Ètvrtek 21. èervna 1928

Zur Information gebe ich Ihnen folgende Daten aus dem Marodenbuche bekannt - und diese sind kennzeichnend für den Fall. Bereits am 29. Februar 1928 wird im Marodenbuch festgestellt: "Katarrh der Blase" gab ihr Sohn an; der Arzt schrieb: "Nicht reiten, Krankheit kleinen Grades, gesund, diensttauglich". Am 1. März: "In Beobachtung", einen Tag war ihr Sohn im Krankenzimmer, aber schon... wurde er nur zwei Tage vom Reiten befreit und seine Krankheit wieder anerkannt als "Krankheit kleinen Grades, sonst gesund - diensttauglich". Am 19. April beschwert sich Ihr Sohn über Beschwerden beim Urinieren. Wieder wurde nur ein Fehler kleinen Grades anerkannt, sonst gesund und diensttauglich. Dienst mußte er vollkommen versehen, auch Reiten, was ihm sehr schadete, und nach der Beschäftigung sollte er zum Krankenzimmer sich zeigen kommen. Am 22. April, also zwei Tage vor seinem Tode, beschwerte sich Ihr Sohn über heftige Schmerzen in der Blase, wurde aber als vollkommen gesund und diensttauglich abgewiesen. Am 23. April konnte Ihr Sohn die Schmerzen nicht mehr aushalten, der Arzt wollte ihn aber dennoch nicht ins Spital senden. Ihr Sohn als guter Soldat - er war ja der dritte in der Unteroffiziersschule - getraute sich bis zu diesem Zeitpunkt aus Angst vor Strafe, wenn er als gesund anerkannt werden würde, nicht, immer sich zu melden, resp. ins Spital zu verlangen. Diesen Tag war ihm wegen der heftigen Schmerzen schon alles eins und er forderte energisch, mit der Drohung, daß er zum Regimentsrapport gehen würde, um sich zu beschweren, seine Übersendung ins Spital. Erst darnach schickte ihn der Doktor ins Spital ab, am nächsten Tag starb er, wie ersichtlich nur aus Verschulden des Arztes. (Výkøiky posl. Horpynky.) Nun glaube ich, Sie sollten die protokollarische Einvernahme der Kameraden Ihres armen Sohnes, aller derjenigen vom Regiment, die von dieser Sache wissen, fordern, damit würden Sie wenigstens den Menschen, der den Tod ihres Sohnes eigentlich verschuldete, denn er hätte bei Behandlung sicher geheilt werden können und noch lange Jahre leben können, zur Verantwortung ziehen. Ihr Sohn beschwerte sich nicht nur gegenüber seinen Kameraden, sondern auch seinen anderen Vorgesetzten, es konnte ihm aber niemand recht helfen, da er immer wieder vom Arzt als gesund anerkannt wurde und er seinen Dienst, der außerordentlich anstrengend war, versehen mußte. Ich hoffe mit den Kameraden Ihres unglücklichen Sohnes, daß Sie die Schritte zur Aufdeckung dieser Angelegenheit nicht scheuen werden. Mit dem Ausdrucke ehrlichen Mitgefühls grüßt Sie ein fühlender, der sich aus bestimmten Gründen nicht nennen darf, aber sicherlich im Namen der Kameraden Ihres Sohnes spricht."

Diese Daten, insbesondere die Daten aus dem Marodenbuch, genügen wohl, um das Ministerium zu veranlassen, mit aller Raschheit und mit aller Strenge eine Untersuchung einzuleiten und ich gebe von dieser Stelle aus der Hoffnung Ausdruck, daß nunmehr dieser Fall nicht so behandelt wird, wie der Fall des Soldaten Hoffmann aus Preßnitz, dessen Hinterbliebene heute noch ohne jede Hilfe dastehen. Ich habe die Veranlassung genommen, diesen Fall vor aller Öffentlichkeit zu erörtern, um unter dem Druck dieser Öffentlichkeit die Untersuchung zu beschleunigen und die Schuldigen ihrer gerechten Strafe zuzuführen. (Potlesk poslancù nìm. strany národní.)

5. Øeè posl. Horpynky (viz str. 27 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Monatelang kommt das Parlament zu keiner Sitzung zusammen, weil die Spannungen in der Regierungsmehrheit die parlamentarische Gesetzesmaschine arbeitsunfähig machen. Im Juni, vor Beginn der Ferien, müssen dann in überhastetem Tempo einige terminierte Gesetze in ihrer Rechtsgültigkeit verlängert werden. So wird dann dem Wähler ein parlamentarischer Hochbetrieb vorgeschwindelt. Wir stehen auch heute vor der zwingenden Tatsache, ein provisorisches Wohnfürsorgegesetz zu novellieren und seine Gültigkeit zu verlängern. Die jetzige bürgerlich konservative Regierungsmehrheit hat sich, wie ich es von allem Anfang an vorausgesagt habe, als gänzlich unfähig erwiesen in zwei Jahren ihrer Tätigkeit eine großzügige Lösung des Wohnungsblems in diesem Staate durch ein definitives Bauförderungsgsgesetz einzuleiten. Die Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt haben sich nur verschlechtert und so bleibt nichts anderes übrig, als mit den bisherigen Gesetzesprovisorien immer wieder auf längere Zeit recht und schlecht ein Auskommen zu finden. Von einem Abbau der Zwangswirtschaft mit Wohnungen kann bei uns überhaupt keine Rede sein, weil das für weite Kreise wirtschaftlich schwächerer und erwerbstätiger Menschen eine unerhörte Katastrophe bedeuten würde. Vor solchen Folgen fürchtet sich auch die selbstherrliche Regierungskoalition.

Zu den einzelnen Bestimmungen der Gesetzesnovelle Stellung zu nehmen erübrigt sich. Der Herr Minister Šrámek und das ihm an vertraute Ressort der sozialen Fürsorge sind unfähig, das gegebene Versprechen auf Ausarbeitung eines großzügigen Wohnungs- und Baugesetzes einzulösen und verbrämen das erbärmliche Flickwerk an den vorhandenen Gesetzen immer mit der schönen Phrase, daß die Regierung den mit den bisherigen Gesetzen gemachten Erfahrungen Rechnung getragen und alle jene Änderungen und Erleichterungen in der Gesetzesnovelle gesetzlich festgelegt hat, die notwendig und ratsam erscheinen. Ob in diesem vorliegenden Falle die Änderungen geschickt und zweckdienlich sind, das überläßt man in diesem Staate ruhig dem Urteil der Zukunft. Die Einwendungen und Verbesserungsanträge der Opposition werden überhaupt keiner Prüfung unterzogen. Die Regierungsmehrheit weiß, daß man in diesem Staate schlechte Gesetze schon gewöhnt ist. Eines mehr oder weniger belastet das Gewissen der Regierenden in diesem Staate nicht weiter. Man spekuliert mit der stumpfsinnigen Geduld der Volksmassen, die langsam den Grad der Apathie anzunehmen droht.

Eine in dieser Gesetzesnovelle aufgetauchte Neuerung ist aber doch wert, hervorgehoben zu werden. Es ist das die Tatsache, daß man auch dieses Gesetz dazu benützt, um die Gemeindeautonomie noch weiter einzuschränken und abzubauen. Die Gemeinden behalten zwar alle Pflichten, die man ihnen durch frühere Gesetze auf dem Gebiete der Wohnungsfürsorge aufgehalst hat, ihre Rechte und Machtmittel zur Durchführung dies er Aufgaben gehen aber vollständig auf die politischen Bezirksämter über. Diese allein werden in Hinkunft über die Änderung in der Verwendung von Wohnräumen, über die Zwangsvermietung und über die Sicherstellung von Wohnungen zu entscheiden haben. Die Rolle der Gemeinden wird in Zukunft vergleichbar der einer Dienstmagd sein, der kein Entscheidungsrecht zukommt.

Es ist selbstverständlich, daß die politischen Bezirksämter schon mangels der Kenntnis der Verhältnisse in den einzelnen Gemeinden, die sich zu verschaffen sie weder Lust noch Zeit haben, am ungeeignetsten sind, solche Funktionen zu übernehmen. Derartige Bestimmungen sind also nicht im Interesse der Wohnfürsorge als solcher gelegen. Sie haben nur den Zweck, die gesamte Macht in diesem Staate langsam und sicher in den Händen der èechischen Staatsbeamten zu konzentrieren, weil diese auf Grund ihrer Stellung immer ein gefügiges Werkzeug der jeweiligen Regierungsmehrheit sein müssen. Außerdem soll damit aber auch auf dem Gebiete der Wohnfürsorge der Protektion Tür und Tor geöffnet werden.

Sehr bezeichnend ist es, daß auch heute die deutschen Regierungsparteien ihre Hand dazu bieten, um die Gemeindeautonomie weiter abzubauen. Sie setzen konsequent den Weg fort, den sie durch die Annahme des Gemeindefinanzgesetzes und der Verwaltungsreform beschritten haben. Und diese Parteien reden ihren Anhängern ein, daß sie die mächtigsten Träger der Idee der deutschen Selbstverwaltung in diesem Staate sind. (Rùznì výkøiky na levici.)

Ich will die Gelegenheit, die mir die Vorlage des Regierungsantrages, Druck Nr. 1585 gibt, nicht vorübergehen lassen, um nochmals auf die großen Sorgen hinzuweisen, mit welchen die Staats- und öffentlichen Angestellten dem Abbau des Mieterschutzes hinsichtlich der Höhe der Mietzinse und der Erweiterung des Kündigungsrechtes entgegensehen. Diese Kategorie der Festbesoldeten sieht mit Schrekken, wie der Index der Lebenshaltung ständig steigt, wie die Gehaltsregelung durch die Gesetze Nr. 103 und 104 ex 1926 durch die faktischen Verhältnisse schon längst überholt ist, so daß sich die Staatsangestellten heute schon zu neuen Gehaltskämpfen rüsten. Nun wohnt der größte Teil der Staatsangestellten heute noch in Wohnungen, deren Mietzins unter der Wirkung des Mieterschutzgesetzes noch an der Grenze des Erträglichen sich hält. Viele von ihnen müssen ganz unzureichende Wohnungen bewohnen, weil ihre Einkünfte es ihnen nicht erlauben, eine standesgemäße Wohnung in einem Neubau zu beziehen. Was soll nun werden, wenn die Mietzinse in den alten Häusern denen in den Neubauten angeglichen werden? Die Staats- und öffentlichen Angestellten sind nicht in der Lage, die Verteuerung ihrer Lebenshaltung auf irgend einen Konsumenten abzuwälzen. Sie sind in ihrer Existenz vollständig ausgeliefert ihrem Arbeitgeber und sind in ihrem Existenzkampfe noch dadurch gehindert, daß ihnen nicht alle Mittel zur Verfügung stehen, die die anderen Kreise der gegen Lohn arbeitenden Menschen dem Arbeitgeber gegenüber im Lohnkampfe zu verwenden pflegen. Die Furcht und die Sorgen, unter welchen die Staatsangestellten daher dem Abbau des Mieterschutzes entgegensehen, sind vom menschlichen Standpunkt sehr begreiflich.

Es muß aber mit den schärfsten Worten der Kritik bemängelt werden, daß die Regierung noch mit keinem Worte auf die Eingaben und Resolutionen der Staatsangestelltenorganisationen geantwortet und so versucht hat, die Staats- und öffentlichen. Angestellten wenigstens teilweise von dieser schweren Sorge zu befreien und das Gefühl der Unsicherheit bei ihnen zu beseitigen. Der Minister Šrámek, der größte Schweiger auf der Ministerbank, ist mit keinen Mitteln zu veranlassen, über den von ihm geplanten Abbau des Mieterschutzes auch nur die geringste Andeutung zu machen und Finanzminister Dr Engliš hat schon 1926 gedroht, daß die Steigerung der Mietzinse die Staatsverwaltung nicht veranlassen könne, die Gehaltsverhältnisse der Staatsangestellten neu zu regeln und anzupassen. Es ist höchste Zeit, dieses System zu ändern. Denn die Unzufriedenheit der breiten Massen nimmt in der Republik täglich zu und es ist äußerst unklug, auch noch die Staats- und öffentlichen Angestellten in den Zustand der Verzweiflung hineinzuhetzen. Es ist bekannt und auch begreiflich, daß besonders die Hausbesitzer ein Interesse an einem möglichst schnellen Abbau des Mieterschutzes hinsichtlich der Mietzinshöhe und der Erweiterung des Kündigungsrechtes haben. Ihre Organisationen werden angeblich eingeladen werden, an der Schaffung des neuen Wohnungs- und Bauförderungsgesetzes mitzuarbeiten. Die Hausherren würden zur Verwirklichung ihrer Forderungen sehr stark beitragen, wenn sie bei dieser Gelegenheit auf die Regierung entsprechenden Einfluß nehmen wollten, daß gleichzeitig mit der Frage der Änderung des Mieterschutzes auch die daraus sich notwendig ergebende Änderung der Bezüge der Staats- und öffentlichen Angestellten behandelt und beraten werde. (Pøedsednictví se ujal pøedseda Malypetr.) Denn nur so kann vermieden werden, daß aus den Reihen der öffentlichen Festbesoldeten ein energischer Widerstand gegen die berechtigten Forderungen der Hausbesitzer sich geltend mache. Im Interesse der Staats- und öffentlichen Angestellten hoffe ich, daß mein heutiger Appell an die Regierung und die Hausbesitzer nicht ungehört verhallen wird. Meine Partei wird selbstverständlich gegen den vorliegenden Gesetzesantrag stimmen. (Potlesk poslancù nìm. strany národní.)

6. Øeè posl. Horpynky (viz str. 54 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Ein ganz kurzes Gesetz, eigentlich nur aus einem Satze bestehend, liegt heute der Kammer zur Beratung und Beschlußfassung vor. Die Kürze dieses Gesetzantrages steht aber im umgekehrten Verhältnis zu der kolossalen Enttäuschung und Verbitterung, die es in den Reihen der erbarmungswürdigen Kriegsinvaliden auslösen muß. Seit dem Jahre 1920 versprechen die Vertreter der Regierung und der einzelnen Regierungsparteien den Kriegsinvaliden, daß ein ganz neues und großes Fürsorgegesetz erscheinen wird, das allen ihren berechtigten Forderungen und Wünschen Rechnung tragen wird. Nach jahrelangem Warten und Harren erfahren die Kriegsverletzten endlich heute, mitten in den Vorbereitungen zu den Jubiläumsfeierlichkeiten anläßlich des zehnjährigen Bestandes der Republik, daß sie gerade nur eines Satzes wert sind, der ihr gesetzlich festgelegtes Elend, ihre Not und alle ihnen bisher angetanen Schikanen um ein weiteres ganz Jahr, bis zum 30. Juni 1929, verlängert. So sieht das Jubiläumsgeschenk aus, das die Regierung der demokratischen Republik aus dem Schoße des Ministeriums für soziale Fürsorge, an dessen Spitze ein römisch-katholischer Priester steht, denjenigen Menschen zu bieten weiß, die zu den wirtschaftlich Schwächsten gehören, weil sie im Kampfe um das tägliche Brot durch die Folgen der Verletzungen behindert sind, die sie sich in den Kämpfen und Schlachten geholt haben, in welche sie der Befehl einer staatlichen Obrigkeit hineinhetzte. Über diese Tatsache viele Worte zu verlieren, erübrigt sich. Hoffentlich geht den Kriegsverletzten und ihren Familienangehörigen endlich die Geduld aus und sie werden die richtige Antwort an die Regierungsparteien bei den nächsten Wahlen finden, die hoffentlich noch im heurigen Kalenderjahre abgehalten werden. Es ist ein Verschulden aller Regierungsparteien, wenn in dieser schamlosen Art und Weise durch die sozialpolitische Gesetzgebung die Kriegsverletzten an den Rand der Verzweiflung gebracht werden. Es ist aber auch eine Schande für alle Regierungsparteien, wenn die Èechoslovakei, dieser Staat im Herzen Europas, heute, zehn Jahre nach Beendigung des Krieges, sich dadurch auszeichnet, daß er seine Kriegsbeschädigten am schlechtesten im Vergleiche zu allen anderen Staaten versorgt. Wenn im Oktober dieses Jahres die patriotischen Phrasen Tag und Nacht die Luft erfüllen werden, wenn das Militär zu Paraden aufmarschieren wird, dann mögen auch die Kriegsverletzten ihre Stimme erheben, damit jeder weiß, was an den Verhältnissen in diesem Staate Wirklichkeit und was Schwindel ist.

Wenn heute der Regierungsantrag Druck 1575 zum Gesetze erhoben wird, so sind die Kriegsverletzten nicht allein die Leidtragenden. Leidtragend ist auch das Parlament, das bis auf die Knochen blamiert und bloßgestellt vor aller Welt dasteht. Denn die Art und Weise, wie die Regierung und einzelne Minister das hiesige Parlament behandeln, ist unerhört und kommt wohl in keinem zivilisierten Staate vor. Schon im Jahre 1926 wurden von einzelnen Parteien Initiativanträge auf Novellierung der Kriegsbeschädigtengesetze dem Parlamente vorgelegt, darunter auch Anträge von deutschen und èechischen Regierungsparteien, so daß der Minister für soziale Fürsorge ganz genau die Form kennt, in der die politischen Parteien die Fürsorgesetze für Kriegsinvalide abgeändert wissen wollen. Der Minister für soziale Fürsorge hat aber diese Initiativanträge bisher ignoriert und die Regierungskoalition durfte nicht wagen, ihre eigenen Anträge in Verhandlung zu ziehen. Am 20. November 1926 wurde in allen Ausschüssen des Abgeordnetenhauses und Senates, sowie in den Vollsitzungen beider Kammern ein von den deutschen und èechischen Regierungsparteien eingebrachter Resolutionsantrag - also von allen Parteien - angenommen, der die Regierung auffordert, das Kriegsbeschädigtengesetz ehestens zu novellieren und die in den Initiativanträgen der Regierungsabgeordneten niedergelegten Forderungen weitgehendst zu berücksichtigen. Der Minister für soziale Fürsorge hat sich um diesen einheitlichen Willen der beiden Kammern der Nationalversammlung nicht gekümmert und hat in 1 1/2 Jahren gar nichts unternommen, um diesem Resolutionsantrage zu entsprechen. Es ist eine verächtliche, die Würde des Parlamentes verletzende Weise, wenn Minister Šrámek heute dem Parlamente einen Gesetzesantrag vorlegt, der in seiner ursprünglichen Fassung die Rechtswirksamkeit des unveränderten Kriegsbeschädigtengesetzes bis auf weiteres, also auf unbestimmte Zeit, verlängern soll. Ich kann mich nicht genug wundern, daß die Regierungsparteien dieses, das ganze Parlament provozierende Benehmen des Ministers Šrámek so widerspruchslos hinnehmen.

Der Berichterstatter über diesen Regierungsantrag, der Abg. Vávra hat sich geschämt, dem sozialpolitischen Ausschuß die Annahme eines solchen Gesetzes zu empfehlen und hat selbst vorgeschlagen, diese unbegrenzte Verlängerung mit dem Endtermin des 30. Juni 1929 zu befristen, weil angeblich nach den Informationen des Ministeriums für soziale Fürsorge bis zu dieser Zeit die Fertigstellung eines neuen, definitiven Gesetzes möglich sein wird. Unter solchen Verhältnissen begannen vorgestern die Beratungen über das von der Regierung vorgelegte Fürsorgegesetz für Kriegsbeschädigte.

Es ist in der ganzen Welt ein selbstverständlicher Usus, daß der verantwortliche Minister sich an allen parlamentarischen Sitzungen beteiligt, in denen ein von ihm vorgelegter Gesetzesantrag behandelt wird. Der Minister Šrámek ist vergangenen Dienstag in der Sitzung des sozialpolitischen Ausschusses nicht erschienen. Nicht eine einzige Oppositionspartei hat den Antrag gestellt, daß der Minister im Ausschusse zu erscheinen habe, um die für die Beratungen notwendigen Aufschlüsse zu geben. Wir sind es schon gewöhnt, daß die Regierungsparteien einen solchen Antrag auf Befehl des Ministers ablehnen, wenn es dem Minister unangenehm ist, dem Ausschusse Rede und Antwort zu stehen. Sagte mir doch ein èechischer Kollege im Ausschusse auf meine Frage, ob seine Partei einen solchen Antrag auf Erscheinen des Ministers gestellt habe, als Antwort wörtlich: "Co by mìl takový návrh za úèel, když ho sem nedostanete, ani když ho z kanonu vystøelíte!" - Zu deutsch: Was hätte ein solcher Antrag für einen Zweck, wenn Sie ihn nicht herbekommen, nicht einmal, wenn Sie ihn aus einer Kanone schießen.

Ich habe mich sehr gewundert, daß der Minister Šrámek nicht selbst das Bedürfnis hat, dem parlamentarischen Ausschusse gewisse Aufklärungen zu geben, um eventuelle Angriffe gegen ihn von vornherein unmöglich zu machen. Daher ersuchte ich den Abg. Malík, der gerade den Vorsitz im sozialpolitischen Ausschuß führte, den Minister Šrámek telephonisch zu verständigen, daß seine Anwesenheit im Ausschusse gewünscht werde. Ich begründete meine Forderung damit, daß nach den Ausführungen des Berichterstatters Abg. Vávra alle anwesenden Parlamentarier ein begreifliches und für die Abstimmung über die Terminierung des Gesetzes notwendiges Interesse haben, zu erfahren, wie weit die Vorbereitungsarbeiten für das neue Kriegsbeschädigtengesetz gediehen sind, ferner welchen Verlauf die Verhandlungen besonders mit dem Finanzministerium genommen haben. Schließlich wäre es zur Beruhigung der interessierten Kreise der Kriegsinvaliden notwendig, wenn der Herr Minister Šrámek über die wesentlichsten Bestimmungen des neuen Gesetzes einige Aufklärungen geben könnte. Auch hätte ich eine bindende Erklärung des Ministers gewünscht, ob und in welcher Weise er die Spitzenorganisation der Kriegsverletzten zur Mitarbeit an der Schaffung des neuen Gesetzes heranzuziehen gedenkt. Die Anwesenheit des Ministers Šrámek im Ausschusse wäre aber auch mit Rücksicht auf die beiden von der Regierungskoalition eingebrachten Resolutionsanträge notwendig gewesen. Auf Grund unserer eigenen Erfahrungen, wie Minister Šrámek sich über die vom Parlamente beschlossenen Resolutionsanträge hinwegsetzt, mußte der Ausschuß wissen, wie der Minister diejenigen Kriegsverletzten zu berücksichtigen gedenkt, die ohne eigenes Verschulden die Anmeldefrist versäumt haben und daher nicht in den Bezug der ihnen rechtlich zukommenden Rente getreten sind, ferner ob er gewillt ist, unter bestimmten Einkommenverhältnissen, die bereits vorgeschriebene Rückzahlung der bezogenen Renten aufzuheben. Der Ausschuß mußte wissen, ob der Minister bereit ist, diesen beiden Resolutionsanträgen Rechnung zu tragen, ferner, ob er dies im Verordnungswege durchführen kann, oder ob er dazu eine in bestimmter Frist auszuarbeitende Gesetzesnovelle dem Parlamente vorlegen wird.

Solche Auskünfte kann nur der verantwortliche Minister geben. Die Erklärungen eines Ministerialbeamten sind unverbindlich und außerdem hat es gar keinen Zweck, über diese Dinge mit einem Beamten zu disputieren, der letzten Endes ja doch nur das durchführen muß, was ihm der Minister aufträgt. Wenn aber der Minister überzeugt werden soll, dann muß er persönlich bei der Wechselrede anwesend sein.

Leider hat der Abg. Malík meinem Wunsche nicht Rechnung getragen und den Minister Šrámek nicht verständigt, daß seine Anwesenheit im sozialpolitischen Ausschusse gewünscht wird. Ich kann dem Herrn Abg. Malík nicht den Vorwurf ersparen, daß er damit die sachliche Arbeit im sozialpolitischen Ausschusse sabotiert hat. Das Ergebnis war, daß die Parteien der Regierungsmehrheit ohne Begründung alle Abänderungsanträge der Opposition abgelehnt und das Gesetz in der vorliegenden Form angenommen haben.

Den gleichen Wunsch nach Vorladung des Ministers Šrámek habe ich dann gestern im Budgetausschusse wiederholt, als auch in diesem Ausschusse das Kriegsbeschädigtengesetz auf der Tagesordnung stand. Der den Vorsitz führende Abg. Bradáè ließ den Personalsekretär des Ministers Šrámek hievon verständigen, leider mit dem Erfolge, daß der Minister weder gestern noch heute im Budgetausschusse erschienen wäre. Und jetzt während der Plenarversammlung ist er auch nicht anwesend, er kommt nur zu den Abstimmungen herein.

So wagt ein Abgeordneter, der durch seine Partei auf einen Ministersessel emporgehoben wurde, das Parlament zu behandeln. So versteht der Minister Šrámek das Wort des Staatspräsidenten Masaryk, daß Demokratie Diskussion ist. Bedenkt man, daß der Minister Šrámek auf Interpellationen und Anfragen der Parlamentarier überhaupt keine Antwort gibt, auch dann nicht, wenn ihm diesbezüglich bei Beratungen über den Staatsvoranschlag Vorwürfe gemacht werden, dann muß man wohl den Schluß ziehen, daß er in böswilliger Absicht die sachlieh arbeitenden Parlamentarier verächtlieh behandelt, wobei er sich direkt einer Verletzung der von ihm beschworenen Pflicht eines Ministers schuldig macht. Leugnet aber der Minister Šrámek, diese Absicht zu haben, dann kann man sich sein Benehmen dem Parlamente gegenüber nur mit dem Ausdrucke der Feigheit erklären. Und von demselben Minister Šrámek schrieben vor kurzer Zeit die Tageszeitungen, daß er Anspruch darauf erhebe, definitiver Ministerpräsident zu werden, wenn Švehla infolge seiner schweren Erkrankung gezwungen sein sollte, von seinem Amte zurückzutreten. Da würde sich wohl das Sprichwort bewahrheiten: "Es kommt doch nichts Besseres nach."

Wenn der Minister für soz. Fürsorge Šrámek, der jetzt auch stellvertretender Ministerpräsident ist, die Frage der Kriegsbeschädigtenfürsorge derartig behandelt, kann man sich da noch wundern, wenn die deutschen und èechischen Regierungsparteien durch dieses Benehmen ihres führenden Ministers sich aufgemuntert fühlen, dasselbe Problem auch zu bagatellisieren. Die èechischen Regierungsparteien haben das seit jeher getan, die deutschen Parteien haben das sehr rasch gelernt, seitdem sie an dem Regierungstisch Platz genommen haben. Wenn nicht die Redezeit in diesem Parlamente seitens des Präsidiums immer gedrosselt werden möchte, dann wäre es möglich, den jetzigen deutschen Regierungsparteien die Reden des Abg. Schubert und der verschiedenen Redner der deutschen christlichsozialen Volkspartei aus jenen Zeiten vorzulegen und in Erinnerung zu bringen, die sie in diesem Hause gehalten haben, als ihre Parteien noch in Opposition zur Regierung waren. Das wäre unterhaltend und belehrend zugleich, denn es würde der staunenden Mitwelt zeigen, wie gründlich sich die Ansichten und die Dialektik der Menschen ändern kann, wenn es ihnen gestattet wird, das bittere, trockene Brot der Opposition mit der fetten Regierungskrippe zu vertauschen. Wenn die deutschen Regierungsparteien heute noch die Stirne haben, zu behaupten, daß sie auf ihren führenden Forderungen bezüglich der Fürsorge für die Kriegsverletzten beharren, so ist das eine leere Phrase und ihre eigenen Taten strafen sie Lügen. (Pøedsednictví se ujal pøedseda Malypetr.)

Die armen Kriegsinvaliden haben so große Hoffnungen darauf gesetzt, als drei deutsche Parteien in die èechische Regierung eintraten, die immer vorgegeben haben, die Interessen der Kriegsbeschädigten so energisch zu vertreten.

Wie wurden diese Hoffnungen hinauflizitiert, als die deutschen Regierungsparteien im Jahre 1926 die beiden Initiativanträge, Druck Nr. 557 und 549, einbrachten und so den Kriegsverletzten die Erfüllung ihrer Wünsche in nächster Zeit in Aussicht stellten. Heute wissen die Kriegsinvaliden, daß mit ihrer Not nur ein erbärmliches, parteidemagogisches Spiel im Hinblicke auf die kommenden Gemeindewahlen getrieben wurde.

Das kläglichste Dokument sudetendeutscher Politik ist aber das Protokoll, das die deutschen Kriegsbeschädigten über ihre Unterredung mit den deutschen Regierungsparteien am 31. Mai d. J. in ihrem Bundesorgan "Der Kriegsverletzte", X. Jahrgang, Nr. 6, vom 10. Juni d. J. veröffentlicht haben. Zwar hat der Herr Abg. Schubert vom Bund der Landwirte in einer im sozialpolitischen Ausschusse am Dienstag abgegebenen Erklärung dieses Protokoll in vieler Hinsicht als falsch und entstellend bezeichnet. Ich überlasse es den Regierungsparteien recht gerne, sich mit dem Bund der Kriegsverletzten auseinanderzusetzen, was an diesem Protokolle unrichtig ist oder was von den Kriegsverletzten mißverstanden wurde. Ich will nur solche Details hier herausheben, deren Richtigkeit mir niemand von den deutschen Regierungsparteien in Frage stellen wird und die mehr politischen Charakters sind.


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