Die Behauptung der Interpellation daß die Finanzverwaltung
in Schlesien von dem Rechte, auf Grund der Bestimmungen des Abs.
4 dss Art. 64 der Sprachenverordnung über 50 Jahre alte und
wenigstens eine teilweise Kenntnis der Staatssprache aufweisende
Bediensteten von der Ablegung der Sprachenprüfung zu befreien,
überhaupt keinen Gebrauch gemacht hätte, ist unrichtig.
Zur Zeit des Inkrafttretens der Sprachenverordnung gab es i Bereiche
der Finanzdirektion Troppau 101 Bedienstete deutscher Nationalität
von mehr als 50 Jahren, von denen von der Sprachenprüfung
29 Bedienstete befreit wurden, was rund 29% der Gesamtzahl dieser
Bediensteten deutscher Nationalität ausmacht. Außerdem
wurden in der Letzten Zeit von vielen Bediensteten wiederholte
Ansuchen um die Befreiung von der Wiederholungssprachenprüfung
nach Abs. 4 des Art, 64 der Sprachenverordnung eingebracht. Sofern
sie von Bediensteten eingebracht sind, die zur Zeit des Inkrafttretens
der Sprachenverordnung nicht wenigstens 50 Jahre alt waren, müssen
sie allerdings bedingungslos wegen des Mangels der Voraussetzung
in der Sprachenverordnung abgewiesen werden, sofern sie jedoch
von Bediensteten von über 50 Jahre eingebracht worden sind,
wurden diese Ansuchen im Finanzministerium neuerlich auf das wohlwollendste
in Erwägung gezogen, so daß sich die obangeführte
Zahl der befreiten Bediensteten noch wesentlich erhöht hat.
Das in der Interpellation angeführte neue Ansuchen der Fachorganisation
der deutschen Steuerbeamten in Schlesien um Befreiung der Bediensteten
von mehr als 40 Jahren von der Prüfung wurde im Finanzministerium
überhaupt nicht eruiert, es fände auch hinsichtlich
der Bediensteten bis zu 50 Jahren überhaupt keine Stütze
in den neuen Sgrachenvorschriften.
Schließlich erwähnt die Interpellation auch die angeblich
widersinnige Klassifikation der vermeintlich zurückgetretenen
Bediensteten mit der Note ungenügend, Hiezu bemerke
ich, daß dieses Vorgehen eigentlich eine große Benevolenz
gegenüber den geprüften Bediensteten bedeutete. Einem
zurücktretenden Bediensteten muß allerdings kein Zeugnis
ausgefolgt werden, ein solcher Bediensteter hat der Bedingung
der Erbringung des Nachweises der Sprachenkenntnis durch eine
Prüfung innerhalb der im Abs. 1, Art. 64 der Sprachenverordnung
normierten 6 monatigen Frist (d. i. bis 4. August 1926) nicht
entsprochen und es treffen ihn alle Folgen des Art. 66 der Sprachenverordnung
eventuell sofort.
Demgegenüber wurde bei der Prüfungskommission für
Schlesien mit Zustimmung des Finanzministeriums in der Weise vorgegangen,
daß mit den die Staatssprache nicht beherrschenden Bediensteten
die Prüfung zwar formell begonnen wurde auf ihre Erklärung
jedoch, daß sie die Staatssprache nicht so gut können,
um die Prüfung mit positivem Ergebnise ablegen zu können,
wurde ihnen ein Zeugnis mit der Note hat nicht entsprochen
ausgestellt und es konnte ihnen sodann gleichzeitig für die
Wiederholung der Prüfung eine angemessene Frist bestimmt
werden, was nicht möglich gewesen wäre, wenn ein solcher
Bediensteter einfach abgetreten wäre und sich daher der Prüfung
überhaupt nicht einmal formell in der festgesetzten Frist
mit der Möglichkeit einer Reparatur unterzogen hätte.
In Beantwortung der obgenannten Interpellation wird auf die Antwort
der Regierung auf die dringende Interpellation der H. Abgeordneten
H. Simm und Genossen (Dr. Nr. 1016) und auf die Interpellation
der H. Abgeordzeten Elstner, Kreibich und Genössen (Dr. Nr.
930/XX) verwiesen.
Dem im Punkte 1 der Interpellation angeführten Verlangen
hat das Finanzministerium in der Richtung entsprochen, daß
es der Glasindustrie das Zugeständnis machte, daß ihr
die Steuer für die bei der Erzeugung der in das Ausland ausgeführten
Waren verbrauchte Kohle, und zwar mit Wirksamkeit vom 1. Februar
1927 rückerstattet werde.
Die staatliche Eisenbahnverwaltung verabsäumt keine Gelegenheit,
zur Unterstützung der Glasindustrie und zur Linderung der
Krise beizutragen (Punkt 2). Insbesondere hat die Staatseisenbahnverwaltung
bereits die Fracht für die wichtigsten zur Glaserzeugung
erforderlichen Rohmaterialien herabgesetzt und zwar für Kalkmehl
und für Glasquarzsand, außerdem hat sie mit Gültigkeit
vom 1. Juni 1927 eine 12%ige Ermäßigung für den
Transport von Kohle zur Glaserzeugung bewilligt. Ebenso erhalten
die Sendungen von Gablonzer Glas bei der Ausfuhr verschiedene
Tarifbegünstigungen im Rahmen der direkten Verbandtarife.
Was das unter Punkt 3 angeführte Verlangen anbelangt, d.
i. daß die Umsatzsteuer für die Glasindustrie aufgehoben
werde, wird bemerkt daß das geltende Gesetz über die
Umsatzsteuer eine vollständige Aufhebung dieser Steuer nicht
zuläßt. Die Finanzverwaltung anerkennt jedoch vollständig
die kritische Situation der. Glasindustrie und kommt dieser Industrie
nach Möglichkeit entgegen. So gilt z. B. im Bereiche der
Gablonzer Waren bereits seit 1. Jänner 192i ein besonderes
bloß von Fertigwaren eingehobenes Pauschale, und zwar bloß
in der Höhe von 1/2%, während alle Übertragungen,
welche diese Waren im Laufe des Produktionsprozesses durchmachen,
umsatzsteuerfrei sind. Ebenso kommt die Finanzverwaltung auch
den kleinen Glasunternehmern, welche für andere Unternehmer
das Rohglas gegen Lohn schleifen, malen oder in anderer Weise
veredeln entgegen und hat im Übereinkommen mit ihren Vertretern
bewilligt und ist bereit, auch für die Zukunft zu bewilligen,
daß sie an Stelle der Umsatzsteuer jährlich bloß
einen pauschalmäßig bestimmten niedrigen Betrag zu
entrichten haben.
Was den Punkt 4 und 5 anbelangt, teilt die Regierung mit, daß
in dem Komplexe der Verhandlungen über den Handelsvertrag
zwischen der Èechoslovakischen Republik und Deutschland,
welche zur Zeit geführt werden, auch über die. Herabsetzung
des Zolles auf èechoslovakische Glasprodukte verhandelt
wird, Unsere Delegation geht in Währung der Interessen der
Glasindustrie im Einvernehmen mit den Wirtschaftsorganisationen
dieses Industriezweiges vor und es ist zu erwarten, daß
für den Absatz unserer Produkte im Auslande Begünstigungen
erzielt werden. Für die Einfuhr deutscher chemischer Produkte
werden Erleichterungen gewährt werden, sofern dadurch allerdings
die einheimische chemische Industrie nicht bedroht wird.
Die Frage der Anknüpfung diplomatischer Beziehungen mit Sowjetrußland
befindet sich in einem Stadium, wie es der Minister der auswärtigen
Angelegenheiten in den letzten beiden Sitzungen des Außenausschusses
des Abgeordnetenhauses mitgeteilt hat.
Der Standpunkt der Staatsverwaltung gegenüber der Frage des
Verbotes der Erzeugung der sog, Schmirgelware im Bereiche der
Kristall-, Flacon- und Ringbranche (Punkt 6) der Interpellation
wurde in der Antwort der Regierung auf die dringende Interpellation
des Abgeordneten H. Simm und Genossen, betreffend die Durchführung
der notwendigen Maßnahmen im Bereiche der Gablonzer Waren
(Dr. Nr. 1016) eingehend dargelegt. Zu diesen Ausführungen
wird weiter noch bemerkt, daß der größere Teil
der Vereinbarungen der Erzeuger auf dem Gebiete der Gablonzer
Waren, die in der letzten Zeit abgeschlossen wurden, sich auf
die Bestimmungen des § 114, Abs. 3, lit. i), der Gewerbeordnung
stützt. Der praktischen Anwendung steht allerdings bisher
die geringfügige Strafsanktion entgegen (§ 125 Go.).
Für die Zukunft wird mit der Bestimmung des Abs. 3 des §
53 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, S. d. G. und
V. Nr. 111, Abhilfe geschaffen werden, wonach die gegen Beschlüsse,
die auf Grund der Bestimmungen des § 114, lit. i), der Gewerbeordnung
erfolgt sind, vorgehenden Genossenschaftsmitgliedern unter gewissen
Voraussetzungen wegen Übertretung der Gewerbeordnung werden
bestraft werden können.
Zum Punkte 7 der Interpellation wird schließlich bemerkt,
daß die Auszahlung der Arbeitslosenunterstützung auf
Grund des derzeit geltenden Gesetzes über den Staatsbeitrag
zur Unterstützung der Arbeitslosen vom 19. Juli 1921, S.
d. G. u. V. Nr. 267, erfolgt, Für die Auszahlung von Unterstützungen
im Falle der Arbeitslosigkeit in einer anderen Form gibt es keine
gesetzliche Grundlage. Das zitierte Gesetz enthält auch keine
Bestimmungen über de Unterstützung der sog. Notstandsarbeiten,
die aus Gründen der Beseitigung der Arbeitslosigkeit vorgenommen
werden. Bei der Vornahme von Arbeiten und öffentlichen Bauten
durch den Staat wird allerdings selbstverständlich darauf
Rücksicht genommen, daß dadurch auch die Arbeitslosigkeit
beseitigt werde.
Den betroffenen am Riesengebirge gelegenen Bezirken wurden ausgiebige
Unterstützungen für Notstands-Stiraßenbauten bewilligt,
und zwar im Bezirke Semil für den Bau der Straße Bohnowitz
- Kamenitz i. B. 50% des tatsächlichen Aufwandes, höchstens
jedoch ein Betrag von 210,000 Kè, dem Bezirke Starkenbach
für den Bau der Straße Hrabaèow - Waltersdorf
- Hohenelbe 30% des tatsächlichen Bauaufwandes, höchstens
jedoch 310.000 Kè und dem Bezirke Hohenelbe für die
Straße Hohenelbe - Waltersdorf - Hrabaèow 30% des
tatsächlichen Bauaufwandes, höchstens jedoch 84,000
Kè.
Falls weitere zweckmäßige Projekte für den Bau
von Straßen vorgelegt werden und falls dies die durch den
Staatsvoranschlag bewilligten Kredite gestatten werden, wird das
Ministerium für öffentliche Arbeiten auch für diese
Bauten angemessene Subventionen bereitwillig bewilligen.
Das Ministerium für öffentliche Arbeiten hat soeben
den Bau Eines Wohnhauses in Starkenbach vergeben und projektiert
den Bau eines Wohnhauses in Gablonz a. N., so daß an diesen
Bauten ein Teil der Arbeiterschaft wird untergebracht werden können.
Auf die obangeführte Interpellation wird folgendes mitgeteilt:
Ad 1. Die Provisionisten der staatlichen Bergund Hüttenbetriebe
und deren Hinterbliebene erhielten zu den von den Bergwerksbruderladen
ausgezahlten Provisionen Staatsbeiträge, die hautpsächlich
aus Teuerungszulagen sowie außerordentlichen und Notaushilfen
bestanden, welche ihnen ursprünglich nach den für die
Staatsbediensteten der gleichen Kategorie geltenden Sätzen
bemessen wurden.
Als ein Zweifel darüber entstand, ob die Provisionisten,
einen Anspruch auf die staatlichen Zuzahlungen besitzen, wurde
zur Überprüfung der Angelegenheit ein aus Juristen bestehender
besonderer Ausschuß gebildet. Das von diesen Juristen ausgearbeitete
umfangreiche Gutachten klang in den eingehend motivierten Schluß
aus, daß die Teuerungszulagen, die außerordentlichen
und die Notaushilfen die Ergänzung auf die Minimalprovision
und die 25%ige Erhöhung der normalen Provision den Provisionisten
und ihren Hinterbliebenen nach den geltenden Gesetzen nicht gebührt,
sondern daß diese lediglich auf Grund administrativer Maßnahmen
gewährt worden sind, welche also ebenfalls im administrativen
Wege widerrufen oder abgeändert werden können, Der gleichen
Anschauung war auch die zur Überprüfung der Angelegenheit
einberufene interministerielle Beratung.
Die Herabsetzung der staatlichen Zuzahlungen zu den Provisionen
erfolgte daher bloss durch administrative Verfügungen.
Diese Verfügungen können jedoch nicht als eine arbeiterfeindliche
Handlung aufgefaßt werden. Nach § 5 der Regierungsverordnung
vom 25. September 1924, S. d. G. u. V. Nr. 206, belasten nämlich
die Versorgungsbezüge der Bediensteten der Unternehmungen
und ihrer Hinterbliebenem die einzelnen Unternehmungen selbst,
und die staatlichen Berg- und Hüttenbetriebe müssen
auch die Staatsbeiträge zu den Provisionen tragen. Den Unternehmungen,
welche nunmehr die Verpflichtung haben, die Betriebsauslagen sowie
die zu deren ordentlichen Ausstattung erforderlichen Investitionen
aus ihren eigenen Einnahmen zu trägen, würde, wenn sie
die Staatsbeiträge auszahlen müßten, nichts anderes
erübrigen, als zur Einstellung einiger passiver Betriebe
zu schreiten, um derart die Bedeckung für diese Ausgabe zu
erlangen, Solche Maßnahmen würden aber gewiß
die aktiven Arbeiter weit mehr als die Provisionisten treffen.
Die Herabsetzung der staatlichen Beiträge erfolgte daher
zum Zwecke der Aufrechterhaltung des Betriebes aller Unternehmungen
im Interesse der Arbeiterschaft.
Ad 2. Die die Teuerungszulagen und die außerordentlichen
Notaushilfen regelnden Gesetze und Verordnungen betreffen bloß
jene Gruppen der Staatsbediensteten oder der Bediensteten der
staatlichen Unternehmungen, denen die Ruhebezüge aus irgendeiner
staatlichen Institution (Pensionsfonds u. dgl.) gebühren.
Diese Vorschriften setzen die Beibehaltung eines bestimmten Einkommens
aus der Aktivität als Grundgehalt voraus und bestimmen hauptsächlich
die Zulagen zu diesem Einkommen, Sie bestimmen also, was zu den
vom Staate gewährten Ruhegrundbezügen hinzuzugeben ist.
Die Provisionisten und deren Hinterbliebene erhalten die Versorgungsbezüge
von den Bergwerksbruderladen, also von nicht staatlichen Institutionen.
Nach den § 1 und 17 des Gesetzes S. d. G. u. V. Nr. 242/1922,
gewährt die Bruderlade, keineswegs also der Staat, besondere
Teuerungszulagen zu den Versorgungsbezügen. Ebenso war vor
der Wirksamkeit des Gesetzes S. d. G. u. V. Nr. 242/1922 durch
die Gesetze S. d. G. u. V. Nr. 608/1919 beziehungsweise 303/1921
bestimmt worden, daß die Bruderlade verpflichtet ist, außerordentliche
Zulagen zu den Versorgungsbezügen zu gewähren.
Die Provisionisten und deren Hinterbliebene besitzen daher keinen
gesetzlichen Anspruch auf Teuerungszulagen und Aushilfen gegenüber
dem Staate.
Dasselbe gilt von der Ergänzung auf die Minimalprovision
und von der 25%igen Erhöhung der Normalprovision, welche
Erhöhungen administrativ vor der Regelung der Provisionen
durch das Gesetz S. d. G. u. V. Nr. 242/1922 durchgeführt
worden waren.
Ad 3. Wie bereits ad 1. angeführt worden ist besitzen die
staatlichen Berg- und Hüttenbetriebe nicht die Mittel, für
die mit den staatlichen Zuzahlungen verbundenen Auslagen und es
kann daher ihnen nicht aufgetragen werden, die staatlichen Zuzahlung
zu den Provisionen weiterhin unverkürzt auszuzahlen. Im gegenwärtigen
Zeitpunkte wird die Verbesserung der staatlichen Zuzahlungen über
das durch den Beschluß der Regierung vom 8. Oktober 1926
normierte Maß hinaus erwogen und zwar durch die Zuerkennung
der Zuzahlung an weitere Kategorien von Provisionisten und deren
Hinterbliebene, und zu dem Zwecke hat das Ministerium für
öffentliche Arbeiten den Entwurf eines Gesetzes über
die staatlichen Zuzahlungen zu den Provisionen der ehemaligen
Arbeiter des Unternehmens Staatliche Berg- und Hüttenbetriebe
und deren Hinterbliebene ausgearbeitet, welcher Entwurf dem Finanzministerium
zur Stellungnahme übermittelt worden ist.
Das Ministerium des Innern anerkennt vollständig die soziale
und wirtschaftliche Bedeutung der zweiten Weihnachts-, Oster-
und Pfingstfeiertage an und widmet der Möglichkeit einer
gesetzgeberischen Regelung dieser Frage seine ständige Aufmerksamkeit.
Diese Regelung wird jedoch erst dann vorgenommen werden können,
bis alle Voraussetzungen - auch die politischen Charakters für
die Novelisierung des Gesetzes S. d. G. u. V. Nr. 65/1925 über
die Feiertage und die Gedenktage der Èechoslovakischen
Republik geschaffen sein werden.