Ferner sind in der von mir beantragten Entschließung
folgende zwei Stellen beschlagnahmt worden: "Die Außenpolitik
der Èechoslovakei leistet ihnen hiebei willig Vorspanndienste,
trotzdem". Hier handelt es sich um den Hinweis auf die Politik
Frankreichs und Englands. Und endlich.: "Sie bekennt sich
weiters, 10 Jahre nach dem Umsturz und den durch ihn
herbeigeführten "Segnungen" einer von der Plutokratie
beherrschten Demokratie, zum nationalsozialistischen Staatsgedanken,
den sie vor einem Jahrzehnt auf geschichtlichem Boden verkündete.
Sie ruft alle deutschen schaffenden Menschen, die Arbeiter der
Stirn und Faust auf, sich unter den Bannern des Heeres vom Hakenkreuz
zum deutschen Arbeitertum zusammenzuschließen und an die
Erfüllung ihrer großen Sendung zu schreiten".
Diese Stelle ist vollständig beschlagnahmt.
Nicht anders erging es dem Koll. Knirsch,
dessen Bericht geradezu durch den Zensor verwüstet worden
ist. Denn er verfiel insgesamt an sieben Stellen der Beschlagnahme.
Darunter wurde beschlagnahmt eine Stelle aus dem Buche des Herrn
Dr. Robert Freißler, das im Buchhandel überall zu haben
ist, jene Stelle, in welcher der Verlauf der provisorischen Nationalversammlung
für Deutschösterreich, der Sitzung vom 21. Oktober,
geschildert wird. Hier wurde folgende Stelle aus der Ansprache
des Präsidenten beschlagnahmt: "Einmütig die staatliche
Zukunft unseres Volkes auf seinem Siedlungsgebiete sicherzustellen.
Die Geschichte hat uns auf den Boden, den wir bewohnen, gestellt,
unsere Vorfahren haben diesen Boden in unglückseligen Kämpfen
mit ihrem Blute verteidigt, unsere Söhne haben in diesem
Weltbrand in Treue ihr Blut für ihn vergossen. Es gibt kein
stärkeres Recht als das Recht unseres Volkes auf das Gesamtgebiet
seiner Siedelung." Hier verzeichnet das Protokoll lebhaften
Beifall und Händeklatschen. "Die Geschichte hat uns
zum Gründer des alten Staates Österreich gemacht und
wir haben diesem Staate durch die Jahrhunderte in unverbrüderlicher
Treue und in selbstloser Aufopferung unser bestes an Kultur und
Wirtschaft hingegeben. Ohne Dank scheiden wir nun aus diesem Staate,
um unsere Volkskraft auf uns allein zu stellen und aus ihrem unversiegbaren
Born hoffnungsvoll ein neues nur unserem Volke allein dienendes
Gemeinwesen aufzubauen". Hier spricht das stenographische
Protokoll von lebhaftem Beifall, Händeklatschen und Heilrufen.
Diese Stelle ist vollständig der Beschlagnahme verfallen.
Ebenso die doch ebenfalls historische staatsrechtliche
Erklärung, die Koll. Knirsch im Namen unserer Partei
am 21. Oktober 1918 abgegeben hat. Ich habe diese staatsrechtliche
Erklärung auch schon hier im Hause vorgebracht. freilich
auch nur mit dem Erfolg, daß sie selbst im stenograpischen
Protokoll des Abgeordnetenhauses teilweise dem Rotstift des Präsidiums
verfallen ist. Es ist also nicht einmal möglich, ein historisches
Dokument in diesem Hause der Demokratie zu verlesen (Posl.
Krebs: So sieht es mit der freien Meinungsäußerung
aus.) Jawohl.
Ich erspare mir die Anführung der weiteren
beschlagnahmten Stellen aus dem Bericht des Koll. Knirsch
und möchte nur darauf hinweisen, daß man natürlich
mit derartigen Drosselungsmaßnahmen gegenüber der freien
Meinungsäußerung nicht das erzielt, was man erzielen
will. "Demokratie ist Diskussion". sagt Masaryk,
und wir haben ständig nur zu diskutieren gegen den Pendrek
der Polizei und gegen den Rotstift des Staatsanwaltes. Eine andere
Diskussion wird uns glatt unmöglich gemacht. (Posl. Knirsch:
Das sind die Rechte der freien Republik!) Jawohl. Das wollen
wir insbesonders am Jubeltage der freien demokratischen Republik
vor Augen halten. Zehn Jahre sind es her, daß einer der
größten Kriege der Weltgeschichte beendet wurde auf
Grund der Formel vom Selbstbestimmungsrecht der Völker. Man
hat zwar Wilson Denkmäler gesetzt, auch in Prag, aber vom
Wilson´schen Selbstbestimmungsrecht will keiner der Staaten,
die Nutznießer der Pariser Vororte-Verträge sind, etwas
wissen. Das hat heuer auf der Tagung der Interparlamentarischen
Union, die gewiß keine revolutionäre Körperschaft
ist, ein Belgier, was besonders bezeichnend ist, der Sen. La Fontaine
selbst festgestellt.
Wenn man so in den Straßen Prags wandelt
und die Vorbereitungen für den 28. Oktober sieht, muß
man mit stiller Heiterkeit all der Prophezeiungen gedenken, mit
welchen die Herren Tusar, Klofáè,
Dr. Soukup, Dr. Stránský und
Genossen den kommenden èechischen Staat als einen Hort
der Freiheit und Glückseligkeit, der sozialen und nationalen
Verständigung priesen. Die Sitzungsprotokolle des alten österreichischen
Reichsrats aus dem Jahre 1918 sind in dieser
Hinsicht sehr lehrreich. (Posl. dr Schollich: Sie beleuchten
lauter Dokumente deutscher Kulturarbeit in Prag!) Sehr richtig!
Diese Sitzungsprotokolle lesen sich heute wie ein Märchen
aus Tausend und einer Nacht.
Herr Abg. Špaèek,
künftig, wenn der Adel wieder eingeführt wird, wohl
Graf von Flandern, (Veselost na levici.) hat kürzlich
mit der an ihm sehr schätzenswerten Offenheit dieses Märchenbuch
für deutsche politische Kinder gründlich zerrissen.
Wir danken ihm für seine Offenheit. Aber wir wollen
ihm von den vielen Äußerungen, die im östereichischen
Reichsrat als Prophezeiungen des Wesens und Inhaltes des künftigen
èechischen Staates gefallen sind, nur zwei vor Augen führen:
Wenzel Klofáè in der 53.
Sitzung der XXII. Session des Abgeordnetenhauses vom 22. Jänner
1918: "Als Antwort auf die Erklärung des Herrn Ministerpräsidenten
kann ich nur rufen: Es lebe die Demokratie, es lebe das neue freie
Europa, es lebe das freie böhmische und slovakische Volk
im freien böhmisch-slovakischen Staate, es lebe die Selbstbestimmung
der Völker". So sprach damals Wenzel Klofáè
- meine Herren von den èechischen Nationalsozialisten.
es wäre gut, wenn auch Sie sich manchmal an das erinnerten,
was einer Ihrer Besten gesagt hat.
Und in der 85. Sitzung des österreichischen
Abgeordnetenhauses, XXII. Session vom 2. Oktober 1918 erklärte
Abg. Tusar zur Friedensdeklaration: "Aber das
eine können wir Ihnen sagen: Der künftige èechische
Staat wird ein demokratischer Staat sein. Er wird niemanden. der
auf seinem Boden leben wird, unterdrücken, weil wir als kleine
Nation sehr gut wissen, daß die Attraktionskraft unseres
künftigen Staates darin wird bestehen müssen, daß
unser èechischer Staat, demokratischer. sozial fortschrittlicher
und freiheitlicher sein wird, als die umliegenden Staaten. Wir
werden zu klein sein, als daß wir uns durch
unsere Macht, durch unsere Kanonen, durch unsere Armee in Zukunft
werden schützen können". (Posl. Krebs: Da hat
er sehr recht gehabt!) Jawohl, mit den letzten Worten hat
er sehr recht gehabt und es wäre sehr gut, wenn die Herren
sich dieser Worte des verstorbenen Tusar erinnern würden.
(Posl. dr Schollich: Was sagt Herr Udržal dazu?)
Trotzdem man erklärt hat, es werde
keine Geheimdiplomatie mehr geben, trotzdem man erklärt hat,
die Abrüstung des Deutschen Reiches sei der Beginn der allgemeinen
Abrüstung, stehen die Dinge so, daß nach wie vor das
Recht nur auf des Schwertes Spitze wohnt. An Stelle des sozialen
Fortschritts schwingt das Weltfinanzkapital seine Hungerpeitsche
über frohnende Zinssklaven, wohl um zu beweisen, daß
Plutokratie und Demokratie geistig aufs innigste verbunden sind.
Wir Nationalsozialisten halten fest an der
staatsrechtlichen Erklärung, die von Koll. Knirsch
am 21. Oktober 1918 an geschichtlicher Stätte abgegeben wurde.
Innerpolitisch bildet der Abschied der sudetenländischen
Landesregierung von 1919 unsere Richtschnur. Wir bewegen uns da
auf einer Linie mit dem Hochschulprofessor Dr. Masaryk
vom Jahre 1896. Seine damaligen Ausführungen in der Wochenschrift
"Die Zeit" rufen wir uns in Erinnerung und sagen gleich
ihm, wo er Havlíèek zitiert: "Ich Herr, Du
Herr!" Wenn wir es aber irgendwo draußen
sagen, wird es vom übereifrigen Staatsanwalt beschlagnahmt.
Über uns steht die große Idee, der wir dienen, von
der wir überzeugt sind, daß sie einst die Zukunft unseres
Volkes, vielleicht auch die Zukunft anderer Völker bestimmen
wird und die Idee vom Staat der nationalen Freiheit und der sozialen
Gerechtigkeit. (Souhlas a potlesk poslancù nìm.
strany nár. socialistické.)