Meine Herren! Wir haben soeben eine Regierungserklärung
gehört. Im Wesentlichen brachte sie nichts Neues, die alten
Phrasen, die wir schon einigemale in diesem Hause hörten.
Wir haben noch die letzte Regierungserklärung im Gedächtnis,
die vom erkrankten Ministerpräsidenten Švehla abgegeben
wurde, in welcher die Wendung enthalten war, daß Gleiche
mit Gleichen nun über alle Probleme, vor allem über
alle nationalen Fragen verhandeln werden. Wenn wir uns vor Augen
halten, was dann aus dieser feierlichen Erklärung geworden
ist, dann wird man es vollständig begreiflich finden, daß
wir Regierungserklärungen von vornherein mit dem größten
Mißtrauen begegnen. Um was hat es sich denn übrigens
bei diesem Wechsel in der Regierung gehandelt? Im großen
und ganzen doch nur um den Kuhhandel, der sich um die Person des
Pater Šrámek drehte und der nun endlich beendigt
ist. Allerdings hat er ja eine ganze Zeit lang den Bestand der
Regierungskoalition zu gefährden gedroht. Daher hätte
sich der Vorsitzende der Regierung beschränken können
zu sagen: "Nun ist die Koalition wieder zusammengeleimt und
wird voraussichtlich einige Zeit lang weiterbestehen." Bar
jeden höheren Zieles hat sie sich einfach das Wort Rašíns
zugrundegelegt: "Wir haben uns geeinigt, daß wir
einig sein wollen." Die Herren haben jedenfalls eingesehen,
daß Neuwahlen ins Parlament, mit denen eine Zeit lang von
der einen oder anderen Regierungspartei gedroht wurde, keine Verstärkung,
sondern eine weitere Schwächung ihrer durch die Wahlen vom
2. Dezember ohnehin geschwächten Stellung herbeiführen
und das Dasein ihrer in die Landesund Bezirksvertretungen so reichlich
ernannten Parteigenossen gefährden müßten, wenngleich
sie durch Ernennungen aus dem Lager der sogenannten staatstreue
Opposition, auf welche ja auch der Herr Minister Udržal
heute anspielte, d. h. der vorderhand
halben und später jedenfalls ganzen Regierungsparteien, der
èechischen und deutschen Sozialdemokraten und èechischen
Nationalsozialisten, nicht ungeschickt dem Wandel der Dinge vorbauten.
Wenn endlich nach langer Zeit wieder einmal
eine politische Aussprache stattfindet, so muß in ihrem
Mittelpunkte der unerhörte Skandal der Ernennungen stehen.
Korruptionsskandale scheinen ja mit dem Wesen der Demokratie untrennbar
verknüpft zu sein. Man braucht ja nur auf den Benzin- und
Spiritusskandal hinzuweisen, auf den Restgüterschacher hierzulande,
auf den Barmatskandal anderswo. Diesen Skandalen hat sich nun
der Ernennungsskandal würdig angereiht. Wäre die vielgepriesene
Demokratie wirklich das, was sie zu sein vorgibt, nämlich
Volksherrschaft, so würde sie überhaupt nie zum Mittel
der Ernennungen greifen, weil sie ja von vornherein damit rechnen
müßte, daß dieses Mittel nur allzuleicht zur
Verfälschung der Volksmeinung mißbraucht werden kann.
Allerdings wurde dieses Mittel seit Bestand dieses Staates mit
Vorliebe verwendet. 10 Jahre lang bestanden Landesund Bezirksverwaltungskommissionen,
die Wahlen in die rankenkassen haben vor einer Zeit stattgefunden,
die geradezu als sagenhaft bezeichnet werden kann. Obzwar seit
1 1/2
Jahren diese Kassen zu Trägern der Sozialversicherung ausgestaltet
wurden und man infolgedessen doch Neuwahlen ausschreiben müßte,
werden die Verwaltungskommissionen sie bis auf weiteres weiter
verwalten. Wir erinnern uns auch, daß das erste Parlament,
das 1 1/2
Jahre hindurch sich die gesetzgebende Gewalt anmaßte, aus
einer selbsternannten Gesellschaft bestanden hat und daß
diese die ganzen grundlegenden Gesetze beschloß. Wir erinnern
uns, daß ganze Gebiete des Staates, wie beispielsweise Ostschlesien,
Hultschin, die Gebiete von Weitra und Feldsberg bis zum Jahre
1925, also volle sieben Jahre hindurch, überhaupt nicht in
der gesetzgebenden Köperschaft vertreten waren, daß
in einzelnen Städten Verwaltungskommissionen oft Jahre hindurch
bestanden, wie beispielsweise in Iglau, Znaim, Troppau und
in ganz Ostschlesien, und daß die Folgen der Verwaltungstätigkeit
der Regierungskommissäre und der ernannten Verwaltungskommissionen
insbesondere zu Èechisierungszwecken heute noch überall
deutlich fühlbar sind. Trotzdem hat man am Prinzip der Ernennungen
festgehalten (Posl. Krebs: Ausgebaut!), weil man ganz genau
weiß, daß die staatstreue Oppsition, vor allem Sozialdemokraten,
die ja in manchen Fällen, wie bei den Krankenkassen, an der
Ernennungskorruption unmittelbar beteiligt sind und in anderen
Fällen sich durch Mitbeteiligung den Mund stopfen lassen,
dagegen niemals ernstlich Stellung nehmen werden. Ein bißchen
Theaterdonner ist das ganze. (Posl. Krebs: Wenn Koll. Pik Zwischenrufe
macht!) Ja, sehr, richtig! Auch er war früher mit daran
beteiligt. Daher nimmt kein Mensch diese Opposition ernst, die
in der allnationalen Koalition an sämtlichen Schandtaten
mitbeteiligt war. (Pøedsednictví pøevzal
místopøedseda Horák.)
Wir deutschen Nationalsozialisten haben seit
jeher gegen das Prinzip der Ernennungen an sich Stellung genommen
und dieser Stellungnahme auch gelegentlich der parlamentarischen
Behandlung des Gesetzes über die Organisation der politischen
Verwaltung Ausdruck verliehen. Ich habe zu diesem Gegenstand einigemale
in diesem Hause das Wort ergriffen und habe in meiner Rede am
28. Juni 1927, zur Frage der Ernennung wörtlich Folgendes
angeführt: "Daneben soll das allgemeine Wahlrecht durch
die Ernennung je eines Drittels der Mitglieder der Vertretungen
gründlich verfälscht werden. Wie diese Ernennungen aussehen
werden, ist von vornherein klar. Sie werden ein getreues Spiegelbild
der jeweiligen Machtverhältnisse darstellen und" - darauf
komme ich noch zu sprechen - "von den herrschenden Parteien
zur Verstärkung ihrer Stellung mißbraucht wer den.
Noch dazu zur kostenlosen Verstärkung. Daß man aus
der Reihe der Fachmänner nur jene auswählen wird, die
der Regierung zu Gesicht stehen und von denen man im vorhinein
überzeugt ist, daß sie sich zu ihrem Schuhfetzen hergeben,
ist klar. Das Ernennungsrecht ist und bleibt uns verwerflich.
Am bedenklichsten und verwerflichsten aber ist es vom nationalen
Standpunkt trotz des im Ausschuß beschlossenen Zusatzes
zu § 12, Abs. 2, der da lautet, daß die Ernennung,
"unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen, kulturellen,
nationalen und sozialen Verhältnisse" zu erfolgen habe.
Harmlosen Gemütern mag diese Kautschukbestimmung genügen.
Jeder aber, der seine fünf Sinne beisammen hat, weiß,
daß hiemit der Willkür Tür und Tor geöffnet
wird. Was wird man uns nicht alles als "Deutsche" anhängen
und was für Arbeitnehmervertreter wird eine bürgerliche
Regierung ernennen, falls sie überhaupt welche ernennt? Wenn
man schon auf Fachmänner Gewicht legt, warum geht man da
nicht gleich zum Zweikammersystem über, wobei aber selbverständlich
auch die Wirtschaftskammer aus Wahlen hervorgehen müßte,
um ein klares Spiegelbild der nationalen, wirtschaftlichen und
sozialen Verhältnisse zu ergeben?"
Das habe ich damals zu diesem Gegenstand dargelegt.
Wenn wir uns jetzt fragen, wie sehen denn diese Ernennungen aus,
müssen wir von vornherein feststellen, daß sie insbesondere
vom nationalen Standpunkt aus zu nichts anderem gebraucht (Výkøiky:
Mißbraucht!) - jawohl, mißbraucht wurden - als
auf Kosten der Deutschen die Èechen zu bevorzugen. (Výkøiky.)
Ich werde diese Behauptung eingehend
zahlenmäßig belegen.
In Böhmen sind im ganzen 3,491.324 Stimmen abgegeben worden,
in Mähren und Schlesien 1,656.998 Stimmen. Wenn wir davon
die kommunistischen Stimmen als weder auf die Deutschen, noch
auf die Èechen zu rechnenden Anteil
abziehen, wurden in Böhmen 3,068.739, in Mähren und
Schlesien 1,496.354 Stimmen abgegeben. Davon wurden deutsche Stimmen
in Böhmen 1,055.528, das ist 34.4%, in Mähren 439.491,
das sind 29 1/2
% abgegeben. Bei den Gewählten sieht das dann so aus: Der
Anteil in Böhmen ist von 34 auf 30% zurückgegangen,
in Mähren von 29 1/2
% auf 27 1/2
%. Statt nun diesen Ausgang, durch den das Wahlunrecht erkennbar
ist, durch die Ernennungen auszugleichen, ist man hier noch zurückgegangen.
Denn wir bekamen in Böhmen 11 Ernannte, das sind 27 1/2%,
gegen 34.4%, die durch die Abgabe der Wahlstimmen zum Ausdruck
gelangten; in Mähren und Schlesien statt 29 1/2%
bloß 20%, d. h. man hat uns in Böhmen und in Mähren-Schlesien
je ein Mandat glatt gestohlen. (Výkøiky
posl. Horpynky.) Wir hätten
in Böhmen Anspruch auf 12 Ernannte und in Mähren-Schlesien
Anspruch auf 5 Ernannte gehabt.
Nicht anders liegen die Dinge in den Bezirken.
Auch dort und insbesondere in den stark deutschen und rein deutschen
Bezirken wurden die Èechen besonders gut bedacht.
Die belanglosen èechischen Häuflein in Karlsbad, Jägerndorf,
Freiwaldau und anderen rein deutschen Bezirken hat man mit Vertretungen
bedacht, um auf diese Weise die Bezirksvertretung national-gemischt
zu machen, in einem Maße, in dem
sie es auf Grund der tatsächlichen Verhältnisse niemals
sind und um die èechische Sprache in diesen Bezirken zum
Ausdruck zu bringen. Das alles ist ein neuerlicher Beweis dafür,
daß unser deutsches Siedlungsgebiet trotz mehr als 2 jähriger
Anteilnahme deutscher Parteien an der Macht
oder was die Herren so zu nennen belieben nach wie vor als erobertes
Land, als Sklavenkolonie behandelt wird, Dafür, meine Herren,
nur einige Beispiele, die ich herausgreife.
Aussig: èechische Sozialdemokraten, èechische Nationalsozialisten,
èechisch-Bürgerliche haben je ein Mandat durch Wahl
erreicht, also drei Gewählte. Dazu haben sie je einen Ernannten
bekommen, also zusammen drei Ernannte, statt eines, oder höchstens
zweier. Sie haben also um volle 100% zu viel bekommen.
In Mährisch-Schönberg haben die Èechen ein Sechstel
der Stimmen, aber ein Fünftel der Mandate erhalten. In Tetschen
erhielten sie keinen Gewählten, dafür zwei Ernannte.
(Výkøiky posl. Krebse.) In
Brüx drei Erbannte zu viel, in Jägerndorf bei 796 Stimmen
kein Mandat durch Wahl, dafür aber einen Ernannten, während
im Durchschnitt 1800 Stimmen für ein Mandat erforderlich
waren. In Troppau-Land erhielten die Èechen statt 5 Ernannter
deren 7. In Neutitschein erhielten die Èechen zwei Ernannte
zu viel. Und so geht es weiter. Ich werde auf
diesen Gegenstand noch einmal zu sprechen kommen. (Posl. dr
Schollich: In Neutitschein erhielt der Bund der Landwirte zwei
Ernannte!) Darauf komme ich noch zu sprechen.
Wie sehen nun diese Fachleute aus? Wir haben
schon von allem Anfange an gegenüber diesen Fachleuten unsere
Bedenken zum Ausdruck gebracht. (Posl. dr Schollich: Diese
Fachleute gehören in ein Fach hinein!) Jawohl, das ist
richtig, um dort bis zum jüngsten Tag aufbewahrt zu werden.
Man kann sich hier auch auf èechische Pressestimmen
stützen. Ich verweise darauf, daß in der "Národní
Politika" ein Aufsatz des Abg. Ježek erschienen
ist und auch in den "Národní Listy" ein
Aufsatz sich mit dieser Frage beschäftigte. In den "Národní
Listy" heißt es, daß die Ernennungen die Oeffentlichkeit
und die Fachinteressenten nicht befriedigen. "Das Prinzip
des Fachmännertums wurde nicht in dem Sinne zur Geltung gebracht,
wie es den Grundlinien der Gesetzesnovelle entspreche, aber es
sei klar, daß die Ursache hiefür im Gesetze selbst
liege." Das schreibt das Blatt des Herrn Dr. Kramáø
zu dem Gesetze, dessen Verfechter Dr. Kramáø
selbst gewesen ist. Das wollen wir festhalten.
Das Gesetz spricht zwar, heißt es weiter, von Fachleuten,
trifft aber keine Bestimmung über den Begriff eines Fachmannes.
Das wird einer sehr weiten Auslegung überlassen. (Posl.
Krebs: Und der Parteilegitimation!) Jawohl.
Weiter schreibt das Blatt, daß die Organisationen
und Institutionen eigentlich in dem Gesetze aufgezählt sein
müßten, welche das Virilrecht auf eine Vertretung hätten.
"Also den Herren, welche allerdings heute nicht eine der
stärksten Parteien in der Koalition sind und die wahrscheinlich
der Meinung waren, daß sie allein die befähigsten Leute
für die Ernennungen hätten, diesen Herren selbst wird
heute etwas ungemütlich und sie üben Kritik. Was aber
sollen dann erst wir dazu Ernennungen mitgemacht haben? (Výkøiky
i na levici.)
Der allergrößte Skandal ist aber, daß die Regierungsparteien,
u. zw. die deutschen wie die èechischen auf Kosten der
deutschvölkischen Oppositionsparteien und der Kommunisten
sich geradezu anfutterten. Denn die staatstreue Opposition oder
die zahme Opposition, wie man sie nennen kann, ist ja bedacht
worden, zwar nicht vollständig gleichartig, man hat auch
hier einen Unterschied zwischen Èechen und Deutschen gemacht,
wobei man die Èechen voll berücksichtigt
hat, die Deutschen weniger - aber berücksichtig sind sie
doch alle worden. Die gegenwärtigen Regierungsparteien schanzten
sich weit mehr zu, als ihnen zustand, und das wurde nun uns, der
deutschen Nationalpartei und den Kommunisten
glatt weggenommen. Die Herren Dr. Rosche und Kafka wurden
ebenfalls als staatstreue Opposition angesehen und infolgedessen
berücksichtigt. Geradezu niederträchtig - ich unterstreiche
das Wort - sind die deutschen Nationalsozialisten behandelt worden.
Wir haben nicht einen Ernannten aufzuweisen, weder in den Ländern,
noch in den Bezirksvertretungen. (Posl. dr Schollich: Bei uns
haben sie sich zweimal geirrt!) Jawohl. Der größte
Irrtum ist übrigens in Freudenthal passiert wo man nämlich
geglaubt hat, einen Christlichsozialen ernannt zu haben und zufällig
einen von der deutschen Nationalpartei ernannt hat. Von uns wurde,
wie gesagt, kein einziger ernannt, weder in die Landes- noch in
den Bezirksvertretungen, obzwar von unserer Seite im Gegensatz
zu den Regierungsparteien wirkliche Fachleute vorgeschlagen wurden.
Wir - oder besser gesagt unsere befreundeten Organisationen, die
die Ernennungsvorschläge machten - haben u. a. für die
Landesvertretung von Böhmen den Professor der deutschen techn.
Hochschule in Prag Ing. Kral und für die Landesvertretung
in Mähren-Schlesien den Bürgermeisterstellvertreter
von Troppau Ing. Kühberger, Inspektor und Mitglied der Ingenieurkammer
vorgeschlagen, also jedenfalls zwei Persönlichkeiten, die
im Hinblick auf den geforderten Umstand Qualitäten aufzuweisen
haben. Gelungen sind beispielsweise auch die Ernennungen im Bezirke
Gablonz, wo der Bezirkshauptmann lange vor den Wahlen und vor
der Aufstellung der Listen unserem dortigen Vertreter, dem Oberförster
Sturm ausdrücklich sagt hat, er brauche sich nicht darum
zu bemühen, auf eine Liste zu gelangen, er werde auf jeden
Fall dafür sorgen, daß er auch in die neue Bezirksvertretung
hineinkomme, weil er ihm geradezu unentbehrlich als Fachmann im
Straßenbauwesen sei. Tatsache ist, daß der Oberförster
Sturm die ganzen Straßen im Gablonzer Gebiet seit vielen
Jahren in dem denkbar besten Zustand gebracht hat. Die Ernennungen
gehen vorüber, er wird nicht ernannt und die Begründung
- wir haben sie von einwandfreier Seite - ist köstlich: Weil
ein höherer Auftrag vorhanden war, daß von unserer
Seite überhaupt niemand ernannt werden dürfe. (Posl.
Krebs: Das sind die Leute, die alleweil von der Fachbildung reden!)
So bringt man sich selbst um ausgesprochene Fachleute. (Posl.
Krebs: Dabei sind wir im Gablonzer Bezirk die stärkste deutsche
Partei!) Sehr richtig, die stärkste Partei überhaupt.
Die Benachteiligung springt kraß in die Augen, wenn man
die Wahlziffern betrachtet. Ich werde diese Wahlziffern ausführlich
darlegen, wenngleich es mich etwas aufhält.
Ich fasse die abgegebenen Stimmen in Böhmen
und Mähren zusammen, um mir mehr Angaben zu ersparen und
führe die Parteien in der Reihenfolge an, in der sie mit
den auf ein Mandat entfallenden Stimmen rangieren. Da sind die
Wahlergebnisse folgendermaßen: An erster Stelle stehen die
deutschen Christlichsozialen mit insgesamt 252.791 abgegebenen
Stimmen, mit 7 Gewählten und 5 Ernannten. Also bitte, wo
bleibt die Hälfte? Auf 21.066 Stimmen entfällt bei ihnen
ein Mandat. Diese Ziffer wollen wir sehr genau festhalten, weil
wir bei unserer Partei eine ganz andere feststellen werden. An
zweiter Stelle steht der Bund der Landwirte mit 263.332 Stimmen,
7 Gewählten und 5 Ernannten. Bei dem Bund der Landwirte entfällt
ein Mandat auf 21.944 Stimmen. An dritter Stelle steht
die èechische Gewerbepartei mit 230.960 Stimmen, 6 Gewählten
und 4 Ernannten, mit 23.096 Stimmen auf ein Mandat; dann an vierter
Stelle die èechischen Klerikalen, die Lidová strana
des Herrn Pater Šrámek,
mit 551.080 Stimmen, 13 Gewählten und 10 Ernannten.
Ich bitte, einmal das Verhältnis zu beachten! Bei dieser
Partei kommen 23.960 Stimmen auf ein Mandat. An fünfter Stelle
stehen die èechischen Agrarier mit 669.139 Stimmen, Stimmen
auf ein Mandat. An sechster Stelle stehen die Nationaldemokraten
mit 257.867 Stimmen, 5 Gewählten und 5 Ernannten, mit 25.787
Stimmen auf ein Mandat. An siebenter Stelle die èechischen
Sozialdemokraten mit 625.976 Stimmen, 16 Gewählten und mit
der dazugehörigen Hälfte, nämlich 8 Ernannten und
26.082 Stimmen auf ein Mandat. An achter
Stelle stehen die èechischen Nationalsozialisten mit 659.879
Stimmen, 15 Gewählten und 7 Ernannten und 29.994 Stimmen
auf ein Mandat; an neunter Stelle die deutschen Sozialdemokraten
mit 403.359 Stimmen, 9 Gewählten und 3 Ernannten, also bloß
einem Drittel, mit 33.613 Stimmen auf ein Mandat; an zehnter Stelle
die deutsche Gewerbepartei mit 101.114 Stimmen, 2 Gewählten,
einem Ernannten und 33.705 Stimmen auf ein Mandat; an elfter Stelle
die deutsche Nationalpartei mit 187.197 Stimmen, mit 5 Gewählten
und keinem Ernannten, mit 37.439 Stimmen auf ein Mandat; dann
die Arbeits- und Wirtschaftsgemeinschaft mit 122.762 Stimmen,
2 Gewählten und einem Ernannten und 40.891 Stimmen auf ein
Mandat; an dreizehnter Stelle die Kommunisten mit 583.179 Stimmen,
14 Gewählten und keinem Ernannten und 41.655 Stimmen auf
ein Mandat und dann kommen in langem Abstand endlich wir mit 164.172
Stimmen, 3 Gewählten, keinem Ernannten und 54.724 Stimmen
auf ein Mandat. Ich bitte das zu beachten. 21.000 Stimmen brauchen
die deutschen Christlichsozialen und der Bund der Landwirte und
wir brauchen 54.724 Stimmen, beinahe 55.000, im Durchschnitt.
Der Fall wird noch krasser, wenn wir die Zahlen in Böhmen
betrachten: da brauchen wir nahezu 57.000 Stimmen auf ein Mandat.
Das ist die Demokratie, von der Herr Udržal in
der Regierungserklärung spricht und von welcher man soviel
in den Zeitungen schreibt und zu hören bekommt. Das ist die
Diskussion des Herrn Dr. Masaryk, die uns auf diese Weise
abgeschnitten wird, indem man uns um unseren Anteil bringt.
Wie schaut es nun in den Bezirken aus? Ich
beschränke mich da wieder auf einige Beispiele. Wir hatten
im Bezirk Aussig 7.946 Stimmen aufgebracht, sind die drittstärkste
Partei, haben drei Gewählte und keinen einzigen Ernannten,
während die èechischen Sozialdemokraten mit
2.454 Stimmen und einem Gewählten schon einen Ernannten aufzuweisen
haben und die èechischen Nationalsozialisten mit 3.281
Stimmen und einem Gewählten ebenfalls einen Ernannten haben.
Vom Bezirk Tetschen habe ich schon erwähnt,
daß wir dort keinen Ernannten haben; auf ein Mandat entfallen
dort bei den deutschen Christlichsozialen 1.340, beim Bund der
Landwirte 1.536, auf die Gewerbepartei 1.630, auf die deutschen
Sozialdemokraten 1.645, auf die deutsche Nationalpartei 1.983,
auf die Kommunisten 2.438 und auf unsere Partei 3.151 Stimmen.
(Posl. Knirsch: Unsere Partei ist im Duxer Bezirk die stärkste
von allen Parteien, alle Bürgermeister sind Nationalsozialisten
und wir haben nicht ein einziges Mandat!) Ja, im Bezirk Dux
sind wir die stärkste deutsche Partei, ja überhaupt
die stärkste Partei, in allen Gemeinden nahezu, besonders
in den größeren haben wir den Bürgermeister und
nicht einen Ernannten in der ganzen Bezirksvertretung! Beim Bezirke
Neutitschein habe ich schon darauf verwiesen, daß
die Èechen dort im Verhältnisse zu den Deutschen mehr
berücksichtigt werden; wir können auch hier darauf hinweisen,
daß wir die verhältnismäßig größte
Stimmenanzahl brauchten, weil keine Ernennungen vorgenommen wurden.
Im Bezirk Jägerndorf haben die
Èechen mit 796 Stimmen einen Ernannten bekommen, während
wir 2.266 Stimmen für jedes der beiden Mandate gebraucht
haben, die durch die Wahl auf uns entfallen sind. Das ist die
weitaus stärkste Stimmenanzahl, die überhaupt in dieser
Bezirksvertretung in Frage kommt. Ähnlich
steht es im Bezirk Mähr. Schönberg, Sternberg u. s.
f. Wir können ruhig alle Bezirke durchgehen und werden feststellen,
daß die Verhältnisse überall gleich sind. Das
ist nicht nur geradezu eine schändliche Benachteiligung im
Hinblick auf die Stärke und das Ansehen der Partei und auf
die politische Auswirkung, sondern es ist auch eine krasse Benachteiligung
unserer Partei in finanzieller Hinsicht, da ja nach dem geltenden
herrlichen Gesetze bekanntlich die Hälfte der Stimmzettelkosten
von den Parteien getragen werden muß, für die Ernannten
aber nichts zu bezahlen ist. Es wird also den armen Teufeln, die
Mitglieder unserer Partei sind und die die Wahlkosten aufbringen
müssen, das Geld glatt aus der Tasche gestohlen, im Staate
des Humanisten Masaryk, wo der § 1 der Verfassung
vom Volk als der einzigen Quelle der gesamten Staatsgewalt spricht
und der § 109 vorgibt, das Privateigentum zu schützen.
Wie der Schutz des Privateigentums aussieht, sehen wir auch an
diesem Falle, wie wir es an vielen anderen Fällen
gesehen haben. Das heiterste ist nun, daß auch diejenigen
Parteien, die ernannte Mitglieder haben, Unzufriedenheit mit den
Ernennungen vorgeben, man kann wohl besser sagen, heucheln. Ich
habe bereits auf zwei Stimmen aus dem èechischen
Lager hingewiesen. Ich kann aber auch darauf hinweisen, daß
auch die Christlichsozialen und der Bund der Landwirte gegen die
Ernennungen losgegangen sind und von einer Benachteiligung gesprochen
haben. (Výkøiky: Das ist eine Komödie!)
Das ist Heuchelei und nichts anderes. Denn
ich glaube, auf Grund der dargelegten Wahlziffern kann man von
einer Benachteiligung nicht sprechen. (Výkøiky:
Sie wollen mehr haben!) In einer Hinsicht
haben sie vielleicht Recht. Eine Regierungspartei kann der anderen
vorwerfen, daß sie bei der Aufteilung dessen, was nicht
ihnen, sondern uns gehört, über das Ohr gehauen worden
ist. Wir können nur feststellen, daß die Agrarier in
ihrem Hunger unersättlich sind, und daß man auf jene
Partei, welche kirchliche Interessen zu vertreten vorgibt, das
Wort aus Goethes "Faust" anwenden kann, daß die
Kirche einen sehr guten Magen besitzt. Die Ernennungen werden
stets ein Schandfleck der gegenwärtigen Regierungskoalition
bleiben.
Die Ernennungen sind aber auch ein Illustrationsbeispiel
dafür, wie die Opposition als Ganzes behandelt wird, daß
sie keine Rolle spielt und nicht spielen kann, weil sie aus mehreren
Gruppen besteht, die unter einander uneins sind und die nur gegenseitig
ausgespielt werden. Wir haben es aus dem Munde des jetzigen Vorsitzenden
der Regierung gehört. Er sprach von einer Opposition, die
staatstreu ist, woraus natürlich hervorgeht, daß es
auch eine andere gibt. Man könnte also das alte österreichische
Wort der "k. k. Opposition" variieren. (Obrácen
k odcházejícímu pøedsedovi
vlády Udržalovi:) Wenn man
von k. k. spricht, geht der ehemalige österreichische k.
k. Trainrittmeister hinaus. Er will daran nicht erinnert werden,
der k. k. Trainrittmeister im Ruhestand und aktive Kriegsminister.
(Výkøiky na levici.)
Die Ernennungen sind auch ein Beispiel dafür,
worin die sogenannten Erfolge der deutschen Regierungsparteien
bestehen, die seinerzeit trotz allen unseren begründeten
Warnungen für das von Dr. Kramáø
vertretene Machwerk stimmten, das sich
Organisation der politischen Verwaltung nennt. Was hat man uns
nicht in Versammlungen Schönes über die Verwaltungsreform
gesagt, was hat man nicht darüber in der Presse geschrieben,
wie hat man nicht den deutschen Michel eingeschläfert, es
werde lange nicht so arg werden! Und was sind die Landes- u. Bezirksvertretungen
heute? Nichts als Rekrutenschulen, in welchen der Bezirkshauptmann,
bezw. der Landespräsident mit den Vertretern macht, was er
will. (Posl. dr Schollich: Siehe die Aufteilung der Landesreferate
in Mähren!) Ganz richtig. Die Landesvertretung hat die
Referate aufgeteilt, der Landespräsident, der gleichzeitig
Minister des Innern ist, fährt hin, macht alles rückgängig
und teilt die Referate selbst auf. (Výkøiky
na levici.)
Wenn man auf die Landesvertretungen hinweist,
muß man unwillkürlich der alten Landtage gedenken und
wird einen himmelweiten Unterschied feststellen. Diese alten Landtage
wurden von den Èechen bewußt abgebaut, die in alten
Österreich Vertreter der Selbstverwaltung und des föderativen
Staatsaufbaues gewesen sind. Heute wird von
Kramáø bis Bechynì
der geistloseste und ödeste Zentralismus
vertreten, so daß die Landesvertretungen zur vollständigen
Bedeutungslosigkeit herabgedrückt wurden. Kennzeichnend für
die Wandlung der Anschauungen sind die Ausführungen des Abg.
Stanìk, der gelegentlich der Konstituirung
des Klubs der èechischen agrarischen Partei in der Landesvertretung
in Böhmen in einer Rede gesagt hat: "Heute ist nicht
nötig, daß die Landtage politische Vorkämpfer
sind. Die Èechen haben ihre politische Selbständigkeit
und es ist nötig, die politischen Ziele der Selbstverwaltung
mit wirtschaftlichen Zielen zu vertauschen." Das ist so recht
kennzeichnend für die geistige Einstellung. Die Èechen
haben es, die anderen brauchen es nicht, sie kommen überhaupt
nicht in Betracht. Man möchte dem Herrn Stanìk
und allen anderen, die gleich ihm denken
- und ich sage, von Kramáø bis
Bechynì ist es eine geschlossene
Front dringendst an empfehlen, das Buch ihres Volksgenossen Prof.
Dr. Emanuel Rádl "Der Kampf zwischen Èechen
und Deutschen" zu lesen. Es stehen dort Dinge, die auch den
Èechen zu denken geben sollten.
Und auf deutscher Seite? Die deutschen Regierungsparteien
haben sich gewaltig bemüht, den Inhalt des Gesetzes über
die Verwaltungsreform der Bevölkerung mit allen Mitteln der
Schönfärberei als ungefährlich, ja, soweit es Mähren-Schlesien
betrifft, als Fortschritt hinzustellen. Bisher gebe es keine Bezirke,
jetzt werde es Bezirke geben. Das Gesetz sei etwas glänzendes.
In dieser Beziehung hat insbesondere Dr Luschka, der Vorsitzende
des Klubs der Christlichsozialen, das Möglichste getan, als
er den Umfall seiner Partei in der Frage der Erhaltung Schlesiens
zu verteidigen hatte. Er hat ausgemalt, daß nichts passiert
sei, im Gegenteit, das schlesische Wappentier sei gerettet...
(Posl. Heeger: Das Haus ist weg, aber die Hausnummer haben
wir behalten!) Das ist gut. Eine schlesische Kommission werde
errichtet werden und diese werde ein Ersatz für die schlesische
Landesvertretung sein, sie werde in Troppau ihren Sitz haben usw.,
und Troppau werde für all die Verluste, die es erleidet,
weil es nicht mehr Landeshauptstadt ist, entschädigt werden.
Befassen wir uns kurz damit, was aus diesen Versprechungen geworden
ist!