Úterý 26. èervna 1928

Das war damals. Es ist heute nicht anders geworden. Und wenn wir die Ereignisse der letzten Tage ins Auge fassen und wenn wir bedenken, daß wir vor der Inkraftsetzung der Verwaltungsreform stehen, die auch in den nächsten Stunden das Haus beschäftigen wird, so können wir wohl sagen, daß den Herren, die die Regierungs- und Polizeigewalt in diesem Staate in Händen haben, die Verwaltungsreform schon ziemlich zu Kopf gestiegen ist und daß auch ihr Machtbewußtsein ganz außergewöhnlich gestiegen ist, denn sonst wären Dinge, wie sie sieh in den letzten Tagen ereignet haben, unmöglich gewesen. Ich muß einiges davon anführen, weil wir feststellen können, daß jene Leute, die die Polizeigewalt in Händen haben, scheinbar das Vereins- und Versammlungsrecht in diesem Staate vollständig negieren, daß sie die Absicht haben, diese wichtigen Gesetze außer Kraft zu setzen. Wir können feststellen, daß schließlich und endlich die kommunistische Partei, die im Jahre 1925 nach den Wahlen durch ihren ungeheueren Wahlerfolg und durch ihre große Mandatszahl in diesem Parlamente die Spitze ihrer Macht erklommen hatte, heute kaum mehr, wenn es zu Wahlen käme, jenen Machtfaktor darstellen würde, der sie damals war. Die Regierungs- und Polizeigewalt dieses Staates scheint aber vor allem anderen beflissen zu sein, für die kommunistische Partei eine möglichst gute Propaganda zu machen und wir könnten, wenn wir die letzte Verfügung der Polizeidirektion und ihre Auswirkungen ins Auge fassen, der Prager Polizeidirektion anempfehlen, ihre Firmatafel herabzunehmen und eine neue aufzuhängen, auf der steht: Kommunistisches Propagandabureau. Die Prager Polizeidirektion hat sich nicht nur durch ihren Erlaß, durch den sie das angemeldete Arbeiterfest der kommunistischen Partei, den sogenannten Roten Tag in Prag, verboten hat, bemerkbar gemacht, sondern es ist vor allem anderen der Ton, in dem die Prager Polizeidirektion diese Verfügung erlassen hat, der uns zeigt, wessen wir uns zu versehen haben, wenn die Verwaltungsreform in ihrer gegenwärtigen Fassung tatsächlich durchgeführt wird. Die Prager Polizeidirektion hat, wie in unserem Parteiblatt verlautbart wird, folgende Verfügung herausgegeben:

"Die Prager Polizeidirektion erhielt ein Ansuchen um Bewilligung der Veranstaltung eines Roten Tages am Vormittag des 6. Juli, verbunden mit Umzügen und öffentlichen Volksversammlungen. Die Polizeidirektion hat diese Kundgebungen mit Rücksicht auf die öffentliche Ordnung und Ruhe verboten. Außerdem wurde vom Zentralsekretariat der Faszistengemeinde gemeldet, daß am 5. Juli um 8 Uhr abends im Großen Saal auf der Sophieninsel eine öffentliche Volksversammlung veranstaltet wird und gleichzeitig um die Bewilligung ersucht, daß die Faszistengemeinde Freitag, den 6. Juli um 4.30 Uhr auf dem Altstädter Ring beim Hus-Denkmal eine öffentliche Versammlung veranstalten dürfe. (Výkøiky posl. Hackenberga.) Die Veranstaltung der öffentlichen Versammlung auf der Sophieninsel wurde nicht zur Kenntnis genommen und auch die auf dem Altstädter Ring geplante Volksversammlung wurde mit Rücksicht auf die öffentliche Ruhe und Ordnung verboten." - Das sind zwei Versammlungen, die räumlich ziemlich auseinander liegen. - "Die Polizeidirektion macht bei dieser Gelegenheit aufmerksam, daß sie ausgiebige Maßnahmen treffen werde, damit in keinem Falle die öffentliche Ruhe und Ordnung gestört werde und daß sie gegen jeden Versuch, das amtliche Verbot zu verletzen, mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln auf das strengste und energischeste ohne alle Rücksichten einschreiten wird. Infolgedessen warnt die Polizeidirektion jeden einzelnen, sich vor jeder Verletzung der öffentlichen Ruhe und Ordnung zu hüten, widrigenfalls er sich die Folgen selbst zuzuschreiben hätte."

Aber nicht der Inhalt allein, sondern wie schon gesagt, der Ton, in welchem dieses Verbot erlassen wurde, ist ausschlaggebend. Dazu kommt noch, daß sich die Polizeidirektion damit nicht begnügte, sondern außerdem noch drei Turnvereine der kommunistischen Partei auflöste. Noch eine Sache möchte ich hier anführen. In den letzten Tagen haben wir in mehreren Städten meines Wahlkreises Rundschreiben der politischen Bezirksverwaltungen an die Amtsvorstände, Schuldirektoren usw. feststellen können, in denen diese aufgefordert wurden, mit den schärfsten Maßnahmen auf die Lehrerschaft bezw. auf die Beamten einzuwirken, dem èechischen Roten Kreuz beizutreten. Ja, es wurde von einzelnen Amtsvorständen den ihnen unterstellten Beamten sogar bedeutet, daß ein Nichtbeitritt zum Roten Kreuz ihre Existenz in Frage stellen könnte.

Pøedseda (zvoní): Pane øeèníku, upozoròuji vás, že øeènická lhùta již uplynula.

Posl. Kaufmann (pokraèuje): Sofort bin ich fertig. Ich habe mit einem der Herren gesprochen und habe ihm vorgehalten, daß eine derartige Verfügung, d. h. Androhung von Zwangsmaßregeln, die Existenz eines Menschen zu bedrohen, die den Zweck haben, ihn zum Beitritt in einen Verein, auch wenn dieser rein humanitärer Natur wie das Rote Kreuz ist, zu bewegen, das dies ein Vergehen ist, das nach dem Terrorgesetz geahndet werden müßte. Das ist Terror, dem wir uns nicht fügen und den wir uns nicht gefallen lassen werden. Ich zeige das nur auf, um ihnen zu beweisen, daß die Polizeigewalt in unserem Staate immer übermütiger wird, sich immer weniger Schranken auferlegt und alles versucht, um dem Staatsbürger beizubringen, daß in diesem Staate von nun ab mit der Einführung der Verwaltungsreform die Polizeigewalt ausschließlich und absolut herrscht.

Ich möchte weiter darauf verweisen, daß mir gestern eine noch nicht ganz verbürgte Mitteilung zugegangen ist, die bei uns erregt diskutiert wurde, nämlich daß am Sonntag in Oberleutensdorf von Prager Gendarmen eine kommunistische Versammlung gesprengt und nicht nur gesprengt wurde, sondern daß auch Teilnehmer an der Versammlung mit dem berüchtigten Pendrek mißhandelt wurden. Es wäre wichtig, wenn das Ministerium des Innern sofort alles veranlassen würde, um festzustellen, ob eine derartige brutale Vergewaltigung von Staatsbürgern vorgekommen ist.

Zum Schlusse möchte ich noch feststellen, daß nur ein Gesetz, das die Elektrifizierung entsprechend fördert und diese wichtige wirtschaftliche Institution zu dem macht, was wir brauchen, nämlich zu ein em wirtschaftlichen Faktor, der allen Staatsbürgern zugute kommt und der es allen Konsumenten ermöglicht, zu einem billigen und entsprechenden Preise elektrische Energie zu bekommen, die Benützung der elektrischen Energie verallgemeinern wird, so daß, wenn die Mittel, die wir für sie brauchen, dem privaten, kommunalen und staatlichen Aufwand entsprechend angelegt werden, die Elektrifizierung zu einem wichtigen wirtschaftlichen Faktor unseres Staates nicht nur gegenüber dem Auslande werden, sondern auch im Inlande allen Staatsbürgern entsprechend zugutekommen wird. Das ist aber nur möglich, wenn ein anderes Gesetz geschaffen wird, nicht ein Gesetz, das in einem einzigen Paragraphen die Aufteilung der Kompetenzen zwischen dem Arbeitsministerium und dem Handelsministerium festsetzt. Das Grundlegende wäre zunächst einmal, eine Rechtsbasis zwischen den Produzenten und Konsumenten zu schaffen, allen Zwischenhandel auszuschalten und es so zu ermöglichen, daß die elektrische Energie für jeden Privatgebrauch, für das Handwerk, für die kleine Landwirtschaft, kurz für alle Produktionen entsprechend benützt werden kann.

Einem solchen Gesetze würden wir unsere Zustimmung geben. Das vorliegende Gesetz ist nach unserer Meinung ein Formalitätsakt, mit dem man das Parlament nicht hätte belästigen sollen. (Potlesk nìm. soc. demokratických poslancù.)

3. Øeè posl. inž. Junga (viz str. 36 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Schon in einer der letzten Sitzungen des Abgeordnetenhauses, als Angelegenheiten der Kriegsbeschädigten auf der Tagesordnung standen, haben wir uns dagegen verwahrt, daß die betreffenden Fachminister das Parlament derart mißachten, daß sie den Beratungen fern bleiben. Damals ging die Angelegenheit den Herrn Minister für soziale Fürsorge an, der heute merkwürdigerweise im Hause erschienen ist, während wir heute feststellen müssen, daß der Innenminister der Beratung eines Gegenstandes fernbleibt, der ihn doch gewiß schon deshalb interessiert, weil damit seine Übersiedlung nach Brünn zusammenhängt.

Zum Gegenstande, der uns heute beschäftigt, habe ich mich bereits am 15. Feber und 28. Juni des Vorjahres geäußert. Insbesondere habe ich in meiner zweiten Rede eingehend dargelegt, daß und weshalb wir die Verwaltungsreform ablehnen müssen. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Horák.) Für unseren ablehnenden Standpunkt waren völkische wie freiheitliche Gründe maßgebend. An dieser Haltung kann sich natürlich auch dann nichts ändern, wenn das Inkrafttreten des Gesetzes um wenige Monate hinausgeschoben wird, sonst aber keinerlei Änderungen eintreten. (Posl. Krebs: Sic werden es noch einmal verschieben!) Voraussichtlich. Wir sind überzeugt, daß die Verwaltungsreform ein durch und durch schlechtes Gesetz ist, ein Machwerk übelster Sorte, genau so schlecht wie das Gemeindefinanzgesetz (Výkøiky posl. dr Schollicha.) und daß es das Beste wäre, das Gesetz würde überhaupt nie in Kraft treten, denn abgesehen von den großen Mängeln in nationaler Hinsicht, auf welche ich heute nochmals hinweisen werde und für welche wir die deutschen Regierungsparteien voll und ganz verantwortlich machen müssen, wird durch dieses Gesetz die jetzt schon gewaltige Macht des Bürokratentums geradezu ins Ungemessene steigerte. Jede politische Bezirksverwaltung oder jedes staatliche Polizeikommissariat (Posl. Krebs: Jeder Bezirkspascha!) gewiß - nimmt sich gegenwärtig schon heraus, auf eigene Faust allerhand Verbote zu erlassen. (Výkøiky.) Dabei handelt es sich oft um Dinge, die nach ausdrücklicher Erklärung des Innenministeriums überhaupt nicht verboten sind, wie z. B. das Tragen des Hakenkreuzes. Erst kürzlich hat das staatliche Polizeikommissariat Jägerndorf unserer Partei anläßlich eines Bezirksfestes einen Umzug nur unter der Bedingung gestattet, wenn keinerlei Fahnen oder Wimpel mit dem Hakenkreuz - die Behörden nennen es gewöhnlich Hackenkreuz, aus welchem Gedankengang heraus das erfolgt, ist mir unbekannt - verwendet werden. Die politische Landesverwaltung war in diesem Falle klüger und hat auf mein Einschreiten hin die Fahnen freigegeben. Sie fand auch an der Farbenzusammenstellung nichts Anstößiges, sondern stellte sich auf den richtigen und vernünftigen Standpunkt, daß unsere Partei keinerlei Zusammenhänge mit der sog. preußisch-monarchistischen Reaktion besitzt, die man hiebei gewöhnlich als Wau-Wau hinstellen will. In diesem Zusammenhange möchte ich auch ganz energisch Verwahrung gegen das ständige Verbot des Singens gewisser Lieder erheben. Auch in Jägerndorf hat man uns "Die Wacht am Rhein", das "Heil Dir im Siegeskranz", das "Deutschland, Deutschland über alles", die letzte Strophe des Liedes "Wenn alle untreu werden" und schließlich unser Hakenkreuzlied verboten. Das Verbot des "Heil Dir im Siegeskranz" wirkt lächerlich, weil es ohnehin keinem Menschen einfällt, dieses Lied zu singen. Anders aber steht es wohl mit den anderen Liedern. Ich begreife nicht, was das uralte Lied "Die Wacht am Rhein", welches doch aus dem Jahre 1840 stammt, eigentlich der Èechoslovakei angetan hat? Sie hat doch wahrlich mit dem Rhein nichts zu tun. Ich glaube wenigstens, daß nicht einmal die so weitgehenden Gebietsansprüche des Herrn Hanuš Kuffner - oder Eduard Beneš - bis an den Rhein reichen. Auf das schärfste aber verwahre ich mich gegen das Verbot des Hakenkreuzliedes, das sich doch weder gegen irgendeinen Staat noch gegen irgendein Volk richtet. Dieses Verbot ist eine der blödsinnigsten Schikane, die man sich denken kann. (Posl. dr Schollich: Singen Sie es einmal nach der Melodie "Hrom a peklo"!) Wir werden es einmal versuchen müssen. Auf dasselbe Gebiet gehört das Verbot der letzten Strophe des Liedes "Wenn alle untreu werden". Abgesehen davon, daß es sich auch hier um ein sehr altes Lied handelt, so drückt es doch nichts anderes aus, als das Bekenntnis zur Zusammengehörigkeit aller Deutschen und dies Ist doch hoffentlich noch erlaubt. Ferner drückt es eine Absage an die Kriecherei aus. Hierin dürften wir wohl den Grund des Verbotes sehen, denn die Erziehung zur Kriecherei ist einer gewissen Regierungsweisheit letzter Schluß.

Wenn Behörden letzter Ordnung jetzt schon sich derartige Dinge herausnehmen, so kann man sich erst vorstellen, wie es aussehen wird, wenn ihnen noch mehr Macht in die Hände gespielt sein wird. Dieses ist ein Grund für uns, diese Vorlage auf das Entschiedenste abzulehnen. Wir machen - und ich unterstreiche das noch einmal - die deutschen Regierungsparteien für dieses Machwerk voll und ganz verantwortlich. (Posl. Krebs: Vielleicht werden Sie es einmal selbst spüren! Es ist ja schon einmal eingetroffen, beim Schutzgesetz!) Das dürfte sehr bald eintreffen, gewisse Parteien haben ja auch das von Ihnen genehmigte Schutzgesetz schon zu spüren bekommen! Gewiß wird das auch solche treffen, die jetzt für die Vergewaltigungen der Regierungskoalition eintreten; dann wird ein großes Jammern angehen. (Posl. dr Schollich: Sie wollen aber nicht aus der Regierung!) Sie werden eben herausgeschmissen werden müssen.

Vor allem aber wenden wir uns gegen die nationale Vergewaltigung, die in diesem Machwerk mit Hilfe deutscher Lanzknechte am Sudetendeutschtum begangen wird. Wir stellen nochmals fest, daß dieses Gesetz in keiner Weise dem in der Regierungserklärung vom 15. Oktober 1926 gegebenen feierlichen Versprechen gerecht wird, wonach wir Deutschen nunmehr Gleiche unter Gleichen seien. Noch weniger ist es als Erfüllung jener Ziele zu betrachten, die in jener staatsrechtlichen Erklärung enthalten sind, welche der damalige deutsche Vizepräsident des Abgeordnetenhauses und der jetzige Minister Dr. Spina - vor einigen Augenblicken hat er noch die Ministerbank geschmückt - von dieser Stelle aus im Namen der deutschen Regierungsparteien und meiner Partei abgab. (Výkøiky.) Möglich, daß unterdessen die Symbiose sein Erinnerungsvermögen geschwächt hat. (Veselost na levici.) Aber wir vergessen nicht und wir erinnern auch den Herrn Dr. Spina daran, daß es in der staatsrechtlichen Erklärung vom 18. Dezember 1925 u. a. hieß: "Deshalb verlangen wir, daß auch der Aufbau des Staates und die Art, wie er regiert wird, sich nach den Bedürfnissen und Forderungen aller ihn bewohnenden Völker richtet." Man wird in den vier slavischen Herrschaftsgebieten, welche durch die "Länder" dargestellt werden, vergeblich eine Erfüllung dieser Forderung nach einem Umbau des Staates suchen.

Wir klagen die deutschen Regierungsparteien, die an diesem Machwerk hervorragend mitbeteiligt sind, an, ihre Verpflichtungen nicht eingehalten zu haben und dem Sudetendeutschtum alles schuldig geblieben zu sein. (Posl. Simm: Nicht einmal die Schulautonomie haben Sie durchzusetzen verstanden!) Sehr richtig, ich komme darauf noch zu sprechen. In meiner Rede vom 28. Juni v. J. habe ich und nach mir mein Parteigenosse Teschner im Senat die aus dem Streben nach der nationalen Selbstverwaltung entspringenden Forderungen dahingehend zusammengefaßt, daß der Staat sich nicht auf den Ländern, sondern auf den ihn bewohnenden Völkern aufbauen müsse und daß daher wir nahezu 3 1/2 Mill. Sudetendeutscher als Nation anerkannt werden müßten. Ferner folgerten wir und vertraten es ebenfalls in Anträgen, daß dies die Selbstverwaltung unseres gesamten Bildungswesens und die Anerkennung unseres geschlossenen Siedlungsgebietes als Lebensraum unseres Volkes zur Folge haben muß. Das sudetendeutsche Gebiet den Sudetendeutschen, so lautet unser Losungsruf! Diese unsere Anschauungen sind auch, wie ich schon bemerkte, in unseren seinerzeit zur Regierungsvorlage eingebrachten Abänderungsanträgen niedergelegt worden.

Wir haben mit dieser - übrigens schon im alten Österreich verfochtenen - Stellungnahme auf den Standpunkt zurückgegriffen, welchen Palacký im Kremsierer Reichstag vertrat. Er führt dort am 22. Jänner 1849 Folgendes aus: "Ohne die gerechte Abgrenzung ist die so sehr gepriesene Gleichberechtigung der Völker eine Illusion" - an diesen Worten möge sich auch Herr Švehla ein Beispiel nehmen. (Posl. Krebs: Nach 50 Jahren!) Sehr richtig! Auch darauf komme ich noch zu sprechen. - "Dann ist in Böhmen der Deutsche gleich Null. Eine unnatürliche Ehe trug nie gute Früchte. Deshalb ließ man die Ehescheidungen zu. Ebenso ist die unnatürliche Länderverbindung ein Fluch der Menschheit."

Soweit die Worte Palacký's. In Auswirkung dieser seiner Anschauungen stellte er am nächsten Tage folgenden Antrag: "Ich beantrage folgende Ländergruppen: 1. die deutschösterreichische, 2. die èechische, 3. die polnische... Ich rechne nun zur ersten Gruppe Österreich Ob und Unter Der Enns, Steiermark, Kärnten, Salzburg, Deutsch-Tirol, Vorarlberg, dann Deutsch-böhmen, Deutschmähren und Schlesien". Man möge nicht erschrecken, Palacký sagte ausdrücklich Deutsch-Böhmen, gebrauchte also ein Wort, das bekanntlich heute so verpönt ist wie das Wort Èechei, obzwar dieses Wort unserem Sprachgebrauch entspricht. (Posl. Krebs: Vorige Woche hat der Abgeordnete Knirsch wegen des Ausdruckes "Èechei" den Ordnungsruf bekommen!) Man will uns sogar vorschreiben, wie wir deutsch zu sprechen haben. (Posl. Krebs: Die Herren unterscheiden ja auch nicht zwischen Deutschland und dem Deutschen Reichc! Sie meinen jedesmal etwas anderes!) Sehr richtig. In diesen Ausführungen Palacký's kommt sogar, wie ich schon bemerkte, der verpönte Ausdruck "Deutschböhmen" vor und so ist wohl bald zu erwarten, daß unter dem heutigen System seine Schriften genau so zensuriert werden wie unsere Reden. (Posl. Krebs: Der konfiszierte Palacký!) Das kann ihm unter Mayr-Harting schon passieren. Die Èechen nennen Palacký den größten Geschichtsschreiber und haben ihm den Ehrentitel "Vater der Nation" zuerkannt, aber es fällt ihnen nicht ein, sich an seine Anschauungen zu halten und ihnen zum Durchbruch zu verhelfen. Nicht einmal das jetzige Staatsoberhaupt zieht die Folgerungen aus jenen Anschauungen, die es als Hochschullehrer und Abgeordneter im österreichischen Reichsrat vor 32 Jahren vertreten hat. Damals hat Reichstagsabgeordneter Prof. Dr. Masaryk in der Wiener Wochenschrift "Die Zeit", Band VII, Nr. 82 seine Anschauungen zur deutsch-böhmischen Ausgleichsfrage im Sinne Palacký's und Havlíèek's niedergelegt. In seinen Ausführungen wendete er sich gegen den Nationalismus überhaupt - gemeint ist hier wohl Chauvinismus - und bekannte sich zu den Grundsätzen der Freiheit und sozialen Gerechtigkeit. Ausdrücklich sprach er sich für die politische Autonomie aus. Ich möchte diese Ausführungen denn doch zum Teil verlesen, weil sie sehr wertvoll sind. Masaryk hat 1896 - er hat es dann ausdrücklich im Jahre 1919 wiederholt, als er von dem Journalisten Hans Vorst darüber befragt wurde, ob er sich noch immer zu diesen Grundsätzen bekenne - Folgendes geschrieben: "Erstens erkläre ich, daß ich überhaupt auf keinem nationalen Standpunkt stehe und daher auch nicht in der Frage unseres Verhältnisses zu den Deutschen. Ich stehe auf unserem böhmischen Humanitätsprogramme". Ferner wendet er sich dagegen, daß jemandem seine Sprache genommen wird und schreibt darüber: "Jemandem seine Sprache zu nehmen, ist nach meiner Meinung ein geistloser Materialismus und ein politischer Mechanismus. Ich komme immer mehr zu der Erkenntnis, daß, was den Charakter betrifft, die Germanen den Slaven am nächsten stehen". Auch so ein Satz, der sehr wenig beherzigt wird. Ferner: "Der Friede zwischen uns und den Deutschen, ein dauernder Friede, ist auf dem Programm des politischen Nationalismus nicht möglich. Der heutige Nationalismus ist ein Aberglaube und Fanatismus. Wer in der Sprache einen Abgott sieht, der wird im Namen dieses seinen Abgottes jene zu ersticken trachten, die einen anderen Abgott haben". Wir sagen wohl ricbtiger statt "Nationalismus": "Chauvinismus". Weiter: "Der Friede zwischen uns und den Deutschen, oder besser gesagt eine positive und gemeinsame kulturelle und politische Mitarbeit ist aber möglich, wenn wir als sogenanntes formales Prinzip die Freiheit und als sogenanntes materielles Prinzip die soziale Gerechtigkeit anerkennen. Wer im Ernste die Freiheit und soziale Gerechtigkeit will, der muß in concreto für die politische Autonomie arbeiten". (Posl. Simm: Wo ist aber dieses "concreto"?) Ich komme sofort darauf zu sprechen. Soweit, allerdings stark gekürzt, die Ausführungen Masaryks aus dem Jahre 1896. Zwischen den Reichstagsabgeordneten von damals und dem Präsidenten von heute ist - mag man es drehen und wenden wie man will - ein gewaltiger Unterschied. Darüber können auch gelegentliche, übrigens sehr dehnbare Äußerungen nicht hinweghelfen. Der Masaryk von heute hält zu Frankreich in guten und bösen Tagen, sieht den wendischen Volkssplitter als ein unerlöstes slavisches Volk an und betrachtet uns Sudetendeutsche noch immer als "Kolonisten". (Posl. Krebs: So wie etwa die französischen Kolonien!) Sehr richtig. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß wir unterdessen zum "organischen Bestandteil des Staates" vorrücken durften (Sehr gut!), denn aus dieser Äußerung werden ja die notwendigen Folgerungen nicht gezogen. Und es gehört schon die Bescheidenheit der Senatoren Luksch und Genossen dazu, sich über derartige Äußerungen kindisch zu freuen. Nur Hörigennaturen, wie es die parlamentarischen Vertreter der deutschen Regierungsparteien anscheinend sind, werden sich mit der Bedientenrolle zufrieden geben, die man uns gnädig zuerkennen will. Es gehört zu den Ironien der Geschichte, daß gerade wir Nationalsozialisten die Ansichten Palacký's, übrigens nicht erst seit heute, vertreten. Wir haben uns seit jeher gegen die historischen Länder gewendet, ebenso natürlich auch gegen die Gaue, die wir trotz der zwei reindeutschen Gaue als unserem Volkstum schädlich ansahen, weil sie dieses in Bruchteile zerrissen hätten. Was aber nie und nimmer einzusehen ist und nur mit lächerlichen Scheingründen verteidigt werden kann, das ist die Angliederung Schlesiens an Mähren, denn wenn schon die Länder bestehen bleiben, dann muß dasselbe auch für Schlesien gelten. Es ist schlechterdings nicht einzusehen, warum zwar Böhmen, Mähren, die Slovakei und Karpathorußland bestehen bleiben und ausgerechnet Schlesien von der Landkarte verschwinden muß. Das heißt: es ist wohl einzusehen, wenn man sich vor Augen hält, daß seine Vereinigung mit Mähren keinerlei wirtschaftliche und verwaltungstechnische Ursachen hat, sondern auf rein èechischnationale Beweggründe zurückzuführen ist. Schlesien mußte, wie ich schon im Vorjahre ausführte, seiner Selbständigkeit deshalb und nur deshalb - beraubt werden, weil es mit seinen mehr als 40% Deutschen die verhältnismäßig stärkste deutsche Stellung darstellte. An dieser Tatsache vermag alles Deuteln und Drehen der Herren Koll. Hodina, Dr. Luschka usw. nichts zu ändern. Sinnfälliger als durch diese Preisgabe kann die Ohnmacht und Einflußlosigkeit der deutschen Regierungsparteien, die sich noch anfangs des Vorjahres für die Selbständigkeit Schlesiens aussprachen, nicht zum Ausdruck gebracht werden.

In einem Eventualantrag haben wir seinerzeit bei Beratung der Regierungsvorlage im Abgeordnetenhause und Senat die Weiterbelassung der Selbständigkeit Schlesiens und der Hauptstadt Troppau als Landeshauptstadt gefordert. Wir sind uns darüber klar, daß die Wiederholung dieser Anträge am heutigen Tage zwecklos wäre, weshalb wir darauf verzichten. Wir stellen jedoch noch einmal die große Schuld der deutschen Regierungsparteien an dieser Wandlung der Verhältnisse zum Schlechteren fest und stellen auch fest, daß sie ihr Wort nicht gehalten haben. (Souhlas na levici.)

Mit dem Inkrafttreten der Verwaltungsreform wird Troppau seiner Stellung als Landeshauptstadt entkleidet und zu einer gewöhnlichen Bezirksstadt herabgedrückt. Darüber kann auch der Umstand nicht hinwegtäuschen, daß es nach der vor Jahren vorgenommenen, sehr gründlichen Beschneidung seiner ursprünglichen Autonomie noch ein Stückchen Scheinautonomie besitzt. Meines Wissens ist nicht einmal die Wiederherstellung seines früheren Zustandes in Aussicht genommen. Über die Folgen dieser Wandlung - insbesondere jene wirtschaftlicher Natur - ist sich die Bevölkerung Schlesiens und Troppaus im Klaren. Eine teilweise Entschädigung von irgend einem Werte könnte meines Erachtens nur darin liegen, daß Troppau Hochschulstadt wird. Das soll jedoch selbstverständlich niemals das Aufgeben der Forderung nach Wiederherstellung der Selbstständigkeit Schlesiens bedeuten! Zur Forderung nach der Selbstverwaltung unseres Schulwesens, einer Forderung - die sehr spruchreif ist, weil sich ja am 1. Juli d. J. der Tag jährt, an welchem die Schulautonomie nach den Erklärungen des Schulministers Dr. Hodža eigentlich hätte in Kraft treten sollen - zur Forderung also nach der Selbstverwaltung unseres Schulwesens, auf welcher die deutschen Regierungsparteien angeblich noch immer bestehen, gehört auch die Verlegung unserer deutschen Hochschulen in das geschlossene deutsche Siedlungsgebiet. Wir haben zwei deutsche Hochschulen in Prag. Ich frage: Was haben sie hier zu suchen? Wenn man schon von Brünn absieht, das immerhin noch eine bedeutende deutsche Minderheit besitzt, aber Prag? Für die Èechen allerdings ist Prag der Mittelpunkt, ihr kultureller, wirtschaftlicher, staatlicher Mittelpunkt. Für uns aber ist diese Stadt, in welcher nicht einmal deutsche Aufschriften geduldet werden, dieses Prag, das sich zwar nach außen hin zur Großstadt entwickelt, aber was die Einstellung seiner Bevölkerung anbelangt, einer chauvinistischen Kleinstadt wie etwa Èáslau, Podìbrad usw. gleicht, nichts anderes als die Verkörperung eines unerträglichen Systems, das uns zu Hörigen stempelt, also eine Art Zwingburg! Wir haben aber auch darauf zu verweisen, daß wir ja mit unseren Hochschulwesen überhaupt sehr übel dran sind. (Posl. Simm: Wo bleiben unsere Spezialhochschulen? Wo bleibt die deutsche Handelshochschule?) Ganz richtig. Wo ist die deutsche Handelshochschule, wo bleiben die deutschen Hochschulen für Bergbau und Tierarzneikunde? Drei Hochschulen - um nur das Allernotwendigste zu nennen - besitzen wir überhaupt nicht und die beiden deutschen Prager Hochschulen stehen weder ihrer Unterbringung noch ihrer Ausstattung nach auch nur annähernd auf der Höhe einer reichsdeutschen Provinzhochschule. (Posl. Krebs: Dabei leben hier mehr Deutsche als in Dänemark Dänen!) Sehr richtig. Dazu kommen die elenden Verhältnisse - elend im Hinblick auf Unterkunft wie auf Betätigungsmöglichkeit unter welchen unsere bedauernswerten Studenten in Prag leben müssen. Das Verderblichste aber ist die Symbiose, welche von Lehrern an diesen Pflegestätten deutschen Geistesausstrahl. (Posl. Krebs: Die aspirieren alle auf Ministerstühle!) Zwei Hochschullehrer sind ja schon Minister; der eine gesteht offen die Symbiose zu, der andere ist zwar nicht so offen, aber denkt sich dasselbe. In einer anderen Umgebung würden auch die Spina und Mayr-Harting, wenn schon nicht geändert werden - dazu sind die rassischen Vorbedingungen nicht vorhanden - so doch sich mehr Zurückhaltung auflegen. In der Provinz würde man ihnen jedenfalls das Rückgrat steifen, wenn es sich allzuarg krümmen wollte.

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