Der Oberste Verwaltungsgerichtshof hat mit
Entscheidung 673/26 in 161 Fällen über Beschwerden der
Gast- und Schankwirte und deren Genossenschaften die Aufträge
der politischen Bezirksverwaltungen an die einzelnen Gastwirte
auf Grund des § 54, Abs. 2 der Gewerbeordnung vom 5. Feber
1907, R. G. Bl. Nr. 26 betr. die sprachenpolizeiliche Regelung
im Gastgewerbe, die sich äußerte:
1. Alle Aufschriftstafeln sind entweder einsprachig èechisch
oder èechisch-deutsch mit dem èechischen Text an
erster Stelle und in gleicher Größe wie der deutsche
anzubringen, Ebenso auch die Bezeichnung der einzelnen Lokale.
2. Die Speisekarten, Getränketarife usw. sind auch èechisch
und zwar in der gleichen Größe wie die deutschen
aufzulegen.
3. Es ist für eine entsprechende Anzahl èechisch sprechenden
Personales zu sorgen
als ungesetzlich aufgehoben, nachdem die öffentliche
mündliche Verhandlung über diese Beschwerden bereits
am 16, März 1925 stattgefunden hatte, Das Erkenntnis selbst
wurde aber erst am 19. Jänner 1926 verkündet.
Damit erwuchs den pol. Bezirksverwaltungen,
insbesondere aber der Regierung und dem Handelsministerium die
Pflicht, den unterbrochenen Rechtszustand sofort wieder herzustellen,
Alle Gastwirte wurden nämlich durch Strafen in ganz beträchtlicher
Höhe und durch die Drohung der Konzessionsentziehung nach
Abweisung ihres an das Handelsministerium eingebrachten Rekurses
gezwungen, diese Verfügungen der pol. Bezirks- Verwaltungen
tatsächlich durchzuführen, da vom Handelsministerium
den beim Obersten Verwaltungsgerichte eingebrachten Beschwerden
keine, aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde.
Denn das Gesetz vom 2. November 1918, Slg.
Nr. 3 über die Errichtung eines Obersten Verwaltungsgerichtshofes,
also eines der ersten Gesetze der Èsl. Republik,
bestimmt in seinem § 2, daß für, die Zuständigkeit
des Obersten Verwaltungsweg richtest die bisher für den Obersten
Verwaltungsgerichtshof in Österreich gültigen Normen
mit geringfügigen Änderungen gelten haben, insbe-
sondere das grundlegende Gesetz über den Verwaltungsgerichtshof
vom 22. Oktober 1875 R. G. Bl. Nr. 36 vom Jahre 1876. - Im §
7 dieses Gesetzes, der vollinhaltlich in Geltung blieb, heißt
es nun:
Findet der Verwaltungsgerichtshof die
Beschwerde begründet, so hat er die angefochtene Entscheidung
und Verfügung unter Angabe der Gründe als gesetzwidrig
aufzuheben. Die Verwaltungsbehörden sind verpflichtet, in
der Sache die weiteren Verfügungen zu treffen, wobei sie
an die Rechtsanschauung gebunden sind, von welcher der Verwaltungsgerichtshof
bei seinem Erkenntnis ausgegangen ist.
Im Falle der sprachenpolizeilichen Regelung
im Gast- und Schankgewerbe ist dies aber, obzwar seit der Publikation
des Erkenntnisses des Obersten Verwaltungsgerichtes bereits 4
Wöchen verstrichen sind, bis heute noch nicht geschehen.
Die politischen Bezirksverwaltungen erklären immer; sie müßten
erst Weisungen von der Regierung abwarten, die Regierung, bezw.
das Handelsministerium hat aber bisher die unterem Verwaltungsstellen,
noch nicht verständigt, daß der verletzte Rechtszustand
wieder hergestellt werde; obzwar die klare und unzweideutige Bestimmung
des Gesetzes über den Verwaltungsgerichtshof diese Pflicht
auferlegt, Einzelne politische Bezirksverwaltungen zeigen sogar
das Bestreben, unter dem Eindrucke der Hetze gewisser èechischer
Preßorgane, die Gastwirte zu verhindern, von ihrem gesetzlichen
Rechte Gebrauch zu machen. Dies hat z. B. die pol. Bezirks-Verwaltung
in Warnsdorf in einer öftentlichen Verlautbarung zu tun versucht.
Zahlreiche Gaswirte haben aber aus Scheu vor
den behördlichen Verfügungen oder den hohen Kosten,
andere wieder aus Unkenntnis der gesetzlichen Bestimmungen über
den Verwalitwngsigerichtshof, da die abweisliche Rekursentscheidung
durch das Handelsministerium ausdrücklich betonte, daß
nun kein Rechtsmittel mehr gegen die Verfügung eingebracht
werden könne, einer allfälligen Beschwerde an das Oberste
Verwaltungsgericht eine aufschiebende Wirkung nicht zukomme, eine
Beschwerde nicht eingebracht. Nun wollen die politischen Bezirksverwaltungen
in diesen Fällen Rechtskraft ihrer Verfügungen erblicken
mit der Begründung, daß die Entscheidung des Obersten
Verwaltungsgerichtes sich nur auf die einzelnen konkreten Fälle
beziehe, über die eben entschieden worden sei. Dem widerspricht
aber nicht nur die jahrzehntelange "Tradition der Auswertung
der verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen und der Zweck des
Gerichtsverfahrens, sondern auch der klare Sinn der bereits erwähnten
Gesetzesstellen. Es unterliegt aber auch gar keiner Zweifel, daß
alle diese Verfügungen dem § 128 der Verfassungsurkunde,
Abs. 3 widersprechen, der den freien Sprachengebrauch festlegt
und deshalb sind alle diese Verfügungen schon an und für
sich gesetzwidrig und niemals fähig, Rechtskraft zu erlangen.
Wohl hat sich das Oberste Verwaltungsgericht mit diesem eile der
Beschwerden nicht befaßt, die die Gesetzwidrigkeit der Verordnungen
der pol. Bezirks-Verwaltungen mit der Verfassungsurkunde, dem
Sprachengesetze begründeten und sie auch im Widerspruch mit
dem Minderheitsschutzvertrage von St. Germain bezeichneten, sondern
die Verfügungen aus dem Grunde aufgehoben, weil sich für
Sie im § 54, Abs. 2 der G. O. keine Stütze finde. Damit
gab der Oberste Verwaltungsgerichtshof wohl zu erkennen, daß
er sich der Verfassungswidrigkeit jener Verordnungen wohl bewußt
war. Es erscheint daher unumgängliche Pflicht der Regierung,
alle sprachenpolizeilichen Anordnungen für das Gastund Schankgewerbe
mit allen ihren Folgen aufzuheben. Die untergeordneten Behörden
aber richte- ten sich keinesfalls nach der Entscheidung und wieder
ist es die politische Bezirksverwaltung in Warnsdorf, die einem
Gastwirt sofort die Konzession entzog, weil er, ohne die Beschwerde
an das Oberste Verwaltungsgericht eingebracht zu haben, die zweisprachigen
Tafeln entfernte und zwar solange, bis er die zweisprachigen Tafeln
an seinem Gasthaus wieder angebracht haben wird. Wohl wurde ihm
die Berufung gegen die Konzessionsentziehung zuerkannt, aber aus
öffentlichen Rücksichten wird der Berufung keine aufschiebende
Wirkung zuerkannt und der betroffene Gastwirt mußte sein
Gasthaus schließen, bis er die Tafeln wieder aufgemacht
hatte und wurde dadurch in seiner wirtschaftlichen Existenz natürlich
auf das schwerste geschädigt.
Die politischen Behörden haben die Gast-
und Schankgewerbetreibenden gezwungen, die doppelsprachigen Aufschriften
anzubringen und sie haben diese Maßnahmen fortgesetzt, als
schon mehr als 100 Beschwerde-Verhandlungen vor dem Obersten Verwaltungsgerichtshofe
stattgefunden hatten und nur mehr die Urteilsverkündigung
ausstand, also zu einem Augenblicke, in welcher eine auf die Achtung
vor Recht und Gesetz bedachte Verwaltungsbehörde unbedingt
hätte zuwarten müssen, und trotzdem wurden gar viele
Gastwirte mit ganz empfindlichen Geldstrafen belegt und ihnen
die Konzessionsentziehung angedroht, ja sogar jetzt nach der Entscheidung
wurde der Gasthausbetrieb sogar gesperrt, weil die Tafel wieder
entfernt wur- de. Auch mußten viele Gastwirte ihre eingearbeiteten
Angestellten entlassen und andere dafür aufnehmen,
die der èechischen Sprache mächtig waren, also sind
so und soviele Angestellte brotlos geworden, weil sie die èechische
Sprache nicht beherrschen. Ein Bedürfnis für èechisch
sprechendes Personal im reindeutschen Sprachgebiete war
niemals vorhanden gewesen. Es steht daher außer Zweifel,
daß durch diese gesetzwidrigen Verfügungen und durch
die gesetzwidrige Verweigerung der aüfschiebenden Wirkung
der Rekurse und Beschwerden zahlreiche Staatsbürger in ihrem
Vermögen schwer geschädigt wurden. Diese Tatsache beweist
aber wiederum deutlich, daß die endliche Durchführung
des § 92 der Vefassungsurkunde bezüglich der Haftung
des Staates für den durch gesetzwidrige Ausübung der
öffentlichen Gewalt entstandenen Schaden unbedingt notwendig
ist.
Trotz der Entscheidung des Obersten Verwaltungsgerichtes werden
aber auch jetzt noch neue Konzessionen nur unter der Bedingung
erteilt, daß doppelsprachige Aufschriften, Speisekarten,
èechisch sprechendes Personal eingestellt werden und eine
Berufung ist in diesen Fällen sehr schwierig,
weil es sich um die Existenz des Konzessionswerbers handelt und
weil er während des Rekurses das Gewerbe nicht ausüben
darf.
Aber auch gegen den Artikel 99 der Durchführungsverordnung
zum Sprachengesetze muß gleichzeitig Stellung genommen werden,
damit nicht etwa auf Grund dieses Artikels auch fernerhin derartige,
der Verfassung, dem Sprachengesetz selbst und dem Minderheitenschutzvertrage
widersprechende Verfügungen an das Gastgewerbe herausgegeben
werden.
Daher stellen die Gefertigten hiemit an den
Herrn Minister des Innern folgende Anfragen:
1. Sind Sie bereit, sofort die Wiederherstellung
des durch die gesetzwidrigen Verfügungen verletzten Rechtszustandes
zu veranlassen und die betreffenden Verfügungen der Gewerbebehörden
alle insgesamt zu beheben?
2. Sind Sie bereit, den unterstehenden Behörden
den strengen Auftrag zu geben, die Staatsbürger nicht zu
behindern, wenn sie aus der Entscheidung des Obersten Verwaltungsgerichtshofes
die entsprechenden Rechtsfolgerungen ziehen und die doppelsprachigen
Aufschriftstafeln, Speisekarten usw. wieder entfernen? Sind Sie
auch bereit, aus diesem Grunde schon erlassenen Strafverfügungen
der untergeordneten Behörden sofort aufzuheben?
3. Sind Sie bereit, sofort dem Parlamente den
Antrag auf Erlassung des Durchführungsgesetzes zum §
92 der Vergassungsurkunde vorzulegen?
4. Sind Sie bereit, unverzüglich Vorsorge
zu treffen, daß der Schaden, welcher den Staatsbürgern
durch die Anbringung der Tafeln usw. entstanden ist, voll und
ganz ersetzt werde, die bereits gezahlten Strafen aber als ungesetzlich
verhängt, zurückgezahlt werden?
5. Sind Sie bereit, den untergeordneten Behörden
den Auftrag zu geben, daß sie bei Neuerteilung von Konzessionen
keine Bedingungen stellen, zweisprachige Aufschriften anzubringen,
Speisekarten aufzulegen und èechisch sprechendes Personal
anzustellen?
6. Sind Sie bereit, die untergeordneten Behörden
anzuweisen, daß auf Grund des Art, 99 der Durchführungsverordnung
zum Sprachengesetz keine derartigen Aufträge erteilt werden,
wie sie oben genannt wurden?
Trotz alles angeblichen Fortschrittes ist noch
immer die rituelle Schlachtung, das sogenannte Schächten,
gestattet.
Das Schächten besteht darin, daß das Tier ohne jede Betäubung aufgeschnitten wird. Während durch den Schuß betäubte Tiere wie vom Blitz getroffen niederstürzen und in vielen Fällen nur noch beim Halsstich zucken, ist der Vorgang beim Schächten folgender: Die Hörner werden an einem Aufzug befestigt, die Vorderfüße, dann die Hinterfüße zusammengebunden, das Tier wird aufgezogen, so daß es in der Luft schwebt, die vier Füße werden zusammengebunden, das Tier wird herabgelassen und auf die Seite gelegt. Dauer dieser Vorbereitungen 6-7 Minuten, Dann wird der Hals mit einer Gabel zurückgebogen, sodaß der Hinterkopf flach auf den Boden zu liegen kommt. Es folgt das Aufschneiden des Halses. Das Blut quillt in breiten Strömen heraus in eine unter den Kopf gelegte Schüssel, die, so oft sie voll ist, ausgewechselt wird. So oft der Blutstrom schwächer zu fließen beginnt, wird die Wunde von einem nichtjüdischen Metzgergehilfen mit Hand und Messer erweitert Die starken Zuckungen, das Aufbäumen und Kopfheben - manche Tiere drehen sich dabei im Kreise um ihre Achse herum - endigen etwa 6 Minuten nach dem Halsschnitt.
Wie aus vorstehender Schilderung hervorgeht, handelt es sich um eine Art des Tötens von Tieren, die vielleicht vor 4000 Jahren nicht als grausam empfunden worden sein mag, in der heutigen Zeit angeblicher hoher Zivilisation, Ethik u. dgl. aber geradezu widerwärtig anmutet. Tierschutzvereine bestehen zwar. Wenn weder sie noch die Behörden wagen, gegen diesen offenkundigen Kulturskandal einzuschreiten, so mag die Ursache einesteils in der Scheu liegen, daß es sich hiebei um eine rituelle Frage handelt und andernteils in der Schonung der bekannten jüdischen Empfindlichkeit zu suchen sein. Diese Schonung ist jedoch durchaus nicht angebracht. Die Juden sind gleichberechtigt. Diese Gleichberechtigung hat die Beseitigung aller reaktionären Vorrechte - und um ein solches handelt es sich beim Schächten - zur natürlichen Folge.
Die Gefertigten stellen daher an den Herrn Ministerpräsidenten folgende Anfrage:
Ist er bereit, ein Verbot des Schächtens
zu erlassen?
Zum Überschreiten der Grenze ist für die Grenzbewohner ein von der Gemeinde ausgestellter Grenzübertrittschein erforderlich. Touristen, die nicht im Grenzbezirke wohnen, können eine solche Bescheinigung nicht erhalten. Die Beschaffung eines Passes zum Besuche der Bömisch-sächsischen Schweiz ist zu umständlich und kostspielig. Die Grenzpolizei gibt nun für diese Touristen Tagesausweiskarten aus, für die nach der Verordnung vom 18. Juni 1925 Slg. Nr. 163 der Betrag von 13 Kè zu zahlen ist. Dieser Betrag ist unverhältnismäßig hoch, erschwert den Grenzübertritt und macht ihn namentlich für Familienausflüge unmöglich. Dieser Umstand bedroht die èechoslovakischen Grenzorte, die ihren Erwerb fast ausschließlich aus dem Touristverkehr ziehen, in ihrer Existenz.
Die Gemeinde Herrnskretschen steht mit dem Hinterlande lediglich durch die sächsische Eisenbahnlinie Schandau-Bodenbach in Verbindung. Die Eisenbahnstation für Herrnskretschen ist die auf sächsischem Boden gelegene Station Schöna. Zu Zeiten, da die Personendampfschiffahrt eingestellt ist, sind die Bewohner von Herrnskretschen und der Umliegenden Orte lediglich auf diese Bahnstation angewiesen und anderseits ist Herrnskretschen selbst für alle Ausflügler nur über diese Station zu erreichten. Schöna ist von Herrnskretschen nur durch den Elbefluß getrennt. Für den Übertritt von Schöna nach Herrnskretschen wird nun ebenfalls eine Greenzüberschreitungsgebühr von 2 Kronen verlangt, so daß die merkwürdige Erscheinung auftritt, daß èechoslovakische Staatsbürger bei einer Reise im Inlande eine Grenzübertrittsgebühr zu entrichten habe. Dadurch wird der Besuch von Herrnskretschen bedeutend erschwert und namentlich für Gesellschaftsbesuche und Schülerausflüge stark verteuert, was eine schwere Schädigung dieser, lediglich auf den Fremdenbesuch angewiesenen Gemeinde darstellt.
Die Gefertigten stellen daher an die Gesamtregierung die Anfrage:
1. Sind der Regierung diese Erschwerungen des Granzübertrittes und die damit verbundenen wirtschaftlichen Nachteile für die betroffenen Gemeinden bekannt?
2. Ist die Regierung bereit, die Gebühren
für die Tagesausweise auf ein erträgliches Maß
herabzusetzen und für die Grenzüberschreitung von der
Station Schöna nach Herrnskretschen jede Gebühr aufzuheben?
Die Steueradministration in Iglau hat durchschnittlich das dreifache des tatsächlichen Einkommens der in Iglau ansäßigen deutschen Ärzte als Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer des Jahres 1924 angenommen, während die èechischen Ärzte mit lächerlichen geringen Beträgen eingeschätzt wurden. so wurde dem Krankenkassenarzt dr. Max Fischer für seine Privatpraxis im Jahre 1924 Kè 80.000 für die Umsatzsteuer vorgeschrieben, obwohl Herr dr. Fischer als Chefarzt der Bezirkskrankenkasse Iglau gar nicht in der Lage ist, eine nennenswerte Privatpraxis zu betreiben. Alle angebotenen Beweise, insbesondere auch der Umstand, daß dr. M. Fischer im Jahre 1924 zwei Monate durch Erkrankung seinem Berufe überhaupt entzogen war, blieben unberücksichtigt. Dem Primarius des Bezirkskrankenhauses Iglau dr. Nitsch wurden Kè 100.000 zur Versteuerung vorgeschrieben, obzwar er krankheitshalber nur in seiner Wohnung praktisch-ärzlichte Tätigkeit verrichten und keine Krankenbesuche machen kann. Dem Zahnarzt Dr. Hepner, der nur eine kleine Praxis aus wenig bemittelten Kreisen besitzt, wurde Kè 80.000 zur Versteuerung vorgeschrieben. Neben diesen Fällen könnten noch eine Reihe anderer Fälle genannt werden.
Bei dem Referenten der Steueradministration für die Umsatzsteuer, Steueroberverwalter Oškrdal fehlt vollständig das Bestreben nach einer normalen Rechtsfindung, und dabei weist er eine grobe Unkenntnis der spezifisch ärztlichen Berufstätigkeit verbunden mit einem Steuersadismus, der sich jedoch nur gegen die deutschen Ärzte auswirkt, auf. Die vorgelegten Beweisanträge über den Umsatz, Buchauszüge, Postsparkassenkontis usw. werden von vornherein als ungenau und unglaubwürdig bezeichnet. Als Sachverständiger wird ein den deutschen Ärzten mißgünstig gesinnter èechischer Arzt einvernommen, der auf den wirtschaftlichen Ruin der deutschen Ärzte hinarbeitet, während der von der Fachorganisation der deutschen Ärzte namhaft gemachte Sachverständige von der Steueradministration abgelehnt wird. Das ganze Veranlagungsverfahren ist falsch. Die vom Obersten Verwaltungsgerichtshof in Sachen der Umsatzsteuer der Ärzte aufgestellten Richtlinien (Erkenntnis Zahl 17,074-24) blieben vollständig unbeachtet.
Durch die unerhört hohen Steuervorschreibungen sind die in Frage kommenden Ärzte auf das schwerste in ihrer Existenz geschädigt.
Wir stellen daher an den Herrn Minister die Anfrage:
Ob er geneigt ist, den Fall der Übersteuerung
der deutschen Ärzte in Iglau einer genauen Überprüfung
unterziehen zu lassen und für eine gerechte Besteuerung mit
Beiziehung der Sachverständigen der deutschen Ärzte-Organisation
Sorge zu tragen.
Nach dem geltenden Gemeindefinanzgesetze heben die Steuerämter die auf die direkten Steuern entfallenden Gemeinderzuschläge ein. Schon die Genehmigung vieler dieser besonders erhöhten Zuschläge durch den Landesverwaltungsausschuß nimmt eine geraume Zeit in Anspruch. Die schwankende hinhaltende Art der Steuerbemessung wirft naturgemäß ihre Schlagschatten auch auf die Einhebung dieser Umlagen.
Durch diese Art von Umlageneinhebung ist ferner der geregelte Haushalt vieler Gemeinden ins Wanken geraten. Überdies werden die zum Gemeindehaushalte notwendigen Umlagen den Gemeinden nicht nur in unzureichender Höhe, sondern auch nicht zeitgerecht zur Verfügung gestellt.
Katastrophal werden diese Zustände wenn, wie dies in vielen Industriegebieten der Fall ist, den notleidenden und auch anderen besonders begünstigten Unternehmungen größere Steuernachlässe gewährt werden, durch welche die Gemeindeumlagen in ungewöhnlichem Ausmaße wieder zur Abschreibung und Rückzahlung gelangen müssen. Diese zu leistenden Rückzahlungen gehen auch bei kleineren Steuergemeinden oft in die Hunderttausende und müssen unweigerlich zu deren finanziellem Ruine Führen. Um dieser Unbill vorübergehend auszuweichen, sind diese Gemeinden genötigt, hoch verzinsliche Darlehen unter auch sonstdrückenden Bedingungen aufzunehmen. Dieses System der Umlageneinhebung ist daher auf die Dauer Unhaltbar.
Aufgrund dessen stellen die Gefertigten nachfolgende Anfragen:
1. Sind diese unhaltbaren Verhältnisse dem Finanzministerium bekannt?
2. Ist das Finanzministerium willens, geregelte Zustände wieder herzustellen und die Gemeinden mit der Einhebung der Umlagen in der althergebrachten Weise wieder zu betrauen?
3. Ist das Finanzministerium bereit, einwandfreie Erhebungen nach der Richtung hin pflegen zu lassen, inwieweit die Gemeinden durch diese Art der Umlageneinhebung und durch die nach anderer Richtung geschilderten Übelstände finanziell ins Gedränge kommen?
4. Ist das Finanzministerium bereit, diesen
schwer geschädigten Gemeinden durch Bestellung besonderer
größerer zinsenfreiter Kredite und durch andere finanziell
Zuwendungen entgegenzukommen?
Eine Frauenorganisation, Die Frauenliga für Frieden und Freiheit veröffentlicht einen Aufruf, in dem vor jenen Personen gewarnt wird, die unter den verlockendsten Verspiegelungen, namentlich in den Kreisen Arbeitsloser und Unmündiger, nichts anderes als Werbung für die französische Fremdenlegion betreiben.
Daß diese Warnung tatsächlich aktuell ist, geht aus den immer wieder kehrenden Zeitungsberichten über solche hervor, welche als Opfer ähnlicher Vorspielungen der französischen Fremdenlegion ausgeliefert wurden. Letzten Endes muß für das Treiben solcher Agenten die Französische Regierung verantwortlich gemacht werden und erscheint dieses Verhalten der französischen Regierung vollständig im Widerspruch zu der zwischen der èechoslovakischen und der französischen Regierung bestehend Freundschaft. Mancher èechoslovakischer Staatsbürger ist dem Vorgehen, für das also die französische Regierung verantwortlich gemacht werden muß schon zum Opfer gefallen.
Mit Bezug auf den erwähnten Aufruf und die sich immer wiederholenden Zeitungsberichte fragen die Unterfertigten:
1. Ist der Herr Minister bereit, den unterstehenden Stellen die Schärfste Aufmerksamkeit nach dieser Seite hin zu beauftragen?
2. Ist er bereit, bei der französischen
Regierung vorstellig zu werden über das Vorgehen der Agenten
im Dienste der französischen Fremdenlegion in der Èechoslovakei,
welches vollständig im Widerspruch zum besonderen Freundschaftsverhältnis
zwischen der èechoslovakischen und französischen
Regierung steht?
Die staatlichen Polizeidirektionen senden die in deutscher Ausfertigung herausgegeben Fahndungsschreiben unter Hinweis auf die Sprachenverordnung zurück, weil diese Schreiben in der Staatssprache verfaßt sein müßten. Fahndungsschreiben sind jedoch Schreiben, in denen unter Beschreibung der Person und der Tatumstände Verbrecher verfolgt werden. Sie sind also Ankte, die im Sinne des Art. 5 der Sprachenverordnung im Interesse der Staatsverwaltung liegen und daher auch angenommen werden dürfen, wenn sie nicht in der Staatssprache verfaßt sind. Das Fahndungsschreiben verlangt schnelle Erlassung und Versendung. die Polizeibehörden, namentlich in kleineren Städten, verfügen in der Regel nicht über die erforderlichen technischen Mittel, um das Schreiben nicht bloß in ihrer Geschäftssprache, sondern auch noch in der Staatssprache zu verfassen und zu vervielfältigen. Es ist daher dringend geboten, daß die staatlichen Sicherheitsbehörden solche im Interesse des Staates gelegene Schriftstücke ohne Rücksicht auf die Sprache annehmen.
Die Gefertigten richten daher an den Herrn Ministers des Innern die Anfrage:
Ist er bereit, die untergeordneten Verwaltungsbehörden
anzuweisen, Schriftstücke, die, wie Fahndungsschreiben u.
a. m., im überwiegenden Staatsinteresse gelegen sind, in
jedem Falle ohne Rücksicht auf die Sprache anzunehmen?
Am Montag, den 15. März 1926 sollte in Weipert eine öffentliche Volksversammlung tagen, die von dem Beauftragten der Bezirksorganisation Weipert der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei einberufen und fristgerecht bei der politischen Expositur in Weipert angemeldet wurde. Die Versammlung sollte sich mit den aktuellen politischen Themas (Steuerfragen, Verlängerung der Militärdienstzeit und Sprachenverordnung) befassen und zugleich einen Abgeordneten der deutschen sozialdemokratischen - es war ausdrücklich angekündigt Redner Abgeordneter Genosse Eugen de Witte - Gelegenheit zu einem Rechenschaftsberichte seinen Wählern gegenüber gehen.
Sofort bei der Überreichung der Anmeldung wurde vom Amtsleiter Kilian dem Versammlungseinberufer erklärt, das diese Volksversammlung gemäß § 6 des Versammlungsgesetzes verboten werden muß, weil nach den Erfahrungen, die in der letzten Zeit bei denselben Anlässen an anderen Orten des Landes gemacht wurden, mit Grund anzunehmen ist, daß es zu Gesetzwidrigkeiten und Störungen der öffentlichen Ruhe und Ordnung kommen wird.
Das diese Begründung nicht stichhältig ist, geht schon daraus hervor, daß mit derselben Tagesordnung wohl mehr als hundert Volksversammlungen in den letzten Tagen abgehalten wurden, ohne daß die öffentliche Ruhe und Ordnung gestört worden wäre. Selbst ein Hinwies auf die Vorkommisse in Karlsbad, der vielleicht von Herrn Amtsleiter Kilian versucht werden könnte, wäre absolut hinfällig, da auch diese Karlsbader Versammlung in vollster Ruhe und Ordnung verlief, und bekanntlich erst nach Schluß der Versammlung durch die Polizei, die den Zug der Heimkehrenden überfiel, eine Störung herbeigeführt wurde. Diese Tatsache aber kann von dem Amtsleiter der politischen Expositur Weipert umso weniger für sein Versammlungsverbot ins Treffen geführt werden, als mangels einere Staatspolizei in Weipert dort eine ähnliche Gefahr nicht besteht, ein Anlaß zur Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung also überhaupt nicht vorhanden ist. Es müßte denn sein, daß der Herr Amtsleiter der politischen Expositur Weipert meint, daß jede Besprechung der tatsächlich herrschenden Verhältnisse im Staate schon zu Unruhen führen müßte, was aber wiederum eine derart kerzengerade Verurteilung der Regierungspolitik wäre, wie man sie einem Beamten der Republik nicht zutrauen dürfte. Im Grunde kommt also das Versammlungsverbot, das der Amtsleiter der politischen Expositur Weipert ausgesprochen hat, eigentlich der Statuierung eines politischen Ausnahmezustandes gleich, denn es hebt einfach das den Staatsbürgern verfassungsmäßig gewährleistete Recht, sich zu versammeln, auf.
In ganz ähnlicher Weise wurden die für Komotau und Neuern einberufenen Versammlungen verboten, ja im Bezirke Bergreichenstein leistete sich die politische Bezirksverwaltung eine Begründung des Verbotes von 7 Versammlungen, die geradezu ungeheuerlich ist, indem sie das Thema (Steuerfragen und Sprachenverordnung) als dem Strafgesetz zuwiderlaufend erklärt. Man hat es also hier mit Akten der Willkür zu tun, die unterträglich und einer Republik durchaus unwürdig sind.
Wir fragen den Herrn Minister des Innern:
Ist er in Kenntnis dieser Tatsachen?
Ist er bereit, sofort alles Erforderliche zu veranlassen, um eine Wiederholung derartiger Willkürakte unmöglich zu machen?
Gedenkt er, das Recht der Staatsbürger,
sich zu versammeln, sicherzustellen, also die durch die Verfassungsurkunde
ausdrücklich gewährleisteten und ohnedies sehr kärglich
bemessen Freiheiten zu schützen?
1. Für den 20. Februar 1. J. hat die Lokalorganisation der kommunistischen Partei in Falkenau a. E. eine Protesteversammlung mit der Tagerordnung: Das Sprachengesetz und der Steuerraub angekündigt: Mit Rücksicht auf die Einwendungen der politischen Behörde gegen den letzten Ausdruck wurde als neue Tegesordnung von den Einberufern Das Sprachengesezt und die Steuerfrage festgesetzt. Trotzdem hat die politische Bezirksverwaltung die Versammlung unter dem Vorwand der Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung verboten. Dieses Verbot wirkt umso aufreizender, als eine Versammlung der Freisozialisten drei Tage vorher anstaldslos bewilligt und abgehalten wurde und dadurch bewiesen wird, daß die Ausrede auf besondere Verhältnisse, welche Versammlungsverbote selbst nach Auffassung der Polizei begründen könnten, haltlos ist.
2. Ebenso wurde eine kommunistische, für den 28. Februar einberufene Protestversammlung in Karlsbad mit der Tagesordnung Die Sprachenverordnungen und die Steuern verboten. Der diesbezügliche Beschied des Karlsbader Polizeikommissariates stützte sich auf die angebliche Nichteinhaltung der Festgesetzten Anmeldungsfirst. Demgegenüber ist bewiesen worden, daß die Versammlungsanmeldung persönlich vom Vertrauensmann der kommunistischen Partei Möschl am 24. Februar Mittag, also noch lange vor der festgesetzten Frist beim Polizeikommissariate überreicht wurde. Am nächsten Tage wurde auf eine mündliche Anfrage von dem betreffenden Referenten des Polizeikommissariates die Antwort gegeben, daß die Versammlung bewilligt ist. Später wurde auch auf dem Kommissariat zugegeben, daß das Verbot auf höheren Befehl von Prag erfolgte und also die Berufung auf eine angebliche Überschreitung der Anmeldungsfirst nur ein willkürlicher Vorwand war. Auch in diesem Falle wurde eine an demselben Tage veranstaltete Versammlung der Deutschnationalen bewilligt, was beweist, daß wir es hier mit einem planmäßigen, auf höheren Befehl organisierten Vorgehen zu tun haben, welches jede öffentlich Behandlung der Steuerfrage in unserem Gebiete unmöglich machen soll.
Der Falkenauer und Karlsbader Fall sind nur zwei Glieder einer ganzen Kette von Fällen, die sehr deutlich der Versuch der Regierung zu Tage treten lassen, die Anhänger der stärksten Partei in diesem Staate, für die sich eine Million Stimmen aussprach, an der Ausübung des Versammlungsrechtes systematisch zu hindern. Für diese neue Ausgeburt des unverschämten reaktionären Regims ist in der ersten Reihe der Minister des Innern verantwortlich.
Es könnte uns eigentlich nur recht sein, wenn der Herr Minister des Innern den Ehrgeiz besitzt, um jeden Preis die bei jeder Gelegenheit bis in dem Himmel gehobene èechoslovakische Demokratie in ihrem wahren Lichte zu enthüllen und das reaktionäre Wesen des herrschenden Regims in seiner Nacktheit zu zeigen. Auf eines wollen wir aber den Herrn Minister aufmerksam machen: Er möge sich nicht einbilden, daß er bei der Wahl der zu seinem hohen Ziel führenden Mittel auf den Willen der arbeitenden Bevölkerung keine Rücksicht zu nehmen brauche. Der Herr Minister wolle sich gut merken: Die Hunderttausende der Arbeitenden, in deren Namen wir sprechen, haben keine Lust, sich die schäbigen Reste der Versammlungsfreiheit in der sogenannten demokratischen Republik rauben zu lassen und der Ehrgeiz des Herrn Ministers des Innern wird schließlich an ihrem schärfsten Widerstande scheitern.
Wir fragen den Herrn Minister des Innert, ob
er gewillt ist, eine derartige Praxis bezüglich der Bewilligung
der Versammlungen unverzüglich abzustellen?