Eine Reihe von pensionierten Staatsangestellten,
in den der Interpellation zugrunde liegenden Fallen handelt es
sich um Gendarmeriepensionisten, wurden von den Gemeinden zur
Mitarbeit bei der Agenda eingeladen und auch tatsächlich
in Verwendung gezogen. Hiebei handelt es sich aber keineswegs
um Anstellungen der Pensionisten im Sinne des Gemeindebeamtengesetzes
vom 23. Juli 1919, Slg. 443 ,oder dem Gemeindebedienstetengesetze
vom 17. Dez. 1919, Slg. 16 vom Jahre 1920 vielmehr sind es Arbeitsleistungen,
die erbeten and abgeleistet wurden für die eine fallweise
Entlohnung in der Form einer Gratifikation oder Remuneration gewährt
wurde.
Trotzdem ist in solchen Fällen den Pensionisten
des Staates ihre Pension zu einem Teile gekürzt worden.
Im § 16 des Gesetzes vom 4. Juli 1923,
Slg. 153 betreffend die Regelung einiger Dienstverhältnisse
der Gendarmerie und einiger Bezüge insbesondere der Ruhe
und Versorgungsgenüsse der Gendarmen, ist angeordnet, daß
Gendarmeriegagisten des Ruhestandes, die in einem anderen Staatsdienst
als Gendarmeriedienst oder in einen Dienst, der dem staatlichen
gleichgestellt ist - ausgenommen Dienst gegen tägliche oder
wöchentliche Zahlung oder gegen eine Remuneration - eintreten,
den Anspruch auf die Pension nach diesem Gesetze verlieren.
Nach § 74 dieses Gesetzes ist dem staatlichen
Dienste gleichgestellt jeder Zivildienst, bei Ländern, Gauen,
Bezirken. Gemeinden oder deren Unternehmungen, bei öffentlichen
Fonden und bei den dem allgemeinen Verkehr dienenden Eisenbahnen,
wenn mit diesem Dienste normalmäßig das Recht auf eine
Versorgung verbunden ist. Nach § 79 desselben Gesetzes sollen
sich diese Bestimmungen auch auf Gendarmeriepersonen des Mannschaftstandes,
einschließlich der nicht in eine Rangsklasse eingeteilten
Gagisten beziehen. Daraus folgt, daß ein Verlust der Gendarmeriepension
für solche pensionierte Gendarmeriepersonen nur dann eintritt,
wenn für ihre Dienste bei den Gemeinden ihnen dauernde Versorgung
zugesichert ist, und wenn sie ständige Bezüge genießen.
Auf Gendarmerienpersonen welche nur Remunerationen, Tag oder Wochenlohn
für ihre Gemeindedienste beziehen, denen des weiteren aus
ihrer Anstellung hei der Gemeinde kein Recht auf dauernde Versorgung
erwächst, die also auf eine solche ausdrücklich verzichtet
haben, finden die Bestimmungen des § 79 des erwähnten
Gesetzes keine Anwendung.
Übrigens wurden durch die §§
17-21 des Gesetzes Slg. 286/24 die Bestimmungen des Gesetzes vom
4. Juli 1923, Slg. 153 selbst nach den Weisungen des Finanzministeriums
geändert. Das Gesetz Slg. 286/24 erstreckt sich nicht nur
auf die nach dem 1. Jänner 1925 pensionierten Gendarmen,
sondern auf alle auch vor dieser Zeit pensionierten Gendarmeriepersonen.
Im Absatz des § 17 ist nun bestimmt, daß den staatlichen
Pensionisten, also auch den pensionierten Gendarmeriepersonen,
die einen Anspruch auf einen nichtstaatlichen öffentlichen
Aktivitätsbezug oder einen nichtstaatlichen öffentlichen
Ruhe- und Versorgungsgenuß ,haben oder erwerben. die Auszahlung
des staatlichen Ruhe oder Versorgungsgenusses auf die Hälfte,
wenn aber der staatliche Ruhe und Versorgungsgenuß höher
ist als der nichtstaatliche um die Hälfte des Letzteren herabgesetzt
wird. Diese Herabsetzung der staatlichen Pension kann also nur
erfolgen, wenn ein Anspruch auf einen öffentlichen Aktivitätsbezug
besteht.
Wir begegnen aber in der Praxis eine so verschiedene
Handhabung der erwähnten einschlägigen Gesetzesbestimmungen,
daß wir uns veranlaßt sehen, den Herrn Minister hierauf
aufmerksam zu machen. Es geschieht das im besonderen auch zu dem
Zwecke, jenen Personen, welche durch eine unrechte Handhabung
der Gesetze zu Schaden kommen, Entschädigung zu verschaffen.
Die Unterzeichneten fragen deshalb den Herrn
Minister an:
1. Ist er bereit, nochmals darauf zu verweisen,
daß eine Beschäftigung eines Staatspensionisten hei
einem öffentlichen Körper nicht zum Anlasse genommen
werden darf, seine staatlichen Bezüge zu kürzen, wenn
das Entgelt für den Dienst in diesen Körnern keine regelmäßige
Gebaltsleistung ist und daß Anstellungsverhältnis kein
solches ist, daß daraus das Recht auf eine dauernde Versorgung
resultiert?
2. Ist der Herr Minister bereit, in allen jenen
Fällen, in denen Pensionisten in der geschilderten Weise
zu Schaden gekommen sind, Wiedergutmachung zu verfügen?
Am 23. April 1927 fand in Althabendorf eine
öffentliche Gemeindewählerversammlung mit der Tagesordnung
"Bericht über die Steuerreform und die Verwaltungsreform"
statt. Im Laufe der Versammlung wurde aus der Mitte der Anwesenden
die nachstehende Resolution eingebracht:
"Die am 23. April 1927 in Althabendorf
stattgefundene gut besuchte Gemeindewählerversammlung lehnt
den von der Regierung im Parlamente eingebrachten Entwurf über
die Verwaltungsreform mit aller Entschiedenheit ab. Durch eine
derartige Reform, die einen Rückfall in längst überwundene
Polizeimethoden darstellt, wird die politische Betätigung
der Bevölkerung und- die persönliche Freiheit aufgehoben,
das Prügelpatent und die Selbstverwaltung vernichtet. Rekurse
und Stritte in Kommunalangelegenheiten werden nunmehr politische
Beamte entscheiden, die von den tatsächlichen Bedürfnissen
und Notwendigkeiten der Gemeinden keine Ahnung haben. Der nationale
Friede, der durch eine wirkliche Verwaltungsreform angebahnt werden
könnte, wird durch diese Vorlage nicht herbeigeführt.
Im Gegenteil, in den zu schaffenden Körperschaften wird der
nationale Kampft mit verstärkter Leidenschaft hevorbrechen
und die sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten
werden eine sehr stiefmütterliche Behandlung erfahren. Die
Verwaltungsreform, welche ein Hebel zum Fortschritt sein könnte,
wird so zu einem Werkzeuge der Versklavung des Volkes.
Daher fordert die gesamte Wählerschaft
von allen in der Gemeindestube vertretenen Parteien, daß
ihre Vertreter im Parlamente für die weiteste Ausgestaltung
der Selbstverwaltung wirken und geschlossen gegen diesen Regierungsantrag
eintreten."
Sonderbarerweise verhinderte der anwesende
Regierungsvertreter die Abstimmung über diese Resolution
mit der Begründung, daß sie nicht auf der Tagesordnung
steht und daher nicht zur Verhandlung gebracht werden könne.
Dieses Vorgehen des Regieringsvertreten" weicht nicht nur
von der bisherigen Praxis ab, sondern ist auch direkt ungesetzlich.
Denn die Resolution hatte die Verwaltungsreform zum Inhalt, beschäftigte
sich also mit einem Gegenstand des Tagesordnung und hielt sieh
also durchaus im Rahmen des von der Behörde bewilligten Programms
der Versammlung. Denn es ist doch wohl selbstverständlich
daß die Beschlußfassung über einen bestimmten
Punkt der Tagesordnung zum Gegenstand gehört und ebenso selbstverständlich
ist es, daß in einer Volksversammlung die Beschlußfassung
nicht anders als in Form der Beschließung einer Resolution
erfolgen kann. Es war daher die Behinderung der Abstimmung über
die Resolution -ein offenkundiger Willkürakt.
Wir fragen deshalb den Herrn Minister:
Ist ihm der geschilderte Vorfall bekannt und
ist er bereit die unterstellten Organe dahin anzuweisen, daß
sie die Versammlungsfreiheit zu respektieren haben?
Das Gesetz das die Aufhebung der sogenannten
Dopppelfeiertage zu Ostern, Pfingsten und Weihnachten brachte,
hat in der gesamten Öffentlichkeit eine einmütige Ablehnung
erfahren.
Die erwähnten Doppelfeiertage waren nicht
allein zu einem allgemeinen Volksbrauche geworden, sie erlangten
ebensosehr eine wirtschaftliche und soziale Bedeutung, daß
schon an diese unumstößlichen Tatsache das Gesetz,
das sie aufheben sollte, vollkommen scheitern mußte.
Die Doppelfeiertage, die überdies in allen
angrenzenden Staaten gehalten werden, stehen im ganzen Wirtschaftsleben
gewissermaßen als Zielpunkt für eine rege Geschäftstätigkeit,
das für die Belebung des Innenmarktes nicht zu unterschätzen
ist. Es sei nur auf das Weihnachtsgeschäft verwiesen und
das am Beginne des Frühjahrs stehende Ostern, das dazu beiträgt,
daß viele im Frühjahre vorzunehmen den Anschaffungen
seitens ,der Konsumenten mit Rücksicht darauf vorgenommen
werden, Nicht minder wirtschaftlich bedeutsam ist das Pfingstfest,
das für den Fremden verkehr eine Rolle spielt.
Für die Arbeitnehmerschaft sind die Doppelfeiertage
unentbehrlich Sie sind für die Arbeiter und Angestellten
sehnlichst erwartete Ruhepausen und geben unzähligen Familienvätern
und Familien erhaltern oft die einzige Möglichkeit, mit ihren
Familienmitgliedern in engere Verbindung zu kommen. Die noch immer
vorherrschende Wohnungsnot zwingt viele Arbeiter und Angestellte,
kilometerweit von ihrem Wohnort der Arbeit nachzugehen. Die Stützung
des gegenseitigen Verantwortungsgefühles und das familiäre
Empfinden sind schon genügend Gründe, das Familienleben,
das des weiteren von der andauernden Wirtschaftkrise hart betroffen
wird, zu stärken und zu pflegen. Das zu fördern, sind
die Doppelfeiertage mit imstande.
Dazu kommt, daß auch die erwerbstätige
Jugend, für die es einen recht geringen gesetzlichen Schutz
ihrer Gesundheit gibt, ein ganz natürliches Recht hierauf
hat, die Gesundheit zu erhalten und Körper wie Geist an den
arbeitsfreien Tagen neue Schwungkraft zu verschaffen. Auch hiefür
bieten die Doppelfeiertage die beste Möglichkeit.
Die Wiedereinführung der Doppelfeiertage
findet darin noch eine besondere Berechtigung, daß sie von
allen Bevölkerungsschichten soweit dieselben das konnten
trotz der Aufhebung weiter gehalten wurden. Dadurch hat aber die
gesetzliche Aufhebung zweifellos ihren Sinn verloren.
Aus allen diesen Gründen fragen die Unterzeichneten
an, ist der Herr Minister bereit, im Vereine mit den zuständigen
Ministern das Gesetz vom 3. April 1925, Slg, 65 so zu ändern,
daß in desselbe Bestimmungen aufgenommen werden, nach denen
die Doppelfeierlage wieder eingeführt werden und ist er bereit,
den bezüglichen Antrag ungesäumt dem Abgeordnetenhause
vorzulegen?
Am Samstag den 23. April 1927 fand in Alt-Habendorf
(Reichenberg) eine von der dortigen Marktvertretung beschlossene
und einberufene öffentliche Versammlung statt. Dieselbe beschäftigte
sich mit den für dir Gemeinde zeitgemäß wirtschaftlichen
Fragen, im besonderen der Angelegenheit des Elektrizitätswerke5
in Engelsberg, des weiteren mit den durch die Regierung dem Parlamente
vorgelegten Gesetzentwürfen über die direkten Steuern,
die Regelung der Finanzverwaltung der territorialen Selbstverwaltungskörper
und die Organisation der politischen Verwaltung.
Die Versammlung, die unter dem Vorsitze eines
parteimäßig gemischten Präsidiums geführt
wurde, nahm einen durchaus ordnungsgemäßen und ruhigen
Verlauf. Über die Gemeindeangelegenheiten berichtete der
Bürgermeister der Marktgemeinde, während eine große
Anzahl der über 600 Versammlungsteilnehmer in der Wechselrede
zu diesem Programmspunkte Stellung nahm. Die Besprechung der oben
genannten Regierungsanträge erledigten die Abgeordneten Elstner
und Simm wie der Parteisekretär Vorbach. Keinen der drei
Redner fand der Anwesende- Regierungsvertreter zu unterbrechen,
für nötig ein Beweis dafür, daß sie sich
in sachlich kritischer Weise eingestellt hielten. Den Abschluß
der Versammlung sollte die Abstimmung über eine Entschließung
bilden, die folgenden Wortlaut hatte:
"Die am 23. April 1927 in Alt-Habendorf
versammelte Wählerschaft der Marktgemeinde Alt-Habendorf
lehnt den von der Regierung im Parlamente eingebrachten Entwurf
über die Verwaltungsreform mit aller Entschiedenheit ab,
Durch eine derartige Reform, die einen Rückfall in längst
überwundene Polizeimethoden darstellt, wird die politische
Betätigung der Bevölkerung und die persönliche
Freiheit aufgehoben, Rekurse und Stritte in kommunalen Angelegenheiten
werden nunmehr politische Beamte entscheiden, die von den tatsächlichen
Bedürfnissen und Notwendikeilen der Gemeinden keine Ahnung
haben Der nationale Friede, der durch eine wirkliche Verwaltungsreform
angebahnt werden könnte wird durch diese Vorlage nicht herbeigeführt.
Im Gegenteil wird in den durch das Gesetz zu schaffenden Körperschaften
der nationale Kampf mit verstärkter Leidenschaft hervorbrechen
und die sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Belange werden
eine sehr stiefmütterliche Behandlung erfahren. Die Verwaltungsreform,
welche ein Hebel zum Fortschritte sein könnte wird so zu
einem Werkzeuge der Versklavung des Volkes. Daher fordert die
gesamte Wählerschaft von allen in der Gemeindestube vertretenen
Parteien, daß ihre Vertreter im Parlamente für die
weiteste Ausgestaltung der Selbstverwaltung wirken und geschlossen
gegen diese Vorlage stimmen."
Diese Abstimmung wurde jedoch vom Vertreter
der Regierung verhindert, was den begreiflichen Unwillen der Versammlung
auslöste.
Wir erachten das Vorgehen des Vertreters der
Regierung für keineswegs begründet. Der Inhalt der Entschließung
ist ein solcher, daß er in hundert vorangegangenen anderen
Versammlungen ohne weiters abgestimmt werden konnte. Es ist uns
deshalb nötig zu erfahren, ob zu diesem Vorgehen des Herrn
Regierungsvertreters ein höherer Auftrag vorlag. Sollte das
letztere nicht der Fall sein, ist es im Interesse der Interpellanten
gelegen, die Meinung des Herrn Ministers in folgender Richtung
bekanntgegeben zu erhalten:
1. Hält es das Vorgehen des Regierungsvertreters
in der genannten Versammlung für richtig?
2. Wenn nicht, in welcher Weise ist der Herr
Minister bereit, denselben hierauf aufmerksam zu machen, daß
er seinen Aufgabenkreis überschritten hat?