Die Vergebung der Arbeiten, für welche durch die Bezirkbehörde
in Warnsdorf der in der Interpellation erwähnte Wettbewerb
ausgeschrieben wurde, steht dem Bezinksausschusse in Warnsdorf
zu. Der Zusatz, daß die Bewerber, welche èechoslovakische
Staatsanleihen gezeichnet haben, zur Offerte den Nachweis über
die Höhe der Zeichnung beischließen sollen, hat die
Bezirksbehörde in die Kundmachung nur mit Rücksicht
auf die Bestimmung der §§15 und 22 der Regierungsverordnung
vom 17. März 1920, S. d. G. u. V. Nr. 667, nach welcher
die Vadien und Kautionen bei staatlichen Lieferungen neben anderen
in staatlichen Schuldverschreibungen der Èechoslovakischen
Republik erlegt werden können, aufgenommen. Durch diesen
Zusatz sollte in keiner Weise dem Bezirksausschuß
bei der Auswahl des geeignetesten Bewerbers präjudiziert
werden, und es geschah dies auch nicht.
Bei diesem Stande der Dinge liegt kein Grund
vor, den Wettbewerb neuerdings auszuschreiben, und es hätte
dies auch keinen Zweck.
Nichtsdestoweniger habe ich die Verfügung
getroffen, daß die Bezirksbehörde in Hinkunft von einem
ähnlichem Besatz bei Ausschreibung von Bezirkslieferungen
absehe.
Prag, den
26. Juni 1929.
Der Verkauf von Prämienschuldverschreibungen
(Losen) gegen Ratenzahlung ist im Lande Böhmen und Mähren
- Schlesien durch das Gesetz vom 30. Juni 1878, RGBL. Nr. 90,
über die Veräußerung von Staats und anderen Losen
oder deren Gewinnsthoffnung sowie durch das Gesetz vom 27. April
1896, RGBL. Nr. 70, das die Ratengeschäfte überhaupt
regelt, normiert. Nach dem oben zitierten Gesetze können
sich mit dem Verkaufe vom Losen auf Raten nur protokollierte Firmen
beschäftigen. Eine besondere Bewilligung zu diesen Geschälten
ist jedoch nicht erforderlich. Das Geschäft selbst ist der
Aufsicht der staatlichen Finanzverwaltung unterworfen, die im
Interesse der Käufer darüber zu wachen verpflichtet
ist, daß die auf Raten verkauften Lose nicht früher
an dritte Personen verpfändet oder veräußert werden,
als sie ihren Käufern aus gefolgt werden, ferner daß
diese Geschäfte in der vorgeschriebenen Form abgeschlossen
und die Lose ordnungsgemäß aufbewahrt werden, damit
der Verkauf der Lose auf Raten nicht mit anderen Rechtsgeschäften
in Verbindung gebracht werde und daß die Lose nicht durch
Hausierer oder reisende Agenten verkauft werden. Die Verletzung
dieser Bestimmungen wird als Gefällsübertretung bestraft.
Im übrigen ist der Handel mit Prämienschuldverschreibungen
(Losen) auf Raten im wesentlichen frei und als Ratengeschäft
nur den Normen des oben zitierten Gesetzes Nr. 70/1896 RGBl. unterworfen.
Mit Ausnahme des § 4 des zuletzt zitierten
Gesetzes, das den Käufer von Losen zur Einbringung der Beschwerde
wegen Verkürzung über die Hälfte des Kaufpreises
berechtigt (§ 934 ab GB., laesio enormis ultra dimidium)
auch in jenen Fällen, wenn er den währen Wert der Sache
gekannt hat oder wenn er erklärt hat, dieselbe aus besonderer
Vorliebe um einen außerordentlichen Preis (praetium affectionis)
zu übernehmen, enthalten beide oben zitierten Gesetze keinerlei
Bestimmung, die, sei es auch annähernd, die zulässige
Preisgrenze festsetzen.
Das Verhältnis zwischen dem Verkäufer
und, dem Käufer von Losen auf Raten, ist, wie aus der Natur
der Sache hervorgeht, ein rein privatrechtliches. Diese Natur
zeigt im Hinblick auf das oben Gesagte auch die Frage des Preises,
die sich dem direkten Eingriff von Seiten der Finanzbehörden
entzieht, für den, wie gesagt, keine gesetzliche Grundlage
vorliegt.
Die staatliche Finanzverwaltung bemüht
sich, trotzdem sie, wie schon gesagt, keine Möglichkeit und
gesetzliche Grundlage hat, in das privatrechtliche Verhältnis
zwischen dem Käufer und der die Lose verkaufenden Firma einzugreifen,
nichtsdestoweniger in Fällen, wo sie von der Schädigung
von Käufern von Losen Kenntnis erhält, auf die Verkaufsstellen
einzuwirken, die Verkaufsbedingungen zu mildern, welches Einschreiten
in einer Reihe von Fällen Erfolg gehabt hat (in der Slovakei
und in Podkarpatská Rus ist der Verkauf von Losen auf Raten
durch den Gesetzartikel XXXI/1883 über den Verkauf von Wertpapieren
auf Raten, ergänzt durch den § 5 des Gesetzartikels
IX/1889, geregelt. Diese Regelung beruht auf denselben Grundsätzen
wie die Regelung in den historischen Ländern mit der Abänderung,
daß nach § 8 des Gesetzartikels XXXI/1883 der Käufer
oder sein Rechtsfreund den Kauf anfechten kann, wenn die in diesem
Paragraphen bestimmte Maximalgrenze überschritten worden
ist.
Die Verletzung der Bestimmungen dieses Gesetzes
wird zum Unterschied von der in den historischen Ländern
geltenden Regelung durch die Gerichte verfolgt).
Was die "Loszentrale, Losverkaufsgeschäft
m. b. H. in Brünn" betrifft, so wurden die Geschäfte
derselben einer strengen Revision sowohl vom Standpunkte des zitierten
Gesetzes Nr. 90/1878 RGBl., als auch vom Standpunkt des Gefällstrafrechtes
unterworfen, wobei festgestellt wurde, daß alle von der
Firma kontrahierten Geschäfte den gesetzlichen Vorschriften
entsprechen, mit Ausnahme der Bestimmung über die Verwendung
von reisenden Vertretern, Wegen dieser Übertretungen wurde
die Firma, mit empfindlichen Geldstrafen belegt (bisher
wurden ihr an Geldstrafen 3.785 Kè auferlegt, welcher Betrag
im Hinblick auf den niedrigen Strafsatz des § 44, lit. b),
des Gefällstrafgesetzes ein verhältnismäßig
bedeutender ist).
Was den in der Interpellation angeführten
Fall (Hermann Gröschel in Aussig a. E.) betrifft, so wurde
auch dieser schon früher infolge Erlasses des Finanzministeriums
vom 22. Jänner 1929, Zahl 7558/29-II B/5 a zum Gegenstande
eines Einschreitens von Seiten der Finanzbezirksdirektion in Brünn
gemacht.
Der erwähnte Kommittent bestellte am 29. März 1928 von
der Loszentrale 20 Teilstaatsbaulose gegen 14 Monatsraten um dein
Kaufpreis von 4,200 Kè. Zu diesem Geschäfte erteilte
die Firma nachfolgende Abrechnung:
Provision für den Agenten Sacher | 900,- Kè |
Einkaufspreis für 20 Teillose zu 125 Kè 50 h | 2.510.- Kè |
im ganzen somit | 3.410.- Kè |
Somit ergibt sich für die Gesellschaft der Bruttogewinn von
790 Kè, von welchen Betrage die Gesellschaft die Zinsen,
Steuern, Depositgebühren, Personalregie,
Kanzleiregie, eventuelle Verluste usw. decken soll.
(Hiezu muß bemerkt werden, daß
die ordentlichen Gerichte, die infolge des Einschreitens von Loskäufern
sich mit diesen Geschärften in einzelnen analogen. Fällen
beschäftigten, analoge Abrechnungen der Bankgeschäfte
vollständig anerkannt haben, im Hinblick darauf, daß
diese Geschäfte für die verkaufende Firma mit Auslagen
verknüpft und in gewisser Hinsicht auch mit einem verhältnismäßig
bedeutenden Risiko verbunden sind),
Auf das Einschreiten der genannten Direktion
hat sich die verkaufende Firma herbeigelassen, der Partei einen
Teil des Kaufpreises für den Fall nachzulassen, wenn der
verbleibende Teil derselben auf einmal beglichen wird. Auf Grund
dieses Anerbietens kam es zu einem Vergleich mit der Partei und
es wurden ihr die gekauften Lose am 5. April d. J. ausgefolgt.
Durch die obige Darstellung ist die Anfrage
ad 1 und 2 der Interpellation als beantwortet anzusehen, wozu
noch zu bemerken bleibt, daß die Finanzverwaltung zusammen
mit den politischen Behörden die Öffentlichkeit wiederholt
auf das unsolide Vorgehen verschiedener Firmen aufmerksam gemacht
hat, welche Lose durch ihre reisenden Agenten auf Raten verkaufen,
und sie vor dem Abschluß ähnlicher Geschäfte gewarnt
hat. Wie zu sehen, liegt, und, zwar keineswegs in geringem Ausmaße,
die Schuld an den aus diesen Geschäften entspringenden Schäden
an der kaufenden Öffentlichkeit selbst, die den tatsächlichen
Werten der gekauften Wertpapiere nicht die genügende Aufmerksamkeit
zuwendet, obgleich es sich häufig um recht ansehnliche Beträge
handelt, und so ihren Wert bedeutend überzahlt.
Im Hinblick auf die privatrechtliche Natur
dieser Geschäfte hat die Partei die Möglichkeit, die
abgeschlossenem Käufe nur im Wege der ordentlichen Gerichte
anzufechten.
Ad 3. Im Hinblick auf die gleichzeitige gesetzliche
Regelung des Verkaufes von Losen auf Raten wird es möglich
sein, mit Erfolg gegen übertriebene Preise und gegen das
unsolide Vorgehen einiger Lose auf Raten, verkaufenden Geschäfte
erst nach Novellierung des Gesetzes Nr. 90/1878 RGBl. einzuschreiten,
bei welcher es möglich sein wird, die Preisfrage zu regeln
und auch eine Strafsanktion durch die Entziehung der Bewilligung
zum Verkaufe von Losen auf Raten auszusprechen.
Heute ist eine solche Bewilligung, wie schon
angeführt, nicht erforderlich und das Gesetz enthält
auch nicht die oben genannte Sanktion. Die erwähnte Novellierung,
die Gegenstand der Verhandlung dieses Ministeriums ist, wird mit
Beschleunigung durchgeführt werden, sobald es zur Regelung
des Bankgewerbes überhaupt durch das eben in Vorbereitung
befindliche Gesetz über das Bankgewerbe kommt, dessen Erlassung
die Voraussetzung für eine zweckmäßige und wirksame
Novellierung des Gesetzes Nr. 90/1878 RGBl. ist.
Prag, den
31. Mai 1929.
Die Sprachenpraxis der Sozialversicherungsanstalten,
zu denen die Krankenversicherungsanstalten und auch die Arbeiterunfallversicherungsanstalt
für Böhmen im Prag gehört, richtet sich auch den
Vorschriften des Gesetzes vom 29. Februar 1920, S. d. G. u. V.
Nr. 122 (Sprachengesetz). Das Sprachengesetz ist die alleinige
Rechtsquelle in der Sprachenpraxis der Sozialversicherungsanstalten.
Die Regierungsverordnung, vom 3. Februar 1926, S. d. G. u. V.
Nr. 17, findet auf die Sozialversicherungsanstalten keine Anwendung.
Nach Abs. 4 des § 3 des Sprachengesetzes sind die Sozialversicherungsanstalten
verpflichtet, Eingaben in einer anderen als in der èechoslovakischen
Sprache anzunehmen und sie unter den Bedingungen des § 2,
des Sprachengesetzes zu erledigen. In der Verpflichtung, Eingaben
in einer anderen als der èechoslovakischen Sprache anzunehmen,
ist nicht die Verpflichtung enthalten, sie zugleich in einer anderen
als in der èechoslovakischen
Sprache zu erledigen. Auch wenn es sich um eine Eingabe eines
Angehörigen der Sprache einer Minderheit handelt (§
2, Sprachengesetz), sind die Sozialversicherungsanstalten nicht
verpflichtet, die Eingaben anders als in èechoslovakischer
Sprache zu erledigen.
Nach Abs. 1 des § 3 des Sprachengesetzes sind die Sozialversicherungsanstalten
verpflichtet, mündliche und schriftliche, in èechoslovakischer
Sprache eingebrachte Eingaben einzunehmen und sie zu erledigen.
Wenden wir diese Vorschriften auf den gegebenen
Fall an, so gelangen wir zu der Schlußfolgerunq, daß
die deutschen. Krankenversicherungsanstalten verpflichtet sind,
in èechoslovakischer Sprache abgefaßte Eingaben anzunehmen
und sie zu erledigen, und daß die Sozialversicherungsanstalten
berechtigt sind, die Eingaben der deutschen
Krankenversicherungsanstalten in èechoslovakischer Sprache
zu erledigen.
Überdies muß daran erinnert werden,
daß die sprachlichen Minderheitsrechte der deutschen Krankenversicherungsanstalten
nur soweit vorbehalten sind, als sie mit der Arbeiterunfallversicherungsanstalt
für Böhmen in Prag als Parteien in Verkehr treten. Handelt
es sich um den amtlichen Verkehr der Krankenversicherungsanstalten
mit der Arbeiterunfallversicherungsanstalt für Böhmen
in Prag, so ist diese schon aus diesem Grunde berechtigt,
ausschließlich die èechoslovakische Sprache zu gebrauchen.
Der Minister für soziale Fürsorge
kann somit der Arbeiterunfallversicherungsanstalt für Böhmen
in Prag nicht anordnen, daß sie mit den deutschen Krankenversicherungsanstalten
deutsch korrespondiere, da er hiefür in dem Sprachengesetz
keine Grundlage besitzt.
Prag, den
6. Juni 1929.
Die Rückwirkung des Gehaltsgesetzes vom
24. Juni 1926, S. d. G. u. V. Nr. 103, erforderte, daß nicht
nur die Überleitungen, sondern auch andere Folgen dieses
Gesetzes möglichst für die ganze Zeit der Wirksamkeit
dieses Gesetzes geltend gemacht werden, insofern diese Anwendung
durchführbar ist und insofern über die betreffende Angelegenheit
nicht schon früher recht gültig entschieden worden ist.
Eine der Folgen des Gehaltsgesetzes ist auch
die Regierungsverordnung vom 17. Juli 1928 S. d. G. u. V. Nr.
131, durch welche das Höchstmaß der Lehrverpflichtung
der staatlichen Direktoren und Professoren an Mittelschulen und
Lehrerbildungsanstalten festgesetzt wird und durch welche zugleich
die Remunerationen für sogenannte Überstunden bestimmt
werden, beides mit Wirksamkeit vom 1. September 1928. Zur Zeit
der Herausgabe dieser Regierungsverordnung war schon gültig
über die außerordentlichen Remunerationen der Direktoren
und Professoren der angeführten Schulen für erhöhte
Leistung im Schuljahre 1926/27 entschieden, aber es war noch nicht
über diese außerordentlichen Remunerationen für
das Schuljahr 1927/28 entschieden worden.
Wenn nun die Grundsätze der ober wähnten
Regierungsverordnung auch zur Bemessung der erwähnten Remunerationen
für das Schuljahr 1927/28 angewendet worden sind, so geschah
dies aus den oben angeführten Gründen, abgesehen davon,
daß weder auf die genannten außerordentlichen Remunerationen
selbst, noch auf die Höhe derselben die Direktoren und Professoren
der genannten Schulen einen gesetzlichen Anspruch haben.
Prag, den
10. Juni 1929.