Hohes Haus! Wenn der Haushaltsplan des Staates
gesetzgeberisch festgelegt werden soll, so hat zweifellos die
gesamte Bevölkerung dieses Staates ein besonderes Interesse
an diesem Gesetzeswerk. Handelt es sich doch einerseits um die
Festsetzung aller jener Geldbeträge, welche die Finanzverwaltung
braucht, um ihren Aufgaben gerecht zu werden, andererseits um
die Höhe der Belastung jener Bevölkerungsschichte, welche
herangezogen wird, um die Staatskassen aufzufüllen. Es müssen
bei dieser Gelegenheit besondere Gegensätze an den Tag treten,
weil einerseits sich dauernd erhöhende Ansprüche an
die staatliche Finanzverwaltung geltend machen und eine höhere
Bereitstellung von Geldmitteln erfordern, andererseits in gleichem
Maße die Herabsetzung der Belastung jener Schichten der
Bevölkerung gefordert wird, welche zur Auffüllung der
Staatskassen verpflichtet werden. Diese Umstände in gegenseitigen
Einklang zu bringen, ist Sache des Finanzministers. der in seinem
Exposée dargelegt hat, daß das vorgelegte Staatsbudget
dieser Aufgabe Rechnung trägt und daß es, wie es sich
für einen geordneten Haushalt gebührt, stabil und aktiv
ist, daß also die Ausgaben im Rahmen der möglichen
Einnahmen gehalten sind. Müßte man das Interesse der
gesamten Bevölkerung lediglich davon ableiten, wie sich das
Interesse seiner Abgeordneten bei der Behandlung dieser Angelegenheit
hier im Hause bekundet, so müßte man allerdings zu
dem Schlusse kommen, daß ein besonderes Interesse nicht
vorhanden sei. Es macht auf einen jungen Abgeordneten, der das
erstemal Gelegenheit hat, die parlamentarische Behandlung des
Staatsbudgets mit zumachen, einen ganz eigenartigen Eindruck,
wenn er sieht, wie interesselos sich eine solche Debatte mit vielen
Reden, jedoch geringem Auditorium abwickelt. Und doch handelt
es sich hier um ein Gesetzeswerk, welches das Wohl und Wehe der
gesamten Öffentlichkeit umschließt, daher niemandem
gleichgültig sein kann.
Ich will mich zunächst mit den Belastungen
jener Bevölkerungskreise befassen, die uns zur Vertretung
ihrer Interessen hierher gesandt haben u. zw. des deutschen Landvolkes
dieses Staates, dem es nicht gleichgültig ist, in welcher
Weise es zur Auffüllung der Staatskassen herangezogen wird.
Die derzeitige Krise in der Landwirtschaft bedingt eine möglichste
Einschränkung der öffentlichen Lasten, soll die Landwirtschaft
ihrer ständigen Aufgabe, der Grundpfeiler jeder Staatswirtschaft
auch für die fernere Zukunft zu sein, gerecht werden können.
Als vor einiger Zeit die sog. Steuerreform geschaffen wurde, und
der Landwirtschaft dabei zu ihrer Existenzmöglichkeit einige
Zugeständnisse gemacht werden konnten, erhob sich allenthalben
ein ziemliches Geschrei über die an geblichen Geschenke an
die Landwirtschaft. Und dennoch sind wir bis heute nicht in der
Lage, diese Begünstigungen auch wirklich fühlbar zu
empfinden, weil unsere derzeitige Steuerveranlagung immer noch
weit hinten nach ist und durch die Eintreibung der aufgelaufenen
Rückstände an Steuern die zu zahlenden Steuerbeträge
höher werden und zur Zeit der herrschenden Krise doppelt
schwer empfunden werden. Ich möchte bei dieser Gelegenheit
einmal kurz auf das Zustandekommen dieser Steuerrückstände,
soweit sie auch bei unseren ländlichen Steuerzahlern in Frage
kommen, hinweisen. Ich behaupte auf Grund der Erfahrungen, daß
die Hauptursache dieser verbliebenen Rückstände in der
schleppenden Art und Weise der Steuerveranlagung zu suchen ist.
Unsere deutschen Landwirte und Gewerbetreibenden waren von jeher
fast ausnahmslos darauf eingestellt, ihren Steuerverpflichtungen
pünktlich und gewissenhaft nachzukommen. Im deutschen Landvolk
lag vielleicht die beste Steuermoral verankert. Als aber die Vorschreibungen
der Steuerbehörden ausblieben, bezw. mit größter
Verspätung erschienen und die Steuerzahler nicht mehr in
der Lage waren, rechtzeitig ihre Steuerschuldigkeiten bei den
Ämtern zu erfahren, sondern jedesmal einen anderen Betrag
genannt erhielten, dabei manchmal Beträge, die mit der wirklichen
Steuerschuldigkeit nicht in Einklang standen, als dann durch die
angeordnete Vorauszahlung auf Grund mehrerer Jahre alter Vorschreibungen
und Einführung des dem Landvolke ungewohnten Erlagscheines
für Steuerzahlungen, als mit einem Worte ein völliges
Chaos in der Steuerveranlagung und Vorschreibung eingetreten war,
mußte das früher bestandene Vertrauen zu den Steuerbehörden
in Brüche gehen und die natürliche Folge war das Schwinden
der Steuermoral, was wieder eine Saumseligkeit in den Zahlungen
bedingte und schließlich Rückstände auf Rückstände
häufte.
Das Vorhandensein der Steuerrückstände
ist also im überwiegenden Maße auf das mangelhafte
Veranlagungsverfahren zurückzuführen, welches speziell
die früheren Jahre kennzeichnete. Der Finanzverwaltung gingen
dadurch zweifellos große Summen an Steuern verloren, welche
bei rechtzeitiger Veranlagung einbringlich gewesen wären,
die aber heute abgeschrieben werden müssen, weil die heutige
Wirtschaftslage die Eintreibung der hohen aufgelaufenen Beträge
nicht mehr gestattet und wirtschaftliche Katastrophen nicht zu
vermeiden wären. Derartige Abschreibungen sind wohl auch
schon in hohem Maße erfolgt, aber es zeigt sich auch hier,
daß speziell unsere kleine Gebirgslandwirtschaft von der
Möglichkeit, solche Abschreibungen zu erreichen, herzlich
wenig Gebrauch macht, weil wohl in den seltensten Fällen
überhaupt bekannt ist, daß unter bestimmten Voraussetzungen
solche Abschreibungen möglich sind. Wenn ich aus dem Exposée
des Herrn Finanzministers höre, daß die noch vorhandenen
Steuerrückstände schon in kürzester Zeit liquidiert
werden sollen, so hege ich für unsere Landwirtschaft, für
unsere kleinen Gebirgsbauern in besonderem die größten
Befürchtungen, auch dem ländlichen Gewerbetreibenden
wird es nicht anders gehen, weil ich befürchte, daß
die herrschende Krise die Zahlungsfähigkeit verhindert und
dann eventuell mit Hilfe des Steuerexekutors weiter schwere Schädigungen
an der an und für sich schweren Existenz entstehen dürften.
Daß es die Finanzverwaltung mit der Eintreibung der Steuerrückstände
wirklich ernst nimmt, ersehen wir aus den Vorgängen im Steuerbezirk
Neudek, also eines sicherlich armen Gebirgsbezirkes, wo erst in
letzter Zeit wieder Steuerexekutionen an Kleinbauern eingeleitet
worden sind, welche angeblich über Anordnung eines höheren
Revisionsbeamten, der das dortige Steueramt inspizierte, erfolgten.
Ich mache die Finanzverwaltung hiermit aufmerksam, daß es
gerade jetzt zur Zeit der Krise nicht angeht, alte Steuerrückstände
zwangsweise einzutreiben. Es mögen die wirklichen Rückstände
ermittelt werden, wobei auch darauf Bedacht zu nehmen wäre,
daß der Landwirtschaft im allgemeinen die entsprechenden
Abschreibungen schon von amtswegen zuerkannt und hinsichtlich
der Restbeträge ein geeigneter Tilgungsplan mit dem Steuerschuldner
vereinbart werde. Grund bedingung aber ist und bleibt, daß
die Neuveranlagung immer rechtzeitig erfolgt, die Steuerbehörden
ihren Aufgaben gewachsen sein müssen und mit allem Nachdruck
das geschwundene Vertrauen zu diesen Stellen, welches im Interesse
der Steuerzahler, aber auch im besonderen Staatsinteresse gelegen
ist, wieder herzustellen versuchen. Ob die Steuerbehörden
mit ihrem derzeitigen Beamtenstand in der Lage sein werden, dem
nachzukommen, lasse ich dahingestellt. Die Finanzverwaltung wolle
die Wege suchen, die hier zum Ziele führen.
Ich habe bereits erwähnt, daß wir
uns von dem neuen Steuergesetz einige Erleichterungen versprechen,
die aber für die derzeitige Lage der Landwirtschaft keineswegs
ausreichen. Wir erwarten, daß bei der Veranlagung der Einkommensteuer
und Umsatzsteuer entsprechende Rücksicht walten werde. In
einer großen Anzahl von Fällen hat das soviel bekämpfte
Gesetz über die Finanzen der Selbstverwaltungskörper
tatsächliche Erleichterungen für die Steuerträger
gebracht. Das sog. Gemeindefinanzgesetz war die Ursache der größten
Angriffe gegen die parlamentarische Mehrheit, die dieses Gesetz
beschlossen hat. In allen Tonarten wurde es als Mittel dazu benützt,
speziell auch unsere Partei zu schädigen. Wenn sich jene
Parteien gegen dieses Gesetz auflehnten, deren Mitglieder an der
Ermäßigung der Umlagen kein Interesse haben, finde
ich das begreiflich. Unbegreiflich aber finde ich das Vorgehen
jener Leute, denen die Ermäßigung öffentlicher
Lasten in hervorragendem Maße zugute kommt. Und da gibt
es doch einen sehr einfachen Ausweg. Demjenigen Steuerzahler,
dem die Beschränkung oder Reduzierung der Gemeindeabgaben
zuwider ist und der daher wahrscheinlich auf Grund seiner besseren
Situierung gerne mehr Steuern bezahlen will, steht durchaus nichts
im Wege, diese verminderten Beträge der Gemeinde freiwillig
zur Verfügung zu stellen. Ich haben diesen Rat schon manchem
gegeben, ohne daß mir bekannt geworden wäre, daß
auch nur ein so lieber Mann ihn befolgt hätte. Ich vermute
daher wohl mit Recht, daß man die Begünstigungen für
sich gerne in Anspruch nimmt, dabei jedoch trotz dem gegen die
zu Felde zieht, die die Begünstigungen geschaffen haben.
Über die Finanzen der Selbstverwaltungskörper
hat der Finanzminister in seinem Exposée etwas eingehender
ausgeholt. Dabei wurden sehr bemerkenswerte Äußerungen
getan, die wohl als grundlegend für die endgültige Regelung
der autonomen Finanzen zu gelten haben werden. Es war doch bei
der Schaffung des Gemeindefinanzgesetzes von vorneherein klar,
daß dieses Gesetz keine endgültige Regelung der Finanzgebarung
der Selbstverwaltungskörper bedeuten könne, so mußten
doch erst alle Erfahrungen gesammelt werden, die einerseits im
Interesse des Schutzes der Steuerzahler und anderseits im Interesse
der autonomen öffentlichen Verwaltung verwertet werden sollen.
Zweifellos haben sich bei der Durchführung dieses Gesetzes
im laufenden Jahre bei den einzelnen Stellen Schwierigkeiten ergeben.
Die Durchführung des genannten Gesetzes wäre sicherlich
unter weniger Reibung vor sich gegangen, wenn auch hier bei der
Behandlung der Voranschläge ein schnelleres Tempo der Erledigung
ermöglicht worden wäre. Es ist leider bedauerlich, daß
heute noch der größte Teil der Gemeinden die Voranschläge
noch nicht zurückbekommen hat, wo doch bereits wieder das
neue Präliminare für 1929 aufgestellt werden soll. Ich
bin mir der riesigen Leistung der Revisionsabteilung des Landesverwaltungsausschusses
voll bewußt, dennoch hätte alles unternommen werden
sollen, um eine raschere Aufarbeitung des ungeheuren Materials
zu ermöglichen. Nachdem dies heute noch nicht abgeschlossen
ist, kann auch nicht mit Sicherheit behauptet werden, daß
der im Voranschlage vorgesehene Beitrag für die autonomen
Finanzen ausreichen wird. Von der Regierung muß erwartet
werden, daß sie Veranlassung trifft, damit die restliche
Aufarbeitung der Gemeindevoranschläge beschleunigt werde
und daß die bedürftigen Gemeinden die Anweisungen auf
die Mittel aus dem Ausgleichsfond unverzüglich erhalten.
Dabei möchte ich noch eines weiteren Umstandes gedenken,
der ebenfalls auf die Gemeindefinanzen ungünstig einwirkt
und der mit der bereits behandelten Frage der rückständigen
Steuern zusammenhängt. Die ungünstige Finanzlage der
Gemeinden ist keine neue Angelegenheit. Sie geht zurück bis
zu dem Zeitpunkte, wo den Gemeinden die selbständige Einhebung
der Gemeindesteuern entzogen wurde. Dadurch, daß die staatlichen
Steuerbehörden mit der Veranlagung im Rückstand waren,
blieben auch stets die Gemeindevoranschläge eine Illusion.
Die Gemeinden erhielten von den Steuerämtern nie eine genaue
Abrechnung über ihre Umlageneingänge, die Zuweisungen
an die Gemeinde trugen den Stempel des Provisoriums, aus dem man
bis heute noch nicht herauskam, und die Mehrzahl der Gemeinden
wurde schließlich mit Verständigungen überrascht,
sie hätten an Umlagen so und so viel zu viel bekommen, sie
müßten sich diese Beträge in Zukunft wieder abziehen
lassen. Wenn auch behauptet wurde, daß diese Überzahlungen
meistens durch die Gewährung von Steuerabschreibungen erst
nachträglich festgestellt werden konnten, so fehlt der Gemeinde
doch jede Überprüfungsmöglichkeit und trieb viele
Gemeinden in finanzielle Krisen. Klarheit herrscht heute in diesen
Dingen immer noch nicht; denn es haben sich erst in letzter Zeit
Fälle ereignet, wo Gemeinde- und Bezirksvoranschläge
durch den Landesverwaltungsausschuß bei der Überprüfung
andere Beträge als Forderung rückständiger Umlagen
eingesetzt erhielten, als das zuständige Steueramt den Gemeinden
ausgewiesen hat. Ich bin der festen Meinung, daß der seinerzeitige
Entzug der Berechtigung der Gemeinden, ihre Umlagen selbst einzuheben,
kein guter Griff war, weder den Interessen der Gemeinden, noch
denen des Staates gedient hat. Die Gemeinden haben dadurch die
Übersicht über ihre budgetären Angelegenheiten
verloren und sind in ein zweckwidriges Abhängigkeitsverhältnis
zu den Steuerämtern gekommen, die Finanzverwaltung des Staates
erhielt neue Bürden mit der Vorschreibung und Einhebung dieser
Gemeindeabgaben und auch Lasten, welche früher die Gemeinde
billiger und zweckentsprechender aus Eigenem trug. Wir verharren
daher auch weiterhin auf unserer Forderung, den Gemeinden ihr
Einhebungsrecht ihrer sämtlichen Steuerzuschläge wieder
zuzubilligen, nachdem bei der Schaffung des neuen Steuergesetzes
nur ein Teil unserer Forderung er reichbar war, die Zuschläge
zu der Grundsteuer. Ich behaupte sogar, wäre den Gemeinden
die Agenda verblieben, so wäre es in einer großen Zahl
von Gemeinden nicht zu so hohen Zuschlagsperzenten gekommen, weil
die steuerzahlenden Bürger der Gemeinde ihren Vertretungskörpern
die Erhöhung der Umlagen schwerer gemacht hätten, weil
die steuerzahlenden Bürger auch augenscheinlicher festgestellt
hätten, wenn die betreffende Gemeinde über ihre Verhältnisse
Ausgaben beschlossen hat.
Durch die Einhebung der Umlagen gemeinsam mit
den Staatssteuern fehlte dieser augenscheinliche Hinweis, es waren
eben Steuern und wurde dafür die staatliche Finanzverwaltung
verantwortlich gemacht. Ich habe mir von dieser moralischen Einwirkung
sehr viel versprochen, da ich die Verhältnisse infolge meiner
Tätigkeit in den autonomen Verwaltungsstellen aus eigener
Erfahrung genau kenne. Wenn ich nun in. meinen bisherigen Ausführungen
für den Schutz der Steuerzahler gegen übermäßige
Inanspruchnahme, die ihrer Leistungsfähigkeit widerspricht,
eingetreten bin und dabei die Leistungen im Rahmen des möglichen
zugegeben habe, möchte ich mir gestatten, im Anschluß
an die gewiß berechtigten Wünsche meiner Klubkollegen
auch von einigen besonderen Forderungen, für die das Landvolk
meines engeren Heimatsgebietes Interesse hat, zu sprechen.
In der zur Verhandlung stehenden finanziellen
Gruppe des Staatsvoranschlages finden wir den Betrag an den Straßenfond
aus öffentlichen Mitteln. Wer Gelegenheit hatte, in den letzten
zehn Jahren in der Straßenverwaltung eines öffentlichen
Gemeindewesens tätig zu sein, der wird mit Schaudern bemerkt
haben, wie durch den elementar anwachsen den Autoverkehr alle
ehedem vorzüglichen Straßen dem Ruin entgegengehen
und daß alle Straßenerhaltungsmethoden der übermäßigen
Abnützung nicht standhalten konnten. Bezirke, die ihr mit
kolossalen Aufwänden errichtetes Straßennetz im guten
Zustande erhalten wollten. mußten weitere große Summen
für die Erhaltung aufwenden, an neue Straßenbauten
war kaum zu denken. Städten und Gemeinden erging es natürlich
nicht besser als den Bezirken, und heute ist das Problem der Straßenerhaltung
den Gemeinden und Bezirken über den Kopf gewachsen, weil
es ausgeschlossen ist, daß diese Körperschaften die
Unsummen, die hierzu nötig sind, aufzubringen in der Lage
wären. Zweifellos hat die Staatsstraßenverwaltung dieselben
Erfahrungen gemacht, und die Errichtung des Staatsstraßenbeirates
im Ministerium für öffentliche Arbeiten zeugt ja dafür,
daß man die Absicht hat, dem Verfall unseres Straßennetzes
zu steuern. Wie aber aus den letzten Verlautbarungen des Straßenrates
zu entnehmen war, wurde ein bestimmtes Programm für die Absichten
im Laufe der nächsten zehn Jahre ausgearbeitet, das in erster
Linie für die Staatsstraßen in Frage kommt. Es wurde,
wenn ich mich recht erinnere, ausdrücklich betont, daß
Bezirks- und Gemeindestraßen erst nach dieser Arbeitsdekade
besonders bedacht werden können. Ich halte eine solche Arbeitseinteilung
für eine Gefahr unserer Bezirksstraßennetze, sowohl
für deren Instandhaltung als auch deren weiteren Ausbau.
Ich fürchte, daß daher im Laufe der nächsten zehn
Jahre den Bezirken sogar die früher erreichbaren Subventionen
für Straßenbauten und Rekonstruktionen verloren gehen,
wodurch nicht nur allein die Straßen dem Verfall anheimfallen
werden, sondern auch Rekonstruktionen, welche durch den erhöhten
und beschleunigten Verkehr notwendig werden, wie Ausgleich von
Trassen, Windungen und schließlich Befestigungen, nicht
durchgeführt werden können, weil ja, wie ich bereits
bemerkte, Gemeinden und Bezirke die Mittel nicht haben werden.
Es wäre meines Erachtens nötig, zwischen Staats, Bezirks-
und Gemeindestraßen keinen besonderen Unterschied zu machen,
mit der Ausnahme, daß eben zu den beiden letzten Gattungen
diese Körperschaften auch ihre Baubeiträge in einem
erträglichen Ausmaße beisteuern, denn auch die Gemeinde-
und Bezirksstraßen werden nicht von dort ansässigen
Leuten ruiniert, sondern nach der heutigen Lage der Dinge vom
allgemeinen Verkehr. Ich schließe aus den Verlautbarungen
des Straßenrates, daß die Mittel für ein großzügiges
Straßenprogramm unzureichend sind. Es ist ein dringendes
Gebot der Wirtschaftlichkeit, des Verkehrs und der Sicherheit,
daß für diesen Zweck höhere Mittel mit Beschleunigung
bereitgestellt werden, um größere Schädigungen
zu verhindern.
Eine andere Angelegenheit, die ich im Nachhange
kurz behandeln möchte, gehört in das Ressort
des Postministeriums. Die ständig aufstrebende Industriestadt
Asch hat mit einem Kostenaufwand von ca 2 Mill. Kè der
Postverwaltung ein neu adaptiertes Gebäude für die Unterbringung
der Hauptpost zur Verfügung gestellt und wurde die Post auch
bereits in die neuen Dislokationen überführt.
Lediglich die Telephonzentrale konnte noch nicht übersiedeln,
nachdem hierzu besondere Kabelarbeiten notwendig sind und es besteht
die Absicht, diese Arbeiten bis zum kommenden Frühjahre zu
vollenden, damit auch die Telephonzentrale ihre neuen Räume
beziehen kann. Aus diesem Anlaß bemühen sich die Ascher
Telephonabonnenten, um eine moderne automatische Telephonzentrale
vorstellig zu werden, damit sich der ganze Telephonverkehr ohne
Hinzutun von Personen ein wandfrei abwickeln kann, nachdem hierzu
in letzter Zeit wiederholt Ursache zu Beschwerden gegeben war.
Die Landbevölkerung des Ascher Bezirkes
hat insofern auch ein Interesse an der Automatisierung der Zentrale
in Asch, nachdem in den letzten Wochen, mit dem Aufwande
von ungefähr einer Viertelmillion Kè für Baubeiträge,
Beschlüsse gefaßt wurden, alle Gemeinden des Ascher
Bezirkes mit je einer Telephonstation zu versehen. Dadurch wird
einer seit 15 Jahren ständig erhobenen Forderung Rechnung
getragen, nachdem die Bevölkerung insbesondere
für Zwecke von Hilfeleistungen die telephonische Verständigung
herbeigesehnt hat. Diese Möglichkeit bei Unglücksfällen
zu jeder Stunde des Tages und der Nacht wird jedoch bei der bisherigen
Betriebsweise der Telephonzentralen während der dienstfreien
Zeit zur Unmöglichkeit, nachdem so viele Nachtverbindungen
als nötig, nicht hergestellt werden können. Hier würde
die Automatisierung alle Möglichkeiten eröffnen, und
aus dem Grunde erwarte ich, daß das Postministerium die
Automatisierung der Ascher Zentrale gutheißt, umsomehr als
ja doch für die Ascher Zentrale die alten Schaltvorrichtungen
nicht wieder verwendet werden können.
Das Postministerium sollte übrigens besonders
darauf bedacht sein, in den Gemeinden am Lande öffentliche
Sprechstellen allgemein einzurichten. Wer nach Deutschland, insbesondere
Bayern kommt, findet dort überall in den Dörfern öffentliche
Telephonsprechstellen, deren Notwendigkeit auch bei uns allgemein
anerkannt werden sollte.
Eine ähnliche Angelegenheit bildet die
Einführung eines Motorzuges auf der Eisenbahnstrecke Asch-Roßbach-Adorf.
Auch um diese bemühen sich Interessentenkreise seit längerer
Zeit. Die Verkehrsverhältnisse auf dieser Linie entsprechen
durchaus nicht mehr den heutigen Anforderungen und sind für
mindestens dreißig Jahre rückständig zu bezeichnen,
trotzdem die Fahrpreise dem neuen Tarife wohl angepaßt sind.
Es wurde in der letzten Zeit davon gesprochen, daß angeblich
eine staatliche Autobuslinie von Eger über Asch nach Roßbach
eingeführt werden solle. Ich muß hier bemerken, daß
diese Absicht den Wünschen der dortigen Bevölkerung
keineswegs entspricht, weil diese Einführung den Motorzugsverkehr
keineswegs ersetzen kann und weil sich ferner dort ein privates
Unternehmen mit vieler Mühe um den Autobusverkehr zwischen
Eger und Asch gekümmert hat und diesen Verkehr in einwandfreier
Weise aufrecht erhält. Es wäre daher sehr ungerecht.
diesem aus einfachen Verhältnissen emporstrebenden Unternehmen
die Existenzmöglichkeit zu nehmen. Die Ausdehnung des Autobusverkehres
von Asch nach Roßbach kann die Zwecke der Einführung
von Motorzügen auf der Bahnstrecke nicht erfüllen, weil
die Bahnstrecke mehr und wesentlich andere Orte verbindet, die
auch daran interessiert sind, an besseren Verkehrslinien zu liegen.
Das wären also auch Aufgaben, für
die das Staatsbudget die Bedeckung liefern sollte. Ich hoffe,
daß deren Durchführung im Rahmen der vorhandenen Mittel
möglich sein wird.
Wenn der Herr Finanzminister dem Hause ein
aktives Budget vorlegt und in seiner einleitenden Rede betont,
daß dasselbe ausgeglichen auf gesunder Grundlage steht und
einen geordnete stabilen Staatshaushalt umschließt, so nehmen
wir das im Interesse der Volkswirtschaft und Finanzlage des Staates
gerne zur Kenntnis, weil es die Grundlage zur vollen klaren Finanzverwaltung
bildet. Wir werden daher unsere Zustimmung zum Budget nicht versagen,
aber wir fordern nun auch dringend, daß die Klarheit in
finanziellen Fragen bis nach unten mit größter Beschleunigung
durchdringt, denn das aktive und stabile Staatsbudget trägt
lange noch nicht allein zur vollen Beruhigung der Bewohner des
Staates bei, wenn diese nicht auch selbst Gelegenheit haben, festzustellen,
daß auch ihnen in Hinsicht der finanziellen Belastung und
berechtigten Ansprüche Gerechtigkeit widerfährt. Es
ist Sachehe der Obersten Staats- und Finanzverwaltung, das Vertrauen
der Bevölkerung im höchsten Maße zu erwerben,
das an und für sich in diesem Staate durch den Gegensatz
der Nationen dauernd gefährdet erscheint. Wir wollen hoffen,
daß das vorliegende Finanzgesetz, das mit Hilfe deutscher
Stimmen im Parlamente zustande kommen wird, mehr als bisher zur
Konsolidierung der nationalen Verhältnisse beitragen wird,
um auch auf deutscher Seite jenes Vertrauen zu schaffen, das notwendig
ist, wenn zwei Völker in Frieden nebeneinander leben wollen.
Wenn wir durch unsere Zustimmung zum Staatsvoranschlage die Bereitwilligkeit
bekunden, dem Staate zu geben, was ihm nötig ist, so erwarten
wir und setzen das voraus, daß der Staat unserem Volke auch
das gibt, wessen es bedarf.
Wenn die unmittelbar bevorstehenden Festestage
zum 10jährigen Bestande des Staates verrauscht sein werden
und die verantwortlichen Staatsmänner der Republik sich zu
neuer Arbeit für eine neue Zeitepoche zusammensetzen, so
mögen sie dessen eingedenk sein, daß die nächste
im Staatsinteresse gelegene Notwendigkeit die Konsolidierung der
nationalen Verhältnisse darstellt. Nur die nationale, kulturelle
und wirtschaftliche Freiheit vermag dem Staatsbürger dieses
Staates die Befriedigung zu geben, deren er bedarf, um sich entsprechend
wohl zu fühlen. (Potlesk poslancù klubu
Bund der Landwirte.)
Hohes Haus! Der Staatsvoranschlag für
1929 ist nach den bisherigen Gepflogenheiten zusammengestellt,
d. h. selbstverständlich nach den Interessen der bürgerlichen
Kapitalistenklasse. Und wenn eine Änderung vorgekommen ist,
so wiederum nur zugunsten der besitzenden Klassen. Am besten sehen
wir das beim Kapitel "Landwirtschaft". Das Kapitel ist
vollständig nach den Wünschen der Großagrarier
zusammengestellt und die agrarischen Organisationen haben dabei
entscheidenden Einfluß. Dem Landeskulturrat ist ein gewisses
Vorschlagsrecht eingeräumt - wir haben dagegen nichts einzuwenden
- er ist heute vollständig in den Händen der Agrarier
und ist nichts anderes als ein Werkzeug der Großgrundbesitzer
und Großbauern. Auch dagegen hätten wir nichts einzuwenden,
wenn im Landeskulturrat die allgemeinen Interessen der Landwirtschaft
wirklich vertreten werden. Die Mittel, die dem Landwirtschaftsministerium
zur Verfügung stehen, sind bedeutend. Wenn dieselben richtig
verwendet würden, so könnte auch Entsprechendes geleistet
werden.
Jeder Ackerbau treibende Staat, wozu ich auch den Èechoslovakischen
Staat zum Teile rechne, muß das Bestreben haben, die Produktion
nach Güte und Menge mit allen zweckdienlichen Mitteln zu
fördern, denn im großen und ganzen hängt doch
die volkswirtschaftliche Lage eines Landes
von der Entwicklung seiner Landwirtschaft ab. Die herrschenden
Agrarier haben aber nicht so sehr das Interesse, die Landwirtschaft
zu fördern, als vielmehr hohe Preise für ihre Produkte
zu bekommen. (Posl. Schweichhart: Sie sind eben kapitalistisch
eingestellt!) Sie selbst sind kapitalskräftig
genug, um ihre Betriebe mit allen modernen Produktionsmitteln
auszugestalten, daran aber, die Landwirtschaft im allgemeinen
zu fördern, liegt ihnen sehr wenig. Deutsche wie èechische
Agrarier sind vor allem bestrebt, die Millionensubventionen
für sich zu verwenden. Natürlich sind ja bekanntlich
die Taschen der èechischen Nation etwas größer
oder vielleicht sind die Bedürfnisse der èechischen
Agrarier größer, weil sie die schönen großen
Gebiete in Mittelböhmen und Mähren haben,
während die deutschen Gebirgsbauern draußen am Rande
ein kümmerliches Dasein fristen müssen und der Staat
froh sein könnte, daß wir überhaupt eine solche
Bevölkerung haben, die einen derartigen Boden noch bearbeitet.
Meine Verehrten! Diese einseitige Politik muß
natürlich zur Katastrophe führen. Es ist Tatsache, daß
die Agrarier heute fast sämtliche politischen und wirtschaftlichen
Körperschaften beherrschen. Der Landeskulturrat ist eines
ihrer stärksten Bollwerke. (Posl. Schweichhart: Auf Grund
eines veralteten reaktionären Wahlrechtes!) Jawohl. Die
Agrarier haben jede Reform verhindert, wie sie ja immer gegen
jedes fortschrittliche Gesetz waren. Erinnern Sie sich nur daran,
daß Sie die Durchführung des Unfallversicherungsgesetzes
in der Landwirtschaft verhindert haben und ähnliches. (Posl.
Gläsel: Herr Kollege, Sie wissen aber nicht, daß gerade
die Kleinbauern das Unfallversicherungsgesetz nicht haben wollen!)
Ja, infolge Ihrer Agitation wollen die Bauern keine Sozialversicherung
haben und wollen nicht die Unfallversicherung, weil Ihr ihnen
immer einredet, daß es zu viel kostet. (Rùzné
výkøiky.) Ich konstatiere ausdrücklich,
daß heute der Landeskulturrat, der deutsche wie der èechische,
ein Werkzeug der Agrarier ist und nichts anderes. Man hat auch
dem Landeskulturrat einen ungemein großen
Wirkungskreis und wichtige Rechte eingeräumt.
Ich will nun einige Fälle hier anführen,
welche Macht die Agrarier haben. (Hluk.) Sie sind z. B.
vertreten im Zentraleisenbahnrat, in den Direktionseisenbahnräten,
im Kohlenbeirat... (Hluk.)