Pátek 7. èervna 1929

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 202. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze v pátek dne 7. èervna 1929.

1. Øeè posl. dr Sterna (viz str. 7 tìsnopisecké zprávy):

Vor einigen Tagen, als hier die Erklärung des Ministerpräsidenten vorgelesen wurde, haben wir hier in diesem Saale ein sehr lehrreiches und eigenartiges Schauspiel erlebt. Wir haben gesehen, daß, abgesehen von den unbotmäßigen Kommunisten, hier in diesem Hause eine Einheitsfront der nationalen Trauer sich hergestellt hat. Alle Parteien ohne Unterschied, von der äußersten Rechten bis zu den deutschen Sozialdemokraten, haben diese Erklärung sozusagen ergriffen aufgenommen, sie haben sie aufgenommen als eine Erklärung darüber, daß die Verteidigung des kapitalistischen Vaterlandes gefährdet ist. Sie sind alle von demselben Geiste beseelt und das ist nicht nur zum Ausdruck gekommen in dem feierlichen Stillschweigen, mit dem die Erklärung aufgenommen wurde, sondern auch in der Haltung der ganzen Presse und hier in der Debatte haben wir dasselbe Schauspiel erlebt. Nur die eine Frage war für alle diese Parteien maßgebend: ist die Sicherheit des Staates gewährleistet? Das sozialdemokratische Organ, der "Sozialdemokrat", hat die Frage aufgeworfen, ob das viele Geld, das da hinausgeworfen wird, auch seinen Zweck erfüllt, wenn solche Dinge vorkommen können, wie die Spionageaffäre. Alle diese Parteien waren nur von dem einen Gedanken beseelt, daß das Vaterland verteidigt werden müsse und daß dieses Ereignis von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet werden müsse. Und diese Tatsache, die Tatsache, daß auch Vertreter von Parteien, hinter denen leider noch immer sehr viele Arbeiter stehen, in einer Front mit den bürgerlichen Parteien stehen für die Vaterlandsverteidigung, diese Tatsache ist bei der Vorbereitung des Krieges das allergefährlichste. Nicht nur die Rüstungen der Bourgeoisie der kapitalistischen Staaten sind gefährlich, sondern das gefährlichste ist die Verwirrung, welche man in die Reihen der Arbeitenden zu tragen versucht, mit der man versucht, die Arbeitenden einzulullen und versucht, einen Teil der Arbeitenden durch die reformistischen Führer mit in eine Front der Vaterlandsverteidigung hineinzuführen, damit die Arbeitenden durch die Zersplitterung, Spaltung und Verwirrung wehrlos werden, im Ernstfall, im Falle eines Krieges, sich zur Wehr zu setzen und schon jetzt vor Kriegsausbruch gegen den Krieg anzukämpfen.

Wir sehen dasselbe Schauspiel in der ganzen II. Internationale, bei allen verschiedenen Flügeln, die sich in dieser Frage in der II. Internationale zeigen. Wir haben einen Flügel in der Internationale, der diese Ideen und Gedanken ganz offen vertritt und verteidigt und ganz offen für dieselbe Politik eintritt, die die II. Internationale im Jahre 1914 gemacht hat, und wir haben einen anderen Flügel in der Internationale, der etwas mehr trachtet, die Politik zu wiederholen, die die II. Internationale vor dem Kriege gemacht hat, wo sie die Massen zu täuschen suchte, wo sie in den Massen den Eindruck zu erwecken versuchte, als ob sie gegen jeden Krieg sein würde, um dann in demselben Augenblick, wo der Krieg ausgebrochen ist, ihr wahres Gesicht zu zeigen. An diese Tatsache, daß die sozialdemokratischen Führer, die Führer der II. Internationale, die in allen Ländern mitarbeiten an der Vorbereitung des Krieges, entschlossen sind, im Krieg genau so wie im Jahre 1914 an der Seite der Bourgeoisie zu stehen, an diese Tatsache können viele Arbeiter nicht recht glauben. Sie können etwas derartig Ungeheuerliches nicht für wahr halten. Ein Teil der Arbeiter läßt sich verwirren durch die Phrasen des linken Flügels, der den entgegengesetzten Eindruck zu erwecken versucht. Deshalb ist es notwendig, sich nicht mit der Behauptung zu begnügen, daß die II. Internationale eine solche Politik anstrebt, sondern klare und unwiderlegliche Beweise dafür anzuführen, daß es so ist, damit auch die sozialdemokratischen Arbeiter, die noch an diese Partei glauben, die glauben, daß diese Partei gegen den Krieg kämpfen will, damit diese Arbeiter klar sehen, wie die Dinge wirklich stehen und damit sie sehen, daß kein anderer Weg bleibt für sie, bei denen wirklich der Wille vorhanden ist, gegen den Krieg zu kämpfen, als gemeinsam mit den kommunistischen Arbeitern unter der Führung der kommunistischen Internationale gegen die Bourgeoisie und die Reformisten den Kampf gegen die Kriegsgefahr aufzunehmen.

Wir haben für die II. Internationale einen gültigen Beschluß, den Beschluß von Brüssel. Dieser Beschluß wurde dort einstimmig angenommen, Die ganze H. Internationale, der linke wie der rechte Flügel, stehen hinter diesem Beschluß und er besagt eigentlich nichts anderes, als in negativer Form, damit auch die Linke dafür stimmen kann, aber klar und unzweideutig nichts anderes, als daß die Sozialdemokraten in allen Ländern bereit sind, das sogenannte Vaterland, d. h. den betreffenden kapitalistischen Staat, in dem diese Partei lebt, zu verteidigen. Was besagt dieser Brüsseler Beschluß? Er sagt, die Sozialdemokratie ist entschlossen, jede Regierung zu bekämpfen, welche zum Krieg greift, ohne sich einem bindenden Schiedsbeschluß zu fügen, ohne sich dem Urteil eines Schiedsgerichtes zu unterwerfen. Das klingt so, als ob die Sozialdemokraten gegen diese Regierungen, die Krieg führen wollten, kämpfen wollten. Es heißt in diesem Beschluß sogar, da die Sozialdemokratie bereit ist, solche Regierungen auch mit den revolutionären Mitteln zu bekämpfen, und diese Formulierung wird ausgenützt, um die Arbeiter zu täuschen, um ihnen einzureden, alles ist in schönster Ordnung, die II. Internationale ist ein Hort des Friedens. Aber was besagt dieser Beschluß wirklich? Dieser Beschluß in der Formulierung, diejenigen Regierungen zu bekämpfen, die sich einem Schiedsgericht nicht unterwerfen, ist nur eine andere Formulierung für die alte, schon etwas abgebrauchte, schwindelhafte Erklärung, daß die Sozialdemokratie nur diejenigen Regierungen im Kriege unterstützen wolle, die einen Verteidigungskrieg führen. Diese Formel mit dem Schiedsgericht soll nur erklären, woran man erkennen wird, ob eine Regierung einen Verteidigungskrieg führt oder nicht. In der Praxis wird das selbstverständlich unmöglich sein. Wir haben das im Jahre 1914 erlebt. Alle Regierungen erklärten, daß sie angegriffen worden sind, alle erklärten, daß sie niemals einen Angriffskrieg führen wollen, und sie haben das auch im Kellogg-Pakt unterschrieben. Jede Regierung wird selbstverständlich den Sozialdemokraten nachweisen - sie brauchen das ihnen gar nicht nachzuweisen, die Sozialdemokraten werden ihnen bei diesem betrügerischen Nachweis selbst helfen - daß sie angegriffen sind und daß die Arbeiter die Pflicht haben, den Staat zu verteidigen. Aber dieser Beschluß hat noch eine andere Seite. Es heißt dort, gegen alle Regierungen auch mit revolutionärsten Mitteln zu kämpfen, welche sich einem solchen Schiedsspruch nicht unterwerfen, d. h. daß die sozialdemokratische Partei, die II. Internationale, hier eine Plattform haben will - und da würde es nicht bei der bloßen Phrase bleiben - gegen die Sowjetunion nicht mit revolutionären, sondern mit kontrarevolutionären Mitteln der Gewalt anzukämpfen, wenn sie sich nicht dem Schiedsspruch bürgerlicher Staaten unterwirft. Dieser Beschluß soll der II. Internationale die Möglichkeit geben, die Sowjetunion im Falle eines Konfliktes als den Angreifenden hinzustellen, wenn sich dieser proletarische Staat nicht dem bürgerlichen Schiedsspruch unterwirft, um den Arbeitern sagen zu können, daß sie gegen den ersten Arbeiterstaat der Welt kämpfen müssen.

Wir haben eine ganze Reihe anderer Beweise aus der Praxis, nicht bloß in Resolutionen oder Worten, welche uns zeigen, wie die II. Internationale zu dieser Frage steht. Ich will in diesem Zusammenhang hier nicht von dem Kriegsgesetz Boncour sprechen, über welchen hier schon ausführlich gesprochen wurde. Ich will auch darüber nicht sprechen, daß Macdonald, als er zum erstenmal in der Regierung eines großen Weltreiches saß, und zwar allein, mit Sozialdemokraten ohne Vertreter der ausgesprochen kapitalistischen Parteien, daß er in dieser Zeit nicht nur gerüstet hat, sondern daß er auch Krieg geführt hat gegen wehrlose, unterdrückte Völker, daß er Flugzeuge nach Ägypten und nach Indien zum Bombardement von Städten dirigiert hat. Ich will auch davon nicht sprechen, daß in der II. Internationale, wo man manchmal die Dinge so hinzustellen sucht, als ob dieser Paul Boncour nur ein einzelner wäre, für den die II. Internationale nicht verantwortlich sei, noch nicht ein einziger Beschluß gefaßt wurde, in dem diese Dinge etwa verurteilt worden wären oder wo die Haltung der II. Internationale während des Weltkrieges verurteilt worden wäre, was bedeutet, daß die ganze II. Internationale auf demselben Standpunkt steht, wie Paul Boncour und Macdonald.

Ich will von neueren Dingen sprechen, welche genau dasselbe beweisen. Wir haben gesehen, wie in Berlin ein sozialdemokratischer Minister, ein sozialdemokratischer Polizeipräsident dazu übergegangen sind, den Arbeitern das Recht auf die Straße zu nehmen und ihnen sogar zu verbieten, am 1. Mai auf die Straße zu gehen und zu demonstrieren. Es ist ganz klar, daß hier die Sozialdemokraten mit faszistischen Methoden dazu übergehen, die Voraussetzungen zu schaffen, welche die Bourgeoisie für den Fall eines Krieges braucht. Wir haben gesehen, wie die Sozialdemokraten für Deutschland einen Panzerkreuzer bewilligt haben, der keinen anderen Zweck haben kann, als es Deutschland zu erleichtern, in der kapitalistischen Einheitsfront gegen die Sowjetunion vorzugehen. Wir sehen, wie in der ganzen II. Internationale die sozialdemokratische Partei in allen Ländern dazu übergeht, gegen die Wirtschaftskämpfe der Arbeiter faszistische Methoden anzuwenden, wie sie den offenen Streikbruch in der niederträchtigsten Form organisiert, um diesen Kampf zu brechen, wie sie den Wirtschaftsfrieden propagiert. Zu welchem Zweck geschieht dies? Einesteils um die Gesundung des Kapitalismus, die sog. Rationalisierung zu ermöglichen, für welche sich heute die II. Gewerkschaftsinternationale bereits ausgesprochen hat, natürlich auf Kosten der Arbeiter, um den Zusammenbruch des ganzen kapitalistischen Systems zu verhindern oder, weil sie das nicht können, ihn wenigstens zu verzögern. Auf der anderen Seite aber geschieht es deshalb, weil die Bourgeoisie bei der Kriegsvorbereitung eben einen Burgfrieden braucht, weil sie dabei keine Verschärfung des Kampfes der Arbeiterklasse brauchen kann. Deshalb gehen auch die Sozialdemokraten in allen Ländern dazu über, alle Organisationen der Arbeiter, die ihre Widerstandskraft steigern könnten. zu zerschlagen. Wir sehen eine Spaltungsoffensive in den Gewerkschaften, in allen Massenorganisationen, in den Kulturorganisationen, ja sogar bei den Freidenker- und Sport-Organisationen. Wir sehen, wie die Sozialdemokratie die Kulturreaktion unterstützt, die die Bourgeoisie braucht, um die Ausbeutungsoffensive zu unterstützen, weil selbstverständlich die Hirne der Arbeiter, die durch Religion vergiftet sind, sich leichter ausbeuten lassen, aber auch um den Krieg führen zu können, weil man klar denkende Arbeiter schwerer in den imperialistischen Krieg hineinzuführen vermag, als Arbeiter, die durch diesen mittelalterlichen Aberglauben nicht verdummt sind. Wir sehen, wie jetzt auf dem Magdeburger Parteitag diese ganze Politik klar und eindeutig von der deutschen sozialdemokratischen Partei beschlossen wurde und wie diese Beschlüsse unter Zustimmung, unter Billigung der sozialdemokratischen Parteien aller anderen Länder gefaßt wurden. Wir sehen in diesen Magdeburger Beschlüssen das deutliche Gesicht der ganzen II. Internationale und die Arbeiter können daraus ersehen, was sie von dieser Partei im Ernstfalle zu erwarten haben. Auf dem Magdeburger Parteitag wurde die ganze Koalitionspolitik gebilligt, also auch das Verhalten am 1. Mai in Berlin und eine ganze Reihe anderer Dinge, wie das Finanzprogramm Hilfferdings, das bedeutet, daß die Bourgeoisie mit der Heranziehung der Sozialdemokraten nicht etwa einen linkeren Kurs einschlagen, sondern daß sie unter Voranschickung der Sozialdemokraten einen schärferen Kurs gegen die Arbeiterschaft einschlagen will. Das wurde in Magdeburg gebilligt. Es wurde das Wehrprogramm gebilligt, die Frage des Panzerkreuzers und das ganze Verhalten der deutschen sozialdemokratischen Minister und der Ministerpartei. Wir sehen in der ganzen II. Internationale ganz deutlich, daß sie bereits offen bekennt, was wir immer bei ihr festgestellt haben, daß sie staatsbejahend ist, daß sie für ihr kapitalistisches Vaterland in jeder Hinsicht eintritt und selbstverständlich auch im Kriegsfalle dafür eintreten wird.

Da es sich hier um Dinge handelt, bei denen es sehr wichtig ist, die Arbeiter davon zu überzeugen, daß die Dinge wirklich so stehen, wie wir sie sehen, und weil die sozialdemokratischen Arbeiter sehr schwer zu überzeugen sind, daß ihre Führer derartige Verbrechen gegen sie vorbereiten, werde ich mir erlauben, ein paar ganz kleine, kurze Zitate anzuführen, wo aus den Worten der betreffenden sozialdemokratischen Führer selbst klar hervorgeht, daß sich die Dinge wirklich so verhalten, wie ich sie hier schildere.

Vor diesem sozialdemokratischen Parteitag in Magdeburg hat eine große Debatte in der II. Internationale, vor allem in der deutschen und in der österreichischen Partei, über die Frage des Wehrprogramms stattgefunden, welche auf diesem Parteitag behandelt werden sollte. Da haben wir nun die verschiedenen Schichtungen und Flügel in der II. Internationale kennen gelernt. Da konnte man sehen, wie trotz aller scheinbaren Unterschiede in der Methode des Betruges an den Arbeitern doch alle verschiedenen Gruppen auf einer gemeinsamen Plattform stehen. Ich will beginnen mit einem Manne, der den sog. äußersten Linken Standpunkt in der Partei eingenommen hat, um zu zeigen, wie sogar dieser sog. linkeste Mann ganz klar auf dem Standpunkt der kapitalistischen Vaterlandsverteidigung steht und auch den Krieg gegen die Sowjetunion zu führen bereit ist. Damit die Arbeiter an der Hand der Worte der Führer selbst erkennen, daß die Dinge wirklich so stehen, bringe ich diese Zitate: In einer Broschüre, die Paul Levi, der frühere Kommunist, jetzt linkester Sozialdemokrat, geschrieben hat, ist Folgendes zu lesen: "Indem die Sozialdemokratie durch diese politische Haltung und die mit den anderen Organisationen auszuübende Kontrolle den Beginn eines Krieges von deutscher Seite wirksam hemmt" - also da wird schon diese Illusion erzeugt, als ob man mit solchen Mitteln, wie Kontrolle der Regierung, den Beginn eines Krieges hemmen könnte "übernimmt sie zugleich die Verantwortung dafür, daß nicht wahrhaft proletarische Interessen, die Freiheiten der demokratischen Republik gegenüber anderen Institutionen " - und jetzt wird in Klammern ausdrücklich gesagt: " (Rußland, Italien) " - "die Sicherheit des Landes durch einen Angriff von außen gefährdet werden." Also dieser ganz linke Paul Levi sagt, wir müssen in der Deutschen Republik die Freiheiten der Arbeiter verteidigen, wir als Sozialdemokraten übernehmen die Gewähr, daß nicht das rückständige Rußland, die Sowjetunion, wo die Diktatur herrscht, wo das Proletariat unterdrückt wird - seiner Behauptung nach - daß nicht dieses Rußland die freie demokratische Republik Deutschland angreift und die Freiheiten der Arbeiter bedroht. Das heißt, daß dieser linkeste von ihnen ganz offen und deutlich Rußland mit Italien in eine Front stellt, Rußland sozusagen als faszistischen Staat hinstellt und auf der anderen Seite das kapitalistische Deutschland als demokratische Republik bezeichnet, in der die Arbeiter alle möglichen Freiheiten haben. Wenn da ein Arbeiter, und sei er noch so sehr von sozialdemokratischen Auffassungen befangen, nicht sieht, daß hier ganz klar angekündigt wird, daß im Falle eines Krieges mit Rußland die Sozialdemokraten an der Seite der Kapitalisten stehen wollen, daß sie jetzt schon die Stimmung vorbereiten, um einen solchen Krieg gegen die Sowjetunion führen zu können, dann weiß ich nicht, was für stärkere Beweise man noch anführen soll.

Nehmen wir einen anderen Linken, den bekannten Otto Bauer aus Österreich. Er steht schon etwas weiter rechts. Noch etwas zwischen Levi und Bauer steht der sog. Linke Max Adler, der auch eine Broschüre herausgegeben hat. In dieser Broschüre hat sich dieser Linke auf den Boden der Brüsseler Beschlüsse gestellt, also auch auf den Boden der Vaterlandsverteidigung. Sie haben erklärt, daß sie gegen jeden Krieg sind. Das bedeutet, daß sie auch im Falle, daß die Sowjetunion sich gegen einen kapitalistischen Angriff verteidigen würde, auch gegen diesen Kampf der Sowjetunion wären, gegen den Krieg der unterdrückten Nationen und Kolonien, welche sich von ihren Unterdrückern befreien wollen. Otto Bauer hat in diesen Dingen eine sehr interessante Stellung eingenommen. Er hat auch bei der endgültigen Abfassung des Beschlusses auf dem Magdeburger Parteitag mitgewirkt. Er hat erklärt, als in der deutschen sozialdemokratischen Partei darüber gestritten wurde, ob man denn für die Reichswehr, für die Wehrmacht in einem kapitalistischen Staat sein kann, Deutschland müsse eine Wehrmacht haben. Er ist also für die Wehrmacht. Um es aber, weil er doch immer ein Wort für die sich radikalisierenden Arbeiter hat, diesen begreiflich zu machen, hat er auf den Fall hingewiesen, daß es möglich wäre, daß z. B. Frankreich durch Deutschland durchmarschieren wollte, um die Sowjetunion anzugreifen, und dann Deutschland keine Armee hätte und wehrlos wäre, und Frankreich ohne weiters durch Deutschland durchmarschieren könnte. Er suchte den Anschein zu wecken, als ob er für die kapitalistische Wehrmacht in Deutschland, die natürlich im Falle eines Krieges gegen die Sowjetunion ausgenützt würde, eintreten würde, um die Sowjetunion zu schützen. Die Menschewisten in Rußland haben das für bare Münze genommen und in einem Artikel veröffentlicht, daß Otto Bauer dafür ist, wenn Frankreich Rußland angreift und durch Deutschland marschieren will, daß dann Deutschland gegen Frankreich kämpfen und sich verteidigen solle. Aber das war Otto Bauer zu viel, so hat er es nicht gemeint, er hat nur ein Argument finden wollen, um diese Wehrmacht in Deutschland zu rechtfertigen, und so hat er dementiert, daß er etwas derartiges gesagt hätte. Er habe gesagt: "Sollte der Fall ein treten, dann muß man erst auf Grund der Um stände prüfen, ob sich Deutschland wehren solle oder nicht. Aber auf jeden Fall brauche Deutschland die Wehrmacht, um die Frage überprüfen zu können und sich je nach der Lage der Umstände entscheiden zu können." Tatsächlich ist in den Magdeburger Beschluß eine Formulierung hineingekommen, wonach es heißt, daß Deutschland die Wehrmacht braucht, um sich irgendwie wehren und verteidigen zu können, wenn es irgendwie in einen blutigen Konflikt hineingerissen würde. Das heißt auf deutsch, daß die Sozialdemokraten dafür sind, das Vaterland zu verteidigen.

Ein anderer Linker, Friedrich Adler, ein Mann, von dem man in der Zeit der Revolutionswelle nach dem Kriege eine Zeit lang glauben konnte, daß er den Weg zur Revolution finden werde, hat gesagt: "Wir Sozialdemokraten in allen Ländern werden die Sowjetunion verteidigen unter drei Bedingungen". Das hat er in einem Artikel im "Kampf" geschrieben. Diese drei Bedingungen sind:

1. Die Rückkehr Sowjetrußlands vom Oktober zum März. Das heißt auf deutsch: Die Liquidierung der Herrschaft der Arbeiter und Bauern in der Sowjetunion, die Liquidierung der proletarischen Diktatur und die Wiederherstellung der sog. bürgerlichen Demokratie, die im März erkämpft wurde, mit anderen Worten, die Diktatur des Kapitals, welche in kurzer Zeit zum Zarismus führen würde. Also die erste Bedingung dafür, daß Friedrich Adler bereit wäre zu erklären, daß die II. Internationale die Sowjetunion verteidigen werde, ist, daß sie aufhört, ein proletarischer Staat zu sein und daß sie ein bürgerlicher Staat wird. Eine schöne Bedingung für einen Sozialdemokraten! Wir werden Rußland verteidigen, nicht wenn es proletarisch ist, sondern wenn es bürgerlich ist!

2. Die zweite Bedingung ist dieselbe, wie in den Brüsseler Beschlüssen: Jawohl, wir werden die Sowjetunion verteidigen, aber nur dann, wenn sie sich dem Völkerbund unterwirft, d. h. mit anderen Worten: Wenn sich der proletarische Staat unter die Diktatur der Weltkapitalisten und des Weltimperialismus begibt; aber solange die Sowjetunion eine unabhängige proletarische Politik betreibt, können wir sie nicht verteidigen!

3. Die dritte Bedingung, die Friedrich Adler gestellt hat, damit die Sowjetunion verteidigt wird, ist die Auflösung der III. Internationale; d. h. die einzige Kraft in allen kapitalistischen Ländern und in der Sowjetunion, welche die Arbeiterklasse zum Kampf gegen den Krieg, zur Verteidigung der Sowjetunion sammelt, soll beseitigt werden, das Feld soll den Sozialdemokraten freigemacht werden, die den Krieg, den Angriff auf die Sowjetunion mit vorbereiten. Unter diesen Bedingungen ist Friedrich Adler bereit, für die Sowjetunion einzutreten. Diese drei Bedingungen bedeuten zugleich, daß unter den gegebenen Verhältnissen, wo die Sowjetunion nicht daran denkt, auch nur ein Tüpfelchen davon zu erfüllen, Friedrich Adler dafür ist, daß die II. Internationale nicht für die Sowjetunion, sondern gegen die Sowjetunion ist, also auch im Falle eines Krieges diesen mitmachen wird.

Einer, der früher immer als Linker gegolten hat und sich selbst als linker Sozialdemokrat bezeichnet, aber sehr stark nach rechts gerückt ist, Julius Deutsch, hat ebenfalls eine Broschüre über diese Dinge geschrieben und man muß sagen, es ist sehr interessant, er rückt mit der Sprache offener heraus. Er erklärt an einer Stelle ganz offen: Heute sind die Verhältnisse ganz anders, als vor dem Kriege. Damals hatten wir Monarchien, einen feudalen Absolutismus u. s. w., damals waren wir gegen den Staat, aber die demokratische Republik von heute ist selbstverständlich unser Staat, heute sind wir für die Verteidigung dieses Staates. Ich will auch hier wörtlich zitieren, was er in dieser Broschüre sagt, damit niemand glaubt, daß wir ihm etwas zuschreiben wollen, was er nicht behauptet hat. Nach einer Phrase, in der er sagt, daß die Sozialdemokraten gegen die Kriegshetze, gegen nationalistische und imperialistische Kriege sind, führt er fort: "Aber eines kann die Revolution nicht, das eigene Land wehrlos machen. So eifrig die organisierte Arbeiterschaft für den Frieden zu wirken hat, so eifrig sie ihn als teueres Gut verteidigen muß, kann sie sich doch nicht der Tatsache verschließen, daß vorerst für die meisten Staaten eine einseitige Abrüstung nicht ohne Gefahr für die abrüstenden Länder ist." Und weiter: "Ein fortgeschrittenes Staatswesen muß gegen Angriffe eines zurückgebliebenen Landes verteidigt werden." Das ist klar und deutlich. Selbstverständlich werden die Sozialdemokraten, z. B. in Österreich, immer ihre Republik, wo die Arbeiter auf den Straßen und Gassen hingemordet werden, wo der Faszismus frecher ist als in vielen anderen Ländern, als eines der fortgeschrittensten Länder bezeichnen und jedem anderen Lande gegenüber erklären: Wir sind ein fortgeschritteneres Land und müssen uns gegen dieses zurückgebliebene Land verteidigen. Selbstverständlich werden sie dafür sein, wenn die Èechoslovakei gegen Ungarn einen Krieg führen würde, zu sagen, die Èechoslovakei, dieser Staat, in dem der Faszismus derartige Fortschritte macht, ist ein fortgeschritteneres Land und infolgedessen muß es gegen Horthy-Ungarn verteidigt werden. (Posl. dr Derer: Darum müssen Sie Horthy unterstützen!) Wir sind nicht für Horthy, ich werde darauf noch zu sprechen kommen, wer für und wer gegen Horthy ist. Jedenfalls seid Ihr für die Verteidigung des kapitalistischen Staates. Mir handelt es sich darum, dies festzustellen.

Dieser Satz: "Ein fortgeschritteneres Land ist gegen ein rückständigeres Land zu verteidigen", hat noch eine andere Bedeutung. Wenn es zu einem Kriege kommt, sagen wir z. B. zwischen einem kapitalistischen Staat mit der Schwindeldemokratie, zwischen Frankreich oder England gar und Rußland, welches Land werden die Sozialdemokraten als fortgeschritteneres Land bezeichnen? Darauf antworten Sie? Wir wissen aus Ihrer ganzen Literatur, wie Sie fortwährend jetzt schon in den Arbeitenden den Eindruck zu erwecken suchen: Rußland, das ist das Chaos, das zurückgebliebendste Land, dort sind die Arbeiter geknechtet, Sklaven usw. Hier bei uns aber sind die Arbeiter freie Leute, hier geht es ihnen herrlich, beim 12-14-Stundentag in vielen Ländern, unter faszistischer Verwaltung! In Rußland aber, wo der Siebenstundentag eingeführt ist, die Löhne von Jahr zu Jahr steigen, der Sozialismus aufgebaut wird, die Arbeiter in Universitäten gehen, wo sie in die Schlösser auf der Krim, im Kaukasus u. s. w. kommen, das ist zurückgebliebenes Land. Was ist das für ein zurückgebliebenes Land, wo die Arbeiter und Bauern herrschen, wo sie studieren gehen können usw.? Aber unser Land, wo jetzt der Mieterschutz beseitigt werden wird, wo die Ausbeutung der Arbeiter Tag für Tag gesteigert wird, wo sie auf der Straße geprügelt, geschlagen, erschossen werden, das ist ein fortgeschrittenes Land, das muß man gegen die Sowjetunion verteidigen. Das bereitet Ihr jetzt schon vor, diese Stimmung sucht Ihr in der Arbeiterklasse zu erzeugen, damit Ihr der Bourgeoisie dieses schwierige Werk, die Arbeiter da von zu überzeugen, daß sie gegen die Sowjetunion kämpfen sollen, erleichtert, weil Ihr es selbst nicht für leicht haltet, den Arbeitern einzureden, daß sie die Waffe in die Hand nehmen sollen, um gegen die Sowjetunion zu kämpfen. Wir haben unter Euch sogar gefeierte Führer, die das ganz offen sagen, daß sie gegen die Sowjetunion Krieg führen wollen. Euer Kautsky, Eure Geistesgröße, wie oft hat der geschrieben, in einem Kriege gegen die Sowjetunion müsse man die kapitalistischen Staaten oder die Revolution in der Sowjetunion selbst unterstützen, um die Herrschaft der Arbeiter und Bauern zum Zusammenbruche zu bringen, und wenn jemand das nicht glauben will, will ich auch aus Kautsky paar Worte wörtlich zitieren, damit jeder sich aus der neuesten Broschüre von ihm... (Výkøiky: Wir haben auch solche hier in der Èechoslovakei!) Selbstverständlich!.... Kein Wort ist hier gegen Kautsky geschrieben worden. In seiner Broschüre "lnternationale und Sowjetrußland" schreibt Kautsky: "Mit dem bolschewistischen Regierungssystem kann es keine Gemeinschaft geben, wie jeder andere Militarismus, wie die Militärmonarchie Romanovs" - auf diese Stufe wird die Sowjetunion gestellt - "wie die der Habsburger und der Hohenzollern dürfte auch er nur durch Gewalt zu überwinden sein."

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