Støeda 24. øíjna 1928

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 169. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze ve støedu dne 24. øíjna 1928.

1. Øeè posl. dr Schollicha (viz str. 10 tìsnopisecké zprávy):

Meine Herren! Das Parlament steht ohne Zweifel und unverkennbar unter dem Eindruck der kommenden Wahlen. Das hört und spürt man aus allen Reden, die in den letzten Tagen hier gehalten wurden, von deutscher wie von èechischer Seite. Wir können feststellen, daß auch die deutschen Regierungsparteien etwas schüchtern, aber immerhin den Mut finden, an gewissen Vorgängen Kritik zu üben, sie schlagen etwas mannhaftere Töne an und zeigen damit offen, daß sie mit den Erfolgen ihrer bisherigen Politik in der Regierungskoalition in gar keiner Weise einverstanden sind. Wir mußten es erleben, daß auf dem Parteitag der deutschen christlichsozialen Partei eine ziemlich abfällige Kritik geübt wurde, wir mußten es erleben, daß im Budgetausschuß zu den einzelnen Kapiteln sehr scharfe Töne angeschlagen wurden und daß besonders der Abg. Hodina beim Schulkapitel zu der Feststellung gezwungen war, daß es noch Jahrhunderte dauern würde, um endlich, wenn das jetzige System beibehalten wird, irgend einen merklichen Fort schritt feststellen zu können. (Posl. Horpynka: Aber der Herr Mayr-Harting hat in Iglau gesagt: "Wir sind und bleiben in der Regierung!") Herr Abg. Feierfeil hat gestern hier auch die Außenpolitik ziemlich kritisiert, und wir werden es erleben, daß auch beim Schulkapitel und morgen bei den übrigen Ressorts die gleichen Töne angeschlagen werden. Und trotzdem hat Minister Mayr-Harting in Iglau ausdrücklich fest gestellt, wie Koll. Horpynka eben bemerkte, wir sind und bleiben in der Regierung, und hat damit gesagt, was wir schon früher immer behaupteten, daß kein Ereignis an die deutschen Regierungsparteien herantreten. könne, um sie von dem einmal eingenommenen Regierungssitz hinwegzubringen und zu einer mannhaften Stellung zu zwingen. Diese Eingeständnisse der deutschen Ohnmacht sind außerordentlich wertvoll für uns - und das ist für uns wieder der Auftakt zu den Wahlen - weil sie das bestätigen, was wir früher und bei jeder Gelegenheit betont haben, daß nämlich der Zeitpunkt für den Eintritt deutscher Parteien für die Regierung nicht reif war, daß dieses Ereignis vorbereitet werden mußte nach gründlicher Aussprache und Auseinandersetzung mit dem nationalen Gegner. Es mußte Klarheit, Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit herrschen, um wirklich den Ausgleich von Volk zu Volk zu schaffen. Diese Kritik bestätigt uns weiters, was wir gleichzeitig behauptet haben, daß auf dem Wege der ständigen Unterwürfigkeit und Nachgiebigkeit deutscherseits niemals ein Erfolg zu erzielen sein wird.

Auch von èechischer Seite werden außerordentlich radikale Töne, gleichfalls unter dem Eindruck der Wahlen, angeschlagen und alle Parteien, ob sie nun in der Regierung sitzen oder in Opposition stehen, machen im schärfsten und ärgsten Chauvinismus. Daß es die sozialistischen Parteien tun, ist begreiflich, denn sie wollen sich nach außen hin eine Plattform für die Wahlen gegen die bürgerlichen Parteien schaffen um ihnen nationale Schwäche vorwerfen zu können. Unbegreiflich allerdings und schwer vereinbar mit dem Standpunkt der Koalition finde ich es, wenn auch èechische Regierungsparteien hier das gleiche tun, wie wir es gestern und vorgestern erleben mußten. Man hat ja in Zeitungen und bei Versammlungen immer unseren deutschen Wählern einreden wollen, daß die èechischen Regierungsabgeordneten und -Parteien von bestem Wohlwollen den Deutschen gegenüber erfüllt sind, daß sie bestrebt sind, eine Ausgleichsbasis zu schaffen, ja man hat sogar den Abg. Kramáø immer als denjenigen bezeichnet, der in vertraulichen Besprechungen das weitestgehende Entgegenkommen den Deutschen beweise. Und jetzt müssen wir erleben, daß der Abg. Myslivec gestern außerordentlich scharf gegen den deutschen Kurs oder gegen das Entgegenkommen den Deutschen gegenüber gesprochen hat, ja wir müssen es erleben, daß die èechischen Agrarier ausgerechnet im jetzigen Zeitpunkt den Kampf für die Nationalisierung des Kapitals und gegen die deutsche Industrie auf ihre Fahnen geschrieben haben und mit dem ungeheuerlichen Plan heraustreten, die deutsche Industrie zu enteignen - ein Sehnsuchtstraum, allerdings schon von lange her. Der Boden wurde nationalisiert und restlos der èechischen Volkswirtschaft zugeführt. Nun kommen die Wälder daran, und es fehlt in diesem Kranze richtigerweise nur mehr die Industrie. Was bedeutet das alles? Es bedeutet, daß auch diese Parteien in gar keiner Weise die Absicht haben, einen wirklichen Ausgleich mit dem deutschen Volk herbeizuführen, daß sie für diesen Gedanken auch heute noch in keiner Weise reif sind. Dann allerdings dürfen wir uns nicht verwundern, wenn der Abg. Špaèek, Rittergutsbesitzer von Fulnek, gestern hier besonders heftige Töne angesehlagen hat. Er war heuer längere Zeit, einen ganzen Tag lang, bei den Manövern im Kuhländchen anwesend, hat das Schlachtfeld vom Flugzeug aus inspiziert, hat sich überzeugt von der Schlagfertigkeit der èechososlovaki schen Armee, und das hat es wahrscheinlich mit sich gebracht, daß er den Zeitpunkt zu einer Auseinandersetzug mit dem deutschen Gegner schon für gegeben erachtet, denn er erklärt ausdrücklich: "Wir werden nicht darum herumkommen - um die Auseinandersetzung mit dem deutschen Gegner - es ist klar, daß wir für diesen Zeit punkt gerüstet sein müssen". Der Herr Abg. Špaèek ist ein ausgesprochener Nutznießer der Revolution und ich finde es begreiflich, daß er heute, schmerzlich bewegt, leider feststellen muß, daß noch nicht alle Blütenträume reiften, obwohl er selbst eigentlich zu den vollständig Saturierten gehört. Er hat gemeinsam mit Herrn Chrastina ein Gut von 6 1/2 Mill. Kè bekommen. Von diesem Gut hat er bereits 300 ha um 3 Mill. Kè verkauft, er hat weiters Wald geschlagen, weit über die Vorschrift hinaus, für 3 Millionen Kè, er hat heute noch ein Restgut von 1300 ha samt Schloß (Hört! Hört!), das ihn also nur eine halbe Million kostet. Sie sehen aus diesen Zahlen, daß er mit der Revolution und der Enteignung des deutschen Gutes vollkommen zufrieden sein kann. Aber er beschwert sich nunmehr über das Bodenamt, das angeblich den Auftrag herausgegeben haben soll, auch deutsche Ansprüche zu berücksichtigen, wenn sie nach der Natur der Dinge gegeben sind. Er hat sich aber kein Gewissen daraus gemacht, seinen entnationalisierten èechischen Grund, den er auf diese Weise geschenkt bekommen hat, an Deutsche zu verkaufen und das nur deshalb, weil sie besser zahlten, weil er auf diesem Wege mehr herausgeschlagen hat, obwohl dies eigentlich im Gegensatz zu seiner nationalen Gesinnung stehen wird. (Výkøiky na levici.) Aus diesem Beispiel heraus sehen Sie schon das ganze Pharisäertum, das bei Herrn Špaèek festzustellen ist, und so wollen Sie auch das Übrige betrachten, was er gestern gesagt hat. Er hat besonders gegen die Tätigkeit des deutschen Justizministers Mayr-Harting scharf gemacht. Ich bin der Letzte, der Grund und Ursache hat, die Tätigkeit des Herrn Mayr-Harting zu verteidigen oder auch nur in bescheidenstem Maße mit ihr zufrieden zu sein. Im Gegenteil, wir müssen leider feststellen, daß Herr Mayr-Harting für diesen Posten durchaus unfähig ist und nicht einen Funken von mannhaftem Gefühl aufbringt und daß er die Krone des Märtyrers, die ihm hier der Herr Špaèek aufgedrückt hat, keineswegs verdient. Ich würde nur wünschen, daß er dem Ideal, das er angeblich in meiner Person sieht, und dem er nacheifert, wenigstens teilweise nachkommen würde. Denn der Herr Mayr-Harting hat sich nicht durchzusetzen vermocht bei der Besetzung der verschiedenen Kreisgerichtspräsidentenstellen. Wir müssen leider feststellen, daß wir nicht einmal unsere berechtigten Ansprüche hier durchsetzen konnten, wir werden abwarten, wie die Stelle in Neutitschein jetzt besetzt werden wird. Er konnte sich nicht durchsetzen in der Sprachenfrage, und der Fall Popelka, der seine vollständige Ohnmacht beweist, ist noch in bester Erinnerung. Er konnte sich nicht durchsetzen mit einer liberaleren Auffassung in der Zensur, und es ist unrichtig, wenn Herr Špaèek behauptet, daß Kundgebungen gegen den Staat und dergleichen jetzt unzensuriert in den Zeitungen durchgehen können. Im Gegenteil, die Zensur war nie, wie im Budgetausschuß auf Grund von Zahlen festgestellt werden konnte, so scharf wie gegenwärtig unter Herrn Mayr-Harting.

Ich will nur ein Beispiel aus der letzten Zeit herausgreifen: In der "Deutschen Volkszeitung für das Kuhländchen" vom 19. Oktober l. J. wurden folgende Stellen aus dem Artikel "Vor dem Jubiläum. Ernste Betrachtungen in heiteren Zeiten" beschlagnahmt (ète): "Nehmen wir nun alles in allem, dann müssen wir zu dem Schluß kommen, daß uns dieses Jubiläum herzlich wenig angeht, im Gegenteil, daß es nur ein Triumphieren darüber darstellt, daß das deutsche Volk niedergerungen und so und so viele Millionen seiner Angehörigen zum Sklavendienst für andere Völker und Staaten gepreßt wurden. Wer also mitjubeln will darüber, daß vor 10 Jahren der Todesstreich gegen sein deutsches Volk geführt wurde, wenn er auch fehlging, wer seiner Freude Ausdruck geben will, daß seine Kriegsanleihe zu einem wertlosen Wisch wurde, daß die Steuereintreiber und Exekutoren sein Haus überfluten, daß ihm sein Recht auf Freiheit, Brot und Kultur stündlich verkürzt wird, der möge im Jubeljahre der "glorreichen" Revolution des Jahres 1928 seine Fahnen heraushängen. Feiern möge der, der Anlaß dazu hat, und kein vernünftiger Mensch wird von einem Bestohlenen verlangen, daß er dem unrechtmäßigen Eigentümer seiner abgenommenen Sachen noch ein Schloß zum Aufbewahren schenkt. Das deutsche Volk in seiner Gesamtheit und wir Sudetendeutsche im besonderen haben also gar keine Ursache zu jubeln und zu jauchzen. Zeigen wir das auch öffentlich, man wird uns darum nicht weniger achten, im Gegenteil, man wird sehen, daß unser Volk auch das Leid in Würde zu tragen weiß." Eine Stelle also, meine sehr Verehrten, die doch gar nichts beinhaltet, was nicht ruhig abgedruckt werden könnte, und trotzdem verfiel sie der Beschlagnahme.

Eine zweite Stelle aus dem Artikel "Nationaler Verlust" (ète): "Das den Geschwistern Josef und Adolf Koblischka und Aloisia Werner, Gattin des Angestellten Werner bei der freiwilligen Feuerwehr, gehörende Haus in der Mühlgasse, ist diese Woche in èechische Hände übergegangen. Ebenso hat Herr Rudolf Schramm, Aufseher i. R., sein neben dieser Realität liegendes Gebäude in der Mühlgasse demselben Käufer überantwortet. Da zu diesen beiden Häusern große Gärten gehören, soll daraus die Sokolhalle entstehen. Damit geht ein langgehegter Wunsch des nationalen Gegners in Erfüllung, im Innern der Stadt seine Trutzburg zu errichten. Es haben Kinder unserer Stadt wieder ein Stück deutscher Erde unseren Gegnern freiwillig überlassen. Sie halfen mit, die Èechisierung der Stadt zu beschleunigen, was die Èechen, wie die letzte Nummer der hiesigen èechischen Zeitung schreibt, in den nächstenn zehn Jahren erzielen wollen". Eine solche Stelle, die eigentlich eine Beschlagnahme nicht rechtfertigt, verfällt unabwendbar dem Rotstift und wird vom Staatsanwalt konfisziert, der bei anderen Anlässen, bei der Verbreitung eines Flugblattes gegen die Deutschen in Leipnik ausdrücklich erklärte, er habe keinen Grund hier einzuschreiten. Und dann, meine sehr Verehrten, welche Kühnheit liegt nicht darin, wenn Herr Špaèek hier gegen die "Bohemia" ausdrücklich die Gasse aufruft, wenn er hier zum Ausdrucke bringt, daß sie das verdiente Schicksal noch treffen wird, bis die Zeit reif sein wird! Das heißt nichts anderes, als das Volk zu mobilisieren, auf daß es dieser Zeitung vielleicht wieder einmal die Fenster einhaue. Das alles geschieht unter dem Justizminister Mayr-Harting. Nun, wir sind dankbar für diese Äußerungen, dankbar für die Offenheit, weil dadurch wenigstens Klarheit geschaffen wird, weil der Nebel zerreißt, der viele Kreise unseres Volkes draußen befangen hält, denen man einreden wollte, daß es in letzter Zeit besser geworden ist. Alle Bemühungen auf deutscher Seite haben einen merklichen Erfolg herbeizuführen nicht vermocht, und Herr Špaèek spricht auch hier mit einer klaren Offenheit. Was immer die Deutschen tun mögen in der Zukunft, sagt er schließlich, man könne ihnen nicht trauen und erst dann können sich die Èechen mit ihnen zufrieden geben, wenn sie sich wie die Deutschen in der Schweiz oder im Elsaß verhalten würden. Er verlangt also ausdrücklich die Verschweizerung, d. h. mit anderen Worten für uns: die Èechisierung, das Aufgeben jedes nationalen Bewußtseins, das Aufgeben unserer nationalen Eigenart. Alle Loyalität deutscherseits, alles Mitlaufen im èechischen Gefolge bei den Jubiläumsfeierlichkeiten, ja selbst, was heute schon in Aussig und im Saazer Bezirk gemacht wird, das Singen des deutschen Textes des "Kde domov mùj", das Singen der Staatshymne, wird eine Änderung auf èechiseher Seite nicht herbeiführen.

Nun, das alles haben wir vorausgesagt und prophezeit und wir müssen bei diesem Anlaß wiederum nur die Frage an die deutschen Regierungsparteien richten, ob sie diesen unwürdigen Zustand noch lange mitmachen wollen, ob sie denn gar keinen Funken Gefühles für die deutsche Ehre und Würde mehr besitzen, daß sie diesen unheilvollen, einmal eingeschlagenen Weg trotz aller Opfer weiter beibehalten wollen. Wie wenig auf allen Gebieten in den zehn Jahren erreicht wurde, wie wenig sie imstande waren, eine Änderung ihres Kurses, des staatsoffiziellen Kurses auf einzelnen Gebieten durchzusetzen, wurde in den letzten Tagen durch einzelne deutsche oppositionelle Redner zum Ausdruck gebracht. Ich will das Gleiche auf dem Schulgebiete zur Darstellung bringen.

Im Staatenhause der Èechoslovakei auf der internationalen Presseausstellung in Köln, zu deren Beschickung sich die Republik trotz aller Abneigung gegen den deutschen Nachbar aus politisehen Gründen und zum Zwecke der Täuschung des Auslandes entschlossen hat, erregen bei jedem Kenner der hiesigen Verhältnisse besonders einige Wandsprüche, berechtigtes Erstaunen und Verwunderung. Hier steht unter anderem zu lesen: "Jede Nation verfügt in der Èechoslovakei ihrer Zahl gemäß über eine gerechte, demokratische Parlamentsvertretung, im Verhältnis zu ihrer Sprache über angemessene Erziehungsstätten, über eine freie Tribüne des gedruckten Wortes in Buch und Presse. Demokratie heißt Diskussion". So viel Worte, so viel Unwahrheiten. Es soll in diesem Zusammenhange nicht untersucht werden, wie selbst das Verhältniswahlrecht durch den bevorzugten Wahlkreis Prag und durch die Bildung ungleicher Wahlkreise zu ungunsten der Deutschen und der anderen Minderheiten dieses Staates verschlechtert wurde, es soll nicht untersucht werden, wie das gedruckte Wort in Buch und Presse in diesem Staate durch eine undemokratische Zensur, wie sie selbst der alte Polizeistaat Österreich nicht besaß, geknebelt wird, es soll auch nicht jene Zensur trotz ihrer Abscheulichkeit behandelt werden, die an der einzig freien Tribüne im Parlament vom Präsidenten des Hauses bei den Reden und Interpellationen der freigewählten Volksvertreter geübt wird.

Untersuchen will ich bei Behandlung des Kapitels "Schulwesen" des Staatsvoranschlages ledigig ich in aller Kürze, wie weit die Behauptung der èechoslovakischen Regierung wahr ist, wenn sie sagt, daß jede Nation im Verhältnis zu ihrer Sprache über angemessene Erziehungsstätten verfügt. Richtig ist, daß die Èechoslovakei im Minderheitensehutzvertrag von St. Germain en Laye vom 10. September 1919 den nationalen Minderheiten ihres Staates "Schutz und Berücksichtigung bei sozialen, humanitären und kulturellen Einrichtungen, insbesondere bei Schulen" garantierte. Über die Erhaltung kultureller und Unterrichtsanstalten heißt es au sdrücklich im Vertrage: "In den Städten und Bezirken, in denen ein beträchtlicher Bruchteil èechoslovakischer Staatsangehöriger ansäßig ist, die einer Minderheit nach Rasse und Sprache angehören, wird diesen Minderheiten ein angemessener Anteil an den Beträgen zum Nut zen und zur Verwendung zugesichert, welche für Erziehung und Wohltätigkeitszwecke aus öffentlichen Fonden in den Staats-, Gemeinde- oder anderen Voranschlägen ausgeworfen werden."

Untersuchen wir nun, ob die Èechoslovakei in den zehn Jahren ihres Bestandes dieser feierlich zugesagten Verpflichtung restlos nachgekommen ist, so daß die 3 1/2 Mill. Deutschen dieses Staates keinen berechtigten Grund zur Klage hätten. Ich will mich dabei nicht auf das Urteil oppositionell eingestellter Personen berufen, weil diese vielleicht befangen sind, ihr Blick getrübt ist, sondern auf Personen und Parteien, die heute im Regierungslager stehen. Im Jänner 1923 überreichten die deutschen Parlamentarier der Èechoslovakei dem Völkerbunde, auf den ewig Gläubige damals noeh gewisse Hoffnungen setzten, eine Beschwerdesehrift. Diese war für den parlamentarischen Klub des Bundes der Landwirte vom Abg. Franz Køepek und Sen. Theodor Zuleger, für den Klub der christlichsozialen Volkspartei vom Abg. Josef Böhr und Sen. Dr Robert Mayr-Harting, dem jetzigen Justizminister, gezeichnet. Darin heißt es auf Seite 57: "Es muß aber leider festgestellt werden, daß die èechoslovakische Regierung diese ihr auferlegten Verpflichtungen nicht nur nicht erfüllt, sondern planmäßig eine auf Zertrümmerung des berühmten Schulwesens der Deutschen in der Èechoslovakei gerichtete Politik betreibt. Wir gehen nun daran, diese Behauptung in Bezug auf die einzelnen Zweige des deutschen Schulwesens der Èechoslovakischen Republik zu erhärten". Auf 24 Seiten wird nun in ausführlicher Darstellung der Beweis dieser Behauptung in den einzelnen Schulgattungen geführt, worauf es in der Schlußfolgerung heißt: "Die vorstehende Darstellung der gegenwärtigen Lage des deutschen Schulwesens in der Èechoslovakischen Republik beweist, daß die deutsche Minderheit in der Èechoslovakei vollen Grund hat, mit der Behandlung ihres Bildungswesens durch die èechoslovakische Regierung unzufrieden zu sein..." Und so wie in dieser Denkschrift wurden auch sonst hier im Abgeordnetenhause des öfteren, besonders aber jährlich bei Beratung des Staatsvoranschlages, von Rednern der christlichsozialen Volkspartei und des Bundes der Landwirte lebhafte Klagen über die Zurücksetzung des deutschen Schulwesens geführt. Ich greife nur aus den vielen Reden, die zum Gegenstande hier gehalten wurden und die nachzulesen heute immerhin sehr interessant ist, die Rede des Herrn Abg. Spina vom 27. November 1923 heraus, in der er mit den Worten begann: "Wir sind wieder bei einer sehr schmerzlichen Kreuzwegstation des Staatsvoranschlages angelangt, bei dem Schulkapitel, bei dem wir Deutsche immer schwere Anklagen über Zurücksetzungen, Kürzungen, Nichtberücksichtigungen erheben müssen. Doppelt klagen müssen wir über die Ziffer des heurigen viel gerühmten Ersparungsvoranschlages, die uns bei weitem nicht jenen Anteil an der pflichtmäßigen kulturellen Fürsorge des Staates zukommen läßt, der unserer Bevölkerungszahl und unseren deutschen Beiträgen zu den Einnahmen des Staates entspricht". Dann folgt eine ausführliche Darstellung und Begründung seiner Behauptungen über die Verkürzung des deutschen Schulwesens.

Nun könnte leicht jemand den Einwurf machen, daß die Äußerungen schon zu weit zurückliegen und daß sich die Verhältnisse im allgemeinen und besonders auf dem Schulgebiete seither wesentlich gebessert haben. Den Beweis für eine solche Besserung zu erbringen, würde selbst bei wohlwollendster Beurteilung sehr schwer fallen, während es demgegenüber leicht ist, das Gegenteil zu beweisen. Ich brauche mich zur Beweisführung nicht auf die scharfe Kritik zu berufen, die Abg. Hodina im Jahre 1926 und 1927 am Schulvoranschlage geübt hat, ich brauche nur die allbekannten Tatsachen für sich sprechen zu lassen. Die Gesetze vom 3. April 1919, Nr. 189, und vom 9. April 1920, Nr. 292, die von den deutschen Parteien auf das heftigste bekämpft wurden und auf die sich die Schulbehörden bei den zahlreichen Auflassungen stützten, sind noch immer auch bezüglich der anstößigen Bestimmungen (§ 7 und § 9) in Kraft, so daß trotz des Verlustes von bereits mehr als 3000 Schulklassen die Gefahr eines neuen Schulabbaues unverändert fortbesteht. Noch immer werden auf Grund des Gesetzes vom 3. April 1919 zur Stärkung der èechoslovakischen Minderheiten im deutschen Sprachgebiet völlig überflüssige èechoslovakische Minderheitsschulen mit geringer Kinderzahl errichtet und zu diesem Zwecke deutsche Schulgebäude, Klassenzimmer und Turnsäle, die für deutsche Schulzwecke selbst dringend gebraucht werden, wie auch Privatgebäude, ja, dem Geschäftsbetrieb gewidmete Räume, rücksichtslos enteignet. Noch immer werden deutsche Kinder trotz des klaren Willens der Eltern und in Mähren trotz der eindeutigen Bestimmungen des Gesetzes vom 27. November 1905, L. G. Bl. Nr. 4 ex 1906 - lex Perek - mutwilliger Weise aus deutschen Schulen herausreklamiert und èechischen Schulen zum Besuche zugewiesen und noch immer werden gegen diese willkürliche Verfügung eingebrachte Rekurse jahrelang nicht erledigt. Noch immer werden Tausende deutsche Kinder mit unlauteren Mitteln und gegen das Gesetz in èechische Schulen gelockt. Noch immer werden trotz der klaren Bestimmungen im Minderheitsschutzvertrag, daß die Minderheiten das Recht haben, auf eigene Kosten Schulen und andere Erziehungsanstalten zu errichten, den Bemühungen des Deutschen Kulturverbandes, die schweren Schädigungen des deutschen Schulwesens durch Errichtung von deutschen Privatschulen und Kindergärten, durch Erteilung von Privatunterricht, also auf eigene Kosten, wenigstens tellweise wieder gutzumachen und auszubessern, die größten Schwierigkeiten bereitet. Noch immer entscheiden über deutsche Schulangelegenheiten im Landesschulrate und im Ministerium èechische Beamte, während deutsche Beamte bei diesen Körperschaften trotz vorzüglicher Qualifikation nicht eingestellt werden. Noch immer fehlen uns wichtige Hochschulzweige und werden unsere Studierenden gezwungen, ihre im Ausland erworbenen Zeugnisse an èechischen Hochschulen nach Wiederholung aller Prüfungen nostrifizieren zu lassen, und noch immer ist der prozentuelle Anteil der Deutschen im Schulvoranschlage nicht besser geworden. Die Betrachtung der einzelnen Kapitel weist nach wie vor eine schwere Hintansetzung und Vernachlässigung deutscher Schul- und Kulturbedürfnisse auf. Ja, die gesetzlichen Bestimmungen werden nicht einmal dort eingehalten, wo es sich um Rechte der Deutschen handelt, z. B. die deutsche Amtssprache im Landesschulrate. Fürwahr, man kann wohl mit Recht und ohne Übertreibung behaupten, daß sich auch in der zweiten Hälfte des ersten Jahrzehnts keine Besserung auf dem Gebiete des Schulwesens bemerkbar machte und daß die in der Denkschrift an den Völkerbund gegeißelte èechische Staatspolitik, die auf eine planmäßige Zertrümmerung des deutschen Schulwesens abzielt, auch heute noch in erschrekkender Deutlichkeit und in aller Öffentlichkeit betrieben wird. Wohl haben wir seit zwei Jahren deutsche Minister und es: müßte eigentlich schon deren Anwesenheit in der Regierung eine Rücksichtnahme auf deutsche Wünsche und Forderungen herbeiführen. Wohl steht heute der Obmann des Bundes der Landwirte, Abg. Hodina, an der Spitze des parlamentarischen Schulausschusses und hält seine schützende Hand über das deutsche Schulwesen, aber weder die beiden deutschen Minister, noch Hodina und die deutschen Regierungsparteien sind imstande, den staatsoffiziellen Vernichtungsfeldzug gegen das deutsche Schulwesen aufzuhalten, zum Stillstand zu bringen oder auch nur zu mildern. Die Voranschläge 1928 und 1929, die unter Mitwirkung und Mitverantwortung deutscher Parteien aufgestellt wurden, sind der klarste Beweis der deutschen Ohnmacht und Bedeutungslosigkeit. Und wenn die Redner der christlichsozialen Volkspartei und des Bundes der Landwirte zum Schulkapitel in früheren Jahren, die Herren Petersilka, Feierfeil, Spina, Hodina, Fischer u. a., an der Hand der Zahlen des Voranschlages die ziffermäßige Verkürzung nachwiesen, dann müßten Sie heute, wo sie in der Regierung sitzen, den Mut aufbringen, zu bekennen, daß sich auch durch ihre Teilnahme an der Macht nicht eine Ziffer im Schulvoranschlag geändert hat. Entweder waren ihre Klagen in den früheren Jahren übertrieben - wir wissen leider, daß dies nicht der Fall war - oder aber sie decken heute mit ihrem Namen stillschweigend das, was Sie früher selbst bekämpft und schärfstens verurteilt haben. Ich behaupte und stelle einen Vergleich aller Voranschläge der früheren Jahre seit 1920 zu Beweis, daß sieh an dem Wesen und Inhalt, ja sogar vielfach an den ausgeworfenen Beträgen im Schulkapitel nichts geändert hat, davon ganz zu schweigen, daß der Forderug des Abg. Hodina in seiner Rede vom 25. November 1926 nicht Rechnung getragen wurde, die dahin ging: "Die dem deutschen Schulwesen beigebrachten Schäden müssen wiedergutgemacht werden". Heute allerdings bringen die deutschen Regierungsparteien nicht mehr die Kraft auf, die deutschen Schulforderungen in der Regierung, im Achterausschusse und den èechischen Parteien gegenüber nachhaltigst zu vertreten und das zu verlangen, was sie früher als erste Grundforderung aufgestellt haben: Die deutsche Schulautonomie.

Ich will darüber nur einige Stimmen aus vergangenen Tagen in Erinnerung bringen. Abg. Fischer sagte am 2. Dezember 1920 im Abgeordnetenhaus: "Nur durch die vollkommene Autonomie für das deutsche Volk kann das Gespenst einer dauernden Krise für diesen Staat ferngehalten werden". Abg. Dr Feierfeil am 2. Dezember 1920: "Ich erkläre zum Schluß, daß unsere Forderung nach voller Autonomie unseres Schulwesens bestehen bleiben wird". Abg. Dr Feierfeil am 23. November 1921 schließlich möchte ich noch sagen: "Die einzige Sicherung für unser deutsches Schulwesen und auch für unsere Umstande, daß wir unsere nationale Schulverwaltung erhalten".

Die Forderung nach der deutschen Schulautonomie war neben der schlüsselmäßigen Berücksichtigung der Deutschen in den Staatsämtern, der Sektiomerung des Bodenamtes und der Regelung der Sprachenfrage geradezu Voraussetzung der deutschen Mitarbeit, wie Abg. Dr. Mayr-Harting in einer Versammlung am 14. März 1925.n Brüx öffentlich und feierlich verkündigte. Auch Abg. Dr. Spina vertrat ehemals den gleichen Standpunkt. In seiner Rede im Abgeordnetenhaus am 27. November 1923 sagte er: "Ich möchte der Gegenseite zurufen: Wenn der Tag da sein wird, den Sie hinausschieben aber nicht aufhalten können, wo wir Ihnen das berühmte Blatt Papier reichen werden, dann wird an erster und hervorragender Stelle die Forderung stehen, deren Fehlen uns Deutsche bei Verhandlung des Schulbudgets so sehr verbittert: Das Recht unserer kulturellen Selbstverwaltung und unserer Schulautonomie."


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