Støeda 7. listopadu 1928

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 173. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze ve støedu dne 7. listopadu 1928.

1. Øeè posl. Horpynky (viz str. 6 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Als in den letzten Tagen des Monates September dieses Jahres das Plenum des Abgeordnetenhauses nach monatelangen Beratungen des sozialpolitischen Ausschusses die Debatte über die Novelle zur Sozialversicherung abführte, hatte ich die Ehre, namens meiner Partei die schwerstwiegenden Bedenken gegen einige Bestimmungen des Gesetzentwurfes hier darzulegen und zu begründen, sowie auch die Art und Weise des unparlamentarischen Vorgehens beim Zustandekommen dieser Gesetzesnovelle zu bemängeln. Nun hat der Senat einige blamable Fehler in dem vom Abgeordnetenhause verabschiedeten Gesetz gefunden und es dem Abgeordnetenhaus zur neuerlichen Beratung und Beschlußfassung zurückgestellt. Da die vom Senat vorgenommenen Änderungen den Standpunkt meiner Partei zu den verschiedenen Bestimmungen der Sozialversicherungsnovelle nicht weiter berühren, so halte ich meine damaligen Ausführungen in vollem Umfange aufrecht und brauche sie unter Hinweis auf das stenographische Protokoll jetzt nicht zu wiederholen. Dafür muß ich aber die Gelegenheit benützen, um meine Partei gegen die ganz unqualifizierbaren Angriffe seitens der deutschen Gewerbepartei und des Bundes der Landwirte zu verteidigen, die schon während der Parlamentsdebatte als auch nach der Abstimmung im Abgeordnetenhause in der Parteipresse der genannten beiden Parteien unter Zuhilfenahme von Lügen und Verdrehungen zum Zwecke der niedrigsten Wahlpropaganda erhoben wurden. Die erste Abstimmung über die Sozialversicherungsnovelle im Abgeordnetenhaus fand bekanntlich unter gleichzeitiger technischer Obstruktion der drei marxistischen und der beiden nationalsozialistischen Arbeiterparteien statt. Trotzdem der Präsident des Abgeordnetenhauses sogar den Lautsprecher einschalten ließ, konnte er sich im Hause während der ganzen Abstimmung nicht verständlich machen und kein einziger von den im Abgeordnetenhause anwesenden Abgeordneten hatte eine Ahnung, worüber gerade abgestimmt wurde. Ja, als bei einigen Abänderungsanträgen der Opposition von dieser die Auszählung des Hauses beantragt war, konnte z. B. der zum Stimmenzähler bestimmte Abgeordnete Dr Petersilka auf Befragen gar nicht angeben, über welche Anträge oder über welche Paragraphen gerade abgestimmt werde. (Posl. dr Schollich: Ich habe ihn gefragt, er hat es nicht gewußt!) Jawohl, wir haben selbst diese Frage gestellt. Unter solchen Verhältnissen wurde in diesem Parlamente die Abstimmung über ein wichtiges Gesetz rücksichtslos vom Präsidium erzwungen.

Die Regierungsparteien, die keine Abänderungsanträge stellen dürfen, haben es verhältnismäßig leicht, da sie gezwungen sind, bei der Abstimmung dem Kommando ihres Berichterstatters zu folgen, der unmittelbar vor dem Präsidenten sitzt. Die Koalitionsparteien haben bei einer Abstimmung keinen eigenen Willen, sondern müssen sich wider spruchslos der Koalitionsdisziplin unterwerfen. Diesem Zwang unterliegt, Gott sei Dank, eine Oppositionspartei nicht, die nur nach reiflicher Prüfung und Erwägung ihre Stimme pro oder contra abgibt, sonst aber keinem Befehlsgeber untertan ist. Als nun die technische Obstruktion eine Abstimmung über die Sozialversicherungsnovelle überhaupt unmöglich machte, da zogen die Abgeordneten, der deutschen Nationalpartei die einzig richtige Konsequenz und beteiligten sich an der Abstimmung überhaupt nicht, stimmten also weder für noch gegen eine ihnen unbekannte gesetzliche Bestimmung, weil sie mit gutem Recht vom Präsidium des Hauses verlangen können, daß es seine Pflicht erfülle und mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln eine einwandfreie gültige Abstimmung ermögliche. Daß nun die deutsche Nationalpartei in ihrer Haltung bei dieser Abstimmungskomödie vollkommen frei und unabhängig war, das empfand besonders die deutsche Gewerbepartei drückend, deren Abgeordnete als gehorsame Abstimmungsturner der Koalition prompt und präzise die Abstimmungsfreiübungen nachmachen mußten, die ihnen der Abstimmungsvorturner auf der Parlamentstribüne vormachte. (Veselost na levici.) Weil es als Auftakt zu dem kommenden Wahlkampf zwischen der deutschen Nationalpartei und der deutschen Gewerbepartei letzterer in den Kram paßte, mußte der deutschen Nationalpartei aus ihrer korrekten Haltung bei der Abstimmung unbedingt ein Strick gedreht werden. Und daher erschien in der "Sudetendeutschen Gewerbe- und Handelszeitung" vom 29. September dieses Jahres unter der Überschrift "Die Sozialversicherungsnovelle und die deutsche Nationalpartei" ein Pamphlet in Sperrdruck, dessen Unwahrheiten und Lügen ich hier satzweise widerlegen werde, damit auch die Anhänger der deutschen Gewerbepartei erkennen, wie weit sie ihren politischen Führern und ihrer Parteipresse Glauben schenken dürfen. Der Herr Abg. Tichý schreibt im Leitartikel unter der Überschrift: "Was bringt die Sozialversicherungsnovelle den Gewerbetreibenden?" in der gleichen Nummer der "Sudetendeutschen Gewerbe- und Handelszeitung" in schmähender und beleidigender Weise von dem "Gekläffe der sozialistischen, national parteilichen und nationalsozialistischen Presse", ohne allerdings auch nur mit einem Beispiel nachzuweisen, welche Ausführungen dieser oppositionellen Zeitungen er als "Gekläffe" - der Vergleich ist vom Hund her genommen - zu bezeichnen berechtigt ist. Er glaubt, daß seinen Wählern gegenüber eine erfundene Pauschalverdächtigung über zeugend genug wirken muß, wenn sie aus seiner autoritativen Feder stammt. (Výkøiky posl. dr Schollicha.) Das Pamphlet der "Sudetendeutschen Handels- und Gewerbezeitung" gegen die deutsche Nationalpartei ist aber noch viel ärger als ein Gekläffe, das ist ein mit Absicht zum Zwecke des Wählerfanges konstruierter Betrüg an der Öffentlichkeit. Und das werde ich jetzt beweisen. Zwar muß die "Sudetendeutsche Gewerbe- und Handelszeitung" zähneknirschend zu ihrem größten Leidwesen eingestehen, daß sich die Abgeordneten der deutschen Nationalpartei bei der Abstimmung über die Novelle - ich zitiere - an der "wüsten" Obstruktion der sozialistischen Parteien nicht beteiligten, was diese Zeitung gar zu gern gesehen hätte, um noch ärger gegen die deutsche Nationalpartei kläffen und schimpfen zu können. Dann wird aber weiter sofort behauptet, daß die Abgeordneten der deutschen Nationalpartei einem Gesetzantrag, der vor allem dem Gewerbestand große Vorteil brachte, nicht zugestimmt haben. Weil also eine technische Obstruktion im Hause, die nebenbei gesagt durch das wortbrüchige Verhalten der Regierungsparteien selbst veranlaßt wurde, eine Abstimmung unmöglich machte, so da ich die deutsche Nationalpartei daran überhaupt nicht beteiligen konnte, so wird mit einer wahrscheinlich nur bei der deutschen Gewerbepartei anerkannten Logik geschlossen, daß die deutsche Nationalpartei gegen das Gesetz gestimmt hat.

Ich habe in meiner Rede zur Sozialversicherungsnovelle von dieser Stelle aus im Namen meiner Partei erklärt, daß die deutsche Nationalpartei für einige Bestimmungen der Novelle in der ersten Lesung stimmen werde. Bei meinen Ausführungen war der Herr Abg. Tichý im Hause anwesend, außerdem sind sie für die parlamentarischen Berichterstatter aus dem stenographischen Protokolle ersichtlich. Diese Schreibweise der "Sudetendeutschen Gewerbe- und Handelszeitung" ist daher eine absichtliche Verdrehung der Tatsachen, ist eine frei erfundene Unwahrheit, daher ein unfaires Kampfmittel, das die Deutsche Gewerbepartei zur Genüge charakterisiert. Ich habe diese Erklärung hier im Hause auf Grund eines Geschlusses der Klubsitzung der deutschen Nationalpartei abgegeben, in welcher meine Fraktionskollegen auf Grund eines von mir erstatteten Referates beschlossen hatten, für die Paragraphen der Novelle 1, 3, 4, 6, 19, 20, 21, 35, 39, 62, 63, 70, 75, 78, 79, 83, 84, 89 94, 123 und 125 zu stimmen. Auf Grund dieses Klubbeschlusses habe ich als Vertreter meiner Partei im sozial-politischen und im Budgetausschuß bereits gestimmt, wobei im ersteren der Herr Abg. Tichý, im letzteren der Herr Abg. Stenzl anwesend waren, so daß diese beiden Herren ihre Parteipresse hätten informieren und sie vor einer solchen blamablen Lüge hätten bewahren können.

Wer den Inhalt der von mir angeführten Paragraphen kennt oder nachträglich durchliest, wird beurteilen können, ob der Vorwurf der "Sudetendeutschen Gewerbe- und Handelszeitung" zurecht besteht oder aufrecht erhalten werden kann, daß die deutsche Nationalpartei dem Gewerbestande und der Landwirtschaft gegenüber eine Doppelrolle spielt oder daß sie gegen die gerechte Forderung des Gewerbe- und Handelsstandes und der Landwirtschaft ist, wie es in der Nummer der genannten Zeitung vom 29. September ausdrücklich behauptet wird. Die deutsche Nationalpartei hat nie geleugnet, daß die Novelle zum Sozialversicherungsgesetz gewisse wirtschaftliche Erleichterungen für den Gewerbestand bringt und hat daher in den Ausschüssen für die von mir vorher aufgezählten Paragraphen gestimmt und hätte auch bei der Abstimmung im Plenum des Hauses für diese Paragraphen gestimmt, wenn eine Abstimmung überhaupt möglich gewesen wäre. Aber im Widerspruch zu dieser Tatsache erfindet der Journalist der Deutschen Gewerbepartei die Behauptung, daß die Abgeordneten der deutschen Nationalpartei "nichts dazu, sondern alles dagegen getan haben". Den Beweis für diese Pauschalbeschuldigung bleibt der Herr allerdings de. Öffentlichkeit schuldig und wird ihn auch nie erbringen können, weil sich Lügen eben nicht beweisen lassen.

Einen besonders vernichtenden Schlag glaubt aber die "Sudetendeutsche Gewerbe- und Handelszeitung" gegen die deutsche Nationalpartei zu führen, wenn sie folgenden Satz schreibt: "Durch Schlagworte, schöne Reden und Demonstrationsanträge, die man nicht verwirklichen kann und gar nicht will, wird unserem deutschen Volke nicht geholfen". Ich glaube sehr gerne, daß ein deutscher Gewerberetter, der sich mit den Èechen zum Kampte gegen das deutsche Volk verbündet hat, zur eigenen Ehrenrettung nationalpolitische Forderungen als Schlagworte, Abänderungsanträge als Demonstrationsmittel bezeichnen muß, weil er nicht will, daß solche Forderungen und Anträge jemals verwirklicht werden. Denn ein solcher Wille oder Wunsch ist ihm von seinen èechischen Bundesgenossen untersagt und verboten worden. Wenn die deutsche Nationalpartei als Volkspartei ihre Mitglieder in einzelnen Standesgruppen organisiert, so kann das nur einer einseitig eingestellten Standespartei, die nur Standespolitik kennt und von Volkspolitik nichts wissen will, lästig und unverständlich erscheinen. Darum ist der Deutschen Gewerbepartei die Gruppe "Handel und Gewerbe" in der deutschen Nationalpartei seit jeher ein Dorn im Auge gewesen. Denn diese Gruppe ist schuld daran, daß nur der kleinste Teil der deutschen Handels- und Gewerbetreibenden zu den Anhängern der deutschen Gewerbepartei zählt. Die "Sudetendeutsche Gewerbe- und Handelszeitung" schmäht daher unsere Gruppe, daß sie in ihren Forderungen nicht genug für den Gewerbestand demonstrieren könne, daß sie nur zur äußeren Staffage und zum Wählerfang für die gewerblichen Stimmen diene.

Wie der Mensch selbst ist, so denkt er von anderen. Die Deutsche Gewerbepartei möchte gerne den deutschen Handels- und Gewerbetreibenden plausibel machen, daß sie allein die naturgemäße Vertreterin des erwerbenden und schaffenden Mittelstandes ist und fordert daher in dem erwähnten Pamphlet ihrer Parteizeitung den Gewerbe- und Handelsstand auf, der deutschen Nationalpartei den Rücken zu kehren und seine Stimme bei den Wahlen jeder Art nur der deutschen Gewerbepartei zu geben, wenn er für seine Zukunft besorgt ist. (Posl. dr Schollich: Wie heißt sie denn jetzt?) Sie wird die Firma zum Zwecke des Wahlkampfes etwas abändern. Und weil die Gewerbepartei diesen Stimmenfang bisher nicht durch einen Hinweis auf eigene Erfolge für den Gewerbestand betreiben konnte, so muß ihre Presse verlogene Behauptungen über angebliche Verbrechen der deutschen Nationalpartei gegen den Gewerbestand erfinden, um so vor den Wahlen zugkräftig auf die Gewerbetreibenden zu wirken. (Výkøiky posl. dr Schollicha.) Gerade die von der deutschen Gewerbepartei gehaßte und von ihrer Parteipresse bei jeder Gelegenheit besudelte Gruppe "Handel und Gewerbe" in der deutschen Nationalpartei ist der beste Beweis dafür, daß die deutsche Nationalpartei noch nie gegen die Interessen des Gewerbe- und Handelsstandes gehandelt hat und auch nie handeln wird, weil ja in wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Fragen in der deutschen Nationalpartei immer das Votum der betreffenden Standesgruppe maßgebend und entscheidend ist. Während aber die deutsche Gewerbepartei nur einseitig die wirtschaftlichen Interessen des Gewerbestandes vertritt, nationale Interessen der deutschen Gewerbetreibenden aber vollkommen unbeachtet läßt, unterordnen die deutschen Handels- und Gewerbetreibenden in der deutschen Nationalpartei ihre Standespolitik der allgemeinen Volkspolitik, fühlen sich in erster Linie als Deutsche und dann erst als Handels- und Gewerbetreibende mit besonderen wirtschaftlichen und sozialen Interessen und wissen ganz genau, daß das Schicksal des deutschen Handels- und Gewerbestandes vom Schicksal des gesamten sudetendeutschen Volksstammes in diesem Staate abhängig ist. Durch diese Tatsache allein ist der große Unterschied erklärlich, welcher zwischen der Haltung der deutschen Nationalpartei und der der deutschen Gewerbepartei zur Sozialversicherungsnovelle zu Tage getreten ist. Die deutsche Nationalpartei hat genau so wie die deutsche Gewerbepartei für alle jene gesetzlichen Bestimmungen gestimmt, welche dem deutschen Handels- und Gewerbestande und der Landwirtschaft irgend welche wirtschaftliche Vorteile zu bringen geeignet erscheinen. Während aber die deutsche Gewerbepartei auch für alle gesetzlichen Bestimmungen stimmen mußte, die eine Preisgabe von Volksinteressen bedeuten, konnte die deutsche Nationalpartei unter dem Beifall aller noch deutschfühlenden Handels- und Gewerbetreibenden sich dagegen aussprechen, daß deutsche Krankenkassaverbände ihres obligatorischen Charakters entkleidet und zum Absterben verurteilt werden, daß zum Schaden der sozialversicherungspflichtigen Deutschen die in der Sozialversicherungsanstalt aus dem deutschen Wirtschaftsleben gesammelten Kapitalien der Willkür eines èechischen Finanzministers ausgeliefert werden, daß die letzten Reste von Autonomie in der Kranken- und Sozialversicherung geopfert werden, um die Machtbefugnisse des Ministers für soziale Fürsorge zu vermehren und den èechischen Zentralismus zu stärken.

Darum wird die Gruppe "Handel und Gewerbe" in der deutschen Nationalpartei der "Sudentendeutschen Gewerbe- und Handelszeitung" nicht den Gefallen tun und liquidieren, sondern sie wird weiter sehr fruchtbare Aufklärungsarbeit unter den deutschen Handels- und Gewerbetreibenden leisten, damit diese erkennen, daß die deutsche Nationalpartei fern jeder demagogischen Phrase für die wirtschaftlichen und nationalen Rechte der deutschen Gewerbetreibenden eintritt und für den Handels- und Gewerbestand mit einer Welt von Feinden kämpft, während auf der anderen Seite jene stehen, die mit seinen Feinden gemeinsame Front machen und auf die Vernichtung und Proletarisierung des ganzen Standes hinarbeiten So ist der Herr Abg. Tichý mit seinen eigenen Worten aus seinem Leitartikel widerlegt.

Nebenbei bemerkt, hat der Herr Abg. Tichý jenen Leitartikel aus der "Sudetendeutschen Gewerbe- und Handelszeitung", in welcher er Parteidemagogie betreibt und schwere Angriffe gegen die deutsche Nationalpartei erhebt, auch in der Nr 8 des laufenden Jahrganges des Fachblattes des Kaufmannes "Der Kaufmann" abdrucken lassen. Ein Nationalparteiler hat noch nie sich erdreistet, ein ausgesprochenes Fachblatt dazu zu benützen, Verleumdungen gegen eine andere Partei zu veröffentlichen und parteiegoistische Ausführungen, die noch dazu unrichtig sind, dort zu publizieren. Auf diese Heldentat kann der Herr Abg. Tichý besonders stolz sein. (Výkøiky posl. dr Schollicha a Weberové.)

Zum Schlusse darf ich auch nicht verschweigen, daß eine ähnliche Taktik wie die Gewerbepartei auch der Bund der Landwirte gegen die deutsche Nationalpartei einschlägt. Nach einem Bericht der Zeitung "Deutscher Landruf", Folge 42 des laufenden Jahrganges, hat nämlich der Herr Sen. Scholz den Standpunkt des Bundes der Landwirte zur Sozialversicherungsnovelle in einer Senatsrede dargelegt. Bei dieser Gelegenheit hat er sich nicht versagen können, auch der deutschen Nationalpartei eins aufs Leder zu flikken. Leider hat er das so läppisch gemacht, daß er sich damit unsterblich blamierte, denn in derselben Rede findet der Herr Senator Scholz die Haltung der deutschen Nationalpartei bei der Abstimmung im Abgeordnetenhause unverständlich und behauptet einige Sätze später, daß sich die Deutschnationalen vor der Abstimmung aus dem Hause entfernt haben. Entweder waren die Abgeordneten der deutschen Nationalpartei bei der Abstimmung im Hause anwesend, und nur dann könnte sie eine Haltung einnehmen, die der Herr Sen. Scholz nicht versteht, oder aber die Abgeordneten der deutschen Nationalpartei haben sich vor der Abstimmung entfernt und konnten daher bei der Abstimmung keine dem Herrn Sen. Scholz unverständliche Haltung einnehmen. Wie erklärt der Herr Senator Scholz diesen Widerspruch in seinen Ausführungen? Blinder Eifer schadet nur. Entweder war der Herr Sen. Scholz von seinem Gewährsmann falsch unterrichtet und hat es unterlassen, sich vorher von der Wahrheit zu überzeugen, oder aber, er hat bewußt diese Unwahrheiten erfunden, nur um irgend etwas zu haben, was er gegen die deutsche Nationalpartei ausspielen kann. In jedem Fall hat Herr Sen. Scholz etwas getan, was nicht der deutschen Nationalpartei, sondern seiner eigenen Partei, dem Bund der Landwirte, schadet. Viel Feind´, viel Ehr´, sagt ein altes Sprichwort. Die deutsche Nationalpartei kann zufrieden sein, daß die deutsche Gewerbepartei und der Bund der Landwirte in dieser Form gegen sie Sturm laufen und ankämpfen.

So tragen diese, der deutschen Nationalpartei in blindem Haß und unverständlicher Feindschaft gegenüberstehenden Parteien selbst dazu bei, daß endlich die Wahrheit auch in die weitesten Kreise des sudetendeutschen Volkes dringt. Wir werden es nicht unterlassen, die gesamte Politik der deutschen Regierungsparteien in den kommenden Tagen des Wahlkampfes wahrheitsgemäß zu schildern und zu kritisieren und sehen der Abrechnung am 2. Dezember ruhig entgegen. Im deutschpolitischen Lager wird sich der Wahlspruch bewahrheiten, der unter dem Staatswappen auf der Stirnwand dieses Saales angebracht ist: "Die Wahrheit siegt". (Potlesk poslancù nìm. strany národní.)

2. Øeè posl. Hackenberga (viz str. 9 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Der Herr Berichterstatter hat ausgeführt, daß es sich bei dieser Vorlage nur um die Richtigstellung von Druckfehlern und Unterlassungen handelt, die in der Eile der Verhandlung des Gegenstandes entstanden sind, er hat aber zugeben müssen, daß es ihm unbegreiflich sei, wie manche dieser Fehler, die er hervorgehoben hat, in der Vorlage verbleiben konnten. Die Art der Verhandlung der Vorlage sowohl im sozialpolitischen Ausschuß als auch im Hause war eine derart unwürdige und allen demokratischen Regeln widersprechende, so daß es begreiflich ist, daß bei der überhasteten Verhandlung der Vorlage im Ausschusse und bei der Art der Verhandlung und Abstimmung im Hause nicht nur die schweren Mängel, die wir während der Debatte gerügt haben, sondern auch die vielen formalen Mängel in der Vorlage verblieben sind.

Nun will ich gleich anfangs auch darauf verweisen, daß der Herr Berichterstatter heute nicht einmal alle diese Mängel, die bei dieser überhasteten Beratung des Sozialversicherungsgesetzes entstanden sind, festgestellt hat und daß auch der Senat alle formalen und gesetzestechnischen Mängel der Vorlage nicht behoben hat, daß die Herren, obwohl seither ziemlich viel Zeit verflossen ist, noch nicht einmal auf alle formalen uns gesetzestechnischen Mängel gekommen sind, die in der Novelle zur Sozialversicherung enthalten sind. Ich werde dann auf Grund einiger Beispiele zeigen, daß dem so ist. Wir haben aber nicht nur im Parlamente eine unwürdige Form der Verhandlung welche allen demokratischen Grundsätzen widerspricht, sondern auch bei der Handhabung der Staatsgewalt und in der Staatsverwaltung werden die demokratischen Grundsätze, auf die dieser Staat aufgebaut sein soll, nicht beachtet und hat gerade in der letzten Zeit sich eine Gewaltherrschaft entwickelt, die wir keineswegs ruhig hinzunehmen können. Wir haben jetzt eine Ära der politischen Entrechtung und der Verfolgung durchzumachen. Es war nicht nur bei uns, sondern erfreulicherweise auch im Auslande aufsehenerregend, wie man am 28. Oktober zur Feier des Jubiläums des Bestandes dieses Staates unsere Presse behandelt hat. In einem sachlichen Artikel in unserem Zentralorgan der "Sozialdemokrat" und in einer Reihe von Zeitungen wurde nicht nur zum Staatsjubiläum, sondern auch zu den Verhältnissen, wie sie sich in diesem Staate während seines zehnjährigen Bestandes entwickelt haben, Stellung genommen und diese rein sachliche Kritik der Verhältnisse, wurde von dem von der Regierung verantwortlichen Zensor zum Anlaß der Konfiskation genommen. Es wurde auch eine Kritik der einzelnen politischen Koalitionsparteien, in der Nummer vom 6. November des "Sozialdemokrat" konfisziert. Um Ihnen nun zu zeigen, wie jedes freie Wort der Kritik der Verhältnisse im Staate und einzelnen Parteien unterdrückt wird, um zu verhindern, daß die Öffentlichkeit von den Handlungen einzelner Regierungsparteien erfahre, will ich Ihnen nur die Stelle, die gestern in unseren Organen zensuriert wurde, zur Verlesung bringen, und werden Sie zugeben müssen, daß eine derartige Zensurpraxis selbst in dem verschrieenen alten Polizeistaat Österreich unmöglich gewesen wäre. In dem Artikel des "Sozialdemokrat", in welchem unter dem Titel "Die Christlichsozialen eröffnen den Wahlfeldzug" gegen die christlichsoziale Presse polemisiert wird, wurde ein Absatz konfisziert, der folgendermaßen lautet: "Die Christlichsozialen schwärmen für die Demokratie und von ihrem sozialen Programme nur vor den Wahlen. In Wirklichkeit pfeifen sie auf die Demokratie und verlassen sich lieber auf den Staatsanwalt, der im Auftrage des christlichsozialen Justizministers unsere Zeitungen konfisziert, unsere Jugendorganisationen verfolgt, und ihre Demokratie besteht darin, daß sie, was noch keine deutsche Partei gemacht hat, sogar nach dem Schutzgesetze gegen uns rufen". Dieser Satz des Artikels wurde konfisziert, obwohl darin nur gegen einen Artikel des Hauptorgans der christlichsozialen Partei polemisiert wird, in welchem der Verwunderung darüber Ausdruck gegeben wurde, daß die Konfiskation unserer Presse nicht unter Berufung auf die Bestimmungen des Schutzgesetzes vorgenommen wird. Wie hat sich nun die christlichsoziale Partei, die jetzt nach dem Schutzgesetz ruft, seinerzeit zum Schutzgesetz verhalten, als dasselbe in der gesetzgebenden Körperschaft beraten wurde? Es hat damals Abg. Køepek eine Rede gehalten, in welcher er namens des Bundes der Landwirte, der Nationalpartei, der christlichsozialen Partei und der Deutschdemokraten wörtlich unter anderem erklärt hat: "Sie richten sich gegen die Gesinnung der Staatsbürger und sind nichts anderes, als die Verkleidung des Terrors einer bestimmten politischen Staat auffassung in der Form parlamentarisch zustandegekommener Gesetze". Wenn er von Gesetzen in der Mehrzahl sprach, so bemerke ich, daß damals nicht nur das Schutzgesetz, sondern auch das Gesetz zur Errichtung eines Staatsgerichtshofes verhandelt wurde. So war damals die Haltung der Christlichsozialen zum Schutzgesetze und heute rufen sie die Staatsanwaltschaft auf, damit sie auf Grund der Bestimmungen des Schutzgesetzes gegen eine deutsche oppositionelle Partei die Verfolgung einleiten möge.

Daß es sich bei der ganzen Zensurpraxis um nichts anderes als um den Schutz der Regierungsparteien vor Kritik handelt, erhellt auch aus der Konfiskation eines Absatzes des Leitartikels in unserem gestrigen Blatte. Dort wurde geschrieben: "Seit wir einen deutschen christlichsozialen Justizminister haben, seit derselbe Mayr-Harting, der sich früher mit Vorliebe als Wortfübrer der Opposition und ihrer demokratischen Forderungen aufspielte, das wichtige Justizressort verwaltet, hat für die deutsche Arbeiterbewegung eine Zeit verschärfter unerträglicher Schikanen und Verfolgungen begonnen. Man konfisziert unsere Zeitungen in der rücksichtslosesten Weise und mit der durchsichtigen Absicht, uns finanziell zu schädigen, uns für unsere oppositionelle Haltung mit Geldstrafen von Zehntausenden Kronen zu belegen. Diese Konfiskationen haben einen Grad erreicht, der das Ausland auf die Pressefreiheit unter dem Regime Mayr-Harting aufmerksam macht und zur bildmäßigen Wiedergabe unserer verstümmelten Blätter führt. Man verfolgt unsere Organisationen in einer Weise, die an die Zeiten der ärgsten Verfolgungen der Arbeiterbewegung unter der Ära Taaffe erinnert. Der Prozeß gegen unsere Jugendorganisation stellt eine unerhörte Verschärfung der politischen Persekutionspraxis dar und gemahnt an die großen Hochverratsprozesse, die das alte Österreich - allerdings im Kriege und unter dem Ausnahmszustand - gegen die èechische Freiheitsbewegung inszeniert hat. Schon im vorjährigen Gemeindewahlkampf hat man unsere Agitation durch das Verbot von Plakaten und Flugblättern hemmen wollen und uns durch derartige Amtshandlungen schweren finanziellen Schaden zugefügt. Es gibt westlich der Leitha und der Weichsel keinen parlamentarisch regierten europäischen Staat, in dem es den staatlichen Behörden einfallen würde, in den Wahlkampf der politischen Parteien durch Verbote von Plakaten einzugreifen. Es gibt im zivilisierten. Europa keine Partei, die zum Schutze ihrer politischen Interessen an den. Zensor und den Staatsanwalt appellieren würde. Der Mayr-Harting macht den Zensor zur Hauptstütze in seinem Wahlkampf gegen die Sozialdemokratie".

Aber nicht genug daran, daß Zeitungen konfisziert werden, man hat auch die Plakatierung unserer Wahlplakate für den kommenden Wahlkampf behördlich verboten. Selbst dort, wo von der politischen Bezirksverwaltung bereits die Bewilligung zur Plakatierung erteilt worden ist, wurde in den letzten Tagen diese Bewilligung wieder zurückgezogen und die Plakatierung verboten, was wohl Beweis genug dafür ist, daß dies über höheren Auftrag von Prag aus geschehen ist. Es werden aber nicht nur Zeitungen konfisziert, sondern unter Berufung auf die Bestimmungen des Schutzgesetzes wurden unter der Ära dieser Mehrheit kommunistische Zeitungen sogar eingestellt, um so eine korrigierende Wirkung im Wahlkampf herbeizuführen.

Durch solche Maßnahmen sucht man eine Stärkung der Parteien herbeizuführen, welche die Herrschaft im Staate haben. Unsere Jugendorganisationen haben nicht nur jetzt, sondern schon im alten Österreich, so wie die sozialdemokratische Partei überhaupt, den Kampf für den Frieden und gegen den Militarismus geführt. Man hat es aber im alten Österreich nicht gewagt, deshalb unseren Organisationen Schwierigkeiten zu bereiten. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Stivín.) Nun setzt eine rücksichtslose Verfolgung unserer Jugendorganisationen ein und man droht ihnen mit der Auflösung. All das, um einzuschüchtern und die Opposition zu schwächen, in der Hoffnung, daß dadurch eine Stärkung der Majorität und die Aufrechterhaltung der Mehrheit der gegenwärtigen Koalitionsparteien herbeigeführt wird.

Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP