Pùvodní znìní ad 1017/XII.

Interpellation

des Abgeordneten Ing. Othmar Kallina und Genossen

an den Minister des Innern

in Angelegnheit der in Westböhmen herrschenden Zensurverhältnisse.

Bei den am 19. Dezember 1925 in ganz Westböhmen abgehaltenen Protestversammlungen gegen die Ausrottung und Vertreibung der deutschen Staatsangesellten wurde bei allen versammlungen nachfolgende Entschließung einstimmig angenommen:

. . ."Zulange schon hat das deutsche Volk das Joch der Entrechtung und Unterdrückung auf seinen Schultern getragen; nun ist Langmut und Geduld zu Ende. Wir rufen den Machthabern dieses Staates zu: Hand weg von deutschen Volksgut!

Das Fest des Friedens naht; doch das sudetendeutsche Volk kennt in diesem Staate keinen Frieden, es kemmt nur den Kampf und Abwehr. Tausende vernichtete deutsche Existenzen, ein in seiner kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung gehemmtes Volk von 3 1/2 Millionen Menschen stehen auf und fordern vor der ganzen gesitteten Welt Recht und Freiheit!

Der Warnungsruf, der heute durch die sudetendeutschen Gaue gellt, möge die èechische Regierung aufmerksam machen, daß Unrecht auch durch tausendjährige Übung niemals zu Recht ungefälscht werden kann und daß die Sünden der Väter sich später oder früher an den Kindern rächen müssen und rächen werden. Es gibt keinen Frieden zwischen den Völkern dieses Staates, solange die Entrechtung und Unterdrückung der 3 1/2 Millionen gegen ihren laut und feierlich verkündeten Willen in diesen Staat hineingepreßten Sudetendeutschen anhält. Wir warnen die Verantwortlichen dieses Staates, den Bogen zu überspannen. Gleich den Slovaken bringen wir den èechischen Zwingvögten zur Kenntnis:

Wir sind deutsche, bleiben Deutsche und haben ein unveräußerliches Anrecht auf unsere Heimatscholle, auf unseren Arbeitsplatz, auf unsere Kultur, auf unsere Sprache und auf unser nationales Eigenleben."

Die Zeitungen, die diese Entschließung zum Abdruck brachten, wurden beschlagnahmt, die Verleser der Entschließung, bezw. Versammlungsleiter unter Anklage gestellt, von einigen. Beamten der politischen Bezirksverwaltungen die Entgegennahme dieser Volksäußerung verweigert. Gegen eine solche unwürdige Behandlung einer Willensäußerung des deutschen Volkes in diesem Staate muß von Seiten der Gefertigten der schärfste Einspruch erhoben werden. Für die Zustände in diesem Staate können nicht jene verantwortlich gemacht werden, die zur Abwehr der Staatlichen Übergriffe auf den Plan treten, sondern jene, die diese Zustände herbeiführen. Die Bevölkerung muß jederzeit das Recht haben, alle Verwaltungsmaßnahmen auf ihre Rechts- und Sittlichkeitsgrundlage zu prüfen und die nitwendige Kritik zu üben, denn "Freiheit bedeutet aber auch Kritik".

Die Unterzeichneten stellen an den Herrn Minister die Anfrage:

1. in welcher Weise gedenkt er die freie Meinungsäußerung und die berechtigte Kritik Deutscher an staatlichen Verwaltungsmaßnahmen zu schützen?

2. ist er bereit, die untergeordneten Polizei- und Zensurorgane zu bauftragen, ihre Unterdrückungsmethoden einzustellen?

Prag, am 30. März 1926.

Inž. Kallina,

dr. Keibl, Matzner, Horpynka, Haiplick, Weber, Kopasz, Steiner, Major, dr. Lehnert, Šafranko, Siegel, dr. Gáti, Jílek, Juran, dr. Schollich, Dìdiè, Cibulka, Kreibich, Vobecká, Burian, Zoufalý, Elstner, Bolen, dr. Koberg, Peter.





Pùvodní znìní ad 1017/XV.

Interpellation

des Abgeordneten Dr. Koberg und Genossen

an den Minister des Innern und den Eisenbahnminister

betreffend die Staatbürgerschaft der von der Kascheu - Oderberger Eisenbahn

übernommenen Angestellten.

Die Staatsbahndirektion in Olmitz hat die ihr unterstehenden Dienststellen und Abteilungen der Direktion mit Erlaß Zahl 2134/1-I-27 vom 8. März 1927, Dienstbefehl Nr. 0111 angewiesen, alle Angestellten aufmerksam zu machen, daß der Heimatschein künftighin als Nachweis der èechslovakischen Staatsbürgerschaft nicht mehr hinreicht, und daß der Nachweis über die Staatsbürgerschaft der Èechoslovakischen Republik ausschließlich nur durch die Bestütigung, wie sie im Dienstauftrag Nr. 19 des Amtsblattes des Eisenbahnministeriums Nr. 5 ex 1927 und in der Verordnung des Innenministeriums vorgeschrieben ist, vollgiltig erbracht werden kann.

Der Erlaß ordnet weiter an, daß jeder Eisenbahnangestellte, dessen èechoslovakische Staatsbürgerschaft strittig oder unsicher ist, um Ausfolgung der vorgeschriebenen Legitimation über die èechoslovakische Staatsbürgerschaft ansuche. Namen und Charakter jener Angestellten, welche um eine derartige Legitimation ansuchen werden, ist der Staatsbahndirektion bekannt zu geben.

Bezüglich der Angestellten der Kaschau - Oderberger Eisenbahn enthält der Erlaß die Bestimmung, daß bei jenen Angestellten, die nach dem Umsturze in dem jetzt polnischen Teile des Teschner - Gebietes zustündig waren, dieses Heimatsrecht den Vorrang hat, auch wenn sie noch so lange in dem jetzt èechoslovakischen Teile des Teschner Gebietes wohnen.

Diesen Angestellten wird, auch wenn sie schon, vor dem 1. Jänner 1908 auf dem èechoslovakischen Teschner - Gebiete wohnten, unifiziert sind und sich bona fide als èechoslovakische Staatsbürger betrachtet haben, der Besitz dieser Staatsbürgerschaft aberkannt. Bezüglich der Staatsbürgerschaft solcher Angestellten verweist der Erlaß auf die im 1. Teile des èechoslovakisch - polnischen Vertrages, der am 29. April 1926 in der Gesetzessammlung unter Nr. 56 aus 1925 veröffentlicht wurde, enthaltenen Bestimmungen.

Schließlich enthält der in Rede stehende, vom Staatsbahndirektor Polívka gezeichnete Erlaß die Bestimmung, daß nach Abs. 4, § 122 der Dienstordnung der Verlust der èechoslovakischen Staatsbürgerschaft als freiwilliger Austritt aus dem Eisenbahndienst angesehen wird und den Verlust aller Rechte gegenüber dem Pensionsfonde für solche Angestellte und deren Nachkommen zur Folge hat.

Die mit diesem Erlasse getroffenen Anordnungen kennzeichnen sich als eine für alle, unter die Bestimmungen dieses Erlasses fallenden Angestellten von den schwersten Folgen begleitete Bedrohung. Namentlich erscheinen jene Angestellten der Kaschau - Oderberger Eisenbahn, die schon lange vor dem 1. Jänner 1908 vielfach seit der Geburt auf dem jetzt èechoslovakischen Gebiete des Teschner - Lndes wohnen, ihr Heimatsrecht jedoch in irgend einer Gemeinde des jetzt polnischen Teiles dieses Gebietes besaßen und die sich nach der Landesteilung in ihrer Wohnungsgemeinde um Anstellung eines Heimatscheines bewarben, der ihnen auch augestellt wurde, die weiters auf Grund des Erlasses des Eisenbahnministeriums Zl. 46781-I/3 vom 24. September 1921 um die Unifizierung ansuchten und auch unifiziert wurden, die den vorgeschriebenen Diensteid abgelgt haben, und ihrem Dienst mit Eifer und Treue versehen, durch getroffene Verfügung in ihrer und der Existenz ihrer Familie schwerstens gefährdet.

Diese Angestellten, die seinerzeit vom Gemeindeamte ihrer Wohnungsgemeinde beim Ansuchen um Ausstellung eines Heimatscheines durch den Regierungskommissär als Vorsitzenden der Verwaltungskommission dahin belehrt wurden, daß sie auf Grund ihres langjährigen Wohnsitzes suf jetzt èechoslovakischem Gebiete im Sinne Art. III der Entscheidung der Pariser Botschafterkonferenz vom 28. Juli 1920 für den èsl. Staat nicht besonders optieren müßten, da sie die èsl. Staatsbürgerschaft auf Grund des Wohnsitzes vor dem 1. Jänner 1908 ipso jure besäßen, befanden sich, durch diese Belehrung irregeführt, im guten Glauben, daß sie tatsächlich bereits èechoslovakische Staatsbürgerschaft zu erwerben, haben diese Angestellten durch das Ansprechen eines Heimatscheines bei ihrer Wohngemeinde, durch ihr Ansuchen um Unifizierung und durch die Ablegung des vorgeschrieben Diensteides kundgetan. Alle diese Willensäußerungen sind aber der unzweifelhafte Ausdruck einer Option für die Èechoslovakische Republik, bezw. dafür, daß diese Angestellten sich als Bürger dieser Republik bekennen.

Da nun die Option ihrem ganzen Wesen nach, ein rein singuläres Recht ist, durch welches einem Individuum die Möglichkeit gegeben wird, sich bei Gebietsänderungen zwischen zwei Staaten für eine bestimmte Staatsangehörigkeit frei entscheiden zu dürfen, während sich der gewählte Staat diese Wahl widerspruchslos gefallen lassen muß, die vorangeführten Angestellten aber ihre Wahl durch ihre Willensäußerung in eindeutiger Weise zum Ausdrucke brachten, wurden sie eben durch diese Option von Rechtswegen vollgültige Staatsbürger der Èechoslovakischen Republik.

Jetzt nach fast 7 Jahren der unbeanständenten Zugehörigkeit zur Èechoslovakischen Republik wird ihre bisher anerkannte èechoslovakische Staatszugehörigkeit angezweifelt, ja ihnen von den politischen Behörden sogar abgesprochen und werden grundlos vor die Gefahr völliger Erwerbslosigkeit gestellt. Soweit man sie im aktiven Eisenbahndienst beläßt, sind sie durch den plötzlichen und ungerechtfertigten Abzug der Teuerungszulangen materiell schwer geschädigt und in ihrer Lebensführung hart betroffen.

Irregeleitet durch die vom Gemeindeamte bezw. dem Regierungskommissär ihrer Wohngemeinde erhaltene Belehrung haben diese Angestelltenm die sich bona fide als èechoslovakische Staatsbürger betrachten, auch nach Veröffentlichung des èechisch - polnischen Vertrages kundgemacht unter Slg. Nr. 56 am 29. April 1916, die Option nicht nachgetragen. Diese Unterlassung ist zum nicht geringen Teile auch darauf zurückzuführen, daß die politischen Behörden I. Instanz die im Punkt 2, Abs. 5, des 1. Teiles des èechoslovakisch - polnischen Vertrages vorgeschriebene Belehrung der Ortsbevölkerung über die Möglichkeit und die Art der Einbringung von Optionsansuchen nicht durchgeführt haben, wie auch die Eisenbahnbehörde selbst eine neuerliche Belehrung der Angestellten über diese Vertragsbestimmungen jedenfalls für nicht notwendig befunden und deshalb unterlassen hat.

Die angezogene Verfügung der Staatsbahndirektion Olmütz atmet eine Personalfeindlichkeit, die ihresgleichen suchen muß.

Die Unterzeichneten fragen daher die beiden Herren Ressortminister an:

1. Ist der Herr Minister des Innern bereit, die politischen Behörden anzuweisen, daß alle jene Angestellten der Kaschau - Oderberger Eisenbahn, die schon vor dem 1. Jänner 1908 ihren ständigen Wohnsitz auf jetzt èechslovakischem Gebiete des Teschner - Landes hatten, unifiziert wurden, den Diensteid abgelegt haben un ihren Dienst zur Zufriedenheit vershen, ohne weiters als èechoslovakische Staatsbürger bei voller Giltigkeit der hier erworbenen Heimatscheine anzuerkenne sind?

2. Ist der Herr Eisenbahnminister bereit, anzuorden, daß allen jenen Angestellten der Kaschau - Oderberger Eisenbahn, denen wegen angeblich mangelnder Staatsbürgerschaft ein Teil der Dienstbezüge vorenthalten wird, mit sofortiger Giltigkeit wieder die vollen Dienstbezüge angewiesen und die Nachzahlung der bisherigen Abzüge veranlaßt werden?

Prag, am 6. Mai 1927.

Dr. Koberg,

Horpynka, dr. Schollich, Wenzel, Weber, dr. Szüllö, Fedor, Gregorovitz, inž. Jung, Patzel, Matzner, dr. Rosche, dr. Lehnert, dr. Wollschack, Knirsch, inž. Kallina, Simm, Krebs, dr. Jabloniczky, Siegel, dr. Keibl.

Pùvodní znìní ad 1017/XVI.

Interpellation

des Abgeordneten Ing. Othmar Kallina und Genossen

an den Minister des Innern

in Angelegnheit der neuerlichen Konfiskation der "Deutschen Tageszeitung Karlsbad" Folge 183 vom 13. August 1925.

In der "Deutschen Tegaszeitung" verfiel der Bericht über die am Sonntag den 9. August d. J. anläßlich des Egerländer Festes erfolgte Mißhandlung der beiden Abgeordneten Ing. Othmar Kallina und Josef Mayer durch Karlsbader Staatspolizisten zum großen Teile dem Rotstifte des blindwütigen Zensors. Es erweckt fast den Eindruck, als ob der Zensor, der doch unter den Mitgliedern des Beamtenkörpers der Karlsbader Staatspolizei zu suchen ist, sich bemüssigt gefühlt habe, zu verhüten, daß die deutsche Bevölkerung Westböhmens durch die Presse Kenntnis erhält von den ungeheurlichen Übergriffen der èechischen Staatspolizisten; denn was sich an diesem Sonntage in Teplitz abgespielt hat, ist einzig dastehend in der Geschichte der neueren Staaten, denn diese als Polizisten verkleideten Faszisten machten nicht einmal vor der in allen Sttaten geheligten Immunität der freigewählten Abgeordneten Halt. Obwohl es Pflicht gerade der Behörden gewesen wäre - falls sie sich nicht mit den Taten dieser "Schutzleute" indentifizieren wollten - alles dazu beizutragen um die Öffentlichkeit über den wahren Sachverhalt entsprechenden zu unterrichten, verfielen die wahrheitsgetreuen Berichte der überfallenen Abgeordneten der Beschlagnahme, während die gleiche Behörde die schuldigen Schutzmänner nach wie vor den "Sicherheitsdienst" ausüben läßt.

Wie es mit dem freiheitlichen Regime in einem Staate bestellt ist, erhellt am besten aus den im Staate herrschenden Zensurverhältnissen. Die Verfolgung nicht nur der deutschen Presse, sondern der gesamten oppositionellen Presse, also der Presse der unterdrückten Nationen in diesem Staate hat bereits ein solches Maß erreicht, daß mit vollem Fug und Recht behauptet werden kann, daß in allen Staaten der Welt nicht soviel konfisziert wird, wie in der neugegrindeten Èechoslovakischen Republik. Der Herr Staatspräsident Masaryk hat für die Behandlung der Presse seitens der Zensurorgane bekanntlich folgenden schönen Satz aufgestellt: Die Freiheit der Presse ist das höchste Gut, das ein demokratischer Staat sein Eigen nennt. Die zügellose Willkür des alten Beamtensystems darf in der Republik keinen Raum finden." Die tatsächlichen Verhältnisse beweisen aber, daß die angebliche Zansurwillkür des alten Beamtensystems in der Èechoslovakischen Republik ins Grenzenlose übertroffen wurde, sodaß von einer Freiheit der Presse überhaupt nicht mehr gesprochen werden kann.

Bezeichnend für die eingerissenen Verhältnisse ist aber auch das Verhalten des Preßgerichtes Egers, das sein Erkenntnis in Bestätigung der Beschlagnahme wie folgt begründet:

"In den beanständeten Artikelstellen 1. bis 8. wird in einer Druckschrift durch Schmähungen, Verspottungen, unwahren Angaben, Entstellungen von Tatsachen zum Hasse gegen Staatsbehörden (Polizeikommissariat in Karlsbad) und einzelne Organe der Regierung in Bezug auf ihre Amstführung und zur Verachtung dieser Behörden und dieser Organe aufzureizen versucht und in der Stelle 8 wird der Täter öffentlich wegen strafbarer Handlungen gelobt. Es ist daher in dem Inhalte dieser Stellen die Strafhandlung gemäß § 300 St. G. und § 16 Schutzgesetz zu erblicken."

Es ist geradezu als unfaßbar zu bezeichnen, daß das Pressgericht, ohne die Entscheidung des schwebenden Gerichtsverfakrens, das zur Festsetzung der Schuldigen eingeleitet wurde, abzuwarten, bereits am 14. August auf Grund einseitiger Berichte der an den Verofällen im erster Linie schuldigen Behörden ein Urteil fällt und die protokollarischen Aussagen deutscher Parlamentarier als unwahr hinstellt, um bei den kommenden Gerichtsverhandlungen von vornherein Schuld und Unschuld nach èechischer Staatsraison zu verteilen.

Die dem Ritstifte des Zensor verfallenen Stellen haben folgenden Wortlaut:

1. . . . unerhörten, gesetzwidrigen, gemeinen . . .

2. . . . unerhörte und gemeine . . .

3. . . . unter höhnischen Zurufen in èechischer sprache . . .

4. . . . stürzte sich eine Reihe von Schutzmännern auf mich, packte mich mit roher Gewalt und wollte mich zwingen, in der Hauptstraße weiter zu gehen. Ich wies diesen rohen Angriff energisch zurück unter Hinweis auf meine Abgeordnetenimmunität.. Trotzdem ich mich wiederholt den packenden Fäusten entwunden hatte, stürzten sich neuerlich einige Schutzleute auf mich und unter Anfeuerung eines Achutzmannes . . .

5. . . . Es ist klar, daß ich mich gegen solche gewelttätige rohe und gemeine Angriffe wehren mußte; der rohen Gewalt weichend . . .

6. . . . Dieses unerhörte Vorgehen der Schutzmannschaft gegen freigewählte Abgeordnete, wie es sich noch in keinem Kulturstaat der Welt ereignet hat . . .

7. . . . jeder Kultur und staatsbürgerlichen Freiheit hohnsprechende . . .

8. . . . Die Orts- und Bezirksparteileitung der Deutschen Nationalpartei zu Böhm. Kamnitz erfährt soeben mit tiefster Entrüstung die ganz unglaublichen Übergriffe, die sich die Staatspolizei in Karlsbad am 9. August 1925 anläß ich des Egerländer Heimatfestes gegen Euer Hochwohlgeboren zuschulden kommen ließ. Die Deutschnationalen des Bezirkes Böhm. Kamnitz erblicken darin den beabsichtigten Versuch, Sie als den stets unerschrockenen Vorkämpfer für die Rechte unseres Volkes unschädlich zu machen. Die Verletzung der in der gesamten Kulturwelt unantastbaren rechte eines vom Volke freigewählten Abgeordneten hat nur den einen Erfolg, daß allen Sudetendeutschen und nicht zuletzt auch dem politisch anständig denkenden Auslande die Augen geöffnet werden, daß in diesem Staate nicht Recht und Gesetz, sondern Willkür und Gewalt herrschen.

Wir sprechen Ihnen, hochverehrter Herr Abgeordneter, für Ihr mannhaftes Verhalten den tiefgefühlten Dank aus, hoffen zuversichtlich, daß Sie sich von den erlittenen Verletzungen bald erholen, Ihre segensreiche Tätigkeit ehestens wieder aufnehmen können und versichern Sie der größten Hochachtung und Ergebenheit . . ."

Ohne auf den Wortlaut der konfiszierten Stelle näher eingehen zu wollen, sei nur hervorgehoben, daß u. a. die Stelle VII mit dem Wortlaut "jeder Kultur und staatsbürgerlichen Freiheit hohnsprechende" beschlagnahmt wurde; daß läßt also den Schluß zu, daß der Herr Zensor die Niederknüppelung deutscher Abgeordneter durch èechische Staatspolizisten als ein der Kultur und staatsbürgerlichen Freiheit entsprechendes Vorgehen ansieht.

Der Unterzeichneten fragen daher an:

1. Ist der Herr Minister bereit, dafür Sorge zu tragen, daß in Zukunft solche unerhörte Übergriffe des Zensors unterbleiben und daß sich die Pressegerichte bei ihren Entscheidungen an die gesetzlichen Bestimmungen halten, wornach es bekanntlich nicht genügt, irgend eine Entscheidung zu fällen, sondern wonach bei der Begründung dieser Entscheidung auch für eine entsprechende Beweisführung Sorge zu tragen ist?

2. Erblickt der Herr Minister in der Entscheidung des Pressgerichtes eine Beeinflussung des schwebenden Gerichtsverfahrens? Wenn ja, was gedenkt der Herr Minister zu tun, um solche Eingriffe ein für allemal zu unterbinden?

3. Ist der Herr Minister bereit, dafür Sorge zu tragen, daß die Zensur in den deutschen Gebieten von freiheitlich und rechtlich denkenden Menschen besorgt wird, die nicht blindwütiger Haß gegen alles Deutsche, sondern Achtung vor der Freiheit der Presse ihr Amt ausüben läßt?

Prag, am 24. März 1926.

Inž. Kallina,

dr. Lehnert, Siegel, Haiplick, dr. Keibl, Peter, Bolen, Šafranko, Dìdiè, Kopasz, Vobecká, dr. Gáti, Matzner, Weber, Juran, Horpynka, dr. Koberg, Cibulka, dr. Schollich, Zoufalý, Kreibich, Elstner, Major, Burian, Jílek, Hirschl, Steiner.

Pùvodní znìní ad 1017/XVII.

Interpellation

des Abgeordneten Ing. Rudolf Jung und Genossen

an den Minister für Post- und Telegrafenwesen

in Angelegnheit jener Postbeamten, die im Teschner Abstimmungsgebiet Dienst verrichteten.

Im Jahre 1924 brachten etwa 70 Postbedienstete durch Vermittlung der Troppauer Postdirektion ein Absuchen an das Postministerium ein, in welchem sie um Zuerkennung des Unterschiedes zwischen jenem Gehalte ersuchten, der ihnen vom Umsturz bis zum 10. August 1920 oder aber bis zum Tage ihrer Versetzung aus dem schlesischen Abstimmungsgebiete in polnischer Mark ausbezahlt worden war und jenem Gehalte, der ihnen gebührt hätte, wenn die Èechoslovakei ihnen die Bezüge angewiesen hätte.

Die Betroffenen stützten sich auf die Entscheidung Zahl 13060/23 des Obersten Verwaltungsgerichts vom 22. September 1924, wonach das ganze Teschner Abstimmungsgebiet schon von Anfang an als zur Èechoslovakei zugehörig erkannt wurde. Während der Plebiszitzeit, als die internationale Plebiszitkommission die Verwaltung führte, zahlte die polnische Postverwaltung die Bezüge u. zw. in polnischen Mark aus.

Bisher ist nun eine Entscheidung des Postministeriums in zustimmendem Sinne nicht erflossen. Dieses hat vielmehr auf eine Eingabe des "Reichsverband der deutschen Postler", Sitz Reichenberg, im konkreten Fall des Postkassiers Rudolf Gabsdiel in Aussig a. E. unter Zahl 15712/III-1927 vom 1. April l. J. folgenden Bescheid erteilt:

"Reichsverband deutscher Postler in Reichenberg!

Die Frage der Auszahlung des Valutaunterschiedes zwischen den polnischen und den entsprechenden èechoslovakischen Bezügen an die Angestellten, die in der Zeit des Plebiszits im Teschner Gebiet Dienst versahen, wird einheitlich vom Standpunkt der beteiligten Ressorts gelöst werden. Sobald es zur grundsätzlichen Entscheidung dieser Frage kommt, wird auch über das Ansuchen des Postkassiers Rudolf Gabsdiel in Aussig a. E. über die Auszahlung des oben verwähnten valutarischen Unterschiedes entscheiden werden.

F. d. Minister: Dr. Fatka e. h."

Die Regelung dieser dringenden Abgelegenheit wird also weiterhin auf die Lange Bank geschoben. Auf frühere Eingaben erfolgte die Antwort, daß das Justizministerium die Sache regeln werde. Nach der Sachlage stellt diese Antwort bloß eine Ausflucht dar. Der Rechtsanspruch der Betroffenen ist wohl auf Grund der genannten Entscheidung des Obersten Verwaltungsgerichtes klar.

Die Gefertigten fragen daher an:

Ist der Herr Minister bereit, die behandelte Angelegenheit der Postbedientsteten, die seinerzeit im Teschner Abstimmungsgebiet Dienst verrichteten, im Sinne der zitierten Entscheidung des Obersten Verwaltungsgerichtes schleunigst zu regeln?

Prag, am 6. Mai 1927.

Inž. Jung,

Wenzel, dr. Koberg, Weber, Matzner, dr. Jabloniczky, dr. Szüllö, Gregorovits, Fedor, dr. Rosche, dr, Lehnert, Horpynka, Siegel, Knirsch, Simm, inž. Kallina, dr. Keibl, dr. Schollich, Patzel, Krebs, dr. Wollschack.

Pùvodní znìní ad 1017/XVIII.

Interpellation

des Abgeordneten Hugo Simm und Genossen

an den Minister des Innern

in Angelegenheit der Inanspruchnahme von Räumlichkeiten für das

Polizeikommissariat in Gablonz a. N.

Die politische Landesverwaltung in Prag hat mit dem Erlasse Zahl 148.920 ai 27/8 A-251/3 ai 27 im Grunde des § 1 des Gesetzes vom 12. August 1921 S. d. G. u. V. Nr. 304 das Verfahren zum Zwecke der Inanspruchnahme der bisher der Staatsverwaltung zur Unterbringung der Steuerverwaltung, des Steueramtes und der Evidenzhaltung des Grundsteuerkatasters vermietetn Räumlichkeiten im Hause Nr. 2339 in Gablonz a. N., Talstraße Nt. 33 für öffentliche Zwecke u. zw. für Zwecke des neu errichteten Polizeikommissariates in Gablonz a. N. und zur Unterbringung seiner Angestelletn eröffnet. Gleichzeitig wurde im Sinne des § 3 des zitierten Gesetzes die kommissionelle lokale Erhebung auf Freitag, den 6. Mai 1927 festgesetzt.

Hiezu erlauben sich dem Herrn Minister die Interpellanten folgendes bekanntzugeben:

Als im Jahre 1925 die Verhandlungen mit dem Arbeitsministerium in Prag wegen der Erbauung eines staatlichen Amtsgebäudes in Gablonz a. N. stattfanden, sagte die Stadtgemeinde Gablonz a. N. einen Baubeitrag zum staatlichen Amtsgebäude in der Höhe von Kè 500.000 zu u. zw. Kè 150.000 als Entschädigung für die von der Stadt unentgeltlich abgetretenen Baugrundstücke und Kè 350.000 in bar. Die Gewährzng dieses Baubeitrages, der inzwischen tatsächlich geleistet worden ist, war jedoch an zwei Forderungen bezw. Bedingungen der Stadtgemeinde geknüpft:

1. daß bei dem Bau des staatlichen Amtsgebäudes in der Stadt Gablonz a. N. wohnhafte Baugewerbetreibende beschäftigt werden sollen und

2. daß die durch die Übersiedlung der Steueradministration und des Steueramtes aus dem Hause Talstraße Nr. 33 in das neue staatliche amtsgebäude frei werdenden Wohnräume der Wohnungsfürsorge zugeführt werden sollen.

An diese Forderungen bezw. Bedingungen, doe die Stadtvertretung Gablonz a. N. gestellt hat, ist die Staatscerwaltung der Meinung der Interpellanten nach gebunden. Wenn der Staat ein neues Amt errichtet, wie es das staatliche Polizeikommissariat ist, zu dessen Errichtung keine wie immer geartete Nitwendigkeit vorhanden ist, weil der Polizeidienst in der Stadt Gablonz a. N. erwiesenermaßen von der Stadtgemeinde Gablonz a. N. bisher einwandfrei besorgt wurde, so hätte der staat auch die hiefür nötigen Räume zu schaffen, auch wenn die vorerwähnten Forderungen der Stadtgemeinde bei ihrer Beitragsleistung zum staatlichen Amtsgebäude nicht gestellt worden wären. Gewiß sind Fälle denkbar, daß Enteignungen bezw. Inanspruchnahmen für öffentliche Zwecke müssen von einer derart dringenden Nitwendigkeit sein, daß die Enteigung bezw. Inanspruchnahme von Privateigentum der Öffentlichkeit gerechtfertigt erscheint, z. B. Enteignungen für Eisenbahnbauten, solche bei Epidemien usw.

Keinesfalls liegt jedoch bei der Neuerrichtung eines Amtes wie des Polizeikommissariates, dessen Einrichtung schon als nicht nitwendig angeführt wurde, ein derart öffentliches Interesse vor, daß auf Privateigentum gegriffen werden dürfte. Der Staat hat selbst die Möglichkeit, durch Neuhauten die für seine Ämter nötigen Räume zu erstellen. Wenn im Jahre 1921 nach der staatlichen Neugründung noch außergewöhnliche Maßnahmen erfordenten, so sind heute 6 Jahre nach dem Inkraftreten des Gesetzes über die Enteignungen die Verhältnisse nicht mehr so, daß die nach demselben vorgesehenen außergewöhnlichen Maßnahmen als welche sich gewiß eine Inanspruchnahme eines Privatgebäudes darstellt, gerechtfertigt erscheinen.

Die Interpellanten richten daher an den Herrn Minister folgende Anfragen:

1. Ist er bereit, mit Rücksicht auf die seinerzeittige Beitragsleistung zum Baue des staatlichen Amtsgebäudes in Gablonz a. N. von der Inanspruchnahme des Hauses Nr. 2339 in Gablonz a. N. abzusehen?

2. Ist er bereit abzusehen von der Errichtung eines staatlichen Polizeikommissariates überhaupt und

3. wenn die Errichtung des staatlichen Polizeikommissariates dennoch erfolgt, die hiefür nötigen Räume durch einen Neubau zu gewinnen?

Prag, am 3. mai 1927.

Simm,

dr. Rosche, dr. Koberg, dr. Schollich, inž. Kallina, Siegel, dr. Lehnert, dr. Wollschack, inž. Jung, Wenzel, dr. Keibl, Weber, Matzner, Horpynka, dr. Szüllö, Gregorovits, Krebs, Patzel, Knirsch, Fedor, dr. Jabloniczky.

Pùvodní znìní ad 1017/XIX.

Interpellation

des Abgeordneten Dr. Koberg und Genossen

an den Finanzminister

bezüglich Sprachprüfungen der Finanzbeamten und Bediensteten.

Nach Art. 64 Abs. 4 der Reg. Verordnung vom 3. Feber 1926 Slg. Nr. 17 können durch den Ressortsminister Richter, Beamte und Bedienstete, die bei Inkrafttreten der Verordnung bereits 50 Jahre alt waren, von der Ablegung der Sprachenprüfung befreit werden.

Während nun bei der politischen und Justizverwaltung von diesem Rechte ausgiebiger Gebrauch gemacht wurde, ja bei Justiz einzelne Beamte sogar aufgefordert wurden, das Enthebungsgesuch vor der Prüfung einzubringen, aht die Finanzverwaltung im schlesischen Bereiche sämtliche Ansuchen abgewiesen.

Der deutschen Bediensteten mußten sich deshalb im Juli und August 1926 der Sprachenprüfung unterziehen, wobei 70 bis 80 Beamte im Alter von 44 bis 67 Jahren zurückgetreten sind. Diese erhielten ein Zeugnis, daß sie die Prüfung mit "nichtgenügendem" Erfolge abgelegt haben. Dies ist natürlich ganz widersinnig; denn wenn jemand vor der Prüfung zurücktritt, hat er die Prüfung doch nicht mit ungenügendem Erfolge abgelegt. Er hat die Prüfung eben vorderhand nicht gemacht und muß sie binnen Jahresfrist machen. Fällt er dann durch, so kann er sie noch einmal wiederholen. Dadurch gewinnt er aber ein Jahr Zeit. Dadurch aber, daß im Zeugnis gesagt ist, daß der Kandidat die Prüfung mit ungenügendem Erfolge "abgelegt" hat, wird eigentlich ein negativer Erfolg bestätigt, was auch in die Qualifikationstabellen eingetragen wurde und die nachteiligen Folgen (Hemmung der Vorrückung, Disqualifikation) nach sich zieht.

Die nächsten Wochen sollen die Wiederholungsprüfungen beginnen. Die Gewerkschaft deutscher Steuerbeamten in Schlesien hat nun im Finanzministerium eine Eingabe überreicht, in welcher gebeten wird, mit Rücksicht auf die besonderen Verhältnisse in Schlesien die über 40 Jahre alten Angestellten von der Ablegung der Prüfung zu befreien. Die besonderen Verhältnisse in Schlesien sind aber durch folgende Umstände gegeben: Auf Grund der Badenischen Sprachenverordnung sollte in Böhmen, Mähren und Schlesien im ajhre 1897 in sämtlichen Mittelschulen die zweite Landessprache (èechisch) als Pflichtgegenstand eingeführt werden. Die Landtage von Böhmen und Mähren haben dem auch entsprochen, während der schlesische dagegen Stellung nahm Insbesondere haben sichder èechische Vertreter Dr. Stratil und der polnische, Halfar aus Poremba, dagegen zur Wehr gesetzt. Es kam infolgedessen nicht zur Einführung der zweiten Sprache als Pflichtgegenstand. Aus diesem Grunde bildete auch die Kenntnis der zweiten Landessprache in Schlesien kein Amstellungserfordernis im Gegensatz zu Böhmen und Mähren. Wenn deshalb in Böhmen und Mähren keine Enthebungen Platzgegriffen hätten, würde die gleiche Praxis in Schlesien ein krasses Unrecht bedeuten, umsomehr, als den Beamten in vorgerückten Jahren die Erlernung einer fremden Sprache neben ihren Dienstpflichten ein Ding der Unmöglichkeit ist.

Wenn das Finanzministerium nun darauf besteht, daß diese 77 Angestellten der schlesischen Finanzverwaltung zu den Prüfungen antreten, ist mit größter Wahrscheinlichkeit zu erwarten, daß fast alle nicht entsprechen und nach Art. 66 der Sprachenverordnung disqualifiziert und pensioniert werden. Der Referent im Ministerium hatte zugesagt, den Akt zur neuerlichen Antragstellung an die schles. Finanzdirektion abzutreten; doch ist es zur Stunde angeblich noch nicht geschehen.

Da die Prüfungen vor der Tür stehen, stellen die Gefertigten hiemit an den Herrn Finanzminister folgende Anfragen:

1. Warum hat gerade nur die Finanzverwaltung in Schlesien von dem Befreinungsrecht nach Art. 64/4 der Reg. Verordnung vom 3. Feber 1926 Nr. 17 zu Gunsten der älteren deutschen Beamten und Bediensteten keinen Gebrauch gemacht?

2.Warum wurde das neuerliche Ansuchen der Gewerkschaft deutscher Steuerbeamten in Schlesien um Befreiung der über 40 Jahre alten Angestelletn bisher weder der Finanzdirektion in Troppau zur Antragstellung übermüttelt, noch überhaupt einer Erledigung zugeführt?

3. Sind Sie bereit, mit Rücksicht auf die besonderen Verhältnise in Schlesien, woselbst ehedem im Gegensatz zu Mähren und Böhmen die Kenntnis der èechischen Sprache kein Anstellungserfordernis war, der Bitte stattzugeben und die älteren Beamten und Bediensteten von der Ablegung der Sprachprüfung zu befreien?

Prag, am 27. April 1927.

Dr. Koberg,

Krebs, Patzel, inž. Jung, Weber, Siegel, Matzner, Horpynka, dr. Lehnert, dr. Szüllö, Fedor, Gregorovits, dr. Jabloniczky, dr. Rosche, dr. Schollich, inž. Kallina, dr. Keibl, dr. Wollschack, Knirsch, Simm, Wenzel.

Pùvodní znìní ad 1017/XX.

Interpellation

des Abgeordneten Ing. Rudolf Jung und Genossen

an den Minister des Innern und an den Eisenbahnminister

betreffend den Nachweis der Staatsbürgerschaft der Bediensteten der Kaschau - Oderberg Bahn.

Die Staatsbahndirektion Olmitz hat die ihr unterstellen Dienststellen mit Erlaß Zahl. 2134/1-I-27 v. 8. März l. J., Dienstbefehl Nr. 0111 angewiesen, alle Angestellten aufmerksam zu machen, daß der Heimatschein künftighin als Nachweis der èechslovakischen Staatsbürgerschaft nicht hinreicht, sondern daß dieser Nachweis künftighin ausschließlich nur durch die Bestätigung, wie sie im Dienstauftrag Nr. 19 des Amtsblattes des Eisenbahnministeriums Nr. 5/1927 und in der Verordnung des Innenministeriums vorgeschrieben ist, vollgültig erbracht werden kann.

Der Erlaß ordnet weiter an, daß jeder Eisenbahnangestete, dessen Staatsbürgerschaft strittig oder unsicher ist, um Ausfolgung der vorgeschriebenen Legitimation über die èechoslovakische Staatsbürgerschaft ansuche. Namen und Charakter jener Angestellten, welche um eine derartige Legitimation ansuchten oder ansuchen werden, sind der Staatsbahndirektion bekanntzugeben.

Bezüglich der Angestellten der Kaschau - Oderberger Eisenbahn enthält der Erlaß die Bestimmung, daß bei jenen Angestellten, welche nach dem Umsturz in dem jetzt polnischen Teile des Teschner Gebietes zustündig waren, dieses Heimatsrecht den Vorrang hat, auch wenn sie noch so lange in dem jetzt èechoslovakischen Teile des Teschner Gebietes wohnen. Diesen Angestellten wird, auch wenn sie schon vor dem 1. Jänner 1908 im èechoslovakischen Gebiete wohnten, unifiziert sind und sich im guten Glauben als èechoslovakische Staatsbürger betrachtet haben, der Besitz dieser Staatsbürgerschaft aberkannt. Der genannte Erlaß verweist diesbezüglich auf die im 1. Teile des èechoslovakisch - polnischen Vertrages Nr. 56 S. d. G. u. V 1926 enthaltenen Bestimmungen.

Schließlich enthält der vom Staatsbahndirektor Polívka gezeichnete Erlaß die Bestimmung, daß nach Absatz 4, § 122 der Dienstordnung der Verlust der èechoslovakischen Staatsbürgerschaft als freiwilliger Austritt aus dem Eisenbahndienste angesehen wird und den Verlust aller Rechte gegenüber dem Pensionsfonde für solche Angestellte und deren Nachkommen zur Folge hat.

Die mit diesem Erlaß getroffenen Anordnungen kennzeichnen sich als eine für alle, unter die Bestimmungen dieses Erlasses fallenden Angestellten von den schwersten Folgen begleitete Bedrohung. Namentlich erscheinen jene Angestellten der Kaschau - Oderberger Eisenbahn, die schon lange vor dem 1. Jänner 1908 vielfach seit der Geburt, auf dem jetzt èechoslovakischen Gebiete des Teschner Landes wohnen, ihr Heimatsrecht jedoch in irgend einer Gemeinde des jetzt polnischen Teiles dieses Gebietes besaßen, und die sich nach der Landesteilung in ihrer Wohngemeinde um Anstellung eines Heimatscheines bewarben, der ihnen auch augestellt wurde, die weiters auf Grund des Erlasses des Eisenbahnministeriums Zl. 46781-I/3 vom 24. September 1921 um die Unifizierung ansuchten und auch unifiziert wurden, die den vorgeschriebenen Diensteid abgelegt haben und ihren Dienst mit Eifer und Treue versehen, durch die getroffene Verfügung in ihrer und der Existenz ihrer Familie schwerstens bedroht.

Diese Angestellten, die seitens des Gemeindeamtes ihrer Wohngemeinde beim Ansuchen um Ausstellung eines Heimatscheines durch den Regierungskommissär als Vorsitzenden der Verwaltungskommission dahin belehrt wurden, daß sie auf Grund ihres langjährigen Wohnsitzes auf jetzt èechoslovakischem Gebiete im Sinne des Art. III der Entscheidung der Pariser Botschafterkonferenz vom 28. Juli 1920 für den èechoslovakischen Staat nicht besonders optieren müßten, da sie die èechoslovakische Staatsbürgerschaft auf Grund des Wohnsitzes vor dem 1. Jänner 1908 ipso jure besäßen, befanden sich, durch diese Belehrung irregeführt, im guten Glauben, daß sie èechoslovakische Staatsbürger sind. Ihren Willen, diese Staatsbürgerschaft, zu erwerben, haben diese Angestellten durch das Ansprechen eines Heimatscheines bei ihrer Wohngemeinde, durch ihr Ansuchen um Unifizierung und durch die Ablegung des vorgeschrieben Diensteides kundgetan. Alle diese Willensäußerungen sind aber der unzweifelhafte Ausdruck einer Option für die Èechoslovakische Republik bezw. dafür, daß diese Angestellten sich als Bürger dieser Republik bekennen.

Da nun die Option, ihrem ganzen Wesen nach, ein rein singuläres Recht ist, durch welches einem Individuum die Möglichkeit gegeben wird, sich bei Gebietsänderungen zwischen zwei Staaten für eine bestimmte Staatsangehörigkeit frei entscheiden zu dürfen, während sich der gewählte Staat diese Wahl widerspruchslos gefallen lassen muß, die vorangeführten Angestellten aber ihre Wahl durch ihre Willensäußerung in eindeutiger Weise zum Ausdrucke brachten, wurden sie eben durch diese Option allen Rechtes vollgültige Staatsbürger der Èechoslovakischen Republik.

Jetzt nach fast 7 Jahren der Zugehörigkeit zur Èechoslovakischen Republik, wird ihre bisher anerkannte èechoslovakische Staatliche Zugehörigkeit angezweifeltbezw. von den politischen Behörden abgesprochen und sie werden vor die Gefahr völliger Erwerbslosigkeit gestellt. Soweit sie im aktiven Eisenbahndienst belässen sind, sind sie durch den plötzlichen und ungerechtfertigten Abzug der Teuerungszulagen materiell schwer geschädigt und in ihrer Lebensführung hart betroffen.

Irregeleitet durch die vom Gemeindeamte bezw. dem Regierungskommissär ihrer Wohngemeinde erhaltene Belehrung haben diese Angestellten, die sich bona fide als èechoslovakische Staatsbürger betrachten, auch nach Veröffentlichung des èechisch - polnischen Vertrages, kundgemacht unter Slg. Nr. 56 am 29. April 1926, die Option nicht nachgetragen. Diese Unterlassung ist zum nicht geringen Teile auch darauf zurückzuführen, daß die politischen Behörden I. Instanz die im Punkt 2, Abs. 5, des I. Teiles des èechoslovakisch - polnischen Vertrages vorgeschriebene Belehrung der Ortsbevölkerung über die Möglichkeit der Einbringung von Optionsansuchen nicht durchgeführt haben, sowie auch die Eisenbahnbehörde selbst eine neuerliche Belehrung der Angestellten über diese Vertragsbestimmungen jedenfalls für nicht notwendig befunden und deshalb unterlassen hat.

Die angezogene Verfügung der Staatsbahndirektion Olmütz atmet eine Personalfeindlichkeit, die ihresgleichen sucht.

Die Unterzeichneten fragen die beiden Ressortminister an:

1. Ist der Herr Minister des Innern bereit, die politischen Behörden anzuweisen, daß alle jene Angestellten der Kaschau - Oderberger Eisenbahn, die schon vor dem 1. Jänner 1908 ihren ständigen Wohnsitz auf jetzt èechslovakischem Gebiete des Teschner Landes hatten, unifiziert wurden, den Diensteid abgelegt haben un ihren Dienst zur Zufriedenheit vershen, ohne weiters als èechoslovakische Staatsbürger bei voller Gültigkeit der hier erworbenen Heimatscheine anzuerkennen sind?

2. Ist der Herr Eisenbahnminister bereit, anzuorden, daß allen jenen Angestellten der Kaschau - Oderberger Eisenbahn, denen wegen angeblich mangelnder Staatsbürgerschaft ein Teil der Dienstbezüge vorenthalten wird, mit sofortiger Giltigkeit die vollen Dienstbezüge und der Nachtrag der bisherigen Abzüge ausgezahlt werden?

Prag, am 6. Mai 1927.

Inž. Jung,

dr. Schollich, Weber, dr. Koberg, Matzner, dr. Szüllö, Fedor, Gregorovits, dr. Rosche, inž. Kallina, Simm, dr. Lehnert, Horpynka, dr. Jabloniczky, dr. Keibl, Wnzel, Siegel, Knirsch, dr. Wollschack, Krebs, Patzel.


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