Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das größte Nationalvermögen
und das höchste Gut eines Staates ist die Gesundheit seiner
Völker. Welches Volk diese Güter erhalten und Krankheiten
verhüten kann, das allein ist ein wahrhaft kulturell hochentwickeltes
Volk. Glauben wir ja nicht, daß sich die Kultur der Völker
ermessen läßt an der Zahl jener Sanitätsgesetze,
welche ein Gesundheitsministerium ohne Rücksicht durchzudrücken
versucht, oder das etwa die Zahl der Sanitätsräte, Ärzte,
Irren- und Krankenhäuser oder der pharmazeutischen Fabriken
maßgebend ist. Viel richtiger ist es, wenn ein Volk nach
und nach diese Dinge vermissen kann.
Gegen die hier im Hause befindlichen Vorlagen stellte sich, wie
wir ja wissen, von allem Anfang an die gesamte Ärzteschaft
ohne Unterschied der Nationalität. Und so mag es wohl auch
gekommen sein, daß die vorliegenden Gesetze als solche entsprechend
frühzeitig in ihren einzelnen Fassungen geändert worden
sind. Das Ärzte- und Ärztekammergesetz sollen Gesetze
werden, welche der gesamten Heilkunde dienen. Diese Tendenz stellte
sich der Referent, als er den Entwurf ausarbeitete, in viel zu
geringem Maße. Um die Bedeutung dieser beiden Entwürfe
zu erfassen, ist es erst notwendig, daß wir uns dessen bewußt
werden, daß die gesamte Heilkunde in ihrer freien Entwicklung
zum großen Teil gedrosselt ist durch die gegenwärtigen
Krankenkassen, gedrosselt ist durch das gegenwärtige System
in diesem Staate. Die Krankenkassen in ihrer heutigen Form haben
ihren ursprünglichen Zweck, Unbemittelten und Minderbemittelten
ärztliche Hilfe guter Qualität zu beschaffen längst
vergessen und sind heute eigentlich finanzielle Großunternehmen
geworden, wo schon seit Jahren der Versicherte als Arbeitnehmer
und der Zahler als Arbeitgeber nicht mehr wählen und so in
die Verwaltung nicht mehr hineinreden darf. Eine solche Einstellung
der Krankenkassenverwaltung brachte es mit sich, daß die
ärztliche Arbeit und so auch die Wohltätigkeit zu einem
seelenlosen und erzwungenen Massenbetrieb organisiert wurde. Die
Krankenkassen und die Heilfonds brachten eine bürokratische
Zettelwirtschaft, eine Art Markenkleberei mit sich. Der Arzt ist
auf diese Art mit Hilfe gewisser politischer Machtfaktoren von
seiner Wirkungsmöglichkeit weit abgedrängt worden. Ein
Großteil der Gesamtbevölkerong wurde so zwangsweise
unter die Verhältnisse der Armenbehandlung gestellt, indem
immer und immer wieder wirtschaftlich leistungsfähigere Bevölkerungsschichten
und Berufsgruppen in die Zwangsversicherung mit hineingezogen
wurden, um die ständig anwachsenden Verwaltungskosten zu
decken.
Wie steht es nun heute mit dem Ärztestand? Der Staatsmediziner,
der Arzt der Krankenkassen und der Heilfonds hat in seiner freien
Entwicklung systematisch gelitten. Die freie ärztliche Praxis
wurde gedrosselt. Die Ethik ärztlicher Arbeit und die Psyche
kranker Menschen, ärztliche Arbeitskraft und kranke Menschen
wurden zu einem Massenartikel herabgesetzt, bei dem Angebot und
Nachfrage monopolisiert und durch eine zentralisierte Staatsverwaltung
nach engherzigen Vorschriften geregelt wird. Die Arbeiterschaft
hat dabei kaum etwas gewonnen, die anderen aber viel verloren.
Die effektiven Leistungen stehen in einem krassem Verhältnis
zu den ungeheueren Lasten, die so der Allgemeinheit aufgebürdet
werden. Das Durchschnittsniveau ist nicht gehoben, sondern verschlechtert
worden.
Die Krankenkassen bieten heute das Bild einer staatlich sozialisierenden
aber nicht mehr einer sozialen Auswirkung. An Stelle ärztlicher
Qualitätsarbeit, die auf nie ruhendem Fortschritt wissenschaftlicher
Forschung beruht, ist der in allen Einzelheiten bürokratische
organisierte Massenbetrieb niederster Qualität getreten.
Wo bleibt hier Freiheit und Fortschritt? Für die überwiegende
Mehrzahl der praktischen Ärzte ist die freie privatärztliche
Tätigkeit auf ein Minimum herabgesunken.
Wie ein gegenwärtiger Krankenkassenbetrieb aussieht, welche
Diagnosen und Behandlungsmethoden man aus solchen Betrieben in
der Praxis tagtäglich zu sehen bekommt, wie schwer oft kranke
Menschen auf solche Weise geschädigt werden und mit welchen
Mitteln solche Ärzte es trotz alledem doch noch verstehen,
sich bei den Patienten beliebt zu machen, darüber braucht
man wohl heute kein Wort mehr zu verlieren. Uns allen ist heute
diese Praxis leider zur Genüge bekannt. Die bekannte Schnelldiagnose:
womöglich durch die Kleider hindurch - die ganz Geübten
bringen diese Schnelldiagnose sogar fertig, während sie gleichzeitig
mit unleserlicher Schrift die verschiedenen vorgeschriebenen Formulare,
dann in rascher Auswahl ein Rezept aus den erlaubten Mitteln ausfüllen,
die Beherrschung von 5 bis 10 Rezeptformen genügt für
die Erfordernisse der Praxis - und dann bitte der Nächste.
Es liegt mir fern, solchen Ärzten irgendeinen persönlichen
Vorwurf machen zu wollen, denn sie handeln unter dem Drucke eines
unwiderstehlichen Zwanges und nach den gegebenen Verhältnissen.
Ich bin überzeugt, daß es allen Ärzten viel lieber
wäre, wenn sie irgendwie die Möglichkeit hätten,
mit Sorgfalt und nur nach ihrem ärztlichen Gewissen zu arbeiten.
So sind die Ärzte meiner Überzeugung nach die Opfer
ihrer eigenen wirtschaftlichen Not und des fortschreitenden Verfalles
ihrer eigenen Stellung. Man müßte schon aus diesen
Betrachtungen heraus seitens der Regierung eine ganz andere Maßnahme
im Interesse der Bevölkerung und der Ärzte erwarten,
als diese beiden Ärztegesetze.
Was bringen uns die beiden Gesetzesvorlagen? Sie bringen eine
ungeheuere Belastung in der Verwaltung und eine völlige Einengung
in der freien Entwicklung. Wir vermissen in diesen Regierungsvorlagen
jedwede Förderungsmaßnahme der physikalischen Anwendungsarten
in der Heilkunde. Wir sehen hier einen sehr großen Fehler.
Wir finden in beiden Gesetzentwürfen eine vollständige
Ausschaltung der Förderungsmaßnahmen der naturgemäßen
Heilmethoden des Naturheilverfahrens. Wir sehen auch, daß
der bisherige Zwangskurs, die Zwangsbehandlung mit gefährlichen
Giften, wie Salvarsan, Quecksilber und Wismut weiter gehandhabt
werden soll. Ob dies die richtige Art ist, dem Arzte die Kunden
zu erhalten, ist zweifelhaft. Aber wir wollen nicht in das eigentliche
Wesen in dieser Richtung eingehen, sondern wir müssen die
Frage aufrollen, wie steht es eigentlich heute mit der Heilmittelbeschaffung,
wie steht es mit den Erleichterungen, die man bisher dem Apothekergewerbe
schaffte? Ich habe seit Jahren die Hilferufe der gesamten Pharmazeuten
und Apotheker gehört und wir müssen feststellen, daß
trotz der vielen Versprechungen, Petitionen und Zuschriften an
das Gesundheitsministerium auf diesem Gebiete überhaupt nichts
gemacht wurde.
Wir wollen ganz frei und offen die Apothekerschaft sprechen lassen.
Die Zeitung "Der Apothekerverband" schreibt: Schon seit
Jahren führt die ganze Apothekerschaft der Èechoslovakischen
Republik einen schweren Kampf um die Valorisierung der Arzneitaxen.
Alle Lebensmittel, alle Gehalte und Löhne, alle gewerblichen
und wirtschaftlichen Erzeugnisse sind gegenüber den Friedenswerten
längst valorisiert, d. h. der Entwertung der Friedenskrone
entsprechend um das 7 bis 10-fache oder noch mehr erhöht
worden, in allen Ländern Europas wurde auch die Arzneitaxe
längst den geänderten Geldverhältnissen angepaßt.
Die Erhöhung beträgt in Österreich das 7-fache,
in Deutschland das 8 bis 9-fache der Friedenswerte. Nur in der
Èechoslovakei wird den Apothekern die Valorisierung der
Arzneitaxe immer vorenthalten. Die Taxe der Rezepturarbeiten beträgt
nur das 2 1/2 bis 3-fache der Friedenssätze. Das Mischen
der Arznei kostete z. B. im Frieden 20 Heller, heute 48 Heller,
ja man hat den Zuschlag für Materialwaren, in welchem die
Fracht- und die Portospesen sowie die Untersuchungsgebühren
inbegriffen sind, von 100% sogar auf 55% herabgesetzt. Als im
Jahre 1922 die Einkaufspreise für Chemikalien zu schwindelnder
Höhe emporschnellten, verweigerte man die Wiederherstellung
des früheren Zuschlages, trotzdem sich die Einkaufspreise
längst wieder stabilisiert haben. Der Grund für die
Verweigerung der Aufwertung und Herstellung des früheren
Zustandes liegt darin, daß die Arzneitaxe zu einem Politikum
geworden ist, daß die Krankenkassenverbände ihre politische
Macht rücksichtslos ausnützen und daß die Arzneitaxe
nicht etwa von dem Ministerium für öffentliches Gesundheitswesen
herausgegeben und bewilligt wird, sondern bei uns alle Ministerien
durchlaufen und vom Ministerrat genehmigt werden muß, was
sonst in keinem Lande der Welt der Fall ist.
Man beurteilt die materielle Lage der Apotheker im allgemeinen
nur nach jener der gutsituierten, insbesondere der Großstadtapotheker,
die durch Erzeugung eigener oder durch Generalvertretung ausländischer
Spezialitäten eine besondere Einnahmsquelle haben. Auf die
zahlreichen Landapotheker, die jahraus, jahrein ohne Hilfskraft
arbeiten, Tag und Nacht angehängt sind, deren Gesamtumsatz
nicht mehr als 100.000 Kè beträgt, wird nicht Rücksicht
genommen. Die Folge davon ist die fortschreitende Verschuldung
des Apothekerstandes, durch welche auch die Lieferfirmen der Apotheker,
Großdrogerien, Glas-, Kartonnagen- und Verbandstoffabriken,
schwer in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Apothekerschaft
hat eine sachliche umfangreich begründete Darstellung ihrer
Lage gegeben, und beschwert sich darüber, daß das Gesundheitsministerium,
trotzdem es die Verhältnisse der Apothekerschaft kennt, durchaus
nichts für sie unternimmt.
Aber nicht nur die Apotheker haben ihre Beschwerden, wir hören
hier auch Hilferufe über eine Gehaltsregulierung der Apothekergehilfen
selbst. Interessant ist, daß hier die Gruppe der Arbeitgeberschaft
und der Arbeitnehmerschaft in einer Reihe steht und daß
vor allem die Apothekergehilfen selbst zugeben, daß die
Verhältnisse in den Apothekerunternehmungen nicht gerade
die besten sind. Die Gehilfenschaft verlangt also, daß Abhilfe
geschaffen werden soll. Sie sieht selbst ein, daß die wirtschaftlichen
Verhältnisse infolge der Haltung des Gesundheitsministeriums
in dieser Branche nicht mehr haltbar sind und verlangt im Interesse
der Gesundung des gesamten Berufsstandes eine endliche Regelung.
Ich habe hier auch eine Zuschrift vom Verbande der deutschen Pharmazeuten
in der Èechoslovakischen Republik, Ortsgruppe Karlsbad,
die bereits am 10. März 1928 an den Klub der deutschen Nationalsozialisten
gerichtet wurde und worin festgestellt wird, daß die Taxansätze
tatsächlich nicht den gegebenen Verhältnissen entsprechen
und eine Erhöhung der Gehälter für beide Teile
der Apothekerschaft von dringender Notwendigkeit wäre. Die
Apotheker verlangen eine verhältnismäßige Regelung
der Gehälter mit einer vollkommen rechtlichen Begründung
und sagen, daß die heutige Gehilfenfrage bei den Apothekergehilfen
eine trostlose ist. Die Gehälter bewegen sich zwischen 180
bis 390 Kè, so daß man von den Gehältern der
Apothekergehilfen, die doch tatsächlich ein langes Studium
und auch Praxis hinter sich haben, sagen kann, daß sie unter
das Niveau gewöhnlicher Fabriksarbeiter herabgehen. Der Regierungsentwurf
der beiden Gesetze zeigt deutlich, daß ein nationaler Vorstoß
gegen die Autonomie der Ärztekammer beabsichtigt ist. Dieser
Autonomie soll das Grab geschaufelt werden. Betrachten wir einmal
die Gesetze, die seit dem Bestande der Republik diesbezüglich
geschaffen wurden, das Gesetz über die Ausübung der
ärztlichen Praxis, das Gesetz vom 15. April 1920 betreffend
die Übernahme der Sanitätspolizei durch den Staat, das
Gesetz vom 24. Feber 1920 über die Organisation des Sanitätsdienstes
in den Gemeinden, das Gesetz vom 9. April 1920 über die Rechtsverhältnisse
der Heil- und Humanitätsanstalten und das Gesetz vom 14.
April 1920 über die Zahnheilkunde und die Zahntechnik, so
finden wir praktische Beispiele dafür, daß diese Gesetze
durchaus nicht entsprechend den Wünschen der Berufsorganisationen
und durchaus nicht in dem Sinne geschaffen wurden, wie es im Interesse
der Heilkunde notwendig wäre. So wie man nach anderer Richtung
mit Verletzungen des Sprachengesetzes durch die Eisenbahnverwaltung,
durch die Zentralbehörden, durch die Gerichte umspringt,
so sucht man jetzt auch die Autonomie der Ärztekammer umzubringen.
Die Beseitigung der Autonomie der Ärztekammern ist ein schwerer
Vorstoß gegen das freie Recht der gesamten Ärzteschaft.
Der Gesundheitsausschuß hat bei Beratung dieser beiden Gesetzentwürfe
allerdings die größten Schärfen dieser Gesetzentwürfe
gemildert. Wir finden aber immerhin noch eine ganze Menge von
Punkten, denen wir unmöglich zustimmen können. Ich muß
auch feststellen, daß an den Gesetzen etwas Wichtiges fehlt.
In der Èechoslovakei fehlt dermalen ein Lehrstuhl für
physikalische Heilkunde. Gegenwärtig wandern noch Tausende
nach Wörishofen zu Bilz, zu Lahman, kurz in die verschiedensten
deutschen Naturheilanstalten. So wandert das Volksvermögen
ins Ausland. Wir finden, daß sich in den Grenzorten überall
Naturheilkundige etablieren, damit sie nicht vom Arm der èechoslovakischen
Gesetzgebung erreicht werden. Es gibt heute Tausende, die mit
der medizinischen Behandlung keine guten Erfahrungen gemacht haben,
oder von den Medizinern aufgegeben wurden. Ich bin der Meinung,
daß das die Mediziner einsehen und versuchen müßten,
umzulernen. Nach den in der Republik bestehenden Gesetzen ist
es jedermann gestattet, einem Kranken Rat zu erteilen, wenn er
sich nicht dafür bezahlen läßt. Wer sich für
gesundheitliche Ratschläge bezahlen läßt, ohne
ein ärztliches Diplom zu besitzen, wird nach dem sogenannten
Kurpfuscherparagraphen bestraft. Erwachsen dem Patienten aus dem
durch Laien erteilten gesundheitlichen Ratschlägen irgendwelche
Nachteile, so wird der Ratgeber nach dem Strafgesetz verfolgt.
Die streng Handhabung des Verbotes der Behandlung und Beratschlagung
der Kranken durch Laien hatte zur Folge, daß in diesem Staate
niemand die so nützliche Naturheilkunde ausüben konnte.
Es beschränkt sich daher die Verbreitung dieser Wissenschaft
auf wenige Personen, die sie aus reinster Nächstenliebe ohne
Bezahlung ausüben. Viele Kranke haben bei verschiedenen Ärzten
als Staatsmedizinern in den gegenwärtig elend bestellten
Krankenkassen- und Heilfonds vergeblich Hilfe gesucht und diese
erst bei den vielgeschmähten Laienheilkundigen gefunden.
Ein solcher Patient bin auch ich. Vor 30 Jahren von vier diplomierten
Ärzten aufgegeben kam ich durch den Rat meines Stubennachbars
zur Naturheilkunde und wurde gesund. Solche Patienten kenne ich
viele, insbesondere geht es schwerkranken Arbeitern und Angestellten
schon deshalb sehr schlecht, weil ja bekanntlich die Krankenkassen
und auch die Heilfonds bei den gegenwärtigen Verhältnissen
absolut nichts an Heilmitteln bieten können. Wir finden es
deshalb begreiflich, wenn so geplagte arme Kranke zur Selbsthilfe
greifen, um sich so der Naturheilkunde zu bedienen. Die Inspiratoren
der in Behandlung stehenden Gesetzesvorlagen vergessen ganz, daß
die Patienten erfahrungsgemäß erst dann zu den Naturheilkundigen
gehen, wenn sie bei den Ärzten keine Hilfe mehr finden und
daß durch solche Gesetze die Mißerfolge der Schulmedizin
weder verschleiert noch behoben werden. Die Kritik gegen die Schulmedizin
würde ausgeschaltet, wenn man endlich einmal daran ginge,
auch in der Èechoslovakei ebenso wie in Deutschland einen
Lehrstuhl für physikalische Heilkunde, für Naturheilkunde
zu errichten. In Deutschland wurde bereits im Jahre 1927 unter
Leitung von Prof. Dr. Schöneberger das erste deutsche Naturheilkrankenhaus,
das sog. Prießnitzhaus in Mahlow bei Berlin eröffnet.
Naturheilanstalten gibt es in Deutschland und der übrigen
Welt unzählige, aber noch niemals hat man im Rahmen eines
Krankenhauses versucht, klinische Fälle akuter und chronischer
Art den Mitteln der Naturheilkundebehandlung zu unterwerfen. Ich
war in der Lage, mich nach einjähriger Tätigkeit dieses
Naturheilkrankenhauses zu informieren. Ich hörte von den
Ärzten nur hervorragendes Lob. Das Ergebnis dieses ersten
Betriebsjahres beweist, daß eine Behandlung mit den Mitteln
der Naturheilweise in den meisten klinischen Fällen den schnellsten
und sichersten Weg zur Heilung darstellt. Was aber die Natur an
Leiden nicht zur Heilung bestimmt hat, kann mit keinem einzigen
Verfahren der Krankenbehandlung geheilt werden.
Neben diesen Behandlungsergebnissen kommt natürlich auch
das wirtschaftliche Moment in Frage. Würde man seitens der
Ärztekammer und des Gesundheitsministeriums endlich einmal
der Lösung dieses Problems näher treten, so könnte
man die arbeitslosen Staatsmediziner in ihrem Erwerb und in ihrer
Existenz viel besser sicher stellen und wir hätten dann kein
solches Ärzteelend. Man müßte in der gegenwärtigen
Zeit bemüht sein, den gefährdeten Arbeitsplatz der Ärzte
den Wünschen der Bevölkerung anzupassen. Mir liegt es
hier durchaus ferne, gegen die Ärzte einen Vorwurf zu erheben.
Sie handeln ja heute alle unter dem Druck eines unwiderstehlichen
Zwanges. Heilfonds, Krankenkassen, Apotheker und Ärzte sind
durch die gegenwärtige zentralistische Staatsverwaltung in
einen Zustand geraten, der durchaus nicht den Wünschen der
Patienten entspricht. Die ganze Bevölkerung der Èechoslovakischen
Republik befindet sich in Bezug auf die Ärztefrage in einem
zu starren System gesetzlich festgelegter zwangs-weiser Einengung.
Hier wirkt sich der Bürokratismus aus, an die praktische
Seite vergißt man. Die nationalsozialistische Partei wird
nach reiflicher Erwägung der gegenwärtigen Verhältnisse,
wie sie die durch die Sanitätsgesetze geschaffen wurden,
wie es auch diese beiden Vorlagen zeigen, versuchen, einige Abänderungen
und Zusatzanträge zu stellen und je nach Annahme oder Ablehnung
dieser Anträge werden wir uns entscheiden, ob wir für
oder gegen die Gesetzesvorlagen stimmen. (Potlesk poslancù
nìm. strany nár. socialistické.)
Hohes Haus! Nach einer zehnjährigen Stagnation hat uns das
Gesundheitsministerium zwei Vorlagen vorgelegt, die uns heute
beschäftigen. Als die Einrichtung des Gesundheitsministeriums
vor nun 10 Jahren vom alten Österreich übernommen wurde,
da hatten wir an diese Einrichtung unsere Hoffnungen geknüpft.
Da hatten wir geglaubt, daß vom Gesundheitsministerium neue
Impulse ausgehen werden, da hatten wir gemeint, daß nun
begonnen werde mit einer systematischen planmäßigen
Volksaufklärung, da hatten wir geglaubt, daß nun begonnen
werde mit einer sozial-hygienischen Tätigkeit, wie sie für
viele Staaten der Nachkriegszeit so charakteristisch geworden
ist. Wir hatten geglaubt, daß nun auch der administrative
Gesundheitsdienst modernisiert und auf die Höhe der Zeit
gebracht werden würde. Aber nichts von alledem ist geschehen.
Wir hatten gehofft, daß von nun an die Volkskrankheiten,
Tuberkulose und Syphilis, die Geschlechtskrankheiten systematisch
und planmäßig bekämpft werden würden. Auch
das ist nicht geschehen. Auch diese Arbeit hat man privaten Vereinigungen
überlassen, hat sie den Gemeinden und Bezirken überlassen,
ohne ihnen aber dabei hilfreich an die Hand zu gehen. Im Gegenteil,
man hat durch das Verbrechen des Gemeindefinanzgesetzes die soziale
hygienische Tätigkeit der Gemeinden und Bezirke ganz untergraben.
Wir haben das Wenige, was wir an Mutter- und Säuglingsschutz
besitzen in der Sozialversicherung verankert, aber eine große
Anzahl von Frauen und Kindern, und zwar die Hilfsbedürftigsten
sind ja von der Sozialversicherung nicht erfaßt und diejenigen
die erfaßt sind, sind ungenügend betreut und geschützt.
(Pøedsednictví se ujal pøedseda Malypetr.)
Die ganze Fürsorge für die Jugend wird den Landeskommissionen
für Kinderschutz und Jugendfürsorge überlassen
und gerade das Kapitel der Subventionen des Gesundheitsministeriums
für diese Kommissionen ist eines der dunkelsten Kapitel in
dem ganzen Sündenregister.
Was wir brauchen würden, wäre ein modernes Epidemiegesetz,
was wir dringend brauchen würden, wäre ein modernes
Irrengesetz. Unser Irrengesetz ist primitiv, ist brutal, ein neues
modernes von humanem Geiste erfülltes Irrengesetz wäre
wichtig gewesen. Aber nichts von alledem ist geschehen. Was wir
brauchen würden, wäre der Ausbau unseres Krankenhauswesens.
Gerade in den letzten Tagen ist ja der Skandal offenkundig geworden,
wie es mit unserem Krankenhauswesen im ganzen Lande aber insbesondere
hier in Prag aussieht. Unser Parteifreund Gen. Sen. Dr. Heller
hat unlängst im Senate an krassen Beispielen aufgewiesen,
wie der Skandal geradezu zum Himmel stinkt. Auch die Vorstände
der verschiedenen Kliniken, hohe Staatsbeamte, also vorsichtige,
konservative Menschen haben das Wort ergriffen, haben sich geradezu
in die Öffentlichkeit geflüchtet. Vom Gesundheitsausschuß
ist ein Komitee gewählt worden, das eine Anzahl der Kliniken
bereits visitiert hat und das die Anklagen der Vorstände
der Kliniken vollauf bestätigt hat. (Výkøiky
posl. dr Macka.) Auch meine Vorredner haben hier aufgezeigt,
wie es in den Krankenhäusern, in den Kliniken mitten im Herzen
der Republik bestellt ist und so gestatten Sie mir, daß
ich Ihre Aufmerksamkeit auch ein wenig auf die Kinderklinik und
auf die Landesgebäranstalt lenke.
Das Elend der Kinderklinik hat begonnen, als man innerhalb seiner
Räume die Landesgebäranstalt etablierte, und die Raumnot,
die unmittelbar dadurch hervorgerufen wurde, hat direkt katastrophal
gewirkt sowohl auf die Kinderklinik als auch auf die Landesanstalt.
Im Nu sind 150 Betten - und 150 Betten bedeuten natürlich
auch die Aufnahmsmöglichkeit für 150 Kinder - herabgemindert
worden auf 50 Betten und alle Beschwerden an den Präsidenten
der Republik, an das Parlament, an den Senat, an den damaligen
Landesausschuß, sind gänzlich fruchtlos verlaufen.
Auch eine andere Intervention ist fruchtlos verlaufen. Bisher
war der Modus gehandhabt worden, daß auch Kinder aufgenommen
und behandelt wurden, die älter sind als 1 Jahr, aber von
nun an wurde streng darauf geachtet, daß von dem vollendeten
ersten Lebensjahr ab die Aufnahmsmöglichkeit ausgeschlossen
ist. Der frühere Hochschulreferent Professor Wagner hat wiederholt
in dieser Angelegenheit interveniert und erst vor ganz kurzer
Zeit ist er unter Scheingründen abgewiesen worden. Das wirkt
sich katastrophal aus nicht nur für die armen kranken Kinder,
sondern auch für den didaktischen wissenschaftlichen Betrieb
der Klinik. Der wissenschaftliche Betrieb der Klinik verlangt
es kategorisch, daß alle vorhandenen Räume für
die Zwecke der Klinik okkupiert werden. Das bringt es z. B. mit
sich, daß die Bücherei in einem Vorraum des Privatzimmers
des Leiters der Klinik untergebracht ist und zwar schlecht und
mangelhaft untergebracht, das bringt es weiter mit sich, daß
das Roentgeninstitut in einem ungenügenden Raume untergebracht
ist, so daß bei Demonstrationsvorlesungen nur vor Gruppen
von Studenten vorgelesen werde kann, was eine unerhörte Zeitvergeudung
bedeutet, aber auch eine Gefährdung der Gesundheit und des
Lebens jener Menschen, die sich beim Roentgenapparat aufzuhalten
haben, also die Patienten, die Wärterinnen und die Ärzte.
Alle Räume, die Operationsräume, die Manipulationsräume
sind zu klein und es ist auch z. B. keine Möglichkeit vorhanden,
Stoffwechseluntersuchungen vorzunehmen, wie sie zum eisernen Bestand
einer Kinderklinik gehören. Diese kleinen Räume bedeuten
auch, daß die Kranken, auch schwer Kranke, den Studenten
in Gruppen oft dreimal vorgeführt werden. Wir sind infolge
einer Beschwerde einer hochschwangeren Hausgehilfin, die sich
an die deutsche Landeskommission für Kinderschutz- und Jugendfürsorge
gewendet hatte, inspizieren gegangen und haben dort diese skandalösen
Dinge sehen müssen. Die betreffende Hausgehilfin hatte geschrieben,
daß sie vier Stunden lang zu Lehrzwecken auf dem Operationstische
liegen mußte.
Meine Herren und Frauen! Wir erkennen ohne weiters die Notwendigkeit
an, daß zur Entwicklung der medizinischen Wissenschaft das
Studium am lebendigen Menschen notwendig sei. Das anerkennen wir,
aber damit ist nicht gemeint, daß solche Methoden notwendig
wären. Es handelt sich ja nur um vermögenslose Menschen,
die der Wissenschaft einen solchen schweren Opferdienst leisten.
Zumindestens könnten wir fordern, daß ein wenig nachgedacht
werde, wieviel köperliche und seelische Qualen diesen armen
Menschen erspart werden können. Das vorhandene Wartezimmer
mußte aus zwingenden Gründen in einen zweiten Ambulanzraum
umgestaltet werden. Das bedeutet nun, daß, wie schon Senator
Genosse Dr. Heller im Senat gesagt hat, die Menschen, die
zur Operation kommen, zusehen müssen, wie andere vorher operiert
werden, nur ist es in diesem Falle noch erschreckender, weil es
sich um Kinder handelt. Ein zweiter Operationsraum für schwere
Operationen, die der aseptischen Behandlung bedürfen, ist
auf vieles Drängen des Leiters vom Unterrichtsministerium
bereitgestellt, indem es die Umgestaltung des Badezimmers in ein
zweites Ambulanzzimmer bewilligte. Auf vieles Drängen des
Leiters der Klinik ist eine Glasveranda als offene Liegestätte
für tuberkulose Kinder eingerichtet worden, aber die Kinder
können sich dort nicht aufhalten, denn der Raum ist schwer
heizbar. Die ganzen Wintermonate ist diese Veranda für diese
armen Kinder unbenützbar. Die Räume sind im allgemeinen
trist, kühl und schwer heizbar und es ist ein böses
Kapitel, was in diesem Winter die Kinder, die Patienten, Wärterinnen
und Ärzte gelitten haben. Einer Frühgeburt, einem Embryo
ist die Nase abgefroren. Es besteht ferner dort keine Möglichkeit
verdächtig erkrankte Kinder zu isolieren. Es ist ein Isolierraum
da, aber er ist ungenügend und viel zu klein, außerdem
ist die Lage ungeeignet, denn knapp neben dem Isolierraum befindet
sich links am Eingang eine Senkgrube, wo der Unrat vom ganzen
Haus abgelagert wird. Neben dieser Senkgrube steht jahraus, jahrein
eine Anzahl von großen Blechgefäßen, die die
städtische Verwaltung für diese Zwecke beistellt und
die mit Unrat immer überfüllt und das ganze Jahr offen
sind. Wenn ich nun noch sage, daß die Klinik von oben bis
unten voller Wanzen ist, so haben Sie ein ungefähres Bild
der Kinderklinik in Prag. Wenn man sich diese Krankenanstalt anschaut
und sich vergegenwärtigt, was auf diesem Gebiete von der
Roten Gemeinde Wien geschehen ist, dann wird es einem klar, was
für ein Unterschied zwischen einem Gemeinwesen besteht, das
von Sozialisten regiert wird und einem Gemeinwesen, das wohl Geld
für Rüstungszwecke und für den Militarismus hat,
aber kein Geld für seine Krankenanstalten.