Aber auch im allgemeinen hat sich hier, nicht
nur in Schlesien, sondern im ganzen Staatsgebiet, eine besondere
Eigentümlichkeit bemerkbar gemacht. Die Gendarmen, die man
auf der einen Seite wie Militärpersonen behandelt, sind auf
der anderen Seite wiederum eine bevorzugte Menschenklasse, deren
Angaben von allen Behörden und Gerichten, ja selbst den höchsten
Instanzen, unbedingter Glaube beigemessen wird. Diese unbedingte
Glaubwürdigkeit ist fast jedesmal bei der Urteilsfällung
für die unteren, aber auch für die oberen Gerichte entscheidend.
Wir haben es erlebt, besonders beim Troppauer Landesgericht, daß
gegen solche Gendarmen eine ganze Reihe von anderen Zeugen geführt
worden ist, die unter Eid aussagten und daß der Nachweis
erbracht wurde, daß diese Gendarmerieorgane die Sprache
gar nicht beherrschen, außerstande sind, eine Sache so zu
verfolgen, um als glaubwürdige Zeugen auftreten zu können,
daß aber den Aussagen dieser Zeugen kein Glauben geschenkt
wurde, während den Aussagen des Gendarmerieorgans unbedingte
Glaubwürdigkeit beigemessen wurde und auf Grund dieser Aussagen
Verurteilungen erfolgt sind. Diese unhaltbaren Rechtszustände
tragen sicher dazu bei und müssen dazu beitragen, daß
das Rechtsbewußtsein bei der gesamten Bevölkerung erschüttert
werden muß.
Denn bei aller Anerkennung und Wertung der
Aufgaben und der Dienstleistungen, die der Gendarmerie gestellt
sind, wenn es sich um Aufgaben handelt, zu denen sie berufen erscheint,
muß gesagt werden, daß auch die Gendarmen keine hundertprozentigen
Edelmenschen sind, daß sie genau so wie andere Menschen
Irrungen und Fehlern unterliegen, daß daher eine solche
Art von Bevorzugung und die Beimessung unbedingter Glaubwürdigkeit
das Rechtsbewußtsein sicherlich schwer erschüttern
muß.
Wogegen wir uns auch bei Behandlung dieses
Gesetzes auf das Schärfste aussprechen müssen,
ist, daß man hier im èechoslovakischen Staate mehr
als im rückständigen Österreich die Gendarmen als
Schutztruppe der Unternehmer betrachtet, wenn die Arbeiter Kämpfe
um Besserstellung ihrer Existenz führen. Nicht nur, daß
die Gendarmen zum Schutze der Arbeitswilligen,
wie man angibt, zum Schutze des Unternehmers, gerufen werden,
leisten sie auch Assistenz, wenn es sich darum handelt, Arbeiter,
die in Werkwohnungen wohnen, wenn sie nicht freiwillig, nicht
bedingungslos das tun, was der Unternehmer will, aus den Wohnungen,
wie es in Kunau der Fall war, herauszubefördern. Hier sieht
man, daß der Grundsatz, daß alle Staatsbürger
gleich zu behandeln sind, nicht zutrifft und daß die Gendarmen
besonders den Unternehmern gegenüber eine andere Haltung
einnehmen als gegenüber dem streikenden oder kämpfenden
Arbeiter.
Aber nicht nur das. Im alten Österreich
hätte man sich wahrlich geschämt, die politische Versammlungstätigkeit
einer derartigen Kontrolle zu unterwerfen, wie *es hier im demokratischen
Staate der Fall ist. Bis in die entlegensten Gebirgsdörfer
werden Gendarmerieorgane entsandt, die unbedeutendsten Sitzungen
werden überwacht, selbst zu Arbeiterfestlichkeiten sucht
man Gendarmerieorgane zu mobilisieren. Kurzum ein System, das
die schärfste Kritik herausfordert und wogegen wir bei Behandlung
dieses Gesetzes aufs Schärfste protestieren müssen.
Unser Kampf - das möchte ich ganz besonders hervorheben -
richtet sich vor allem gegen dieses System und seine Auswirkungen,
richtet sich aber nicht gegen die einzelnen Menschen, die gezwungen
sind, diesem System zu dienen, wo vielleicht ein Teil von ihnen
sich nur mit Widerwillen für diese Aufgaben mißbrauchen
läßt, wozu er durch die gegenwärtigen Machtverhältnisse
gedrängt wird. Deshalb verlangen wir auch, daß diese
Personen, die den Gendarmerieabteilungen unterstellt sind und
die vielleicht gegen ihre Überzeugung ein System mitmachen
müssen, gegen das sie sich aufbäumen, entmilitarisiert
und nicht unter die Zucht- und Disziplinarbestimmungen dieses
Gesetzes, das für sie entwürdigend ist, gestellt werden,
sondern daß sie den Disziplinarbestimmungen unterstellt
werden, die für alle Staatsangestellten gelten. So sehr wir
das System und seine Auswirkungen bekämpfen, so sind wir
auch bestrebt, alles zu tun, um den Menschen, die diesem System
dienen, das zu geben, was sie mit Recht beanspruchen und fordern
können. Das müssen wir feststellen, daß man zwar
ein Zucht- und Disziplinargesetz schafft, das für die Menschen,
die es angeht, entwürdigend ist, daß man dem Gendarmen
aber bis heute noch immer das ihnen den Raub des Wahlrechtes durchgeführt
hat, daß man bei den Gendarmen die Standesorganisation verboten
hat und daß man sie überhaupt als Staatsangestellte
II. Klasse behandelt. Ihre Bezüge sind bis heute noch nicht
gesetzlich festgelegt und geregelt, sondern durch besondere Vorschriften
des Ministeriums, sie haben also noch lange nicht die sicheren
Ansprüche wie die Staatsangestellten. Deshalb sind wir dafür,
daß auch diese Menschen, wenn sie auch einem System dienen,
das wir bekämpfen, das Recht gesichert wird, auf das sie
Anspruch besitzen. Wir wenden uns gegen diese unerhörte Behandlung,
wie sie den Gendarmerieorganen zuteil wird und auch sonst im vorliegenden
Gesetz zum Ausdruck kommt. Dieses Gesetz ist überhaupt interessant.
Es sollen die Dienstverhältnisse der Gendarmen doch nach
etwas anderem geregelt werden als nach den militärischen
Bestimmungen. Ich habe schon darauf verwiesen, daß unseres
Erachtens nicht die militärischen Disziplinarbestimmungen,
sondern die der Staatsangestellten für die Gendarmerieorgane
in Betracht kommt, (Pøedsednictví pøevzal
místopøedseda Stivín) daß
ihr Dienstverhältnis auf einem öffentlichrechtlichen
Vertrag beruht und daß daher die Forderung nach Etmilitarisierung
dieser Personen selbstverständlich sein müßte.
Das vorliegende Gesetz ist wahrlich nicht von demokratischem Geist
erfüllt; § 2 legt fest, was alles unter die Zuchtgewalt
fällt, welches die Handlungen und Unterlassungen sind, die
dabei in Betracht kommen. Aber entscheidend ist, daß nicht
der Vorgesetzte, die Charge, bestimmend ist, ob die Zuchtgewalt
ausgeübt wird oder nicht, sondern daß nach einer Dienstvorschrift,
die der Minister erlassen wird, festgesetzt wird, wer die Zuchtgewalt
besitzt. Es ist also vollständig der Laune und Willkür
irgendeines Ministerialbeamten überlassen, einen Menschen,
der das Vertrauen dieser hohen Bürokraten besitzt, mit der
Zuchtgewalt zu betrauen und es ist daher die Möglichkeit
geboten, die Zuchtgewalt gegenüber diesen Menschen willkürlich
zur Anwendung zu bringen. Wenn auch der § 6 dieses Gesetzes
erklärt, daß die Strafe, sei es nun die Zucht- oder
die Disziplinarstrafe, bloß nach reiflicher Erwägung
verhängt werden darf und daß diese Strafe nicht der
Ausdruck einer persönlichen Feindschaft oder einer augenblicklichen
Stimmung sein darf, so weiß man doch, was man von einer
solchen Bestimmung, wonach nicht eine Körperschaft, sondern
ein einzelner Mann die Strafe verhängt, zu halten hat. Ebenso
finden wir, daß der Bestrafte wohl eine Beschwerde einbringen
kann, daß er sie binnen 8 Tagen einbringen muß, daß
er sie selbst einbringen und begründen muß und bei
dem Vorgesetzten überreichen muß, der die Strafe verhängt
hat. Das wird nun schon oft aus Furcht nicht geschehen. Das Interessanteste
ist, daß dieser Vorgesetzte, der die Strafe verhängt
hat, dann einen Strafaufschub aussprechen kann, wenn er glaubt,
daß der Beschwerde des Bestraften Rechnung getragen werden
dürfte. Wozu hat der Mann dann erst die Strafe verhängt,
wenn er glaubt, daß eine höhere Instanz oder ein höherer
Vorgesetzter zur Erkenntnis kommen kann, daß die Strafe
zu Unrecht verhängt worden ist? So gibt es eine Reihe von
Bestimmungen in dieser Vorlage, und wenn auch der Versuch unternommen
wird, deren Sinn durch einzelne Worte zu mildern, so ist doch
dieser Versuch bedeutungslos und es bestehen so viele Unklarheiten
und Auslegungsmöglichkeiten für den einzelnen Vorgesetzten,
es können so viele Strafmöglichkeiten gegen die in Betracht
kommenden Personen zur Anwendung gebracht werden, daß sie
sich nicht zur Wehr setzen können und die genannten Milderungsversuche
daher vollständig illusorisch sind. Die Disziplinarausschüsse
und besonders die in der ersten Instanz werden aus vier Mitgliedern
und deren Stellvertretern zusammengesetzt. Wir sind nicht der
einzige Staat, der für die militärischen Formationen,
auch wenn ich diese Gendarmerieorgane nicht als Staatsangestellte
betrachte, solche Disziplinarausschüsse hat, aber in anderen
Staaten wird den in Betracht kommenden Menschen die Möglichkeit
gegeben, diese Disziplinarkommissionen entweder selbst zu wählen
oder ihre Vertrauensmänner hinein zu entsenden. Hier werden
aber die Mitglieder der Kommissionen einfach ernannt und zwar
vom Ministerium des Innern und vom Landesgendarmeriekommando,
ohne daß die Leute, die es angeht und für die eine
solche Untersuchung eine Schicksalsfrage bedeutet, etwas dazu
sagen dürfen. Hier fehlt jeder Gedanke einer Demokratie,
hier müßte den in Betracht kommenden Menschen das Recht
eingeräumt werden, bei diesen für sie so entscheidenden
Schicksalsfragen durch ihre Vertrauensmänner vertreten zu
sein und ihre Angelegenheiten von Menschen abgeurteilt zu wissen,
die nicht von Bürokraten ernannt werden, sondern durch das
Vertrauen der in Betracht kommenden Personen gewählt werden.
Das ist von großer Bedeutung, weil in dem Gesetz die versteckte
Bestimmung enthalten ist: wenn einer gestraft wurde, sei es nun
auf Grund der Bestimmungen der Zuchtgewalt oder der Disziplinarvorschriften,
so wird ihm die Strafe eingetragen. Sie bedeutet einen schwarzen
Fleck, aber es besteht die Möglichkeit der Wiedergutmachung,
und wenn er eine Zeit lang keine Strafe bekommt, so wird die Strafe
gestrichen und der Mann kann in seine alten Rechte wieder eingesetzt
werden. Gerade deshalb müßte eine Kontrolle bestehen,
ob die Strafe gerecht oder ungerecht war und es dürfte nicht
der vom Ministerium oder vom Landesgendarmeriekommando bestimmte
Bürokrat die Entscheidung fällen, sondern die Vertrauensmänner,
die von den Leuten gewählt werden, für die die Entscheidung
eine Schicksalsfrage bedeutet. So gibt es eine Reihe von anderen
Bestimmungen, die zum schärfsten Widerspruch herausfordern,
vor allem im Verfahren vor dem Ausschuß, vor allem, daß
das Verfahren vor dem Ausschuß, das sehr umfangreich ist,
vollkommen geheim bleibt, daß die Öffentlichkeit davon
nichts erfährt und die Bürokraten in der Lage sind,
vollständig allein und für sich das entscheidende Wort
zu reden.
Nach all dem ist es wohl klar, daß sich
unsere Fraktion gegen dieses Gesetz aussprechen muß. Wir
haben eine ganze Reihe von Abänderungsanträgen gestellt.
Diese sind, auch wenn sie angenommen werden, noch immer nicht
jenes Gesetz, dem wir unsere Zustimmung geben könnten. Sie
wird nur einen Großteil der unklaren und für die in
Betracht kommenden Menschen unerträglichen Bestimmungen mildern
und sie würden dieses Gesetz wenigstens etwas demokratischer
gestalten, als es gegenwärtig vorliegt. Unsere Stellungnahme
zu diesem Gesetz kommt darin zum Ausdruck, daß wir gegen
die Auswirkungen dieses Systems, das sich hier in diesem Staate
besonders über höheren Auftrag bemerkbar macht, den
schärfsten Protest erheben, daß wir dieses System auf
das schärfste bekämpfen, was uns aber nicht hindert,
für die Rechte dieser Menschen einzutreten, die gezwungen
sind, vielleicht gegen ihren Willen diesem System Dienste zu leisten.
Aus diesem Grunde werden wir gegen dieses Gesetz stimmen. (Souhlas
a potlesk nìm. soc. demokratických poslancù.)
Meine Herren! Wir müssen auf den Gegenstand,
der zur Verhandlung steht, in einem andern Zusammenhang zu sprechen
kommen, als es die Tagesordnung erfordert. In Odrau ist vor einigen
Tagen ein großer sozialer Konflikt ausgebrochen. Die Firma
Optimit, eine ausländische Aktiengesellschaft, beutet dort
über 600 Arbeiter aus. Diese Firma erzielt Jahr für
Jahr außerordentlich hohe Profite. Mit dem erzielten Gewinn
sind die Herren Aktionäre nicht zufrieden, sie rechnen mit
einem erhöhten Profit und zu diesem Zwecke versucht die Firma,
mit Hilfe der Rationalisierung mehr aus den Arbeitern herauszuschinden,
als es bis jetzt möglich war. Nebst der Rationalisierung
der Arbeitsmethoden will die Firma daran gehen, die Löhne
der Arbeiter unverzüglich um ein beträchtliches abzubauen.
Die Forderungen der Firma werden nicht mehr wie bisher von der
Direktion vertreten, sondern um den Forderungen einen entsprechenden
Nachdruck zu verleihen, versteckt sich die Firma hinter den Industriellenverband,
dem sie sich angeschlossen hat, und dieser verfügte sofort
die Kündigung des Vertrages mit der Arbeiterschaft und überreichte
den Arbeitern bezw. deren Vertrauenspersonen eine Reihe von krassen,
besser gesagt von unverschämten Forderungen. Die Forderungen,
die der Unternehmerverband den Vertrauenspersonen der Arbeiter
überreichte, sehen wie folgt aus: Eine direkte Lohnherabsetzung
um 30 bis 50%, eine Herabsetzung der Lohnsätze für Überstunden
um 25%, für Sonntagsüberstunden um 50%, von den sieben
bezahlten Feiertagen sollen fünf gestrichen werden. Ferner
wird die Urlaubszeit, die jetzt bei den meisten Arbeitern über
das gesetzliche Maß hinaus festgesetzt war, auf das Ausmaß
der gesetzlichen Bestimmungen reduziert. Weiters fordert die Firma
die Einführung einer Arbeitsordnung. Obwohl die hier angeführten
Forderungen außerordentlich scharf sind, kann man nicht
sagen, daß sie die Hauptsache in dem Lohnkonflikt darstellen.
Der Firma geht es um etwas anderes, um etwas Wichtigeres. Im Unternehmen
der Optimitwerke sind die Arbeiter seit Jahren außerordentlich
gut organisiert. Es gab und gibt bis zur Stunde keine Erschütterung
der Festigkeit dieser Organisation und das ist für den Unternehmerverband
ein unerträglicher Zustand. Dem Unternehmerverband geht es
nicht allein und nicht so sehr um die Herabsetzung der Löhne,
als vielmehr darum. Mittel ausfindig zu machen, mit deren Hilfe
die Firma eine gelbe Betriebs-Organisation züchten könnte.
Und daher richtet sich der Hauptangriff des Industriellenverbandes
auf die Errungenschaft der Odrauer Arbeiter, die in der Tatsache
zum Ausdruck kommt, daß auf die Arbeitsvermittlung bis jetzt
die Vertrauenspersonen einen entscheidenden Einfluß ausgeübt
haben. Das, was die Firma bzw. der Industriellenverband verlangt,
ist nicht mehr und nicht weniger als eine Preisgabe dieser Errungenschaft.
Die Firma verlangt, daß dem Zustand ein Ende gesetzt werde,
demzufolge die Vertrauespersonen der in den Optimitwerken beschäftigten
Arbeiter das Recht haben, auf die Vermittlung der Arbeiter entscheidenden
Einfluß zu nehmen. Bei den Verhandlungen, die am 26. und
am 29. Mai stattfanden, sind die Direktoren der Firma hinter die
Vertreter des Industriellenverbandes zurückgetreten. Als
Wortführer des Industriellenverbandes trat ein gewisser Herr
Ingenieur Klatovský auf. Er war nicht wenig überrascht,
als er merken konnte, daß die Vertrauenspersonen der Arbeiterschaft
auf die unerhörten Provokationen des Industriellenverbandes
nicht hineinfallen wollten. Die Arbeiter haben sich vielmehr bereit
erklärt, auf gewisse Forderungen der Direktion einzugehen.
Sie haben sich zu einem Lohnabbau von 3 bis 15% bereit erklärt,
in der Frage der Herabsetzung der Löhne für gewönhliche
Überstunden haben sie die Bedingungen des Unternehmerverbandes
überhaupt anerkannt, soweit es sich um Überstunden bis
8 Uhr handelt. Ferner waren sie bereit, von den sieben Feiertagen,
die bis jetzt bezahlt wurden, drei preiszugeben und sie waren
schließlich damit einverstanden, daß die Urlaube auf
das Ausmaß der gesetzlichen Bestimmungen reduziert werden,
ausgenommen bei jenen Arbeitern, die länger als 10 Jahre
im Betriebe beschäftigt sind. Auch mit der Einführung
einer Arbeitsordnung erklärten sich die Vertrauenspersonen
der Arbeiterschaft im Prinzip einverstanden. Es ist aber selbstverständlich,
daß sich die Vertrauenspersonen entschieden weigerten, ein
Diktat des Industriellenverbandes entgegenzunehmen, soweit es
sich auf die Frage der Arbeitsvermittlung bezieht, obwohl man
nicht sagen kann, daß die Vertrauenspersonen auch hier einen
allzu schroffen Standpunkt eingenommen hätten. Die Vertrauenspersonen
erklärten sich vielmehr bereit, auf diesem Gebiete ein Zugeständnis
in dem Sinne zu machen, daß sie sich damit begnügten,
bei der Aufnahme von Arbeitern eine doppelte Anzahl der erforderlichen
Arbeiter vorzuschlagen und es der Direktion zu überlassen,
aus den Vorgeschlagenen die entsprechende Auswahl zu treffen.
Als der Vertreter des Unternehmerverbandes erkannte, daß
seine Provokation zu dem gewünschten Ergebnis nicht führt,
setzte er sie fort, indem er sogleich die Forderungen verschärfte,
neue Lohnreduktionen ankündigte und neue Forderungen stellte.
Daraufhin wurden die Verhandlungen von Seiten des Unternehmerverbandes
sofort abgebrochen, als die Vertreter der Arbeiter diese zweite
Provokation entschieden zurückwiesen. Und nun hat die Direktion
unter Führung des Iidustriellenverbandes sozusagen kurzen
Prozeß gemacht. Sämtliche Arbeiter, über 600 Personen,
wurden unverzüglich auf die Straße geworfen. Die sofortige
Kündigung erfolgte mit Berufung auf eine Arbeitsordnung,
die seit 1905 überhaupt nicht mehr besteht. Außerdem
hat die Firma gezeigt, daß sie sich wie jedes andere kapitalistische
Unternehmen erlauben kann, auf alle gesetzlichen Bestimmungen
zu pfeifen, auch auf die gesetzliche Bestimmung, die die Mitglieder
des Betriebsrates schützt, auch auf jene gesetzlichen Bestimmungen,
die sich auf die Kündigungsklausel beziehen, die bei Arbeitern
anzuwenden ist, die länger als drei Jahre im Betriebe beschäftigt
sind. Die Firma hat nicht nur alle diese Arbeiter mit sofortiger
Wirkung entlassen, sondern auch den Betriebsrat unverzüglich
auf die Straße gesetzt.
Daraufhin haben sich die Vertrauenspersonen
der Odrauer Arbeiterschaft zunächst an das Gewerbeinspektorat
gewendet und diese Behörde auf diese krasse Verletzung der
gesetzlichen Bestimmungen aufmerksam gemacht. Auf die Antwort
dieser Behörde warten die Vertrauenspersonen jetzt noch.
Es versteht sich von selbst, daß auch im Ministerium für
soziale Fürsorge sich bis jetzt keine Neigung zeigt, das
Geringste zu unternehmen, um darauf zu sehen, daß wenigstens
dem Scheine nach seitens des Unternehmerverbandes und der Direktion
der Optimit-Werke die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden.
Wenn sich nun nicht das Gewerbeinspektorat auf die Beine bringen
ließ und natürlich erst recht nicht das Ministerium
für soziale Fürsorge, hat sich dafür eine andere
Instanz in Bewegung gesetzt, nämlich das Innenministerium.
Kaum hatte die Firma die Arbeiter auf die Straße
geworfen, den Betriebsrat wider die Bestimmungen des Gesetzes
hinausgeworfen, als auch schon die Behörden den Aufmarsch
der bewaffneten Macht verfügten. Eine Abteilung von 70 Gendarmen
ist nach Odrau gekommen, die Hälfte davon hat den Betrieb
besetzt und der andere Teil soll, wie der berühmte Satz lautet,
für die Aufrechthaltung der Ruhe und Ordnung sorgen. Das
ist eine neue Provokation, veranlaßt nicht nur vom Unternehmer,
sondern auch von den Behörden, die sogleich der Öffentlichkeit
zu zeigen suchten, daß in diesem sozialen Konflikte, wie
in jedem sozialen Konflikte die Staats macht hinter den Kapitalisten,
den Unternehmern steht.
Nun, es soll hier ausdrücklich gesagt
werden, daß alle Provokationen, soweit sie von den Unternehmern
veranlaßt wurden, plus den Provokationen, die jetzt noch
von den Behörden organisiert werden, die Arbeiterschaft aus
ihrer Ruhe nicht zu bringen vermochten. Die Arbeiterschaft ist
einig und geschlossen, der Kampf wird einig und geschlossen organisiert
und geführt. Die Spekulation der Firma und der Behörden
und die Spekulation anderer Faktoren immer auf die Uneinigkeit
der Odrauer Arbeiterschaft wird fehlschlagen. Aber nicht nur die
Spekulation, soweit es sich um die Arbeiterschaft in Odrau handelt,
auch jene Spekulation ist unbegründet, die von der Erwägung
ausgeht, daß man die Differenzen innerhalb der KPÈ
ausnützen könnte, um die Einheit
der Arbeiter im Kampfe zu erschüttern. Es unterliegt nicht
dem geringsten Zweifel, daß trotz aller Provokation die
Einheit der Arbeiterschaft, die in Odrau in den Kampf getreten
ist, gewahrt bleibt. Es gibt in Odrau neben jenen in den Reihen
des DHV organisierten Arbeitern keine anderen Arbeiter, alle Arbeiter
stehen in geschlossener Front, neben den kommunistischen Arbeitern
auch andere Arbeiter. Es denkt niemand daran, sich irgendwie provozieren
zu lassen, um die Einheit in diesem Kampfe zu stören. Außerdem
soll ausdrücklich festgestellt werden, daß alle Hoffnungen
auf die Möglichkeit einer Erschütterung der Reihen des
kämpfenden Proletariats, sowohl in Odrau wie auch bei anderer
Gelegenheit durchaus auf Sand gebaut sind.
Wir erklären hier ausdrücklich, daß
die Odrauer Arbeiterschaft nicht nur darum entschlossen in diesen
Kampf zieht, weil sie in Odrau selbst einig ist, sondern auch
deshalb, weil hinter ihr die Entschlossenheit und die Kraft des
klassenbewußten Proletariats der Èechoslovakischen
Republik zur Geltung kommt und die Entschlossenheit aller Kommunisten
der Èechoslovakischen Republik, in diesem Kampfe auf Seiten
der Arbeiterschaft so lange auszuharren und sie zu unterstützen,
bis die Direktion der Optimit-Werke, verbündet
mit dem Industriellenverband, erkennt, daß sie vergeblich
auf eine Erschütterung der Einheit der kämpfenden Arbeiterschaft
in Odrau hofft. Solange dieser Kampf währt, steht hinter
der Arbeiterschaft in Odrau das gesamte klassenbewußte Proletariat
der Èechoslovakischen Republik. (Potlesk komunistických
poslancù.)