Der èechoslovakische Staat, vertreten durch das Ministerium
fúr ùffentliche Arbeiten, erwarb nach dem Kaufvertrag
vom 31. Dezember 1924, bezw. 3. Jänner 1925 das Hotel "Casino"
in Marienbad um den Betrag von 1,600.000 Kè.
Außerdem ging die Hoteleinrichtung um den Kaufpreis von
790.000 Kè in den Betrag des Staates über.
Dieser Ankauf des Hotel "Casino"
in Maienbad durch den Staat sollte Zwecken der sozialen Fürsorge
dienen. Wie diese "soziale Fürsorge" in Wirklichkeit
aussicht, geht daraus hervor, daß dieses Hotel an einen
Privaten verpachtet wurde, welcher die Zimmer wie jedes andere
Privatkurhaus an Kurgäste vermietet und nur ganz wenige Zimmer
dem eigentlichen Zwecke der sozialen Fürsorge gewidmet sind.
Um aber auch den in Marienbad zahlreich anwesenden ausländischen
Gästen die staatliche soziale Fürsorge drastisch vor
Augen zu führen, hat der Pächter in dem, dem Staat gehörigen
Hotel ein - Bar eingerichtet. Zur Ausübung dieser "Staatsbar"
gehört aber die Gastgewerbaberechtigung. Eine Gewerbeberechtigung
zum Betriebe eines Hotel - und Gastgewerbes wird über Ansuchen
bei der politischen Bezirksverwaltung durch die politische Landesverwaltung
in der Regel ohne Schwierigkeit erteilt. Der Staat hat aber in
diesem Falle sich selber die Gewerbeberechtigung zum Betriebe
des Hotel- und Gastgewerbes, von den früheren Inhabern des
Hotel "Casino", Prof. Dr. Mladejovsky und Rosner in
Marienbad um den Betrag von 160.000 Kè erworben,
bezw. diesen Betrag an die Genannten ausbezahlt, daß sie
diese Gewerbeberechtigung niederlegen, obwohl dieselben den Betrieb
gar nicht mehr in Hotel "Casino" ausüben konnten,
nachdem der Staat selber Besitzer dieses Objektes war.
Die Gefertigten fragen daher den Herrn Minister
für öffentliche Arbeiten und den Herrn Minister für
Gesundheitswesen und soziale Fürsorge, ob Ihnen dieser Tatbestand
bekannt ist, ob Sie es für richtig befinden, daß der
Staat selber für eine einfache Gewerbeberechtigung
160.000 Kè an Private bezahlt und ob Vorsorge getroffen
wird, daß das mit so hohen Summen erworbene Objekt in Marienbad
seiner Bestimmung für soziale Zwecke zugeführt wird?
Prag, am 10. Dezember 1926.
In Ober-Gostitz bei Jauernig in Westschlesien
ereignete sich am 26. November 1926 folgender Vorfall:
Der Oberlehrer Rudolf Pietrzyk, Ober-Gostitz,
sandte die mit der Interpellation vorgelegten Bescheingungen für
den kleinen Grenzverkehr, die ordnungsmäßig vom Gemeindeamte
ausgestellt waren, an den zuständigen Gendarmerieposten in
Weißwasser bei Jauernig zur Bestätigung. Dort riß
der Postenkommandant Wachtmeister Fišer von den Bescheingungen
die Lichtbilder herab, strich den Text mit Blaustift mehrfach
durch und schrieb auf die Rücksaite mit Rotstiff: "Nicht
bewilligt" und als Begründung hinsichtlich des Oberlehrer
selbst "Staatsangestellter", hinsichtlich der Frau "keine
Notwendigkeit vorhanden". Mündlich ließ er dem
Oberlehrer noch sagen, als Staatsangestellter habe er in Deutschland
nichts zu suchen und spazieren könne er auch hier gehen.
Beide Begründungen sind nicht stichhältig. Denn 1. ist
ein Oberlehrer kein Staatsangestellter und 2. ist auch Staatsangestellten
der Grenzübertritt durch keine gesetzliche Bestimmung verwehrt.
Ober-Gostitz bei Jauernig ist von der preußischen Gemeinde
Gostitz bei Patschkau nur durch die Dorfstraße getrennt
und es ist selbsverständlich, daß zwischen den unmittelbaren
Nachbarn aus verwandtschaftlichen und frendschaftlichen Beziehungen
ein reger Verkehr besteht, der nun durch den Machtspruch des Gendarmeriewachtmeisters
eingestellt werden soll. Abgesehen davon besitzt doch z. B. jedes
Mitglied eines Touristenvereines das Recht, Ausflüge innerhalb
der 30 km-Zone auch über die Grenze zu unternehmen, wovon
gerade in der in Betracht kommenden Gegend sehr häufig Gebrauch
gemacht wird. Umso unverständlicher ist das Vorgehen des
Gendarmeriewachtmeisters Fišer im vorliegenden Falle.
Da sich derartige Schikanen schon öfters
ereignet haben und die politische Bezirksverwaltung in Freiwaldau
auf diesbezügliche schriftliche und mündliche Beschwerden
bisher keine Abhilfe schaffte, stellen die Gefertigten hiemit
an den Herrn Minister des Innern folgende Anfrage:
1. Auf Grund welcher gesetzlichen Bestimmungen
ist die Gendarmerie berechtigt, den kleinen Grenzverkehr derart
zu unterbinden?
2. In welcher Weise wird dem Gendarmeriewachtmeister
Fišer in Weißwasser bei Jauernig beigebracht werden,
daß er kein Recht hat in so unglimpflicher Weise mit fremden
Dokumenten zu verfahren und fremde Lichtbilder zu beschädigen?
3. Wird die politische Bezirksverwaltung in
Freiwaldau veranlaßt werden, die Schikanen der Gendarmerieposten
bei Bestätigung der kleinen Grenzübertrittscheine abzustellen?
Prag, am 2. Dezember 1926.
Vom èechoslovakischen Staate wurde das von dem humanitären
Verein für kurbedürftige Beamte, Professoren und Lehrer
in marienbad errichtete sogenannte Beamtenkurhaus mit Entscheidung
der politischen Landesverwaltung in Prag 2 a 489/27 ai
1922/78029/23 beschlagnahmt, der Verein aufgelöst und die
Verwaltung des Kurhauses bis zur Entscheidung über den am
13. April 1923 überreichten Rekurs, der politischen Bezirksverwaltung
in Marienbad hat nun mit der Verwaltung des bezeichneten Kurhauses
den bei diesem Amte befindlichen Bezirkskommissär Herrn.
Dr. Eugen Bossany betraut. Dr. Eugen Bossany übt die Verwaltung
dieses fr humanitäre Zwecke gestifteten Kurhauses derart
aus, daß er die durch die Vermietungen erzielten Einnahmen
scheinbar nicht verrechnet, weil er die für dieses Kurhaus
gelesteten Arbeiten und Lieferungen von Gewerbetreibenden trotz
mehrfacher Urgenz nicht bezahlt. so hat derselbe beispielsweise
der armen Lohnwäscherin Marie Plötz in Groß-Sichdichfür
Nr. 134 den für geleistete Wäscherei ihr schuldenden
Betrag von über 2.500 Kè nicht bezahlt. Diese arme
Frau, welche infolge Nichterhaltens ihres sauer erworbenen Lohnes
die Steuern nicht rechtzeitig bezahlen konnte, wurde von der Steuerbehörde
zuerst mit Geldstrafen von 20 und 30 Kè belegt
und ihr schließlich ein Bett gepfändet. Diese Frau
muß nun auch die entsprechenden Verzugszinsen bezahlen,
die sie einzig und allein deshalb aufgehalst bekommen hat, weil
der mit der staatlichen Verwaltung dieses Beamtenkurhauses betraute
Herr Bezirkskommissär Dr. Eugen Bossany ihr den rechtmäßig
zukommenden Lohn vorenthalten hat. Dieses Schuldenmachen auf Kosten
dieses humanitären Institutes ist jedoch ein vielfaches.
So schuldet dieser staatliche Verwalter nebst den Schulden, die
er für dieses Kurhaus bei kleinen Gewerbereibenden
gemacht hat, auch der Stadtgemeinde den Betrag von 2.373.91 Kè
für Wasserbezug. Es ist offenes Geheimnis, daß der
Gehalt dieses mit der staatlichen Verwaltung des Beamtenkurhauses
betrauten Bezirkskommissärs Dr. Eugen Bossany
bereits auf viele Jahre hinaus gepfändet ist, somit unbedingt
die Vermutung nahe liegt, daß durch Neukreierung von Schulden
die Absicht besteht, Geschäftsleute zu schädigen. Ein
solcher Zustand kann naturgemäß nicht zum Ansehen des
Staates beitragen, wenn von einem Staatsbeamten, der mit der Verwaltung
eines humanitären und sozialen Institutes betraut ist, derartige
unsaubere Dinge geduldet werden.
Die Gefertigten stellen daher an den Herrn
Minister des Innern hiemit folgende Anfragen:
1. Sind dem Herrn minister diese Zustände
bei der Verwaltung des Beamtenkurhauses in Marienbad bekannt?
2. Ist der Herr Minister bereit, eine sofortige
strenge Revision desselben anzuordnen und das Ergebnis bekanntzugeben?
3. Ist der Herr Minister bei Feststellung der
geschilderten Umstände bereit, genannten Beamten einer strengen
Bestrafung zuzuführen?
4. Ist der Herr Minister bereit, im Einvernehmen
mit dem Herrn Minister für soziale Fürsorge Maßnahmen
zu treffen, daß der von dem humanitären Verein für
kurbedürftige Staatsbeamte, Lehrer und Professoren in Marienbad
am 13./IV. 1923 überreichte Rekurs gegen die Auflösung
dieses Vereines und Beschlagnahme seines Besitzes ehebaldigst
erledigt und dieses humanitäre Institut seinem rechtmäßtigen
Besitzer zurückgegeben und damit seinem sozialen Zwecke zugeführt
wird?
Prag, am 15. Dezember 1926.
Die politische Bezirksverwaltung in Neu-Titschein
ordnete mit Erlaß vom 29. Dezember 1926, Z. 24.982, unter
Berufung auf die Artikel 96 und 97 der Sprachenverordnung an,
daß
1. das Wort "radnice" in der Aufschrift
"Rathaus-radnice" auf dem Rathause in Neu-Titschein
in lateinischer Schrift ausgeführt werde, weil die
èechische Sprache eine andere Schrift nicht kenne,
2. die Orintierungstafel betreffend die Amtsräume, angebracht
im Vorhause des Rathausgebäudes auch einen èechischen
Text in der Ausstattung und dem Ausmaße des deutschen
Textes aufzuweisen habe,
3. die Amtsräume, sofern sie außer mit Ziffern ausschließlich
mit deutschen Aufschriften versehen sind, auch durch èechische
Aufschriften erkenntlich gemacht werden sollen,
4. die Tafeln, die zur Orientierung für
den Parteienverkehr dienen, auch mit dem text der Staatsprache
versehen werden.
Weiters wurde angeordnet, daß diese Vorschriften
unter Berufung auf § 89 der Sprachenverordnung analog auf
die Anstalten und Unternehmungen, die sich in der Gemeindeverwaltung
befinden, angewendet werden und daß das Gemeindesiegel
auch mit einem entsprechenden Wortlaute in èechischer Sprache,
und zwar in lateinischer Schrift versehen werde.
Diesem Auftrage ist bis 15. Februar 1927 zu
entsprechen, sonst wird unter Berufung auf Artikel 85 der Sprachenverordnung
die nötige Abhilfe auf Kosten der Gemeinde angedroht und
durchgeführt werden.
Dieser Bescheid der politischen Bezirksverwaltung
vom 29. Dezember 1926, Z. 24.982, ist zum Großteil ungesetzlich.
Vor allem muß festgestellt werden, daß
mit Erlaß der politischen Bezirksverwaltung, Z. 18.810 vom
21. November 1926, der Stadtrat aufgefordert wurde. Geschäftsakten
über die Behandlung der Sprachenfrage in der Gemeinde vorzulegen.
Mit dem gleichen Erlasse wurde die Stadtgemeinde außerdem
auf einige Bestimmungen der Sprachenverordnung aufmerksam gemacht.
Da nun dieser Bescheid, bzw. Erlaß eine Aufforderung enthielt,
wurde rechtzeitig die Beschwerde erhohen, einesteils wegen des
Mangels der Rechtsmittelbelegrung, andernteils, weil die angefochtene
Verfügung in der Sache selbst nicht begründet war. Über
diese Beschwerde ist bis heute nicht entschieden.
Außerdem wurde mit Erlaß der politischen
Bezirksverwaltung in Neu-Titschein vom 26. November 1926, Z. 23.584,
die Enttscheidung getroffen, daß der Stadtrat verpflichtet
ist, die èechische Aufschrift "radnice" auf dem
Rathausgebäude in Lateinschrift auszuführen. Auch gegen
diese Verfügung der politischen Bezirksverwaltung wurde rechtzeitig
die Beschwerde erhoben, da der in Betracht kommende Bescheid
an einem wesetlichen Mangel des Verfahrens litt, indem er nicht
angab, auf welche gesetzliche Bestimmung sich die Verfügung
stütze und auch deshalb, weil der Bescheid im Gesetze nicht
begründet war. Denn nach § 2 des Sprachengesetzes vom
29. Februar 1920, Z. 122 Slg. d. G. u V., ist die Sprache der
öffentlichen Kundmachungen und der äußeren Bezeichnungen
der Selbstverwaltungsbehörden von der staatlichen Vollzugsgewalt
festzusetzen. Diese Festsetzung ist mit Artikel 82, Absatz 1 der
Sprachenverordnung vom 3. Februar 1926, Z. 17 Slg. d. G. u. V.,
erfolgt. Danach gelten für die äußere Bezeichnung
der Gemeindeämter und Kanzleien analog die Bestimmungen der
Absätze 1, 2 und 3 des Artikels 81 der Sprachenverordnung.
Das Gebäude, indem sich das Gemeindeamt befindet,
ist aber immer (auch) in èechoslovakischer Sprache mit
einer Aufschrift in gleichem Ausmaße und in gleicher Ausstattung
zu bezeichnen. Daraus geht hervor, daß sich die Ausmaße
und die Ausstattung der èechischen Bezeichnung des Gemeindeamtes
in Gemeinden, die die deutsche Geschäftssprache
festgesetzt haben, was im gegebenen Falle zutrifft, bezüglich
der Ausmaße und der Ausstattung nach der deutschen Bezeichnung
zu richten haben. Ist nun die deutsche Sprache in sogenannter
Frakturschrift gehalten, dann bleibt nichts anderes übrig,
als auch die èechische Bezeichnung in dieser Schrift zu
adjustieren. Die politische Beziksverwaltung ist aber nicht berechtigt,
sich über diese Bestimmungen der Sprachenverordnung hinwegzusetzen.
Trotzdem auch über die Beschwerde noch
nicht entschieden ist, trifft nun die politische Bezirksverwaltung
mit Erlaß vom 29. Dezember 1926, Zl. 24982 neuerlich die
Verfügung, das Wort "radnice" auf dem Rathaus in
Lateinschrift aufgühren zu lassen.
Die Begründung, daß die èechische Sprache eine
andere als die Lateinschrift nicht kennt, ist ebenfalls nicht
stichhaltig, da noch immer Drucke mit èechischem Text in
Frakturschrift bestehen.
Was die Orientierungstafel betreffend die Amtsräume,
angebracht im Rathauseingang und die Bezeichnung der Amtsräume
angelangt, wurden schon früher die notwendigen Vefügungen
getroffen und diese den bestimmungen des Sprachengesetzes bezw.
der Sprachenverordnung angepaßt.
Die Vefügungen des angefochtenen Erlasses
hinsichtlich der sprachlichen Aufschriften sollen unter Berufung
auf Art. 89 der Sprachenverordung auch für die Anstalten
und Unternehmungen, die sich in der Gemeindeverwaltung befinden,
zur Anwendung kommen.
Hiezu wird bemerkt: § 3 des Sprachengesetzes
regelt lediglich den Sprachenbrauch der autonomen Behörden,
Vertretungskörper und öffentlichen Körperschaften
im Staate in ihrer öffentlichrechtlichen Funktion, dagegen
nicht in ihrer Eigenschaft als Privatrechtssubjekte. Soweit die
Sprachenverordnung auch in dem Gebrauch der Anstalten und Unternehmungen
regelnd eingreift, geht nie über den Ramen des Gesetzes hinaus
und ist deshalb gesetzwidrig.
Ebensowenig wie vom Staate subjektive Sprachenrechte
gegenüber staatlichen Unternehmungen und Anstalten anerkannt
werden, können solche gegenüber Anstalten und Unternehmungen
der Gemeinden Geltend gemacht werden. Dies widerstritte geradezu
dem in § 8 des Sprachengesetzes berufenen "Geiste des
Gesetzes".
Schließlich wird noch auch den Absatz
3 des § 128 der Verfassungsurkunde verwiesen, wonach die
Staatsbürger in der èechoslovakischen Republik
im Privat und Geschägtsverkehr jede Sprache frei gebrauchen
können. Es steht außer Zweifel, daß diese verfassungsrechtliche
Bestimmung auch für die Gemeinden gelten muß.
Was den Auftrag hinsichtlich des Gemeindesiegels
anbelangt, so ist dieser gesetzlich nicht begründet. Nach
§ 3 Absatz 3 des Sprachengesetzes wird lediglich die Sprache
der öffentlichen Kundmachung und äußeren Bezeichnung
der autonomen Behörden von der staatlichen Vollzugsgewalt
festgesetzt. Das Gemeindesiegel ist aber weder eine Kundmachung,
noch eine äußere Bezeichnung. Dem Artikel 82, Absatz
2 und demzufolge auch der in Beschwerde bezogenen Punkte des Auftrages
fehlt es deshalb an der gesetzlichen Grundlage.
Aus vorstehenden Gründen ist auch die
Festsetzung eines Termines durchaus überflüssig.
Das Vorgehen der politischen Bezirksverwaltung
Neu-Titschein stellt sich demnach als eine blosse vom nationalen
chauvinistischen Geiste diktierte Belästigung der Gemeinde
dar, wahrscheinlich zu dem Zwecke, um den schon einige Zeit andauernden
nationalen Frieden in der Stadt wieder mutwilligerweise zu stören
u. z. von den Kreisen, welche zu seiner Wahrung in erster Linie
berufen wären.
Die Gefertigten stellen daher an den Herrn
Minister des Innern die Anfrage:
1. Sind Ihnen diese Vorgänge bekannt und
decken Sie dieses ungesetzliche Vorgehen?
2. Sind Sie bereit, sofort Weisungen an die
unterstellten Behörden herauszugeben und diesen aufzutragen,
sich jeder Ungesetzlichkeit in Sprachenfragen zu enthalten?
3. Sind Sie gewillt, auch den Leiter der politischen
Bezirksverwaltung Sèáva in Neu-Titschein
anzuweisen, daß er endlich mit diesen kleinlichen Chikanen
gegenüber der deutschen Bevölkerung der Stadt und des
Bezirkes aufhört und sich der größten Objektivität
befleissigt?
Prag, am 17 Jänner 1927.
Der Deutsche Kulturverband ist infolge seiner
großen Aufgaben, die eine Folge der unzureichenden Behandlung
bezw. der Vernachläßigung des deutschen Schulwesens
duch den Staat sind, gezwungen, für deutsche Schulzwecke
auf privatem Wege Geld von opferwilligen Volksgenossen zu sammeln.
Diesem Zwecke dient auch die sogenannte Zehnminutensammlung bei
Unterhaltungen und sonstigen Veranstaltungen, Merkwürdigerweise
werden aber jährlich bei der Bewilligung dieser Sammlungen
von einzelnen politischen Bezirksverwaltungen Schwierigkeiten
gemacht, obwohl eine fürsorgliche Staatsverwaltung sonst
für alle möglichen und unmöglichen èechischen
Zwecken Sammlungen anstandslos gestattet.
So wurde das Gesuch des Bezirksverbandes des
Deutschen Kulturverbandes in Troppau um Bewilligung der Zehnminutensammlung
bei den deutschen Veranstaltungen im Hultschiner Ländchen
mit Entscheidung der Bezirkshauptmannschaft Hultschin vom 21.
Dezember 1926 mit folgender Begründung abgewiesen: "Für
dieses Jahr wie auch für das kommende Jahr sind bereits durch
die Zentralbehörden, wie auch durch die hiesigen Behörden
mehrere Sammlungen bewilligt worden, so daß die Vohltätigkeit
der Bevölkerung mit der Bewilligung weiterer Sammlungen überlastet
würde. Hiebei nimmt die Bezirksverwaltung insbesondere darauf
Rücksicht, daß die Mehrheit der Bevölkerung des
hiesigen Bezirkes zu den finanziell schwachen Schichten gehört.
Eine aufschiebende Wirkung wurde der Entscheidung aus Gründen
der öffentlichen Ruhe und Ordnung nicht zuerkannt."
Diese undemokratische unverantwortliche Haltung der politischen
Bezirksverwaltung Hultsche Sammlung für kulturelle Zwecke
gestattet man nicht, während andere Sammlugen ruhig erlaubt
wurden. Die Rüsksichtnahme auf die Armut der Bevölkerung
ist mehr als lächerlich. Es muß doch der Bevölkerung
in einem demokratischen Staate freistehen, ob sie bei einer Sammlung
geben will oder nicht und bedeutet es wohl eine starke Willensberaubung,
wenn man sogar die Wohltätigkeit nur in behödlich bewilligte
Bahner leiten will. Wenn die Hultschiner Bezirkshauptmannschaft
auf die Armut der Bevölkerung Rücksicht nehmen will
dann hätte sie dazu eine bessere Gelegenheit bei der Auferlegung
der Strafen die wegen jeder Kleinigkeit gleich in die Hunderte
gehen. Demnach stellt sich das Vorgehen des Leiters der politischen
Bezirksverwaltung in Hultschin als ein Akt ausgesprochenen Deutschenhaßes
dar, wie wir solche Fälle leider schon viele im Hultschiner
Ländchen von dieser Verwaltungsbehörde aus feststellen
mußten. Das ganze Hultschiner Ländchen seufzt unter
schwerem nationalen Drucke und wird von den èechischen
Behörden in einer Weise verwaltet, wie sie in ihrer Rechtlosigkeit
nur noch bei den ganz unkultivierten Negerstämmen im finstersten
Afrika üblich ist.
Die Gefertigten fragen daher den Herrn Minister:
1. Ist Ihnen dieses Vorgehen der politischen
Bezirksverwaltung in Hultschin bekannt und sind Sie bereit, sofort
Abhilfe zu schaffen und dem Bezirksverband Troppau für die
Zehnminutensammlung im Hultschiner Ländchen die Erlaubnis
zu erteilen?
2. Sind Sie bereit, dem Leiter der politischen
Bezirksverwaltung in Hultschin Verhaltungsmaßregeln im Verkehr
mit der Hultschiner Bevölkerung zu erteilen und ihm das größte
Entgegenkommen und in nationalen Fragen die nötige Zurückhaltung
zu empfehlen?
Prag, den
20. Jänner 1927.
Aus der Gemeinde Haatsch im Bezirke Hultschin
kommen zahlreiche Beschwerden gegen den Gendarmeriewachtmeister
Dostal, der insbesondere bei Ausfertigung der Bescheinigungen
für den kleinen Grenzverkehr allen als Deutschen bekannten
Personen die größtmöglichen Schwierigkeiten bereitet.
Während èechen selbst dann wenn sie dringend
des Schmuggels verdächtigt sind, Grenzübertrittscheine
für ein ganzes Jahr erhalten, verweigert Wachtmeister Dostal
dieselbe Begünstigung nahezu sämtlichen deutschen Bewohnern
der Gemeinde Haatsch, so z. B. dem Alfred Morcinek und dessen
Frau, trotzdem beide im Grenzdorfe Kreuzenort nahe Verwandte haben
und deren Tochter drüben in die Schule gehen muß, ferner
dem pens. preuß. Eisenbahnbeamten Johann Morcinek, dem Seiler
Johann Karasch, der gezwungen ist, sein Gewerbe auch in den benachbarten
preußischen Gemeinden auszuüben, dem Landwirte Johann
Riemer, der als Fuhrwerksbesitzer häufig über einen
kleinen Teilreichsdeutschen Gebietes nach Oderberg um Ziegeln
fahren muß. Auf diese Weise wird dem Letztgenannten die
Verdienstmöglichket genommen, sodaß er dadurch
schwer geschädigt ist. Diese unbegründete Verweigerung
von Jahresscheinen für den kleinen Grenzverkehr ist umso
verwunderlicher als anderseits sogar èechische Kinder im
Alter von 15 und 16 Jahren ohne weiters derartige Bescheinigungen
erhalten. Bezüglich der Veläßlichkeit
der vorgenanntern Gesuchsteller sowie hinsichtlich der Notwendigkeit
der Ausstellung dieser Scheine hat der Gemeindevorsteher von Haatsch
auf wiederholte Anfragen aufdrücklich bestätigt, daß
gegen die Betreffenden nicht vorliegt und daß ihre Bitte
gerechtfertigt erscheint. Der Gendarmeriepostenkommandant redet
sich den Leuten gegenüber auf die politische Bezirksverwaltung
Hultschin aus und behauptet, daß diese die Nichtgenehmigung
verfügt habe. Doch hat es den Anschein, daß die zur
Bestätigung vorgelegten Grenzübertrittsscheine durch
die Gendarmerie überhaupt nicht an die politische Bezirksverwaltung
weitergeleitet werden, sondern liegen bleiben. So wurde dem Handlungsgehilfen
Josef Slany, der gegenwärtig in Deutschland beschäftigt
ist und deshalb gegen Vorweisung seines Arbeitsscheines ein Anrecht
auf einen Dauerschein für den kleinen Grenzverkehr besitzt,
dieser vom Gendarmeriewachtmester Kos in Haatsch verweigert mit
der Begründung: "On nedostane legitimace, on je politisch."
Daraus geht hervor, daß die Grendarmerie in Haatsch offenbar
selbstherrlich und willkürlich bei der Gewägrung der
Bestätigungen vorgeht.
Deshalb stellen die Gefertigten an den Herrn
Minister des Innern folgende Anfragen:
1. Sind Ihnen die vorgeschilderten Schikanen
bekannt?
2. Wie rechtfertigen Sie die einseitige Begünstigung èechischer
Pareien und die unbegründete Verweigerung von Grenzübertrittsscheinen
an deutsche Parteien?
3. Was gedenken Sie zur Beseitigung dieser
Misstände zu tun?
Prag, am 1.
Feber 1927.
Bei den Karlsbader Postämtern sind seit
Jahren Verhältnisse eingetreten, die auf die Dauer unhaltbar
sind. Die mit den Verhältnissen gut vertrauten deutschen
Postbematen, Postbeamtinnen und Angestellten, besonders beim Telegraphenamt,
wurden größtenteils durch èechische Angestellte
ersetzt und seit dieser Zeit treten grosse Mißstände
hervor, die mit Rücksicht auf die Bedeutung des Weltkurortes
Karlsbad unbedingt behoben werden müssen.
Bei den letzten Beratungen über den Staatsvoranschlag
wurde seitens der verantwortlichen Faktoren ausdrücklich
darauf hingewiesen, daß Post und Eisenbahn zwar als Staatsunternehmungen
geführt werden, daß man aber bestrebt ist in erster
Linie kaufmännischen Geist in diesen Betrieben obwalten zu
lassen. Nun sind den Unterzeichneten hunderte Beschwerden in verschiedenen
Richtungen zugekommen; sie betreffen einerseits die Telegraphenämter
andererseits die Postämter.
In Karlsbad wird bezüglich der Telegraphenämter
besonders deswegen lebhaft Beschwerde geführt, daß
von den Telephonbediensteten, die wahrscheinlich die deutsche
Sprache nicht beherrschen, ständig Fehlverbindungen bewirkt
werden, was der Interpellant auch selbst zu wiederholten Malen
feststellen mußte. Drei Fehlverbindungen unter zehn Aufrufen
sind keine Seltenheit. Auch mußte wiederholt eine Wartezeit
von wenigstens zwei Minuten festgestellt werden, bevor sich die
Zentrale überhaupt meldete.
Andere Beschwerden gehen dahin, daß besonders
jetzt zur Weihnachtszeit seitens der Postverwaltung verfügt
wurde,daß nach 1/25 Uhr nachmittags nicht mehr als drei
Pakete gleichzeitig aufgegeben werden dürfen und um 6 Uhr
die Annahme von Paketen überhaupt eingestellt wird. In früheren
Zeiten war es vor den Weihnachtsfeiertagen üblich, daß
die Paketennahme bis 7 Uhr freigestellt war und zwar ohne Rücksicht
auf die Anzahl der Pakete. Es ist im Interesse der Geschäftsleute
gelegen, daß diese Verfägung neuerlich erlassen wird.
Die Geschäftsleute haben während des Tages in erster
Linie für den Kundenverkehr zu sorgen und erst am Abend wird
es ihnen möglich, das Versandgeschäft aufzunehmen.
Die Unterzeichneten fragen an, ob der Herr
Minister bereit ist, die Postverwaltung zu beauftragen, die oben
angeführte Übelstände ehest zu beseitigen?
Prag, am 1.
Feber 1927.