Im Anfange des Jahres 1921 war der Zustrom der russischen und
der ukrainischen Emigration in die europäischen Staaten so
groß, daß der Völkerbund genötigt war, sich
auf internationalen Grundlage mit dem problem ihrer Unterbringung
zu beschäftigen. In der Mitte des Jahres 1921 errichtete
er ein "Hohes Kommissariat für die Hilfeleistung für
die russische und ukrainische Emigration" unter der Leitung
des Dr. Nansen. Dieser wandte sich sogleich an alle Staaten mit
der Aufforderung, daß jede Regierung sich der Aufgabe unterziehe,
auf ihrem Gebiete die Hilfe für die Emigranten zu organisieren.
Die Èechoslovakei kam der Aufforderung nach und widmete
bedeutene Mühe daran, das Los der Emigranten zu lindern und
ihnen den Lebensunerhalt zu ermöglichen. Der Ministerrat
betraute das Ministerium des Äußern mit der Organisation
dieser Aktion, und die Regierung bewilligte ihm die Aktion bis
Ende 1927 allein. Erst vom 1. Jänner 1928 wurde die Aktion
zwischen dem Ministerium des Äußern, dem Ministerium
für Schulwesen und dem Ministerium für Landwirtschaft
aufgeteilt, und der Aufwand für dieselbe wird aus ihren Teilvoranschlägen
gedeckt werden.
Ad 1.) Um der russischen und ukrainischen Emigration die Möglichkeit
zu geben, nach beendeten Studien im Auslande unterzukommen, trat
das Ministerium des Äußern in Verbindung mit dem Hohen
Genfer Kommissariat, und seit dem Herbste des verflossenen Jahres
verhandelte es mit demselben über das Projekt, unter Leitung
der Genfer Institution alle Bestrebungen um die Unterbringung
und Beschäftigung der Emigration in den Staaten mit mangelnden
Arbeitskräften zu konzertrieren. Es kommen hier namentlich
Frankreich und die südamerikanischen Staaten in Betracht.
Nach dem Projekte soll bei dem Internationalen Arbeitsamt in Genf
ein "Migrationsfond" errichtet werden, zu dem die Staaten,
die die Überführung eines Teiles der Emigration in ausländische
Gebiete verlangen, beizutragen hätten. Die Emigranten hätten
sich zu verpflichten, die mit der Überführung und Unterbringung
verbundenen Kosten binnen der Frist von 3 Jahren dem Migrationsfond
des Internationalen Arbeitsamtes zugunsten des Kontos jenes Staates,
aus welchem der Emigrant abgeganden ist, zurückzuerstatten.
Auf diese Weise würde jeder Staat sich in Genf einen Rückkehrfond
bilden, aus welchem der Hohe Kommissär die Auslagen der Emigration,
die aus dem betreffenden Lande abgeht, unter ihrer ausdrücklichen
Zustimmung und nach Vorlegung der Rechnung zu decken vermöchte.
Allgemein wird vorausgesetzt, daß diese Auslagen durch den
Arbeitgeber vom Lohn der Emigranten abzuziehen und nach Genf zu
schicken wären. Die verhandlungen mit Genf sind im Zuge,
und es besteht die Hoffnung, daß sie bald zu Ende geführt
werden.
Ad 2.) Die Zahl der in der Èechoslovakei unterstützten
Emogranten nimmt ständig ab, einerseits dadurch, daß
diejenigen, welche èechoslovakische Studien-Stipendien
genießen, ihre Studien beenden und sich einer praktischen
Beschäftigung zuwenden, und dann dadurch, daß die Emigranten
selbst wegfahren, um zich einer Arbeit außer der èechoslovakischen
Grenzen zu suchen. Neue Emigranten kommen zu uns nicht mehr, und
auch werden den neuen Emigranten keine èechoslovakischen
Studienstipendien mehr erteilt.
Die Unterstützungsaktion nimmt somit dauernd ab, so daß
sie in absebbarer Zeit liquidiert sein wird.
Prag, den 19. Juni 1928.
Die alle 14 Tage in Hohenstadt erscheinende Zeitschrift "Altvaterbote"
sympathisiert mit der Auslandsbewegung des "Sudetendeutschen
Heimatbundes", die gegen die Existenz und Sicherheit der
Èechoslovakischen Republik gerichtet ist und durch verschiedene
Mittel auch die Bereitschaft der èechoslovakischen Armee
zu schwägen bestrebt ist. Die Sympathien der Zeitschrift
"Altvaterbote" für die erwähnte Organisation
sind unter anderem zum Beispiel dadurch erwiesen, daß in
ihrer Nummer 12 vom 25. Juni 1925 ein Aufruf abgedruckt war, mit
dem die Zusendung der Adressen aller in Deutschland wohnenden
Heimatgenossen an die "Reichsarbeitstelle des Sudetendeutschen
Heimatbundes" in Berlin empfohlen wurde. Derselbe Aufruf
empfahl den Bezug des Monatsblattes "Sudetendeutsches Echo",
das Organ des Vereines "Sudetendeutscher Heimatbund".
Deshalb verbot die Militärverwaltung den Angehörigen
der Armee den Bezug der Zeitschrift "Altvaterbote".
Ein Verbot der Zeitschrift "Südmährerbote"
ist nicht erlassen worden.
Prag, den 24. Mai 1928.