Ètvrtek 6. záøí 1928

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 157. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze ve ètvrtek dne 6. záøí 1928.

1. Øeè posl. Pohla (viz str. 18 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Nach alldem, was in den letzten Tagen vor sich gegangen ist (Výkøiky nìm. soc. demokratických poslancù.), dürfte man erwarten, daß das erste Wort nach Zusammentritt des Parlamentes der Herr stellvertretende Ministerpräsident, der Leiter der Regierung, sprechen und der mit Recht aufgeregten und besorgten Bevölkerung eine Erklärung über das ungeheuerliche Attentat abgeben werde, das vor wenigen Tagen auf ihre Taschen verübt wurde. Statt dessen ist die Regierungsbank leer, die Regierung schweigt, und das kann man schwerlich anders deuten, als daß sie indirekt mit den Maßnahmen, die in den letzten Tagen erfolgt sind, ihr Einverständnis erklärt. (Výkøiky.) Wäre dem nicht so, so hätte, wie gesagt, der stellvertretende Herr Ministerpräsident die Pflicht gehabt, dem Hause eine Mitteilung zu machen.

Was wir in den letzten Tagen erlebt haben, ist die Fortsetzung einer Politik, die im Jahre 1927 begonnen hat, einer Wirtschaftspolitik, die nicht darauf aufgebaut ist, das wirtschaftliche Leben im allgemeinen zu bessern, sondern die ihren Grundpfeiler darin hat, den Profit, das arbeitslose Einkommen, einer bestimmten Schichte von Menschen fortgesetzt und ununterbrochen auf Kosten der Lebenshaltung und der Taschen der breiten Massen des Volkes zu vermehren. Nach den gleitenden Zöllen, die unsere Landwirte und ihre Vertreter mit der Begründung gefordert haben, daß sie die Weltmarktpreise haben müssen, haben sie die festen Zölle bekommen und wir haben ein Plus über den Weltmarktpreis zollgeschützter Gegenstände erhalten.

Wie groß die Belastung ist, die durch dieses Zollgesetz auf der Allgemeinheit lastet, will ich nur mit zwei Zahlen beweisen. Der Wert der Ernte an Weizen, Roggen, Gerste, Hafer und Kartoffeln im Jahre 1925, also vor den Zöllen, betrug cca 10 Milliarden Kè. Der Wert ist berechnet nach den Mitteilungen des statistischen Staatsamtes und nach den offiziellen Notierungen an der Prager Börse. Der Wert der Ernte im Jahre 1926, also nach den Zöllen, betrug 12 Milliarden Kè, aber die Ernte in diesem Jahre war um 28 Millionen q gesunken. (Hört! Hört!) Was wir also seinerzeit bei Einführung der Zölle ganz klar vorausgesagt haben, ist mit voller Schärfe eingetreten. Die bedeutend schlechtere Ernte des Jahres 1926 brachte den Landwirten, natürlich nur jenen, die solche Produkte zu verkaufen haben, ein um 1700 Millionen größeres Einkommen. Wenn wir nun annehmen, daß von diesen 1.7 Milliarden zumindest eine Milliarde von den Verbrauchern in Form höherer Preise für Nahrungsmittel bezahlt werden mußte, entsteht die Frage, wer das Defizit, wer diese Kosten beglichen hat. Lohnerhöhungen fanden nur in ganz geringem Ausmaß und weitaus nicht bei allen Berufsgruppen statt. Daher sind die durch die Zölle verursachten Mehrausgaben eine Belastung u. zw. eine nichtausgeglichene Belastung der Arbeiter und Angestellten. Wie kamen wir dazu? Nun, es ist sehr dankbar, heute daran zu erinnern: Im Jahre 1923 wurde ein neuer volkswirtschaftlicher Grundsatz in diesem Staate aufgestellt, indem man sagte: Wir haben einen siebenfachen Weizenpreis, es muß daher alles auf das siebenfache gebracht werden. Dem siebenfachen Weizenpreis, muß der siebenfache Eisenpreis, muß der siebenfache Kohlenpreis, müssen siebenfache Löhne, kurzum muß das Siebenfache auf allen Gebieten folgen. Die Regierung hatte sich an dieser Idee so begeistert und so berauscht, daß sie in diesem Jahr ihren ganzen Einfluß einsetzte, um diesen siebenfachen Schlüssel zu erzielen. Wo hat sie ihn aber erzielt? Nicht vollständig, aber doch beinahe ist es ihr gelungen den siebenfachen Schlüssel bei den Löhnen und Gehältern zur Durchsetzung zu bringen. Wir haben siebenfache Löhne und siebenfache Gehälter - das einzige, was vom Siebenfachen übriggeblieben ist - aber wir haben seither zehn- und elffache Weizenpreise bekommen. Der Reallohn ist infolgedessen in der Èechoslovakischen Republik sehr niedrig, ist einer der niedrigsten in den Export- und Industriestaaten Europas. Das internationale Arbeitsamt in Genf, das die Höhe der Reallöhne geprüft hat, ist zu der Feststellung gekommen, daß die Èechoslovakische Republik unter 20 Staaten in Bezug auf die Höhe der Reallöhne an vierzehnter Stelle steht. Während der Reallohn in London 100 beträgt, beträgt er in Prag 49. Also nicht einmal die Hälfte des Lebensstandards eines englischen Arbeiters erreicht ein qualifizierter Arbeiter in der Hauptstadt Prag. Seitdem diese Feststellungen gemacht wurden, ist der Reallohn durch die Auswirkungen der Zölle - nicht allein hiedurch, aber sicherlich mit infolge der Zölle - weiter gesunken. Und wenn wir uns fragen: "Was hat gegen alle diese Wirtschaftspolitik die Regierung getan?", so kann man nicht bloß sagen, daß sie völlig passiv geblieben ist, sondern man muß weit mehr sagen: daß sie alles getan hat, um dieses wirtschaftliche Unrecht zu Lasten der Schwachen zu vermehren. Ich erinnere an den systematisch durchgeführten Abbau der direkten Steuern als Geschenk an die Besitzenden, an die Erhöhung aller Verbrauchssteuern und aller indirekten Steuern überhaupt. Daß bei diesen Methoden der Inlandskonsum ständig sinken muß, ist eine glatte Selbstverständlichkeit. Wo es eben zum Notwendigsten nicht mehr ausreicht, dort wird gedrosselt und eingeschränkt und das betrifft den Haushalt der breiten Massen der Bevölkerung. (Výkøiky.) Unsere Industrie sagt nun: "Was wir nicht im Inland absetzen können, muß ins Ausland." Logisch. Seit je sind wir mit einem grossen Teil unserer Produktion, auch in der Zukunft, auf den Export angewiesen, aber so wie das heute ist, ist das Exportgeschäft auf keine volkswirtschaftliche Grundlage gestellt, sondern auf eine sehr traurige Grundlage. Wenn wir die Frage untersuchen, warum wir exportieren, so lautet die Antwort: wir können nur noch exportieren dank der niedrigen Lebenshaltung der in den Industrien Beschäftigten, dank der geringeren Löhne. Daher spricht man im Ausland schon allenthalben von einem èechoslovakischen Lohndumping und nicht ganz mit Unrecht, denn wenn Sie die Zahlen und die Reallöhne vergleichen, kommen Sie selbst zu dieser Einsicht. Und wenn man von einem èechoslovakischen Lohndumping spricht, so ist es ganz klar, daß sich die Welt danach einrichten wird.

Und in einem gewissen Zusammenhang damit steht auch die Zuckerkrise, deren Ursache eine zweifache englische Krise ist: Einmal eine englische Krise deshalb, weil die Engländer sie verursacht haben, indem sie den Rohzuckerzoll herabsetzten, und zum zweiten Male ist diese Krise eine èechoslovakisch- "engliše" Krise geworden, denn die Demission des Finanzministers Engliš steht damit in einem innigen Zusammenhang. (Sehr gut!)

Die Zuckerindustriellen verlangten die Unterstützung des Staates, sie verlangten staatliche Maßnahmen und staatliche Mittel, um dem Anschlage Englands zu begegnen. Finanzminister Engliš hat sich dagegen gestellt, wir können ihn dieserhalb nicht kritisieren. Zweifellos ist richtig, daß die Zuckerindustrie staatlicher Hilfe gegen die englischen Maßnahmen in erster Linie nicht bedarf, und in zweiter Linie muß die Frage gestellt werden, ob es der èechoslovakische Staat und die èechoslovakische Wirtschaft auf einen Wirtschaftskrieg mit England ankommen lassen will oder nicht. Es taucht die Frage auf: Wenn England aus inneren wirtschaftlichen Gründen einen Zollsatz ändert, welche Mittel hat der èechoslovakische Staat, diesen Bestrebungen der englischen Zuckerindustrie zu begegnen? Ich fürchte sehr und wahrscheinlich müssen auch alle einsichtigen Volkswirtschaftler mit mir zur Ansicht kommen, daß die Mittel des èechoslovakischen Staates zu einem Wirtschaftskrieg mit England noch lange, lange nicht ausreichen, und deshalb muß ein anderer Ausweg aus der Krise gesucht werden. Der èechoslovakische Staat ist einer der zuckerreichsten Staaten der Welt und was allen andern Ländern wahrscheinlich zu einem gewissen Wohlstand und einem gewissen Segen gereichen würde, die Bevölkerung des èechoslovakischen Staates hat von dem Zuckerreichtum nichts. Schon im alten Österreich erklärte man immer, daß in England der österreichische Zucker so billig sei, daß die englischen Viehzüchter die Schweine damit füttern können und in Österreich war er so teuer, daß die Kinder der armen Leute keinen Zucker bekommen konnten, so notwendig sie ihn als Nahrungsmittel brauchten. Wir stehen heute wieder auf dem selben Standpunkt, auf dem wir gestanden sind. In England kostet der èechoslovakische Zucker 4.30 Kè pro kg, in Österreich 4.75 Kè, in der Schweiz kostet er 3.60 Kè pro kg. Im zuckerreichsten Land Europas, in der Èechoslovakischen Republik, kostet er von jetzt an 7 Kè. Ich glaube, ein größeres Unrecht und eine drastischere Illustration unserer verkehrten Wirtschaftspolitik ist schwer möglich. Die logische Folge davon ist, daß der Zuckerkonsum im zuckerreichsten Lande Europas ein verhältnismäßig niedriger ist, er beträgt 26 kg pro Kopf und Jahr, in England 38 kg, in Dänemark sogar 44 kg. Ich glaube, es ist die Frage anders zu stellen, als sie die Zuckerindustriellen bezüglich der Sanierung der Krise in der Zuckerindustrie gestellt haben. Das einfachste wäre doch, Mittel und Wege zu suchen, um den Inlandskonsum an Zucker zu erhöhen. Er ist erhöhungsfähig. Und wenn wir nur um 3 bis 4 kg pro Kopf und Jahr den Konsum steigern können, so ist ein sehr wesentlicher Teil dessen ausgeglichen, was wir wahrscheinlich nach England niemals mehr ausführen können, weil wir eben den Wirtschaftskrieg mit England - ich will kein Prophet sein durch keinerlei Maßnahmen gewinnen werden. Im vorigen Jahr tagte in Genf die Weltwirtschaftskonferenz. Auf dieser Konferenz waren sich die Vertreter aller Staaten und zwar in beiden Kommissionen, in der industriellen und in der Landwirtschaftskommission über eines einig und es herrschte diesbezüglich volles Einvernehmen, daß nämlich die europäische Wirtschaft vor allem nur dadurch saniert und gehoben werden kann, wenn der Lebensstandard gehoben wird, dadurch, daß das Einkommen vermehrt und die Kaufkraft der Bevölkerung und natürlich insbesondere der untersten Schichten wesentlich erhöht wird. Die Staaten haben nach dieser Wirtschaftskonferenz alle ihre Zustimmung zu den Beschlüssen der Genfer Wirtschaftskonferenz gegeben, auch die Èechoslovakische Republik, aber so wie es mit so vielen internationalen Konferenzen war, war es auch mit dieser. In Genf wurden schöne lobenswerte Grundsätze beschlossen und verhältnismäßig entsprechende Beschlüsse gefaßt. Alle sind dann nach Hause gegangen und machen das Gegenteil von dem, was auf der Genfer Tagung beschlossen wurde, und die Èechoslovakische Republik, wie ich schon vorher gesagt habe, folgt getreu den Spuren der anderen, wenn sie ihnen nicht noch vorangeht. Wir können also sagen, daß diese ganze Staatshilfe gar nicht notwendig gewesen wäre. Ich sage das deshalb, weil in den heutigen Zeitungen Dr Heidler, der Generalsekretär des Zuckerkartells, einen Bericht gibt, in dem er darzulegen versucht, daß die Zuckerpreiserhöhung unabwendbar war, daß sie nicht mehr vertagt werden konnte, u. s. w., und daß das wegen der Geldknappheit geschehen mußte. Den Darlegungen Dr Heidlers stehen die tatsächlichen Verhältnisse der Zuckerindustrie in den modernen Fabriken entgegen, daß die Zuckerpreise übermäßige Gewinne abwerfen; und wenn man das den Industriellen sagt, so erwidern sie: "Ja, die Preise müssen hoch sein, damit auch die schlecht eingerichteten Zuckerfabriken bestehen können." Also nur mit Rücksicht auf die technisch nicht auf der Höhe befindlichen Fabriken muß der Zuckerpreis so hoch sein. Übrigens, wem werden die Herren schon imponieren mit ihrem Gejammer, daß sie dem Staat 5 Milliarden gegeben haben - so behauptete nämlich Dr Heidler - daß die Zukkerindustriellen kein Geld haben, daß sie vollständig verarmt sind? Wenn man nämlich die Tätigkeitsberichte der Zuckerfabriksgesellschaften nicht nur, sondern auch diejenigen der Banken und ihrer Zuckerabteilungen liest, so kommt man zu einem ganz andern Schluße. So berichten z. B. heuer die Živnobank, die Unionbank und die Anglobank in ihrem Tätigkeitsberichte, daß das Zuckergeschäft im abgelaufenen Jahre befriedigend war, und ich glaube, daß wir hier den Banken mehr glauben dürfen, als dem Herrn Dr Heidler.

Ich habe schon vorher gesagt, daß es mit Herrn Dr Engliš so ein eigenes Verhängnis ist. Wenn der Minister Engliš siegt, dann kostet das immer etwas, und meistens kostet es Geld aus den Taschen der ärmsten Bevölkerung in diesem Staate. (Souhlas na levici.) So war es bei der Verwaltungsreform, bei dem Gemeindefinanzengesetz und so war es bei der Steuerreform, und wen wird es wundern, daß es genau so in der Frage der Zuckerwirtschaft stimmen wird. Minister Engliš siegt und die breiten Massen des Volkes müssen zahlen. Aber die Frage, die uns heute beschäftigt, hat noch eine andere, und zwar eine wesentlich politische Bedeutung. Noch vor wenigen Tagen, am 31. August, hat der Achterausschuß getagt, die oberste Regierung in diesem demokratisch regierten Staate. Sie ist zwar niemandem verantwortlich, aber es wird doch der mithörenden Bevölkerung mitgeteilt, daß am 31. August die "Osmièka" im Beisein des Finanzministers Engliš und des Innenministers Èerný getagt und sich mit der Frage der von der Zuckerindustrie projektierten Zukkerpreiserhöhung beschäftigt hat. Das Resultat der Beratungen war, heißt es hier, daß den Zuckerindustriellen ein Zugeständnis bezüglich der Refaktie der Handelssteuern im Ausmaße von 40 bis 45 Mill. gemacht werden wird. Das Gesetz soll noch in der Herbstsession beschlossen werden. Offiziell teilt der Achterausschuß mit - und es wurde auch von den Zeitungen angekündigt - daß gegen die Verteuerung des Zuckers durch die Zukkerkartellisten die Regierung und die koallierten Parteien die erforderlichen Vorkehrungen treffen werden. Diese nichtoffizielle Mitteilung ist, soweit die Regierung in Frage kommt, nicht dementiert worden. Also, die Regierung versichert uns am 31. August, daß sie Mittel und Wege finden werde, um eine Verteuerung zu verhindern. Nun, die Lösung der Frage hat nicht lange auf sich warten lassen. Schon am 3. September teilte das Zuckerkartell mit, daß es den Preis für den Zucker um 60 Heller erhöhen werde, und am 3. oder 4. September erhöht es ihn tatsächlich um 60 Heller. Bis dahin ist nur von einer Verteuerung des Zuckers von 20 bis 30 Hellern pro Kilogramm gesprochen worden. In diese 60 Heller teilen sich die Rübenbauern mit 32 und die Zuckerindustriellen mit 28 Hellern. Im Detail sind das nicht 60, sondern 70 Heller. Und nun entsteht folgende Frage: Wenn die Mitteilung der Regierung vom 31. August den Tatsachen entspricht, wie kann sich ein eigentlich unter dem Einfluß der Regierung stehender und abhängiger Wirtschaftsverband, wie es das Zuckerkartell ist, erlauben, drei Tage, nachdem die Regierung feierlich versprochen hat, eine Verteuerung des Zuckers nicht zuzulassen, diese exorbitant hohe Verteuerung praktisch in Kraft treten zu lassen? Da gibt es nur zwei Möglichkeiten. Entweder, die Osmièka mit den beiden Herrn Ministern hat sich am 31. August aus der ganzen Bevölkerung des èechoslovakischen Staates einen guten Tag gemacht, oder die Zuckerkartellisten haben sich am 3. September aus der Regierung einen guten Tag gemacht. Eines von beiden ist nur möglich. Wir wollen nicht ohne weiters ersteres annehmen und rechnen gegebenenfalls, daß das Zweite den Tatsachen entspricht, aber die Frage ist doch - wir sind nicht berufen das Prestige der èechoslovakischen Regierung hochzuhalten, das ist nicht unsere Aufgabe und ist uns auch nicht eingefallen - die Frage ist: Wenn hier nicht ein stilles Einverständnis vorhanden ist zwischen den Kartellisten und der Regierung, wäre es möglich gewesen, daß sich die Zuckerherren auch nur trauen konnten, einen solchen Beschluß zu fassen?

Hier etwas Persönliches. Der Herr Ernährungsminister Èerný glänzt ja wie alle übrigen Herren Minister durch Abwesenheit. Doch er wird wohl erfahren, was ich hier sage. Der Herr Ernährungsminister Èerný hat einen sehr nahen Verwandten im jetzigen Ministerium, und das ist der Herr Innen minister Èerný. Dieser Minister verfügt über eine ungeheuere Macht, hat riesig viel Gendarmen, riesig viel Polizei, und wir sehen ja bei jedem Anlaß, wie er diese Polizeimacht gegen die Arbeiterschaft mobil macht, wir hören stets das Säbelgerassel dieses Herrn. Da wäre doch die Frage erlaubt: Konnte nicht Herr Ernährungsminister Èerný seinen Amtsbruder den Herrn Innenminister Èerný ersuchen, ihm ein paar seiner Polizisten zur Verfügung zu stellen, um sie eventuell gegen die widerspenstigen Zuckerkartellisten zu mobilisieren? Alle diese Fragen tauchen auf, aber sie können keine Lösung und keine Aufklärung finden. Die Minister sind stumm, die Ministerbank ist in diesem hochwichtigen Zeitpunkt und bei Erörterung einer solchen Frage vollkommen leer. (Výkøiky.) Da ist es nun die Sache der Abgeordneten, abgesehen vom Staatsanwalt, der auch schon erwähnt wurde, aufzutreten. Gerade gegen dieses Zuckerkartell hätte die Regierung tausende Möglichkeiten, um es zur Raison zu bringen. Aber die Herren werden sich in bekannter Weise noch als die Wohltäter des Staates aufspielen, dem sie alles Mögliche schenken. Vor zwei Jahren haben sie eine Tarifermäßigung bekommen, die Rübenbauern und die Zuckerindustriellen, u. zw. für Rübenschnitzel und Zucker, die ein Drittel dessen beträgt, was z. B. die Tarife für das Massengut Kohle betragen. Ein Geschenk von wenigstens 35 Mill. Kè wird durch diese Tarifherabsetzung den Rübenbauern jährlich auf diese Weise gemacht und durch alle möglichen anderen Mittel hätte die Regierung sicher die Zuckerherren mehr in der Hand als umgekehrt. Aber es handelt sich ja nicht um die Zuckerherren allein. Denn diese Herren sind ja nicht mehr die ursprünglichen reinen Bankkapitalisten. Heute sind es schon weite Kreise der Agrarier, die gleichzeitig Aktionäre von Zuckerfabriken sind, und der Schlüssel zur ganzen Frage liegt wohl darin, daß in dem Raub an den Taschen des Volkes sich zwei Faktoren teilen: Die Rübenbauern und die Zuckerproduzenten.

Hier wäre noch eine Frage am Platze: Alljährlich in den Monaten Feber und März werden Verträge über den Zuckerpreis für die laufende Kampagne abgeschlossen. Im allgemeinen sagt man, daß Verträge heilig sind und daß sie gehalten werden müssen. Auch über den Rübenpreis des Jahres 1928 wurden heuer bindende Vereinbarungen abgeschlossen. Wieso können also heuer die Rübenbauern an einer Verteuerung des Zuckers, an einer Erhöhung des Zuckerpreises partizipieren? Über alle diese Fragen wäre es notwendig zu reden, wäre es notwendig Aufklärung zu geben. Aber solange die Regierung noch nicht gesprochen hat, kann man nur Mutmaßungen hegen.

Wir, meine Herren, unser Klub, unsere Partei, hat rechtzeitig zu dieser Frage Stellung genommen. Wir haben schon am 21. Juni d. J. einen Initiativantrag überreicht zur Lösung oder wenigstens zur Linderung der Zuckerkrise, in dem wir nicht eine Erhöhung des Zuckerpreises, sondern vielmehr eine Herabsetzung forderten, Aufhebung der Zölle, Aufhebung der Zuckersteuer unter der Bedingung, daß der Zuckerpreis herabgesetzt wird. Wir verlangten damals, daß an Stelle des Kartells ein Zwangsverkaufssyndikat eingeführt wird, das unter öffentlicher Kontrolle stehen soll und das die Mitkontrolle des Konsums ermöglichen soll, wobei die Rationierung und Verteilung bestimmt und beschlossen wird, indem auch eine gewisse Rationierung der Gestehungskosten vorgenommen werden kann. Die Übergewinne der gut organisierten Zuckerfabriken könnten auf diese Weise für eine vorübergehende Zeit zur Tilgung des Defizits bei den schlechtorganisierten, schlecht rationalisierten Fabriken beitragen und so die Krise mildern. Darauf hätte die Regierung längst eine Antwort zu geben gehabt. Aber sie hat, wie schon gesagt, nicht einmal in diesem Zeitpunkt eine Antwort gegeben. Freilich wollen wir mit unserem Antrag etwas, was die Regierung nicht will: statt des freien Wuchers, der heute Orgien in allen Belangen, in allen Kreisen und in allen Bedarfsartikeln feiert, wollen wir eine organisierte gebundene Wirtschaft mit Rücksicht auf die Allgemeinheit.

Hohes Haus! Es gibt in unserem Staate zwei wichtige Artikel des Handels und der Produktion: der eine ist ein wichtiges Nahrungsmittel, der Zucker, der andere ein wichtiger Rohstoff für die Industrie: die Kohle. Beide Probleme sind reif für eine öffentliche Einflußnahme auf die Verwaltung und Verteilung dieser dringend notwendigen Bedarfsgegenstände.

Das geschieht in einem Zeitpunkt, wo die Kosten der Getreidezölle, wie ich schon vorhin erwähnte, noch nicht ausgeglichen sind. Man spricht von neuen wichtigen Zöllen, von einer neuerlichen Erhöhung der Zölle auf Lebend vieh-Einfuhr, obzwar wir doch Zeugen eines Wirtschaftsprozesses sind, daß trotz sinkender Viehpreise eine Herabsetzung der Fleischpreise nirgends zu verzeichnen ist. (Výkøiky na levici.) Aber einen Fortschritt haben wir erzielt: Der Herr Ernährungsminister hat in den letzten Tagen wenigstens angeordnet, daß in einigen Bezirken Untersuchungen angestellt werden, wie weit die Vieh- mit den Fleischpreisen in Einklang stehen. Solange jedoch diese Herren das Heft in der Hand haben, wissen wir schon, wie die Untersuchung ausfallen und daß dabei nicht viel herauskommen wird. Meine Herren, die Faktoren, die an der Verteuerung der Ware den wichtigsten Anteil haben, machen den wertvollsten Bestandteil der Regierung aus. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Slavíèek.)

Die Agrarier und die Gewerbetreibenden von hüben und drüben bilden den wertvollsten Bestandteil der Regierungsparteien und sie sind es, die an den unorganisierten Preiserhöhungen, an den wilden Wucherpreisen die Hauptschuld haben. Eine Verteuerung der Milch ist schon jetzt im Zuge. Die Verteuerung der Kartoffeln ist bereits eingetreten. Das alles sollen die armen Menschen weiter ertragen? Meine Herren, nein, das ist unmöglich. Das ist die Politik des nackten Wuchers, der unverhüllten Volksausbeutung. Ich habe schon darauf verwiesen, wie groß der Unterschied ist zwischen der Theorie der Genfer Wirtschaftsbeschlüsse und der Tätigkeit der Herren hier. Unter der Marke der Erhöhung der Kaufkraft ist in allen Staaten ein wirtschaftlicher Aufschwung zu verzeichnen. Unter der Marke der Konsolidierung geschieht bei uns das Gegenteil. Die Lebenshaltung wird ständig herabgesetzt. Die Arbeiter und Angestellten, tausende Kleinbauern und Gewerbetreibende, können diese Politik der Ausplünderung nicht mehr länger ertragen. Schwere soziale Kämpfe um höhere Löhne müssen und werden die Folge dieser Politik sein.

Wir sind der Anwalt der Unterdrückten und wir werden deshalb bei diesem Kampfe wie stets unentwegt auf Seiten der Unterdrückten und Ausgebeuteten stehen. Wir sagen diesem Regime des Wuchers und der Volksausbeutung unseren allerschärfsten Kampf an. Es ist bezeichnend, daß gerade dieser Kampf um das nackte Leben hier in einem Zeitpunkt geführt werden muß, wo Sie, meine Herren, den zehnjährigen Bestand der Republik festlich zu feiern gedenken. (Výkøiky.) Ein Kontrast, wie er ärger nicht mehr zu denken ist. Sie liefern den Rahmen zu diesem Jubiläumsfest der Republik durch Ihre Wucherpolitik, und die Regierung liefert den Rahmen durch ihre Passivität. Uns aber wird das Volk an seiner Seite finden. (Potlesk nìm. soc. demokratických poslancù.)

2. Øeè posl. Krebse (viz. str. 26 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Die Gemüter der Bevölkerung erregt seit vielen Wochen die immer mehr und mehr anziehende Teuerung, die sich allgemein bemerkbar zu machen beginnt. Aber besonders die Frage des Zuckers hat die Bevölkerung in einem so tiefen Maße erregt, wie selten irgend ein anderes Ereignis im öffentlichen oder wirtschaftlichen Leben. Die Zuckerteuerung darf nicht als ein Fall für sich betrachtet werden, sondern muß im Zusammenhang mit den großen Geschehnissen, deren Zeitgenossen wir sind, verfolgt werden. Sie ist ja nur ein Symptom des Abbaues jenes wirtschaftlichen Imperialismus, von dem sich die Èechoslovakische Republik bei ihrer Gründung und in der ersten Zeit ihres Bestandes leiten ließ. Mit der Zerreissung des alten Staatsgebietes hat sie auch das alte sichere Absatzgebiet von 52 Millionen Menschen verloren und hat nichts getan, um irgendwie die wirtschaftlichen Verbindungsfäden, die Jahrhunderte auf diesen Gebieten hin und her gelaufen sind, zu festigen oder neu zu knüpfen, sie hat vielmehr eine Politik der Gehässigkeit auf wirtschaftlichem nicht nur auf politischem und nationalem - Gebiet gegenüber den Nachfolgestaaten und besonders gegenüber Deutschösterreich und Ungarn betrieben, eine Politik der Gehässigkeit, die in wirtschaftlichen Dingen die allerwenigsten Früchte tragen kann. Diese Gehässigkeit hat dazu beigetragen und dazu geführt, daß vor allem Österreich, aber auch die anderen Nachfolgestaaten immer mehr sich mit Waren aus anderen Gebieten versorgt haben. Deshalb sehen wir, daß die gesamte Einfuhr der Èechoslovakei in die Nachfolgestaaten ununterbrochen im Sinken begriffen ist. Während noch im Jahre 1921 die gesamte Ausfuhr in die Nachfolgestaaten 57% betrug, ist sie im Jahre 1922 auf 41%, im Jahre 1923 auf 40%, im Jahre 1924 auf 36% und 1925 gar auf 19% des ehemaligen Absatzes gesunken und ist gewiß auch im heurigen Halbjahr abermals in absteigender Linie begriffen. Das ist nicht nur auf dem Gebiete des Zuckers, sondern allgemein in Bezug auf alle industriellen Exportartikel der Fall. Wie hat es in der Zeit des Umsturzes und in der Zeit nachher förmlich aus dem Selbstbewußtsein des Staatsvolkes geklungen, wenn es von dem "weißen Golde" der Republik sprach, wenn man darauf hinwies, daß die stärkste Säule für die Wirtschaft der Zucker sei und daß diese Stütze der Valuta, der Zucker, förmlich ein Monopolartikel dieses Landes sei. Und plötzlich sehen wir, eigentlich nicht ganz plötzlich, sondern schon seit Jahren, daß diese mächtigste Stütze, dieses stärkste Bollwerk einer alten Industrie und Wirtschaft zusammenbricht, wenn ein einziger großer Staat die wirtschaftlichen Konsequenzen - zieht, die ihm seine eigenen wirtschaftlichen Notwendigkeiten vorschreiben. Der Beschluß des englischen Parlaments vom 24. April, die Zolldifferenz zwischen Roh- und Raffinadezucker auf 52 Kè herabzusetzen, hat dem èechoslovakischen Zuckerexport nach England den Garaus gemacht. Was das zu bedeuten hat, das werden wir erst in künftigen Monaten und Jahren gewiß in vollem Umfange zu spüren bekommen. Aber wir verweisen darauf, daß die èechoslovakische Zuckerindustrie mit diesen Dingen rechnen mußte. Sie wußte genau, daß der Kampf auf dem Weltmarkt nicht seit gestern besteht, und da sie an dem gesamten Zuckerkonsum Englands im Ausmaße von 7 Mill. q mit 3.25 Mill. q beteiligt ist, so mußte sie genau wissen, was für Konsequenzen das für sie haben wird. Aber die Zuckerindustrie hat sich das einfach und billig gemacht. Sie fordert einfach Entschädigung für ihren Verlust, sie fordert Exportprämien. Steuernachlässe, sie fordert kurz und gut, daß die Bevölkerung ihr zum Fraß und zur Ausbeutung hingeworfen wird.

Schon am 13. Juli d. J. hat Koll. Simm in einer Wirtschaftsrede gegen die Preiserhödigt worden ist; wir haben aber bereits damals, als die ersten Nachrichten aus England kamen - bekanntlich datierte der Beschluß des englischen Parlaments vom 24. April am 26. April, also zwei Tage nachher, haben wir bereits eine dringliche Interpellation an die Gesamtregierung gerichtet, in der wir zum Schluß sagten: "Ist die Regierung geneigt, bei Beratung der Maßnahmen zur Abwendung der Verluste in der Zuckerindustrie alle Maßnahmen zu ergreifen, um eine Erhöhung des Inlandspreises für Zucker abzuwenden, ja im Gegenteil den Zuckerpreis im Inlande so günstig als möglich zu gestalten, um jede neuerliche Belastung der Konsumenten zu vermeiden und eine Erhöhung des Zuckerkonsums im Inlande zu ermöglichen?" Die Regierung hat aber, nicht nur daß sie diese Interpellation nicht beantwortet hat, was wir übrigens von der jetzigen Regierung nahezu gewohnt sind, auch von sich aus nichts getan, um das heraufziehende Unheil abzuwenden oder zu mildern.


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