Pùvodní znìní ad 1198/VII.

Interpellation

des Abgeordneten Dr. Koberg und Genossen

an den Minister des Innern

betreffend die ungerechtfertigte Bestrafung des Josef Gsyl in Haatsch durch die politische Bezirksverwaltung Hultschin.

Josef Gsyl, Zimmermann in Haatsch, wurde durch die politische Bezirksverwaltung Hultschin mit dem Straferkenntnisse vom 14. Dezember 1925, Zl. 2182 wegen Übertretung des § 11 des kaiserlichen Patentes vom 20. April 1854, Nr. 96 zu 24 Stunden Arrest verurteilt, weil er angeblich am 12. August 1925 bei einer Feierlichkeit in Kreuzenort in Deutschland hinter der Tafel Haatsch eine schwarze Fahne getragen habe. Gegen dieses Straferkenntnis wurde rechtzeitig rekuriert. Eine ganze Reihe von Zeugen, die im Rekurse namentlich angeführt wurden, sind auch heute bereit, zu bestätigen, dass damals am 12. Juni 1925 (das Datum 12. August 1925 ist falsch) in dem Festzuge erstens überhaupt keine Tafel mit der Aufschrift Haatsch getragen wurde und zweitens die schwarze Fahne nicht von Gsyl, sondern von einem Optanten getragen wurde. Diese Zeugen wurden aber überhaupt nicht vernommen, man hat, wie so oft auch in diesem Falle, zweifelhaften Spitzeln mehr geglaubt als ehrenwerten Bürgern und deshalb hat der bevollmächtigte Kommissär für das Hultschiner Gebiet dem Rekurse mit Zl. Rat. XII 286/5 vom 31. Dezember 1926 nicht stattgegeben mit der Begründung, dass der Tatbestand durch Zeugenaussagen erwiesen sei... Da gegen die Entscheidung des bevollmächtigten Kommissär ein weiterer Rechtszug nicht offenstand, wurde sofort nach Zustellung des bezüglichen Bescheides am 11. März 1927 eine Eingabe an den Landespräsidenten für Schlesien durch die politische Bezirksverwaltung Hultschin abgesendet. Die Erledigung darauf folgte in der Weise, dass am 18. März gegen 6 Uhr abends Josef Gsyl auf der Dorfstraße in Haatsch durch 2 Gendearme festgenommen und nach Hultschin ins Gefängnis geführt wurde. Selbstverständlich war darüber die rechtlich denkende Bevölkerung von Haatsch äußerst empört, da es allen, die damals in Kreuzenort waren, bekannt ist, dass Gsyl tatsächlich sind bereit, dies mit ihrem eile zu bekräftigen. Da man aber nur Spitzelberichten glaubt und andere Menschen zur Zeugenaussage überhaupt nicht zulässt, musste Josef Gsyl 24 Stunden Arrest absitzen und so ganz unschuldig einen Arbeitstag verlieren.

Die Gefertigten fragen nun den Herrn Innenminister:

1. Ist Ihnen die Willkür der politischen Bezirksverwaltung Hultschin bei Ausübung der Strafpolizei bekannt?

2. Wie rechtfertigt der gewesene bevollmächtigte Kommissär für das Hultschiner Gebiet die Nichteinvernahme der beantragten Zeugen?

3. Sind Sie bereit, eine Wiederaufnahme des in Rede stehenden Verfahrens anzuordnen und nach Feststellung des wahren Tatbestandes durch Zeugeneinvernahmen und allenfalls Konfrontationen dem Josef Gsyl eine entsprechende Entschädigung und Genugtuung zu gewähren?

Prag, am 19. April 1927

Dr. Koberg,

Wenzel, Dr. Szüllö, Fedor, Knirch, Dr. Jabloniczky, Weber, Dr. Schollich, Dr. Keibl, Matzner, Horpynka, Krebs, Siegel, Dr. Lehnert, Dr. Rosche, Ing. Kallina, Gregorovits, Patzel, Ing. jung, Simm, Dr. Wollschack.

Pùvodní znìní ad 1198/VIII.

Interpellation

des Abgeordneten Taub und Genossen

an den Justizminister

wegen Beschlagnahme der Zeitschrift "Sozialistische Jugend".

In der Zeitschrift "Sozialistische Jugend" vom April 1927 wurden in dem Artikel "Tage der Schmach und Schande" nachfolgende Stellen beschlagnahmt:

"Die Assentierung: das ist nicht nur eine Beleidigung der Würde jedes einzelnen, das ist eine Beleidigung der gesamten Menschheit. Man überlege sich nur einmal: Der Staat, der sich um die Jugend überhaupt nicht Kümmert, schleppt sie, wenn sie trotz ihm gesundheitlich nicht verkommen ist, vor die Assentkommission. Dort sitzen die Ärzte und Schreiber des Militärs; die Ärzte prüfen sachkundig die nackten Körper, begreifen sie und betasten sie... Wem, der die Musterung selbst mitmachte, steigt nicht die Schamröte ins Gesicht, wenn er daran denkt? Wildfremde Menschen sind es, die der Jugend da entgegentreten... aber mit dem Begriff "Vaterland" verbindet der denkende junge Arbeiter vor allem seine tiefe Not, die vom Vaterland nie "gemustert" wird."

"... aber die Jungproleten sollen vor die Assentkommission treten mit dem Bewusstsein, dass der Assentierungstag nicht ein Freuden-, sondern ein Trauertag ist und sie sollen sich dem Ernst des Tages entsprechend verhalten"...

Wir fragen den Herrn Minister:

1. Billigt er die angeführte Konfiskation?

2. Ist er bereit, die Staatsanwaltschaften entsprechend anzuweisen, dass sie derartige Übergriffe in Hinkunft zu unterlassen haben?

Prag, den 20. April 1927

Taub,

Major, Schäfer, Sliwka, de Witte, Dr. Czech, Mikulíèek, Kreibich, Dr. Gáti, Grünzner, Katz, Blatny, Chlouba, Schwichhart, Kaufmann, Kirpal, Heeger, Èermák, Pohl, Hackenberg, Schuster.

Pùvodní znìní ad 1198/IX.

Interpellation

der Abgeordneten Dr. Stern, Wünsch, Elstner und Genossen

an die Regierung

betreffend das Vorgehen der Reichenberger Polizei gegen den Maikundgebungen.

Die Kreisleitung Reichenberg der Kommunistischen Partei der Èechoslovakei erhielt am 27. April 1. J. von der Reichenberger Polizeidirektion einen "Úkaz", in welchem die "Bedingungen" festgelegt wurden, unter denen die Maikundgebung in Reichenberg erlaubt wird, und der zu dem ungeheuerlichsten und unglaublichsten gehört, was an Polizeiprovokation und Bürokraten-Willkür selbst in diesem reaktionären Staate geleistet wurde. In diesem "Úkaz" wird "mit Rücksicht auf die öffentliche Ordnung und Ruhe" unter anderen die Umfahrt eines Autos verboten, welches die chinesische Revolution darstellt, und die Inschriften trägt: "Hände weg von China!" "Es lebe die chinesische Revolution!" Ebenso wurde die Fahrt eines Autos verboten, welches die Rationalisierung darstellt. Ferner wurde das Tragen von nicht weniger als 13 Standarten verboten, darunter von Standarten mit folgenden Inschriften: "Es lebe die erste Regierung der Arbeiter und Bauern!" Es lebe das revolutionäre China!", "20 Milliarden investiert heuer Sowjetrußland für die Errichtung neuer Fabriken! In der Èechoslovakei stellt eine Fabrik nach der anderen die Arbeit ein!" "Nur das Proletariat kann ein neues Morden in der Welt verhindern! "Wir protestieren gegen die Bestialitäten des weißen Terrors und des Faschismus in Ungarn, Italien, Polen und Bulgarien!" "Seit der Einführung der Agrarzölle haben die Großgrundbesitzer und Spekulanten 2 Milliarden Überprofite zusammen gespart!" - Ja sogar eine Standarte mit folgender Inschrift wurde verboten: "Weg mit den Truppen und Kriegsschiffen der Imperialistischen Staaten aus China!" Weg mit den ungleichen Verträgen, welche der chinesischen Nation durch Imperialisten aufgezwungen wurden!"

Ähnliche Verbote wurden aus Èeský Brod, Laun, Aussig und Karlsbad gemeldet. In Karlsbad wurden Plakate mit den Inschriften: "Es lebe Sowjetrußland!" und "Es lebe die chinesische Revolution!" von der dortigen Staatspolizei unter Berufung auf den § 14 des Schutzgesetzes verboten und die Plakatierung unmöglich gemacht.

Wir sind von der kapitalistischen Regierung und ihren Behörden allerhand gewohnt. Aber eine derartige Provokation und Drosselung jedes Versuches einer freien Äußerung sollte man selbst in diesem Polizeistaate nicht für möglich halten. Standarten, in deren Aufschriften selbst das Auge des verbohrtesten Reaktionärs nicht eine Spur vom Verletzung nicht einmal der bürgerlichen Gesetze entdecken können wird, werden verboten. Solche Verbote müssen die Überzeugung herrvorrufen, dass die Regierung... um jeden Widerstand gegen ihre Ausplünderung und gegen jeden Versuch sie zu Millionen in imperialistischen Abenteuern und für Ausbeuter Profite hinmorden zu lassen, unmöglich zu machen. Die Verbote zueigen aber auch die Feindschaft unserer Regierung gegen das um seine Freiheit kämpfende chinesische Volk und gegen den ersten proletarischen Staat, gegen die erste Arbeiter- und Bauern-Regierung der Welt...

Die hier angeführten unerhörten Übergriffe sind ein Skandal sondergleichen. Sie müssen jeden Angehörigen der arbeitenden Klasse aufs tiefste empören und zum leidenschaftlichen Hasse gegen die bestehende Ausbeuterordnung aufreizen. Sie müssen allen arbeitenden und Unterdrückten die Augen öffnen über den Klassencharakter dieses Staates und seiner Regierung, welche nur ein Ziel vor Augen haben, die Interessen der Ausbeuter zu schützen, die Arbeitende aber ausplündern und aller rechte zu berauben. Diese Wirkung solcher Maßnahmen sind das einzige Gute an ihnen. Das Verringert aber nicht im geringsten die Verantwortung der Regierung für derartige Übergirre...

Wir fragen daher die Regierung:

1. Ist sie bereit sofort telegraphisch die Weisung zu geben, dass diese unerhörten Maßnahmen zurückgenommen werden?

2. Ist sie bereit den Reichenberger Polizeidirektor, der den "Úkaz" unterschrieben hat und jene Vorgesetzten, die ihn dazu veranlassten, sofort zur verringert aber nicht im geringsten die Verantworstrafen?

3. Ist sie bereit Vorsorge zu treffen, dass derartige... nicht mehr vorkommen und das Recht der Massen, ihren Willen und ihre Meinung frei zu Ausdruck zu bringen, gewährleistet wird?

Prag, am 29. April 1927.

Dr. Stern,

Wünsch, Elstner, Hruška, Neurath, Cibulka, Bolen, Haiplick, Èermák, Škola, Jílek, Chlouba, Haken, Schmerda, Štìtka, Harus, Landová-Štychová, Burian, Sliwka, Dìdiè, Major, Kopasz, Zápotocký, Steiner.

Pùvodní znìní ad 1198/X.

Interpellation

des Abgeordneten Hans Knirsch und Genossen

an den Justizminister

betreffend die Beschlagnahme der periodischen Druckschrift "Der Tag" wegen eines Berichtes über die Sudetendeutsche Kundgebung in Ebersbach i. S. am 19. d. M.

Das in Aussig erscheinende nationalsozialistische Tagblatt "Der Tag" brachte in seiner Nummer vom 2. d. M. folgenden Bereicht:

"Ebersbach (i. Sachsen), 19. Juni. Heute fand am Schlechteberg eine große Kundgebung für das Sudetenland statt, zu der sich trotz des regnerischen Wetters zahlreiche Landsleute und Volksgenossen von diesseits und jenseits der Grenze eingefunden hatten. Um 2 Uhr nachmittags bewegte sich ein großer Festzug durch die flaggengeschmückte Stadt auf den nahen Schlechteberg. Hier begrüßte der Bürgermeister von Ebersbach die Versammlung mit herzlichen Worten. Pfeifer (Phillippsdorf) und Abgeordneter Knirsch sprachen sodann über die Lage und die Aufgaben des Sudetendeutschtums. Unter stürmischem Beifall wurde einstimmig folgende Kundgebung beschlossen:

"Die am 19. Juni am Schlechteberg bei Eberbach tagende Massenversammlung fordert für die Sudetendeutschen, auf dem Rechte der Selbstbestimmung für alle Völker beharrend, die volle Selbstverwaltung mit eigenem Landtag und eigener Landesregierung. Als Beweis, dass es der gegenwärtigen deutsch-èechischen Regierung mit der Herbeiführung der nationalen Gleichberechtigung ernst ist, fordert die Versammlung... weiters die sofortige Aufhebung der geltenden Sprachenverordnungen und die Einführung der deutschen Sprache als Amtssprache bei allen Behörden des deutschen Gebietes.

An alle Landsleute der Heimat richtet die Massenversammlung die Aufforderung, für diese selbstverständlichen Lebensnotwendigkeiten eines jeden Volkes und Volksteiles mit allen Kräften, opferbereit, selbstbewußt und ausdauernd weiter zu kämpfen. Von solchem Willen erfüllt, senden die Versammelten von freier deutscher Bergshöhe Gruß und eil ins deutsche Land!

Der vorstehende Bericht verfiel zur Gänze der Beschlagnahme. Er enthält dein gegen den Bestand der Èechoslovakischen Republik gerichtetes Wort. Die erhobenen Forderungen sind programmatische Forderungen fast aller sudetendeutschen Parteen und wurden wiederholt in Wort und Schrift offen auch von Parteien erhoben, die zur heutigen Regierungskoalition gehören.

Die Gefertigten erlauben sich daher, an den Herrn Justizminister die Anfragen zu richten:

1. Billigt der Herr Justizminister dieses jede politische Diskussion ausschließende Vorgehen der Staatsanwaltschaft?

2. Wenn nicht, was gedenkt der Herr Justizminister zu tun, um der Knebelung der Pressfreiheit und Meinungsfreiheit ein Ziel zu setzen?

Prag, am 23. Juni 1927.

Knirsch,

Dr. Koberg, Ing. Kallina, Dr. Keibl, Dr. Schollich, Matzner, Weber, Siegel, Horpynka, Dr. Rosche, Dr. Lehnert, Feder, Dr. Szüllö, Dr. Jabloniczky, Pohl, Gregorovits, Dr. Czech, Geyer, Ing. Jung, Wenzel, Simm.



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