Es kam dann die Zeit nach dem 15. Jänner,
wo verschiedene Verhandlungen über Schiedsgerichtsverträge
stattfanden. Sie werden sich erinnern können, daß in
dieser Zeit tatsächlich die Begegnung der einzelnen politischen
Repräsentanten eine andere wurde, es kam die Zeit, wo man
allen Ernstes in Erwägung zog, in verschiedenen Fragen sich
gegenseitig zu besprechen und verstehen. Das genügte aber
nicht, weil kurz darauf bereits die Frage der Bezirks- und Landesvertretungswahlen
auf das Tapet kam. Die Landesund Bezirksvertretungswahlen sollten
über Anregung des deutsch-politischen Arbeitsamtes der Frage
gelten, ob es nicht möglich wäre, unter den deutschen
Parteien eine Einheitsliste aufzustellen, auf dieser Plattform
in Verhandlung zu treten. Damals ergab sich das merkwürdige,
daß zu diesen Verhandlungen die Parteileitung zwar eine
Verständigung erhielt, daß aber gerade ich zu diesen
Verhandlungen nicht gehen durfte, weil man sie mir nicht zur Kenntnis
brachte. (Hört! Hört!) Zu diesen Verhandlungen
ging Dr Brunar und ich erfuhr erst auf Umwegen, daß
sie stattgefunden habe. Ich glaube, daß vielleicht gerade
diese Verhandlung die wichtigste Verhandlung war, um sich in der
Sache wirklich aufrichtig aussprechen zu können, um sich
näher zu kommen. (Souhlas.)
Wer heute auf dem Verständigungsstandpunkt
steht, der muß auch gerade die Wahlen für den Anlaß
halten, wo man die Verständigung beweisen kann. Da mußte
ich annehmen, daß die Partei, die erklärt hat, daß
sie geschlossen hinter dem Verständigungsgedanken stehe,
auch geschlossen für eine Einheitsliste eintreten muß.
Daß die Parteien für die Einheitslisten eintraten,
inklusive der deutschen Sozialdemokraten, das war etwas rein selbstverständliches,
daß sie aber die Einheitsliste ablehnte, wenn die deutschen
Nationalsozialisten aussprangen, das habe ich nicht verstehen
können, denn ich sagte mir: Nächst dem großen
Kreise ist der nächstkleinere Kreis zu nehmen, bis eben eine
Gruppe zusammen kommt, die sich auf irgendeiner Basis einigen
kann. Und damals wurde der Standpunkt vertreten, daß dies
nicht gelten solle und ich trat bei der Abstimmung in das Verhältnis
14:1. Der Eindruck, den ich aus den ganzen Verhandlungen über
die Verständigung gewann, über den Standpunkt zu den
Wahlen, erweckte in mir den Eindruck, daß die Partei keineswegs
geschlossen hinter mir stehe und ich mußte es daraus erkennen,
daß man mir den Vorwurf machte, daß ich die Partei
kompromittiere, daß man mir den Vorwurf machte, daß
die Wähler draußen beunruhigt seien, daß man
mir den Vorwurf machte, daß ich die Reihen draußen
in Verwirrung gebracht habe, daß man mir den Vorwurf gemacht
hat, daß ich durch die Verständigung die Schlagkraft
gebrochen habe, daß ich die Opposition lahm lege, daß
ich den Vorwurf hören mußte, daß ich die Politik
verwässere, daß ich wahrnehmen mußte, daß
Kräfte am Werke sind, mich als Politiker kalt zu stellen
im eigenen Gau. Unter diesen Umständen habe ich mir gesagt:
es ist unmöglich, in diesem Rahmen weiter wirken zu können.
Und so kam es, daß ich auf der Reichsparteileitungssitzung
am 22. April ohne Ultimatum das Mandat der Partei zur Verfügung
stellte. Und nun ereignete sich Folgendes. Erst nachdem ungefähr
10 bis 15 Redner gesprochen hatten, ich möge das Mandat beibehalten,
erst dann erklärte ich, das Mandat in dieser Form nicht beibehalten
zu können, daß ich aber bereit sei, mich parteilos
stellen zu lassen, um in dem Gedanken der Verständigung arbeiten
zu können, und ich erklärte, daß ich rein in diesem
Sinne arbeiten wollte, daß ich sogar eventuelle Bedingungen
vorschlug, keiner deutschen Regierungspartei beizutreten und auch
andere Bedingungen auf mich zu nehmen. Man hat aber diesen Gedanken
der Parteilosstellung einfach auf die Seite geschoben, indem man
sagte: Es müsse ein Antrag aus der Reichsparteileitung herauskommen
in einer nächsten Sitzung. Die Parteilosstellung sollte folgenden
Zweck haben: Ich habe gesehen, daß ich im Rahmen der Partei
mit der Verständigung nicht weiterkommen kann und glaubte,
als objektiver Dritter unter den Parteien besser wirken zu können,
und ich rufe Herrn Sekretär Uhl als Zeugen auf, wie ich über
die Sache gedacht habe, daß ich viele Monate vorher ihm
bereits erklärt habe, daß ich mich sogar mit dem Gedanken
trage, eventuell das Mandat niederzulegen, um unter den deutschen
Parteien wirken zu können, damit ein anderes Verhältnis
unter ihnen eintrete. Nach dieser Sitzung der Reichsparteileitung
mußte ich leider nach Hause eilen und konnte infolge eines
schwere Schicksalschlages an dem Gauparteitag in Leitmeritz nicht
teilnehmen. Ich wurde so dann telegraphisch nach Prag berufen
und in der Klubsitzung erklärte ich den Herren: Nachdem ein
Antrag auf Parteilosstellung aus den Kreisen der Partei nicht
gekommen sei, stelle ich ihn selbst und wenn die Partei nicht
in der Lage sei, in zu bewilligen, so werde ich das Mandat niederlegen.
Gleichzeitig legte ich in der Sitzung die Stelle als Klubobmann
nieder. Damals ereignete sich, daß man über die Frage
der Parteilosstellung im Klub in zwei Minuten darüber hinwegging
mit der einfachen Erklärung, der Klub werde sich gegen die
Parteilosstellung aussprechen, man ordnete binnen 7 Tagen, vom
Freitag auf Donnerstag, die Reichsparteileitungssitzung an mit
der Motivierung: Clara pacta, wir müssen wissen, woran wir
sind. Und damals geschah ein Vertrauensbruch. Senator Brunar
und ich vereinbarten, über die Klubsitzung lediglich
die nackte Tatsache auszugeben, sonst aber keinen Kommentar. Ich
habe das redlich gehalten, während Sen. Brunar sich
bemüßigt fühlte, gleich am Sonntag darauf in Mähr.
Schönberg eine Versammlung abzuhalten und es zumindest nicht
verhinderte, daß der ganze Bericht in die Zeitung kam. Dadurch
wurde der ganzen Reichsparteileitungssitzung am 17. Mai präjudiziert,
indem sich Sen. Brunar gegen die Parteilosstellung aussprach,
eventuell nur auf die Bedingung eingehen wollte, daß die
anderen Parteien auch je einen Abgeordneten parteilos herausstellen.
Ich muß ehrlich erklären, ich habe an die Ernstlichkeit
dieser Auffassung nicht glauben können, zumindest hätte
man nicht am 17. Mai über die Parteilosstimmung abstimmen
lassen dürfen, nachdem man mit anderen Parteien noch nicht
Rücksprache darüber gepflogen hatte. Am 17. Mai ergab
sich für mich folgende Klarstellung: Die Partei lehnte die
Parteilosstellung mit Ausnahme von 4 Stimmen restlos ab; die Partei
lehnte auch einen Antrag ab, Dr. Rosche auf ein Jahr parteilos
zu stellen, sie lehnte auch den Antrag ab, mich unter der Bedingung
parteilos zu stellen, daß ich keine neue Partei gründe
und keiner bestehenden Regierungspartei beitrete, sie lehnte auch
ab, die Sache einem Komitee zu übergeben, welches sich mit
der Frage beschäftigen sollte, weil der Kreis zu groß
sei. Ich möchte hinzufügen: Ich habe seinerzeit erklärt:
Stellt man mich parteilos, so ist das eigentlich eine stille Liquidierung,
es gibt keine Aus einandersetzung zwischen mir und der Partei
und es gibt auch die Möglichkeit, wenn ich in der Verständigung
im deutschen Lager nicht weiter komme, daß der Weg zur Partei
zurückführen kann. Darauf habe ich ausdrücklich
aufmerksam gemacht, und trotzdem hat man es abgelehnt. Man hat
mich zwar ersucht, das Mandat im Rahmen der Partei weiterzubehalten.
Das konnte ich unter den angegebenen Verhältnissen nicht
machen. Und da geschah Folgendes: Ich habe erklärt, daß
ich das Mandat niederlegen und Sen. Dr. Brunar davon in
Kenntnis setzen werde, wenn ich es dem Hauspräsidium anzeigen
werde. Ich selbst habe freiwillig erklärt, das Mandat niederzulegen;
und dann geschieht es, daß man auf dem Kreisparteitag in
Nikolsburg beschließt: Dr. Rosche hat sofort das
Mandat niederzulegen, widrigenfalls die Klage beim Wahlgericht
einzubringen ist. (Hört! Hört!) Meine Herren,
es mag sein, wie immer, ich habe für die Partei, für
das Volk, während der zwei Jahre das Beste gewollt und die
Partei durfte nie und nimmer bei den Verhältnissen auch in
einem Gau einen Beschluß zulassen, mich vor das Wahlgericht
zu zitieren, denn eine Zitierung vor das Wahlgericht hätte
den vorherigen Ausschluß aus der Partei zur Folge haben
müssen und Gründe, warum man mich ausschließt.
Der Gau Leipa berichtigte, indem er sagte: das ist unmöglich
schon auf Grund der Reichsparteileitungssitzung vom 17. Mai. Und
ich erkläre hier: Es ist auf der Reichsparteileitungssitzung
über eine Mandatsklage beim Wahlgericht überhaupt kein
Beschluß gefaßt worden, darüber überhaupt
nicht gesprochen worden. Es war auch nicht notwendig, weil ich
selbst erklärte, das Mandat niederzulegen. Nun folgende Frage:
Ein Artikelschreiber erlaubt sich von der Verständigung durch
eine neue Partei zu schreiben. Die Äußerung, daß
das Mandat sofort niederzulegen wäre, sei eine politische
Unkorrektheit. Ich will ihm Folgendes dar, auf erwidern: Warum
habe ich das Mandat nicht sofort niedergelegt? Ich durfte mir
die Tribüne, ich durfte mir das Haus, in dem ich durch zwei
Jahre die Hauptstätte meines Wirkens gesehen habe, ich durfte
mir diese Rednertribüne nicht nehmen, ich mußte aber
auch eventuell meinen Parteigenossen die Möglichkeit lassen,
gegen eine Urteilssprechung des Reichsparteitages vom 17. Mai
an den Reichsparteitag, der im Herbst stattfindet, appellieren
zu können. Nachdem dies nicht geschehen ist, konnte ich daran
gehen, das Mandat niederzulegen. Nun nehmen Sie zur Kenntnis,
daß vom 17. Mai angefangen erstmalig am 12. Juni eine Sitzung
stattfand, daß ich aber in dieser Sitzung nicht sprechen
konnte, weil mich ein zweiter schwerer Schicksalsschlag traf und
mir einen Menschen nahm, der mir ungemein nahestand, vorausgesetzt,
daß man auch einem Politiker als Menschen eine Ruhepause
gönnt, wenn ihn Schicksalsschläge treffen. Und hier
rufe ich Herrn Präsidenten Malypetr als Zeugen an,
daß ich mich bereits am 27. Juni vormerken ließ, um
hier im Hause zu sprechen. Das abgekürzte Verfahren bei der
Verwaltungsreform ließ es zweckdienlicher erscheinen, die
Rede auf heute zu verschieben und das sei festgestellt, daß
ich bereits vor dem Nikolsburger Beschluß hier im Hause
dem Hauspräsidium erklärt habe, am 26. sprechen zu wollen
und daß nicht der Nikolsburger Beschluß die Ursache
war, daß ich das Mandat niederlege. Und dabei möchte
ich gleich noch Folgendes vorwegnehmen: Es könnte mir der
Vorwurf gemacht werden, daß ich das Mandat vom 17. Mai bis
zum heutigen Tage nur beibehalten habe, um weiter Diäten
zu beziehen. Um diesen Vorwande zu begegnen, nehmen Sie zur Knntnis,
daß ich die Diäten vom 17. Mai bis Ende Juli für
wohltätige Zwecke bereitgestellt habe. Um was dreht es sich
denn bei der ganzen Sache? Hier dreht es sich darum, daß
die Partei 14:1 den entschiedenen Kampf gegen die Personen, die
dieses System stützen, führen will, bis zur Vernichtung,
wie es ausgedrückt wird, und ich erinnere daran, daß
der Artikel vom Dezember mit der Stellungnahme der Partei in der
Klubsitzung, daß nur der Kampf das Entscheidende ist, in
diesem Falle ganz identisch ist. Und ich erkläre da weiter,
daß der. Hauptpunkt, warum wir nicht zusammenkommen konnten,
bezw. aueinandergehen mußten, ist, daß ich mir die
Freiheit nahm, zu erklären: "Daß die Verständigung
nicht zuwege kommt, daran sind nicht nur die deutschen Regierungsparteien,
sondern auch die deutsche Nationalpartei schuld". Hätte
ich einseitig erklärt, daß die deutschen Regierungsparteien
allein schuld sind, dann wäre alles in schönster Ordnung
gewesen. Aber ich konnte es nicht über mich bringen, weil
ich die felsenfeste Überzeugung habe, daß genau dasselbe
Verschulden die Nationalpartei trifft, und ich habe es bitter
empfunden, daß man Männer wie den Sen. Dr. Ledebur,
den Sen. Jesser oder den Dr. Spina, mit denen ich
diesbezüglich soviele Besprechungen gehabt habe, in Bausch
und Bogen mit hineingenommen hat. Ich könnte hier weiter
die Herren aufzählen, die sich daran beteiligt haben und
könnte weiter Herren aufzählen, die für diesen
Gendanken wärmstens eintraten. Daß die Reihen in diesem
Punkte noch nicht geschlossen sind, erkläre ich ganz offen
und es mag vielleicht sein, daß die Zeit in dieser Beziehung
noch nicht reif ist und es mag vielleicht sein, daß man
jene Herren, die gegen die Verständigung sind, eines besseren
wird belehren müssen. Da möchte ich noch auf folgenden
Punkt zu sprechen kommen. Der Herr Sen. Hartl hatte die
Liebenswürdigkeit, in einer Zeitung einen offenen Brief an
den Bund der Landwirte zu veröffentlichen, in dem er darauf
hinweist, mit welchem Hohne seinerzeit Koll. Windirsch über
die Verständigung gesprochen hat. Er läßt aber
aus, daß ich damals in einer Parlamentsrede erklärt
habe: Dann wird eben die Verständigung auch ohne Windirsch
zustande kommen. Er führt auch an, daß die Christlichsozialen
erklärt haben, es sei den deutschen Regierungsparteien nicht
bekannt, um was es sich handle, es seien keine konkreten Vorschläge
gemacht worden. Da möchte ich Folgendes erklären: Es
ist nicht absolut notwendig, daß auch die Presse über
alles orientiert ist und es gibt Fälle, wo auch die Presse
nicht im Bilde ist. Aber eines sage ich: Die Verständigung
wurde seitens der Nationalpartei in dem Zeitpunkte abgebrochen,
wo man über das Schiedsgerichtverfahren noch nicht schlüssig
war, mit andern Worten, wo man das Schiedsgerichtsverfahren, das
diesem ganzen persönlichen Kampfe ein Ende gemacht hätte,
noch nicht einmal in Wirksamkeit treten läßt. Dadurch
hat man auch diesem ganzen Kampfe Tür und Tor geöffnet.
Noch einen weiteren Fall möchte ich erwähnen. Herr Sen.
Brunar hat als Begründung dafür, daß ich
mich zum Wortführer der Verständigung aufgespielt habe,
neben den Arbeiten im Budgetausschuß und im Hause als Grund
angeführt, daß ich von einer nicht gut gesinnten Presse
besonders gelobt worden bin und mich deshalb zum Wortführer
aufgespielt habe. Das habe ich bitter empfunden aus dem einfachen
Grunde, weil ich hier mit bestem Wissen und Gewissen erklären
kann, daß es mir um die Verständigung ernst war und
daß ich die Verständigung nicht deswegen machte, weil
ich von Journalisten gelobt wurde. Ich rufe hier sämtliche
Journalisten als Zeugen auf, ob ich jemals um die Gunst eines
Blattes oder Journalisten gebuhlt habe. Bei dieser Gelegenheit
sei auch gleichzeitig festgestellt, wenn ich auch die Verständigung
wollte, so lasse ich mir trotzdem nichts absprechen, daß
ich genau so national gesinnt bin wie der, der nur im täglichen
mörderischen Bruderkampf die Austragung der Angelegenheiten
sieht. Ich erkläre der ganzen Öffentlichkeit,
daß ich mir auch der èechischen Seite gegenüber
niemals etwas vergeben habe und ich rufe hier die ganze èechische
als auch deutsche parlamentarische Öffentlichkeit als Zeugen
auf, ob ich jemals knieweich anbinderisch vor Ihnen gestanden
bin. Sie werden mir bestätigen müssen,
daß ich als aufrechter Mensch mit nationaler Gesinnung den
Standpunkt Ihnen gegenüber vertreten habe. Es ließe
sich über dieses Kapitel noch viel sprechen. Eines erkläre
ich Ihnen ganz offen. Man schrieb: Dr. Rosche ist nicht
an der Nationalpartei zugrundegegangen, aber es bestand die große
Gefahr, daß die Nationalpartei an Dr. Rosche scheitert.
Wenn das wahr ist, dann bin ich in der Ansicht, ist es ein Glück,
daß es gekommen ist, wie es kam, dann war es eine befreiende
Tat. Eines aber sage ich: Ich habe das Empfinden, daß der
Weg der Verständigung der einzig mögliche zur Austragung
unter den deutschen Regierungsparteien und den Oppositionsparteien
ist. Der Weg der Verständigung, den ich gehen wollte, der
hat auch Kampf nicht ausgeschlossen, der hat aber einen anderen
Kampf verlangt, einen Kampf, der nicht durchaus verletzen mußte.
Dort liegt es. Wenn ich heute den Kampf führe, indem ich
den anderen persönlich die Ehre abschneide, indem ich ihn
Volksverräter, Lausbuben, Rüpel usw. heiße,
mit diesen Methoden kann ich nicht verlangen, daß er sich
mit mir an den Tisch setzt und über die Verständigung
spricht. Deswegen war es meine Methode, meinen Kollegen auf deutscher
und èechischer Seite sachlich zu begegnen, nicht mit den
Personen zu kämpfen. Die Verständigung
ist aber auch notwendig, um über das Kernproblem mit der
èechischen Seite zu sprechen. Denn darum geht es mir ernst.
Ob deutsche in der Regierung sitzen oder nicht, ist für mich
eine belanglose Sache. Ob sie alle in der Opposition
sind, ob ein Teil in der Regierung ist, ist Nebensache. Maßgebend
ist für mich das eine, ob ein Ausgleich von Volk zu Volk
möglich ist. Da will ich Ihnen das Folgende sagen: Ich habe
das sichere Empfinden, daß auch bei Ihnen auf èechischer
Seite die Läuterung soweit gegangen ist,
daß man auch auf Ihrer Seite heute zwei Lager unterscheidet.
Das Lager, das die Verständigung will und das Lager, das
den Kampf weiter will. Genau so wie auf deutscher Seite hie Kampf,
hie Verständigung will. Ich habe die volle Überzeugung,
daß Ihr Volk den Frieden will und daß mein Volk den
Frieden will und ich richte an Sie als Parlamentarier die eine
Bitte: Wenn das Volk den Frieden will, dann muß der Parlamentarier,
der Volksvertreter den Frieden auch zulassen. In diesem Sinne
möchte ich meine Ausführungen schließen. Ich weiß,
daß ich meine Ausführungen heute nicht glücklich
vorgebracht habe. Ich werde Ihnen den Grund erklären. Ich
habe Zeugen dafür, denen ich vorher erklärt habe, daß
ich mich heute gesundheitlich ungemein schlecht fühle. Nehmen
Sie das als Entschuldigung an. Ich weiß es, daß der
Gedanke in der Gesamtheit nicht erfaßt wurde und daß
hie und da eine Lücke sein wird. Aber eines ist das maßgebendste.
Ich habe es ernstlich, aufrichtig und gut mit meinem Volke gemeint,
habe keine Sonderinteressen verfolgt, wollte nur das Beste. Meine
Herren auf der èechischen Seite! Sie feiern heuer das zehnjährige
Jubiläum, Sie feiern das Jubiläum der errungenen Freiheit,
Sie werden das Jubiläum feiern im Zeichen der Allkoalition,
im Zeichen nicht der Allkoalition in der Regierung, das ist für
mich Nebensache, aber im Zeichen des geschlossenen einigen starken
Volkes. (Posl. Wenzel: Des Rausches, und nicht im Zeichen
der Wahrheit!) Herr Kollege, zum Rausch ist das èechische
Volk berechtigt, ob das èechische Volk aber berechtigt
war zu unserer Unterdrückung, das ist eine andere Frage und
deswegen sagte ich: Meine Herren, denken Sie ernstlich an die
Lösung dieses Problems, vergessen Sie nicht die
Frage näher zu ventilieren: "Ist es möglich, daß
wir auf den ausgleichenden Standpunkt der Völker, die diesen
Staat bewohnen, kommen?" Denn eines steht fest: Wenn Sie
lhr Jubiläum feiern im Rausche, wie der Koll. Wenzel sagt,
in Festesfreude, vergessen Sie nicht, daß Sie 50% andere
Bewohner haben, daß Sie Millionen Bewohner haben, die ihr
Jubiläum mit Trauer, mit Ingrimm, infolge ihrer Unterdrückung,
begehen. Sie können heute unter diesen Völkern Repräsentanten
haben, die erklären: "Wir anerkennen den Staat."
Aber Sie werden bei den anderen Völkern niemanden
finden können, der aus zehnjähriger Erfahrung erklären
kann: "Wir lieben den Staat". Infolgedessen weise ich
es auch als Beleidigung zurück, Wenn man deutsche Volksgenossen,
denen man auch guten Willen zubilligt, èechoslovakische
Patrioten heißt, im Gegensatz zu volksbewußten
Deutschen, weil ich erkläre: Zum Patriotismus gehört
Liebe und die Liebe kann auch bei den deutschen Regierungsparteien
nicht vorhanden sein. Ich habe Ihnen den Gedanken für die
Zukunft entwickelt und möchte Ihnen noch Folgendes sagen:
Die Gemeinschaft des Blutes, der Sprache, Sitte und Kultur werden
Sie uns nicht aus dem Herzen reißen, die ist vorhanden mit
unsern Brüdern im Reiche, sie ist vorhanden mit unseren Brüdern
in Deutschösterreich und mit dem ganzen großen deutschen
Volke. (Potlesk.) Ihr Gedankengang geht dorthin, wie Dr.
Kramáø sagt: "Vergessen
wir niemals, daß wir Slaven sind". Zum Schlusse kommt
es so heraus: Hie Slaventum, hie Deutschtum, und da wird es sich
fragen, ob die Frage gelöst werden soll mit der Waffe in
der Hand oder mit der Waffe des Geistes, der Kultur und des wirtschaftlichen
Lebens und der Arbeit.
Vergessen Sie nicht, was ich Ihnen beiläufig
am Anfang gesagt habe: Sie können Ihre Politik einrichten,
wie immer Sie wollen. Außenpolitisch kommen Sie bei keiner
Gestaltung um Deutschland herum. (Potlesk.)
(Obrácen k pøedsedovi:)
Herr Präsident! Ich möchte Sie
bitten am Schluß meiner Ausführungen meinen Verzicht
auf das Mandat zur Kenntnis zu nehmen und (podávaje
pøedsedovi listinu) ich übergebe
Ihnen hiemit die schriftliche Anzeige.
Hohes Haus! Herr Koll. Dr. Rosche hat
es für gut befunden, das ihm von der deutschen Nationalpartei
übertragene Mandat dazu zu gebrauchen, die zwischen ihm und
der Partei bestehenden Meinungsverschiedenheiten vor dem èechischen
Parlamente zu behandeln und in diesem Zusammenhange gegen die
deutsche Nationalpartei verschiedene Angriffe zu richten.
Im Auftrage und im Namen der deutschen Nationalpartei
habe ich zu erklären, daß sie das Parlament nicht für
den Ort hält, Fragen der inneren deutschen Politik zur Schadenfreude
politischer und völkischer Gegner zu erörtern, umsomehr,
als es sich vielfach um vertrauliche Verhandlungen und Besprechungen
handelt. Sie wird daher dem von Herrn Dr. Rosche beliebten
Wege nicht folgen. Sie hofft, damit dem ehrlichen Streben weiter
deutscher Volkskreise nach Einigung und Verständigung im
deutschen Parteilager mehr zu nützen, als durch zwecklose
Erörterungen und Haarspaltereien. (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda inž. Dostálek.)
Sie weist den Vorwurf, daß sie die Verständigung
zwischen den deutschen Parteien nicht ehrlichen Willens gefördert,
ja sogar vielfach behindert hat, mit aller Entschiedenheit zurück
und verweist demgegenüber auf ihre ständigen und jahrelangen
Bemühungen in dieser Richtung, die bis zur Selbstentäußerung
gingen.
Die deutsche Nationalpartei behält sich
vor. Herrn Dr. Rosche auf seine heutigen Ausführungen
in geeigneter Form und am richtigen Platze zu erwidern.