahren, daß von der Gesamtleistung Deutschlands bis auf ungefähr 742 Millionen pro Jahr, die, ich glaube, auf 600 Milionen und etliche herabgesetzt wurden, der Rest restlos auf Amerika fällt. (Pøedsednictví se ujal pøedseda Malypetr.) Sie können also ermessen, daß pro Jahr mehr als eine Milliarde Goldmark nach Amerika hinüberwandert. Der einzige Vorteil gegenüber dem Dawesplan stellt sich dadurch dar, daß das Maß der Kontrolle, der Sachpfänder, der Sachlieferungen und der Exportabgabe eine Änderung erfahren hat. Bezüglich der Sachlieferungen ist man zu der Einsicht gekommen, daß große Sachlieferungen, die in fremde Länder bewirkt werden, letzten Endes doch die eigene Wirtschaft miterschlagen, so daß man sich bezüglich der Sachlieferungen dahin geeinigt hat, daß sie innerhalb von 10 Jahren von 750 Millionen auf 300 Millionen heruntergehen und daß sie nach dieser Zeit aufhören sollen.
Wenn wir den gegenwärtigen Stand der Haager Verhandlungen bezüglich der deutschen Reparationen betrachten, so finden wir das eine, daß sie eigentlich so gut wie vor dem Abschluß stehen. Die schwerstwiegenden Fragen waren die Fragen eines eventuell eintretenden Moratoriums, die Zahlungstermine, die Auseinandersetzungen über das Bankstatut und letzten Endes über die Sanktionen, über die man in dem Austausch gegenseitiger Briefe außerhalb des Youngplanes separate Vereinbarungen getroffen hat. Soviel über die deutschen Reparationen.
Und nun wenden wir uns einmal ganz kurz der Frage der Ostreparationen zu. Als ostreparationspflichtig stellen sich für uns dar Österreich, Ungarn und Bulgarien. Die Frage der Ostreparation ist auch für die Èechoslovakei von großer Bedeutung, weil sie im Zusammenhang steht mit den "biens cédés", mit der Übernahme der Güter, sei es Eisenbahnen oder Staatsgüter. Wir kommen heute zu der Frage der Ostreparationen in der Festsetzung der Ziffern nur über eine Schätzung der übernommenen Güter der Nachfolgestaaten. Als solche kommen in Betracht die Èechoslovakei, Polen, Rumänien und Jugoslavien. Die letzteren schalten sich beinahe aus, nachdem sie gleichzeitig in der Rolle der Reparationsgläubiger dastehen. Die Èechoslovakei war, wenn ich in diesem Zusammenhang darüber sprech en darf, in einer ganz eigenartiger Situation. Die Èechoslovakei war der Teil eines besiegten Staates und die Friedenskonferenz hat der Èechoslovakei keine Reparationen zugebilligt, im Gegenteil, die Friedenskonferenz hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß der Wert der geschätzten übernommenen Güter an die Reparationskasse zu zahlen ist. Erst die Reparationskommission hat im April 1921 der Èechoslovakei den Anspruch auf Reparationen formal zuerkannt und diese formale Anerkennung des Anspruches auf die Reparationen setzt heute die Unterhändler der Èechoslovakei in die Lage, direkt an den Beratungen des Youngplanes teilzunehmen. Und wenn Sie die Zeitungen verfolgen, wollte England der Èechoslovakei diesen Standpunkt nicht konzedieren. Denn nur der politische Druck Frankreichs ist es gewesen, der den Unterhändlern die Durchsetzung dieses Standpunktes gewährleistet hat. Daraus ist erkennbar, daß die Èechoslovakei infolgedessen in die Reihe jener Staaten gekommen ist, die zur Unterzeichnung des Young-Plans notwendig sind. Der tatsächliche Stand ist also gewesen, daß wir nach dem Friedensvertrag verpflichtet waren, für die übernommenen Güter den Betrag von 30 Milliarden Èechokronen zu bezahlen, nach italienischer Schätzung noch um 25% mehr. Dazu ist noch die Summe von 750 Millionen Goldfrancs gekommen, an Befreiungstaxe, nachdem man 1ÿ5 Milliarden den Nachfolgestaaten als Befreiungstaxe vorgeschrieben hat, wovon auf die Èechoslovakei 750 Million en entfie³en. Ferner sind noch andere Kleinigkeiten dazu gekommen. So hat die Èechoslovakei 1.2 Millionen englischer Pfund an England zu bezahlen. Diese Schuld ist zum großen Teil schon abgedeckt und die Raten noch bis zum Jahre 1935 zu bezahlen. Ferner hat die Èechoslovakei an Frankreich 600 Millionen Francs zu bezahlen. Da hofft man, um diese Zahlung mit einem Pauschalbetrag herumzukommen, und aus der Bezahlung in Goldfrancs die Bezahlung in Papierfrancs zu machen. An Italien hat die Èechoslovakei außerdem den Betrag von 170 Millionen Lire zu bezahlen und da ist, wenn ich mich recht erinnere, die Vereinbarung getroffen, daß jährlich ungefähr 15 Millionen gezahlt werden sollen.
Heute stellt sich nun die Sachlage so dar, daß die Èechoslovakei, pochend auf den zuerkannten Anspruch durch die Reparationskommission, eine geschickte Gegenrechnung aufgestellt hat, die beiläufig den Wert der übernommenen Güter ausmacht, also 30 Milliarden, so daß die Èechoslovakei heute eigentlich auf dem Standpunkt steht, daß sie in dieser Hinsicht die Entlastung erfährt. Man soll auch, wie man hört, über die 750 Millionen Goldfrancs mit sich reden lassen, indem man den Betrag von 750 auf 250 Millionen herabsetzen will. Das wird aber immerhin 1.5 Milliarden Kè ausmachen, und es würde sich die Annuität beiläufig zwischen 80 bis 85 Millionen bewegen. Interessant ist natürlich jetzt die Frage, nachdem sich die Èechoslovakei als Kleiner Ententestaat herausgestellt hat mit Rumänien und Jugoslavien, wie sich diese zusammen in der Frage Österreichs und Ungarns weiter verhalten werden. In der Frage Österreichs ist man natürlich etwas loyaler, weil man sich auf der anderen Seite sagt, an Österreich hätten wir auch verflucht viel zu zahlen, und da ist, wie ich glaube, die Diplomatie, die hier getrieben wird, vielleicht gar keine schlechte, wenn sie Wert darauf legt, daß die österreichischen Reparationen vollständig gestrichen werden. Der letzte Stand der Dinge ist aber der, daß man auch die Reparationen Österreichs nicht ganz streichen, sondern auf eine sogenannte Anerkennung bringen will. Das ka nn aber erst vom Jahre 1968 Gültigkeit haben, da bis zu diesem Zeitpunkt es Österreich überhaupt verboten ist, Reparationen zu bezahlen, weil es bis dorthin die Völkerbundan³eihe abdecken muß. Auch die Frage Ungarns ist selbstverständlich interressant. Da hat man die Wahrnehmung gemacht, daß Ungarn ein ganz zäher Verhandlungspartner ist. Ungarn stellt sich natürlich auf den berechtigten Standpunkt des Trianoner Vertrages hinsichtlich der Schiedsgerichte und bezüglich der Bodenreform sowie jener Optanten, die nicht agrarisch, sondern anders interessiert sind, ob es sich da nun um die Kirche oder um Privatpersonen handelt. Da hat sich die interessante Tatsache herausgestellt, daß die ungarischen Reparationen nur bei gleichzeitiger Behandlung der Frage der Optanten, ferner bei gleichzeitiger Behandlung nicht nur der agrarischen, sondern auch der außeragrarischen Optanten, sowie bei gleichzeitiger Behandlung der weiteren Reparationen zu betrachten sind. Ungarn hat einen Freund an der Seite, und das ist Italien. Diese Freundschaft erklärt sich nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich, nachd em der Anteil Italiens an den Ostreparationen um ein gewaltiges höher ist, als der Frankreichs. Auf der anderen Seite steht die politische Freundschaft Frankreichs mit der Kleinen Entente, wodurch die Kleine Entente eine Stützung durch Frankreich erfährt. Man ist aber auf dem Wege, eine Lösung zu finden, und da hat den letzten Nachrichten zufolge Bethlen eine ganz hübsche Rechnung aufgestellt, indem er von der Èechoslovakei für die durch die Bodenreform Geschädigten einen Schadenersatz von 90 Millionen, von Rumänien einen solchen von 130 Millionen, von Jugoslavien 80 Millionen, zusammen also 300 Millionen Goldkronen fordert, während die außeragrarischen Optantenforderungen z. B. 175 Millionen betragen. So viel fordern allein schon die Erzherzöge, und zwar von Rumänien 47, von Jugoslavien 85 Millionen. Nun kommt die Frage, wie löst man das? Auf der einen Seite braucht man international die Anerkennung der Bodenreform, auf der anderen Seite will man die Frage lösen, und da haben sich die Gläubigermächte dazu entschlossen, einen Fond zu bilden, in den die normal in der Èechoslovakei zur Entschädigung gelangenden Preise für die enteigneten Güter gezahlt werden sollen: den Rest sollen die Optanten von den noch zu zahlenden Reparationen Ungarns bekommen. Jedenfalls kann eine weitere Reparationszahlung Ungarns auch nur wieder vom Jahre 1943 an beginnen, weil Ungarn bis dorthin an und für sich jährlich 10 Millionen Goldfrancs zu zahlen hat; Ungarn soll von 1943 bis 1966 250 Millionen Goldfrancs zahlen, zusammen würde für Ungarn die Zahlungspflicht 450 Milionen Goldfrancs ausmachen.
Wenn ich ganz kurz die Situation Bulgariens streife, das auch unter die Reparationsverpflichteten gehört, so müssen wir konstatieren, daß man Bulgarien, das außer dem Weltkriege zwei Balkankriege mitgemacht hat sowie von dem kolossalen Erdbeben heimgesucht wurde, das das Land mehr als 4 Milliarden Levas kostete, unvergleichlich hohe Reparationen auferlegt hat. Man ist heute bezüglich Bulgariens so weit, daß der Vorschlag der Gläubigermächte dahingeht, 12 Millionen Goldfranken auf 35 Jahre zu verlangen. Der Vorschlag Bulgariens geht auf 10 Millionen und man wird sich wohl in der Mitte einigen. Jedenfalls ist diese Überlastung für Bulgarien ungeheuer groß.
Aus dem großen Problem, aus dem gesamteuropäischen Problem der Reparationen ist man zu dem Begriff der Reparationsbank gekommen. Meine Herren, wenn man sich den Umfang, die Höhe und die Größe dieses Bankinstitutes nur einigermaßen vorstellt, so kommt man sofort dem Begriffe nahe, daß diese Bank in Hinkunft, wie ich vorhin sagte, so recht die Versklavung Europas an Amerika zum Ausdruck bringen wird, daß aber auch diese Bank, die heute in ihren Einrichtungen eigentlich ja doch berufen sein soll, diese ganze Materie aus dem Politischen in das Wirtschaftliche zu bringen, in Hinkunft politisch entscheidend sein wird. Wenn wir glauben, daß wir in Hinkunft, wenn sich das Ganze entwickelt haben wird, noch Politik machen können, so werden wir uns alle irren. Politik wird allein diese ungeheuere Konzentration des internationalen Bankkapitals machen, des vorherrschend amerikanischen Bankkapitals. Haben Sie eigentlich darüber nachgedacht, meine Herren, wie sich das auswirken wird, wenn bei Bestehen der Reparationsbank in Hinkunft ein Krieg ausbrechen wird? Es ist gar nicht auszudenken. Auf der anderen Seite läßt sich natürlich, sagen wir vom Standpunkt der Èechoslovakei aus betrachtet, ein Staat zwangsläufig nicht ausschalten. Wir sind genau so gezwungen, an der Reparationsbank telzunehmen, wie eben die anderen Staaten. Die Erfüllung der Verpflichtungen der Reparationsbank beschränkt sich natürlich in erster Linie auf die Reparationsfrage selber, ob das nun Sachlieferungen oder Geldfragen sind. Aber die große Gefahr liegt darin, daß sie auch einen großen Kreis der landläufigen bankmäßigen Geschäfte durchführen wird und ich glaube nicht fehlzugehen, wenn ich mir zu behaupten erlaube, daß man auch heute - genau so wie man die Tragweite und gegenseitigen Wechselwirkungen des Reparationsproblems noch nicht ermißt - das Problem der Reparationsbank als solches und den Einfluß Amerikas auf Europa ganz bestimmt unterschätzt.
Die Zeit ist zu weit vorgeschritten, um über diese Frage noch weiter zu sprechen. Ich möchte aber im gegenwärtigen Zeitpunkt doch noch einige Gedanken aussprechen. Es ist doch eigentlich ungemein tragisch, daß trotz der Größe dieser ganzen Probleme, wie sie heute vor uns liegen, kein Mensch orientiert ist, kein Mensch orientiert wird und daß sich die wenigsten dafür interessierten. Sie können sich nicht interessieren, weil sie überhaupt kein offizielles Material in die Hand bekommen. Das geht alles dermaßen im Geheimen, daß es fast unmöglich ist, daß ein so kleiner Kreis, der sich heute in allen Staaten mit dieser Frage beschäftigt, die Verantwortung übernehmen kann. Und jetzt appelliere ich an Sie als Volksvertreter, meine Herren, ist das möglich, daß heute unsere Delegierten ohne irgendwelche Rückendeckung durch das Parlament oder zumindest durch einen Ausschuß in den Haag gehen? Ist es möglich, ist es zulässig, daß wir heute anläßlich der Ratifizierung als Parlament, als verpflichtete Volksvertreter einfach vor die vollendeten Tatsachen gestellt werden? Ich bin weit davon entfernt, den Weg, den unsere Unterhändler eingeschlagen haben, zu mißbilligen, ihn in dem Stande, in dem er jetzt ist, zu kritisieren. Ich glaube sogar, daß sie es gut machen und ich glaube sogar behaupten zu können, daß die Verhandlungen für die Èechoslovakei gut geführt werden. Aber für uns als Volksvertreter, als Abgeordnete ist es unerträglich, über die ganze Materie nicht das geringste von offizieller Seite zu erfahren und nicht ein Wort hineinreden zu dürfen. Nehmen Sie das Parlament, nehmen Sie die Ausschüsse, kein Mensch spricht ein Wort darüber. Und da meine ich heute genau so wie gestern im Budgetausschuß verpflichtet zu sein, Ihnen hier die Anregung zu geben, einen Reparationsausschuß ins Leben zu rufen. Man könnte mir sagen, daß der Budgetausschuß vollkommen genügt, was die finanzielle Seite anbelangt, und daß der Außenausschuß genügt. Ich sage: Nein! Die Frage ist so groß, das Problem so ungeheuer und in den Auswirkungen nicht zu üb ersehen, daß wir heute nicht in rasender Eile uns damit beschäftigen können. Die Hauptsache wird nicht einmal die Ratifizierung dieser Sache sein. Die Hauptsache wird sein, daß wir alle zusammen allen Ernstes als gewissenhafte Volksvertreter mit den maßgebendsten Sachverständigen uns zusammenzusetzen haben und uns die Frage vorzulegen haben: Was haben wir auf Grund dieser Lösung des Reparationsproblems in ganz Europa für eine Stellung zu beziehen? Was haben wir für die Zukunft vorzukehren? Sie würden als Staatspolitiker, als Volkspolitiker, als Minister, in welcher Eigenschaft immer sie in dem Problem tätig sind, den allergrößten Fehler begehen, wenn Sie glauben, daß dieses Problem nur vom Standpunkt der Èechoslovakei aus zu beurteilen ist, wenn Sie es nicht gesamteuropäisch auffassen.
In diesem Sinne und mit dieser
Anregung möchte ich meine Ausführungen schließen und Ihnen nochmals
zurufen: Ich kenne zur Genüge die Drangsale, in denen sich heute
die gesamte Wirtschaft befindet und weiß, in welch geringem Maße
man auf der anderen Seite den sozialen Verpflichtungen nachkommen
kann. Ich sehe aber auch aus dem Ganzen, welcher Versklavung Europa
an Amerika entgegengeht. Und ich stelle heute am Schluß meiner
Ausführungen den Gedanken zur Diskussion, ob es nicht besser wäre,
daß sämtliche Staaten Europas sich einigen würden, um den entsprechenden
Nachlaß von Amerika zu erwirken. Amerika hat ja versprochen, einen
Nachlaß zu geben, der Nachlaß ist aber ungewiß. Der Nachlaß braucht
die Bereinigung dieses Problems, der Nachlaß braucht aber auch
die Abrüstung Europas. Und davon sind wir noch weit entfernt,
und selbst wenn das erfüllt ist, sind die Amerikaner noch immer
nicht durch irgend jemanden zu verpflichten, den Nachlaß zu geben.
Meine Herren! Es wird mir vielleicht auch der Herr Koll. Dr. Hodáè
recht geben, wenn Sie heute die Sache bei Licht betrachten, so
wird sich erst in der nächsten und weiteren Zukunft die ganze
Auswirkung dieser Lasten Europas an Amerika zeigen. Deswegen möchte
ich meine Ausführungen damit schließen: Seien wir auf der Hut,
treffen wir alle Vorsorge, bevor es zu spät ist! (Potlesk.)