Úterý 18. èervna 1929

Vor allem leiden wir daran, daß hier alles zentralisiert wird. Alles! Es hat einmal geheißen, wir wollten unsere Universität heraushaben, wenigstens wollten wir Parallel-Kurse nach Reichenberg haben. Es wäre eine Teilung eingetreten. Wir haben in Reichenberg ein großes Krankenhaus, ein großes Krankenmaterial, es wäre ganz gut möglich gewesen, Parallel-Kurse zu der deutschen Universität zu errichten. Die deutsche Universität ist für diesen Staat einfach zu klein und besonders die deutsche medizinische Fakultät. Das gibt es nicht auf die Dauer, daß festgesetzt werden kann, daß die Deutschen nicht mehr bekommen dürfen, als sie vom alten Österreich noch notdürftig herübergerettet haben.

Es muß eine Dezentralisation stattfinden, es muß dieses große Krankenhaus geteilt, ein Teil auf die Landstädte draußen verteilt werden. Dadurch wird es möglich werden, freiwerdende weitere Räumlichkeiten von vorneherein zweckentsprechender und moderner zu gestalten. Dann muß auch ein richtiger Austausch zwischen den Professoren mit dem Deutschen Reiche und Österreich stattfinden. Es ist einmal unser Mutterland, in uns lebt diese Kultur, wie in den Brüdern draußen, und wir können nur wünschen, daß endlich einmal die Regierung die Notwendigkeit einsehe, Zustände zu schaffen, die es den reichsdeutschen Professoren möglich machen, herzukommen. Meist lehnen sie ab, weil sie in solche Kliniken nicht hineingehen, weil die materiellen Verhältnisse zu schlechte sind, als daß ein Professor einer Berufung Folge leisten könnte.

Nun muß ich gegen die Ausführungen meines Vorredners, des Koll. Schmerda polemisieren. Er meinte, die Standesehre wenn das Gesetz einmal Gesetz geworden ist, und die Mehrheit hat es beschlossen und wird es durchführen, ob wir es ablehnen oder nicht - gegenüber dem Koll. Schmerda muß ich zur Steuer der Wahrheit sagen, daß der Ausdruck "Wahrung der Standesehre ist Aufgabe der Ärztekammer" nicht beinhaltet, daß wir Ärzte vielleicht ein bourgeoisies Vorrecht gegenüber den Kommunisten haben wollen. Unter den Ärzten sind ja auch Kommunisten, viele Ärzte sind aus den Arbeiterkreisen hervorgegangen. Die Standsehre, die wir meinen, ist eine Ehre über die gewöhnliche Ehre des Bürgers hinaus. Der Arzt soll mehr Pflichtbewußtsein als ein anderer Bürger haben. Das ist der Begriff der Standesehre und in diesem Sinne ist sie nicht ein Vorrecht, sondern eine Überverpflichtung über das gewöhnliche Maß der Bürgerehre hinaus Und so verstanden, würde auch Koll Schmerda hoffentlich nichts dagegen haben, nur muß er es richtig verstehen. Gerade diese Verpflichtung über das Gesetz hinaus ist Standesehre. Das Gesetz kann nicht zu etwas verpflichten, im Gewissen bin ich zu mehr verpflichtet und das ist meine Ehre. Ausnahmsfälle, die er angeführt hat beim Militär, wo z. B. ein Soldat schlecht behandelt und seine Krankheit nicht anerkannt wurde, so daß er endlich am Tage nach seiner Entlassung starb, solche Ausnahmsfälle kommen vor. Es gibt in jedem Stande auch im Ärztestande, manchmal gewissenlose und leichtfertige Individuen, aber die sind Gott sei Dank sehr dünn gesät und aus solchen Fällen zu schließen, daß auch nur ein geringer Bruchteil von Ärzten so gesinnt wäre, eine solche Vorgangsweise innehalte oder aus schnödem Gelderwerb, um viel einzunehmen und wenig zu arbeiten, sich so verhalte, wäre falsch, das sind Ausnahmen.

Ich könnte Ihnen eine große Zahl von Fällen aufzeigen, wo Ärzte im Dienste der Menschheit, im Dienste von Krankenkassenpatienten gearbeitet haben, bis sie im Sprechzimmer gestorben sind, kurz nachdem sie den letzten Patienten untersucht hatten, ich könnte Ihnen Fälle aufzeigen, wo Ärzte auf dem Wege zum Krankenbesuch gestorben sind, kur Fälle, wo die Ärzte bis zum letzten Augenblick sich aufgeopfert haben, bis sie in den Sielen zusammengebrochen sind, wie ein altes Pferd. Und diejenigen Fälle will ich gar nicht erwähnen, wo Ärzte bei Versuchen mit Pest und Cholera Opfer ihres Berufes geworden sind, das kommt ja alle Jahre vor und wieviel Opfer der Roentgenuntersuchungen haben wir denn! Die Strahlen, die heilen, verursachen auch Erkrankungen, bewirken auch Tod. Diejenigen, die mit dem Roentgenapparat arbeiten, sind natürlich vielmehr in Gefahr als der Patient, der nur ein oder zweimal der Bestrahlung ausgesetzt wird, der Arzt arbeitet ständig unter den Einfluß dieser Strahlen, ich kenne selbst einige Ärzte, die dadurch schwere Schädigungen erlitten haben. Dasselbe ist mit Radium der Fall, ich könnte Ihnen eine große Zahl von Fällen aufzählen und eine ganze Reihe, ich würde nicht fertig werden Ihnen zu beweisen, daß der Ärztestand durchschnittlich ständig in Gefahr ist und trotzdem seinen Mann stellt und seine Pflicht tut bis zum letzten. Daher ist es sicher nicht gerade angebracht, solche Beispiele herauszugreifen, wie Koll. Schmerda es tat und diese Beispiele vielleicht als typisch hinzustellen. Ich glaube, er hat es auch nicht so gemeint.

Dann hat Kol. Schmerda von der deutschen Universität gesprochen, im Ausschuß und auch hier. Ich kenne Herrn Professor Fischel, bin sehr gut mit ihm gewesen, denn ich habe mit ihm in Pardubitz beim Militär gedient. Ich weiß nicht, ob er einverstanden ist wenn hier durch Koll. Schmerda für ihn eine solche Propaganda gemacht wird und ich weiß auch nicht, ob Dr. Hecht einverstanden ist, daß Koll. Schmerda gewiß ohne sein Wissen von hier aus einen derartigen Panegyrikus auf ihn gehalten hat, aber was ich und was jeder, ob nun Arzt oder Laie, ablehnen muß, ist, daß eine Einflußnahme auf die Autonomi der Hochschulen genommen wird, gleichgültig, ob von Seiten der Regierung oder vom Parlament. Die Universitäten sind durch eine alte Tradition autonom Das war ihr Stolz und das ist der Hort der geistigen Freiheit. Die deutschen Universitäten haben sich erst dann wieder zu ihrer Höhe erhoben, als sie wieder frei, autonom und selbständig waren. Daß Ungerechtigkeiten auch in einem solchen System vorkommen können, daß auch da einmal parteimäßig oder durch Cliquen intriguenhaft vorgegangen wird, kann vorkommen, das ist aber noch lange kein Grund, die Autonomie der Hochschulen anzutasten. Wenn tatsächlich diese Herren, die Koll. Schmerda genannt hat, so große Männer und solche Kapazitäten sind, die in Rumänien und überall Diplome und Anerkennungen bekommen haben, Weltruf besitzen und 50 und 150 Abhandlungen geschrieben haben, so werden sie sich schon durchsetzen, auch wenn sie nicht an der deutschen Universität einen Professorenstuhl bekommen. Wenn sie tatsächlich solchen Weltruf haben, werden sie wahrscheinlich anderswohin berufen werden. Koch war auch nicht Professor, Koch war gewöhnlicher Landarzt, aber sein Genie hat ihn emporgehoben, daß er eben Professor wurde. Machen wir uns nichts vor, die wirkliche Tüchtigkeit setzt sich immer durch insbesondere im Ärztestand. Auch die Laienheilkunde, die der Koll. Wenzel angezogen hat, und die er mehr berücksichtigt wissen wollte, auch die setzt sich durch, wenn sie in Wirklichkeit besteht. Zum Beispiel Prießnitz! Man braucht nur nach Gräfenberg zu gehen! Was ist heute Gräfenberg, es beruht tatsächlich auf den Ansichten von Prießnitz und seinen Methoden. Die Tüchtigkeit setzt sich durch, da braucht es nicht Paragraphen, die das möglich machen und vorschreiben. Daß Lehrstühle für physikalische Heilmethoden schon bestehen, daß sie mehr gefördert werden sollten, daß solche vielleicht auch neu geschaffen werden könnten an verschiedenen Krankenhäusern, das gebe ich ohne weiters zu, da stimme ich mit ihm vollkommen überein.

In den Krankenhäusern auf dem Lande ist natürlich auch nicht alles golden und glänzend. So haben es die Sparmaßnahmen mit sich gebracht, daß man die jungen Ärzte, die sich draußen bei den Primarien aufhalten, nunmehr dazu verhält, von ihrer ganz geringen Entlohung die Kost zu zahlen, die sie früher umsonst bezogen haben. Das wirkt sich nicht nur finanziell aus, das rächt sich auch an den Kranken, denn auf die Dauer läßt sich der junge Arzt nicht unerhört ausnützen. Die jungen Ärzte bekommen ein so geringes Entgelt, daß dafür kaum ein Dienstmann zu haben wäre. Die jungen Ärzte bleiben infolgedessen nur höchstens ein bis zwei Jahre, in den Krankenhäusern und gehen dann schnell in die Praxis. Dieser ewige Wechsel veranlaßt, daß immer wieder neue, noch nicht praktisch geschulte Ärzte in solche Posten einrücken. Geht nun der Primarius auf Urlaub, denn auch er ist nur ein Mensch und keine Maschine, die ewig arbeiten kann, so muß der ganze Krankenhausbetrieb von diesem nicht ganz erfahrenen Arzt geleitet werden. Ist das gerecht, daß man wegen der geringen erzielten Ersparnisse das Leben und die Gesundheit vieler noch irgendwie gefährdet? Wäre es nicht viel gerechter, wenn man solche Posten mit einem anständigen Gehalt versähe und vielleicht festsetze, daß der Arzt 4 oder 5 Jahre an dieser Stelle bleibe? Die jungen Ärzte würden erstens einmal gründlich in ihrem Fache ausgebildet werden und zweitens wäre eine Stetigkeit in der Leitung dieser Spitäler vorhanden.

Und nun zum Schluß! Nur Lebendiges kann wirken, Gesetz ist tot, bleibt immer ein Buchstabe und niemals Leben schaffend. Aneiferung, nicht Verbote brauchen wir.

Wir lehnen die Annahme dieser Gesetze ab u. zw. aus mehreren Gründen. Erstens einmal sind sie schleuderhaft gearbeitete, ich habe es schon im Ausschuß gesagt. (Posl. dr Schollich: Wie alle Gesetze!) Jawohl, nach einem halben oder nach einem Jahr wird sich wieder herausstellen, daß eine Novellierung notwendig ist und wenn wir heute schon wissen - und das wurde mir auch zugegeben - daß das Gesetz nicht vollkommen ist, daß sich herausstellen wird, daß nicht alles so ist, wie man es sich denkt, wenn man das also schon zugibt, dann lieber keine Änderung, sondern eine gründliche Durchberatung, eine gründliche Überlegung und nicht eine Überhudelung, wie sie im Ausschuß vorgekommen ist.

Der Berichterstatter hat sich einen Rekord geleistet an Schnellsprechen. Ich kann ziemlich gut hören, aber es wäre auch für einen guten Èechen wahrscheinlich nicht möglich gewesen, so schnell zu denken, wie der Mann gesprochen hat. Dann lehnen wir sie aus dem Grunde ab, weil dadurch die Standesautonomie zerstört wird; sie wird wieder ganz unter das Regiment des Ministeriums genommen. Viele Vorrechte, die sie bis jetzt hatten, werden ihnen weggenommen, und der Staatsgewalt übertragen, und zwar der Staatsgewalt erster, zweiter und dritter Instanz. Dann lehnen wir es auch ab, weil uns wieder auch in diesem Falle ein nationaler Verlust zugefügt wird, weil auch in der Aera der deutschèechischen Zusammenarbeit wieder die deutsche Sektion verschwindet. Bis jetzt hatten wir eine deutsche Sektion der Ärztekammer, wo deutsch verhandelt wurde, und eine èechische Sektion der Ärztekammer in Böhmen, wo èechisch verhandelt wurde. Diese hatten ein gemeinsames Präsidium, wo gemeinsam beraten wurde. Jetzt werden wir nur eine einzige Kammer haben, in der natürlich in èechisch verhandelt wird, also wieder ein nationaler Verlust, den die deutschen Regierungsparteien mit auf dem Gewissen haben. Dann lehnen wir es wegen des Berufs- und Tarifszwanges, der in diesem Gesetz enthalten ist, ab. Abänderungsanträge werden abgelehnt und wir bringen infolgedessen keine eigenen ein. Die Zuschriften der Ärzte, die uns aufforderten, eine Änderung zu erzielen, haben wir nach Möglichkeit befolgt. Wir haben im Ausschuß das Möglichste getan, um die schwersten Härten abzubiegen. Daß uns nicht alles gelungen ist - daß wohl in einigen Punkten eine Milderung eingetreten ist, gebe ich zu - daß nicht alles gelungen ist, ist nicht unsere Schuld. So gehen wir mit ruhigem Gewissen an die Abstimmung, die hoffentlich nicht mehr heute stattfindet, sondern morgen (Veselost.) und wir werden mit gutem Gewissen gegen diese Gesetze stimmen. (Souhlas a potlesk poslancù nìm. strany národní.)

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