Pátek 26. dubna 1929
Hohes Haus! Vor ein paar Tagen hat das Verordnungsblatt
die Ernennungen in die Verwaltungsorgane der Zentralsozialversicherungsanstalt,
bzw. der Krankenkassen veröffentlicht. Zum allgemeinen Entsetzen
der gesamten Öffentlichkeit sind diese Ernennungen in einer
Art und Weise vorgenommen worden, wie sie wohl irgendein anderes
Beispiel nicht vor sich haben. Der Minister Monsignore Šrámek
hat es glücklich fertiggebracht, eine ganze einheitliche
Front aller beteiligten Körperschaften und Organisationen
zustandezubringen, hat es fertiggebracht, einen solchen Sturm
von Unwillen und Unzufriedenheit mit diesen Ernennungen zu erzeugen,
daß wir wohl sagen können, daß auch die berühmte
ungeschickte Hand des Ministers Šrámek noch
übertroffen worden ist. Selbst im Lager der Regierungsparteien
und sogar im Bund der Landwirte - und dazu gehört wirklich
viel - hat man sich bemüßigt gesehen zu protestieren,
und dies ist ein Beweis dafür, wie ungeheuerlich, wie recht
ungeschickt und wie gegen die tatsächlichen Verhältnisse
die Ernennungen durchgeführt worden sind.
Die Verfassung der Èechoslovakischen Republik
kennzeichnet diesen Staat als einen demokratischen Staat. In seiner
Verfassung selbst steht das Wort, daß alle Macht vom Volke
komme. Es kann darüber wohl kein Zweifel herrschen, was man
in einem Staat als Macht deklariert. Es gibt nur drei Säulen,
auf denen das Gebäude eines Staates, die gesellschaftliche
Organisation in einem modernen Staate überhaupt ruht: das
ist die gesetzgebende Gewalt, die verwaltende Gewalt und die richterliche
Gewalt. In jedem modernen Staate tritt neben die adimistrative
Staatsgewalt noch die Selbstverwaltung als eine öffentlich-rechtliche
Institution und außerdem die soziale Verwaltung. Wir Sudetendeutschen
haben seit jeher der Selbstverwaltung die höchste Bedeutung
beigemessen und wir behaupten, daß an der Konstruktion der
Selbstverwaltung die freien bürgerlichen Rechte viel besser
gemessen werden können, als an den scheindemokratischen Verfassungen,
die zwar von Volksrechten sprechen, aber in Wirklichkeit den Gummiknüppel
als Symbol nach außen gefunden haben. Beurteilt man aber
die Rechte der Staatsbewohner nicht nach den geschriebenen Buchstaben
der Verfassung, sondern nach den lebendigen Formen der öffentlichen
und der sozialen Selbstverwaltung, dann muß man gestehen,
daß die Regierungsparteien in den letzten Jahren alles getan
haben, um der Selbstverwaltung den Garaus zu machen und damit
auch die sogenannte Demokratie in diesem Staate ad absurdum zu
führen. Erinnern wir uns nur daran, wie mit dem Gesetze über
die Verwaltungsreform umgesprungen wurde, bzw. was aus diesem
Gesetz geworden ist, denken wir an den skandalösen Protektionismus
bei den Ernennungen der Landes- und Bezirksvertreter; sie waren
nichts anderes als eine nackte Fälschung des freien Willens
der Bevölkerung. (Posl. Geyer: Corriger la fortune!) Jawohl,
unter dem Titel, die Wahlen zu entpolitisieren und Fachleute in
die Vertretungskörperschaften zu entsenden, ist der ärgste
politische Mißbrauch bei de Ernennungen getrieben worden.
(Posl. Simm: Aber das kann einmal umgekehrt auch geschehen!
Die heutige Koalition muß nicht immer bestehen!) Ganz
richtig! Die heutigen Regierungsparteien, die das mißbrauchen,
werden sich nicht darüber beklagen dürfen, wenn sich
diese schönen Gesetze, die sie selbst mitbeschlossen haben,
einmal gegen sie auswirken werden.
Wenige Monate nach diesem Akt der Vergewaltigung
der öffentlichen Meinung eines großen Teiles der Bevölkerung
- z. B. in der böhmischen Landesvertretung und zahlreichen
Bezirksvertretungen hat man Regierungsminderheiten in glatte Mehrheiten
zusammengefälscht - sehen wir wieder ein ähnliches Bild
auf dem Gebiete der sozialen Verwaltung. Man denke, in einem sogenannten
demokratischen Staat gibt es seit 16 Jahren keine gewählten
Krankenkassenverwaltungen; man muß besser so sagen, vier
Kriegsjahre haben diese Wahlen faktisch unmöglich gemacht
und der mehr als 10jährige Bestand dieses demokratischen
Staates hat es nicht ermöglicht, Wahlen in die Krankenkassen,
also in soziale Institute durchzuführen. Trotzdem zahlreiche
Mitglieder dieses Hauses und insbesondere auch meine Parteigenossen
immer und immer wieder auf die Unhaltbarkeit dieser Zustände
in den Krankenkassen hingewiesen haben, waren bis zum heutigen
Tage die Wahlen in die Kassenleitungen nicht durchzusetzen. Schon
mein verstorbener Parteigenosse Abg. Patzel hat wiederholt
in den Jahren 1920 bis 1925 im Auftrage meiner Partei sich darum
bemüht, daß diese wichtigen Wahlen ausgeschrieben werden,
daß den Arbeitern das Recht gegeben werde, endlich ihre
Vertreter in die Krankenkassen wählen zu können. Es
ist bezeichnend, daß selbst damals unter der sozialdemokratischen
Mitwirkung in diesem Staate die Krankenkassenwahlen nicht durchgeführt
worden sind und jetzt erst recht nicht durchgeführt werden.
(Posl. Geyer: Politische Rückversicherung!) Ganz richtig!
Im Jahre 1925 brachte ich neuerdings eine Interpellation an das
Ministerium für soziale Fürsorge in der Frage der Ausschreibung
der Wahlen in die Krankenkassen ein, in der ich auf die Mißstände
bei den Ernennungen in die Verwaltungskommissionen oder Ergänzungen
der Verwaltungskommissionen durch die Aufsichtsbehörden hingewiesen
habe.
Es ist interessant, heute zu lesen, was der
damalige Minister für soziale Fürsorge Dr. Schieszl
in Beantwortung der Interpellation am 9. April 1926, also vor
genau drei Jahren sagte: "Das Gesetz vom 22. Dezember 1920,
Slg. d. G. u. V. Nr. 689, hat allerdings im wesentlichen die Ordnung
der Wahlen in die Organe der Krankenkassen geregelt und dessen
detaillierte Durchführung der Durchführungsverordnung
überlassen. Das Abgeordnetenhaus begann jedoch schon zu dieser
Zeit, sich mit einer Neuregelung der Krankenversicherung und der
Einführung einer Invaliden- und Altersversicherung zu beschäftigen.
Die Organisation der Invaliden- und Altersversicherung sollte
auf der Organisation der Krankenversicherung aufgebaut sein. Es
war klar, daß die Organisation der Krankenversicherung noch
eindringliche Veränderungen wird erfahren müssen, damit
die neuen Krankenversicherungsanstalten die Aufgaben, die ihnen
nach der neuen gesetzlichen Regelung obliegen sollen, bewältigen.
Das Ministerium für soziale Fürsorge hat es daher für
unzweckmäßig und unwirtschaftlich angesehen" -
unwirtschaftlich ist gut! - "daß die Wahlen in die
Organe der Krankenkassen nach den Bestimmungen des Gesetzes Slg.
d. G. u. V. Nr. 689/1920 vorgenommen werden, während damit
gerechnet werden mußte, daß in der nächstfolgenden
Zeit eine Neuorganisation der Krankenkassen und die Vornahme von
Neuwahlen nötig sein wird."
Diese Begründung ist köstlich! Weil
vielleicht das Gemeindegesetz einmal novelliert werden wird, sollte
man auf Grund dieser herrlichen Logik überhaupt niemals Wahlen
ausschreiben! Das ist die Logik dieser Ministerantwort. (Výkøiky
posl. inž. Junga.)
"Von ganz vereinzelten Stimmen, die hie
und da die Vornahme der Wahlen anstrebten, abgesehen, teilte die
ganze Öffentlichkeit diese Anschauung." - Für diese
seine Behauptung kann natürlich der Minister keinen Wahrheitsbeweis
antreten. - "Hiebei setzte allerdings die Öffentlichkeit
sowohl als auch das Ministerium für soziale Fürsorge
voraus, daß das Gesetz über die Versicherung der Angestellten
für den Fall der Krankheit, der Invalidität und des
Alters sehr bald durchgeführt und in Wirksamkeit treten wird.
Unverhofft erforderten die Vorbereitungen dieses Gesetzes und
dessen Verhandlung in den gesetzgebenden Körpern eine etwas
längere Zeit, als ursprünglich erwartet worden war,
so daß die Gesetzwerdung dieser Materie erst durch das Gesetz
vom 9. Oktober 1924, Slg. d. G. u. V. Nr. 221, erfolgte, das am
1. Juli 1926 in Wirksamkeit treten wird. Dieses Gesetz regelt
neuerdings die Wahlordnung in die Organe der neuen Krankenversicherungsanstalten
und überläßt gleichfalls die Detailregelung seiner
Durchführungsverordnung. An der Durchführungsverordnung
wird im Ministerium für soziale Fürsorge gearbeitet.
Der erste Teil wurde bereits dem nach § 285 des Gesetzes
Slg. d. G. u. V. Nr. 221/1924 errichteten vorbereitenden Ausschusse
vorgelegt. Es wäre durchaus unrichtig, wenn die Wahlen in
die Organe der Krankenkassen noch jetzt würden durchgeführt
werden. Ich bin der Ansicht, daß die Ausschreibung der neuen
Wahlen nach der Wahlordnung sogleich möglich sein wird, wenn
das Gesetz Z. 221/ 1924 in Wirksamkeit getreten sein wird."
Dieses Gesetz ist nun tatsächlich am 1.
Juli 1926 in Wirksamkeit getreten und man hätte nach diesem
Ministerversprechen erwarten dürfen, daß im Herbste
des gleichen Jahres, also im Jahre 1926 die Wahlen in die Bezirkskrankenkassen
hätten durchgeführt werden können. Nun bitte ich
Sie, meine sehr Verehrten, sich folgende Ungeheuerlichkeiten vor
Augen zu halten. Am 22. Dezember 1920 wurde in diesem Hause eine
Wahlordnung in die Organe der Krankenkassen beschlossen. Dann
tauchte zu derselben Zeit der Plan auf, die Sozialversicherung
ins Leben treten zu lassen. Das Haus beschäftigte sich mit
der Vorlage, die Wahlen werden auf Grund dieses Arguments verschoben
und immer wieder hinausgeschoben. Es stellt sich heraus, daß
die Beschlußfassung der Sozialversicherungsvorlage nicht
innerhalb weniger Wochen oder Monate möglich ist, es gehen
vier Jahre ins Land und am 9. Oktober 1924 wird nun endlich das
Sozialversicherungsgesetz beschlossen. Während dieser vier
Jahre, die eigentlich schon 6 Jahre seit der Gründung des
Staates sind, werden immer wieder die Wahlen in die sozialen Institute
hinausgeschoben. Am 1. Juli 1926 tritt endlich das Sozialversicherungsesetz
in Kraft und am 9. April 1926, also einige Wochen vorher, verspricht
der Minister Dr. Schieszl, die Wahlen würden durchgeführt,
sobald dieses Gesetz in Kraft treten werde. Am 18. April 1929,
also drei Jahre später werden wiederum keine Wahlen durchgeführt,
sondern es kommen die Ernennungen in die Krankenkassen. Sie werden
an diesem Tage im Amtsblatt veröffentlicht und es zeigt sich,
daß die Gesamtbevölkerung geradezu vor den Kopf gestoßen
worden ist oder wenigstens die hauptsächlichen Träger
der sozialen Versicherungsinstitute. Am 23. April 1929 gibt Minister
Msgr. Dr. Šrámek die Erklärung ab, daß
womöglich die Wahlen im September 1929 durchgeführt
werden.
Soviel nur zur Charakteristik der Methoden,
die in dieser Demokratie, was auf deutsch Volksherrschaft heißen
soll, beobachtet werden. Ich unterstreiche nochmals, daß
wir die Demokratie in einem Staate nicht nach dem geschriebenen
Wortlaut der Verfassung beurteilen, sondern darnach, wie in den
Selbstverwaltungsorganisationen und den Sozialversicherungskörpern
diejenigen, für die diese Institutionen geschaffen worden
sind, wirklich zur Verwaltung herangezogen werden oder nicht.
Was sich bei diesen Ernennungen wiederum gezeigt hat, ist der
nackte politische Machthunger einzelner Gruppen und Parteien,
insbesondere der Partei des Herrn Msgr. Šrámek,
die in einer Art und Weise ihre Parteianhänger sowohl im
deutschen wie im èechischen Lager bevorzugt
hat, wie es niemals der Fall sein würde, wenn tatsächlich
Wahlen durchgeführt werden würden. Wenn man bei der
Erfindung ich sage ausdrücklich bei der Erfindung der Ernennungen
sie mit dem Schlagwort der Notwendigkeit der Heranziehung von
Fachleuten begründete, dann hat sich diesmal ganz deutlich
gezeigt, wozu eigentlich diese Ernennungen da sind, daß
sie nämlich nichts anderes sind, wie die Fälschung des
politischen Willens der Bevölkerung. Das ist jetzt ganz klar
geworden, selbst für das blindeste Auge, daß es den
Machthabern nur darum zu tun ist, ihren Gruppen oder Grüppchen
ein paar schäbige Mandate oder Pöstlein zuzuschanzen.
Das ist auch das einzige, was z. B. die deutschen Regierungsparteien
als ihre sogenannten Erfolge in ihren Kreisen buchen können,
daß sie darauf hinweisen: "Da haben wir uns doch ein
Bezirksvertretermandat erschwindelt oder dort haben wir uns irgendwo
ein Krankenkassenmandat erobert" oder ähnliche Beweise
politischer Errungenschaften.
Meine sehr Verehrten! Nun noch ein Wort über
die Vorgangsweise, die bei den zuständigen Ämtern gerade
bei Gelegenheit dieser Ernennungen beobachtet werden konnte. Zuerst
forderte die politische Verwaltung bzw. auch die Zentralsozialversicherungsanstalt
die verschiedenen Berufsorganisationen und Gewerkschaften auf,
auf Grund des § 131 die Vorschläge zur Ernennung der
Vorstände und des Überwachungsausschusses in die Bezirksversicherungsanstalten
zu machen. Diese Vorschläge sind nun von den einzelnen Organisationen
unterbreitet worden. Alle Organisationen machten ihre Vorschläge.
In zahlreichen Bezirken kommt es zu Einigungen, wo alle Parteien
sagen, wir stehen auf dem Standpunkt, daß die von uns vorgeschlagene
Liste eine solche wäre, die den politischen, wirtschaftlichen,
sozialen und nationalen Interessen dieses Bezirkes entspräche.
Es kommt zu vollständigen Einigungen, wie z. B. in Jägerndorf,
Freiwaldau, in Rumburg, Luditz und einer großen Reihe anderer
Orte. Die Behörden haben ausdrücklich erklärt,
daß sie solche Einigungen glatt bewilligen werden, ähnlich
wie in der Gemeindewahlordnung, wo an kleinen Orten, wenn es zu
einer Einigung kommt und eine einheitliche Wahlliste aufgestellt
wird, die Wahl überhaupt entfällt. Es wäre dies
ein Analogon auf dem Gebiete der Sozialverwaltung, obzwar gesetzlich
keine Handhabe dafür vorhanden ist. Aber das gehört
in ein anderes Kapitel. Es wäre dies aber eine Form gewesen,
mit der man sich hätte einverstanden erklären können.
Nun kommen die Ernennungen. Es werden z. B. bei 43 verschiedenen
Krankenversicherungsanstalten von den Vorschlägen, welche
die Gewerkschaften überreicht haben, in keinem einzigen Falle
die vorgeschlagenen Arbeitervertreter berücksichtigt. Dabei
gibt es Bezirke, wie z. B. Gablonz und eine Reihe anderer, in
denen wir entweder die stärkste oder die zweitstärkste
Arbeiterpartei überhaupt sind. (Posl. inž.
Jung: Dasselbe ist in Mähren-Schlesien
der Fall; in Troppau sind wir die stärkste Partei, haben
aber keinen Vertreter!) Jawohl!
Man bringt es fertig, nicht einen einzigen Vertreter unserer gewerkschaftlichen
Gliederungen in diese Krankenkassen zu ernennen. Die Ernennungen
selbst gehen auf eine geheimnisvolle Art vor sich, kein Mensch
weiß, wie das zuging, niemand hat einen Einblick und selbst
die Leiter von politischen Bezirksverwaltungen haben mir erklärt,
daß sie diese Ernennungen nicht mehr verstehen. (Posl.
inž. Jung: Es ist sehr genau untersucht
worden, welcher Parteizugehörigkeit der Vorgeschlagene ist!)
Jawohl! Das nennt man Ernennung
von Fachleuten oder unpolitischen Personen. (Posl. Geyer: Wie
wird das erst bei der Viehversicherung sein - Posl.
inž. Jung: Da wird jedes Vieh politisch
abgestempelt werden!) Jawohl! Das
zeigt das Ungeheuerliche dieser Ernennungen. Die Zeitungen, die
an diesem Skandal Kritik üben, werden einfach zensuriert,
unter dem Prätext "Alle Macht komme vom Volke, wir sind
in einem demokratischen Staat". Es ist ungeheuerlich. Unser
Parteivorsitzender, der Abg. Jung, hält in Troppau
auf dem Kreisparteitag einen Vortrag und bringt zur Kritik der
deutschen Regierungsparteien Folgendes vor: "Lediglich die
deutschen Regierungsparteien und die deutschen Sozialdemokraten
als Bestandteil der loyalen Opposition haben kleine Geschenke
in Form von Ernennungen in die Landes- und Bezirksvertretungen
sowie in die Bezirkssozialversicherungsanstalten eingeheimst,
Ernennungen, welche an sich schon skandalös sind, weil sie
auf Kosten der wirklich oppositionellen Parteien gingen und weil
damit gleichzeitig die günstige Gelegenheit benutzt wurde,
den deutschen Anteil in diesen Körperschaften möglichst
zu schwächen." Der geistreiche Zensor auf dem Polizeikommissariat
in Aussig bringt es fertig, diese Stelle zu konfiszieren und uns
damit die Kritik an den wirklich skandalösen Ernennungen
unmöglich zu machen. (Rùzné
výkøiky.) Der Herr Zensor
in Aussig bringt es fertig, die einzig richtige Bezeichnung für
diesen ungeheuerlichen Vorfall, nämlich "Ernennungsskandal"
konsequent aus jedem Artikel herauszuzensurieren, ob das nun im
Titel oder im Untertitel oder im Artikel steht. (Rùzné
výkøiky.) So schaut es in
einem Staatswesen aus, dessen Präsident einmal das Wort gesprochen
hat: "Demokratie ist Diskussion". So schaut in einem
Staat die Pressefreiheit aus, in welchem eines der ersten
Gesetze, das überhaupt beschlossen wurde, das Gesetz über
die Pressefreiheit war. Es ist ein Verfall dieser damaligen Aufwallung
einer freiheitlichen Anschauung des èechischen Volkes zu
verzeichnen, der geradezu ungeheuerlich
ist, und es ist bedauerlich, daß aus dem Lager des èechischen
Volkes selbst sich nicht Stimmen erheben, die diesem ungeheuerlichen
Mißbrauch der Zensurgewalt der politischen Behörden
oder Polizeipräsidien - einfach entgegentreten.
(Posl. inž. Jung: Das ist die
Ursache der Krise der Demokratie!) Jawohl,
man spricht von einer Krise der Demokratie. Ich frage das hohe
Haus: Wo steht in dieser Kritik der politischen Regierungsparteien,
in der Kritik an den Ernennungen in die Krankenversicherungsanstalten
ein einziger Buchstabe, der nach dem Schutzgesetz oder einem anderen
Gesetz irgendwie als eine Kritik erscheinen würde, die gegen
andere Schichten der Bevölkerung aufreizen würde oder
gegen den Staat und seine Einrichtungen? Es ist nichts anderes,
als die Feststellung, daß die Ernennungen auf Kosten der
wirklich oppositionellen Parteien durchgeführt worden sind
und die Regierungsparteien politisch sich sozusagen die Taschen
vollgesteckt haben. Wir können diesem Zustand natürlich
nicht anders als mit einer scharfen Kritik begegnen. Wir haben
hier im Hause an den Herrn Minister für soziale Fürsorge
Msgr. Šrámek eine Interpellation eingebracht,
obzwar er vor ein paar Tagen im sozialpolitischen Ausschuß
die Erklärung abgegeben hat, daß die Wahlen womöglich
im Herbst des heurigen Jahres durchgeführt werden würden.
Der frühere Minister Dr. Winter hat ganz richtig gesagt,
das Wort "womöglich" hätte der Herr Minister
auslassen sollen, dann wäre seine Antwort vielleicht befriedigend
gewesen.
Wir können heute von dieser Stelle nichts
anderes tun, als den Regierungsparteien zuzurufen, dieser Schande
der Ernennungen endlich ein Ende zu machen und daran zu denken,
daß die Zustände, wie sie heute sind, den Verfall des
ganzen jetzigen Systems rettungslos mit sich bringen müssen,
daß diese Ernennungen nichts anderes sind und von der Bevölkerung
auch nicht anders gewertet werden, als die schändliche Furcht
der Regierungsparteien, vor die Wähler hinzutreten. (Posl.
Simm: Diese Körperschaften sind von allem Anfang an in aller
Öffentlichkeit kompromittiert! - Posl. inž.
Jung: Das nächstemal werden sie das Parlament
ernennen!) Jawohl! Die Zusammensetzung
dieser Körperschaften muß vom Willen der Bevölkerung
abhängig gemacht werden. Wir verweisen auf die wichtige Tatsache,
daß diese Ernennungen es einer ganzen Reihe von Krankenversicherungsanstalten
geradezu unmöglich machen, die Aufgaben, die sie erfüllen
sollen, nämlich eine wirkliche Fürsorgeanstalt für
die Arbeiterschaft zu sein, zu erfüllen. (Posl.
inž. Jung: Es sind manchmal ein
und dieselben Leute im Vorstand und im Überwachungsausschuß!)
Jawohl, es ist geradezu unerhört! (Rùzné
výkøiky.) Wir können
zu diesen skandalösen Ernennungen nur eines sagen: Macht
dieser Schande ein Ende, schreibt endlich auch in den Sozialinstituten
die Wahlen aus! (Potlesk poslancù nìm.
strany nár. socialistické.)