Ich habe da ein Flugblatt, das vor einigen
Tagen verbreitet worden ist. Nämlich mit der Nervosität
der Unternehmer steigerte sich auch die Nervosität der Sekretäre
der koalierten Verbände. Ich habe schon vorhin darauf aufmerksam
gemacht, daß, wenn sich die Sekretäre damit begnügen
würden zu sagen: "Wir sind vertragstreu, wir haben mit
dem Streik nichts zu tun und wir lehnen ihn ab, die besten Traditionen
der mitteleuropäischen Arbeiterschaft zu verletzten, wir
lehnen es ab, Streikbrecher zu vermitteln," wenn sie das
getan hätten, dann würden sie zwar bei weitem noch keine
revolutionären Klassenkämpfer sein, aber sie würden
auch nicht die Methoden angewendet haben, die bis jetzt das Vorrecht
der von den Unternehmern gezüchteten gelben Streikbrecherorganisation
darstellten. Ein Flugblatt, das unter anderem folgenden Inhalt
hat, ist vor wenigen Tagen verbreitet worden. Es wird darin gefragt:
"Warum streikt Ihr? Weil euch leichtfertig und vertrauensselig
von den Kommunisten betrügen und irreführen lasset,
den Kommunisten prüfungslos Glauben geschenkt habet, als
sie Euch erzählten, daß sich die Vertragslöhne
durch Streik von nur kurzer Dauer um 20% erhöhen werden.
Ihr folgtet den kommunistischen Lockrufen bedenkenlos, ohne zu
prüfen und zu untersuchen, ob die Voraussetzungen für
einen erfolgreichen Kampf gegeben sind." Und dann heißt
es: "Glaubt ihr als so verschwindende Mehrheit die Vertrags-
und Lohnpolitik der vereinigten Verbände durchbrechen und
unmöglich machen zu können? Selbst wenn es euch gelänge
die Unternehmer zu Zugeständnissen zu zwingen, wäre
dies nur ein Augenblicks- und Scheinerfolg, ein Erfolg, der den
Aufwand an Opfern nicht wettmachen kann. Rechnet selbst!"
Ich frage: Wodurch unterscheidet sich diese Sprache von der Sprache
der Proklamationen der sattsam bekannten gelben Streikbrecherorganisationen?
Nicht nur der Form nach durch nichts, sondern auch dem Inhalt
nach durch gar nichts. Es ist die alte bewährte Methode der
gelben Streikbrecherorganisationen, die von außen her die
kämpfenden Arbeiter gegen ihre Führer und Vertrauenspersonen
aufhetzen, Front zu machen für die Bourgeoisie, für
die Unternehmer, mit einem Wort alles zu tun, was man tun kann,
um so und so viele Arbeiter zu bewegen den Klassengenossen in
den Rücken zu fallen. Das sind die bewährten Methoden
der gelben Streikbrecherorganisationen und von diesen Methoden
unterscheiden sich die Methoden, die in diesem Flugblatt angewendet
werden, nicht nur in der Form sondern auch im Inhalt durch gar
nichts. Nehmen wir folgenden Tatbestand: Ein Streik, der die fünfte
Woche geführt wird. Alle Bemühungen der Unternehmer,
der Sekretäre der koalierten Verbände und der Behörden,
Streikbrecher zu werben, sind vollkommen fehlgeschlagen. Diese
Bemühungen sind fehlgeschlagen, nicht nur weil die Arbeiter
in Asch auf der Wacht stehen, nicht nur weil die Führer die
Bewegung fest in Händen haben, nicht nur, weil sie sich nicht
von den Behörden provozieren ließen, sondern deshalb,
und vielleicht vor allem deshalb, weil trotz dieser Haltung der
koalierten Verbände die sozialdemokratischen Arbeiter, die
Bauarbeiter, und die politisch organisierten sozialdemokratischen
Arbeiter in den westböhmischen Bezirken seit Tagen und Wochen
den Transport, die Vermittlung von Streikbrechern verhindert haben.
Mit einem Worte, hier zeigt sich direkt, daß die sozialdemokratischen
Arbeiter, wenn sie einmal erkannt haben, wohin der Weg der Führer
geht, diesen Weg nicht mitgehen. In diesem Kampfe in Westböhmen
zeigt sich, daß ein großer Teil sozialdemokratischer
Arbeiter den Weg geht, den ihre Klassengenossen gehen, daß
sie sie direkt und indirekt unterstützen, und daß wir
es dieser Unterstützung zum großen Teile zu verdanken
haben, daß in Asch die Bemühungen der Sekretäre
der koalierten Verbände um die Sache der Unternehmer zuschanden
geworden sind.
Nehmen wir ferner die Tatsache, daß die
Unterstützungssätze für die streikenden Arbeiter
eingehalten werden, daß sich niemand gefunden hat und findet,
der aus der Reihe der Kämpfenden herausspringt, nehmen wir
all das und vergleichen wir nun mit diesen Tatsachen, was in einem
westböhmischen Blatte über den Bauarbeiterstreik vor
einigen Tagen geschrieben worden ist. Es heißt da: "Nun
melden sich all jene, denen große Versprechungen gemacht
wurden, sie verlangen jetzt die hohen Unterstützungen, die
versprochen worden sind. Im Arbeiterheim herrscht bei der Diskussion
über dieses Thema durchaus keine herrliche revolutionäre
Kampfesstimmung, es geht gar nicht friedlich zu, insbesondere
weil die um die versprochene Unterstützung Geprellten dahintergekommen
sind, daß bei der Bemessung der Unterstützung ein für
die Nichtbolschewisten unverständliches Maß angewendet
wird. Der glänzende Stand des Streiks ist so, daß,
falls die Baumeister nur noch eine geringe Zahl gelernter Arbeiter
erhalten, die Kommunisten den ganzen Sommer streiken können.
Die vorhandene Arbeit wird fertig, die Baumeister werden auch
die noch fehlenden Arbeiter bekommen, da die Zahl jener, die sich
von den Kommunisten überzeugen ließen, mitzustreiken,
immer geringer wird. Das halten auch die spaltenlangen akademischen
Erörterungen über Streikbruch oder Vertragstreue nicht
auf. Für den deutschen Bauarbeiterverband gibt es weder in
Asch, noch in Roßbach einen Streik. Deshalb sind die Mitglieder
des deutschen Bauarbeiterverbandes auch keine Streikbrecher, wenn
sie in beiden Orten arbeiten." (Výkøiky
komunistických poslancù.)
Und wissen Sie, wo dieser Aufsatz stand? Nicht
im Duxer "Tag", nicht in einem Organ der bewährten
gelben Streikbrecherorganisationen, sondern im sozialdemokratischen
Tagblatt "Volkswille" in Karlsbad. (Výkøiky
posl. Wünsche a Schmerdy.)
Ich glaube, wenn man sonst nichts von diesem
Kampfe wüßte, keine anderen Tatsachen kennen würde,
die Aufschluß über Ursache und Verlauf des Kampfes
geben, wenn man sonst nichts wüßte: die eine Tatsache,
daß Angehörige der koalierten Verbände in Asch
nicht anders arbeiten können als ausschließlich unter
dem Schutz der Gendarmerie, erklärt jedem Arbeiter, was man
unter "Vertragstreue" zu verstehen hat. Es gibt keinen
klassenbewußten Arbeiter, der nicht verstände, daß
es für ihn keine größere Schande geben kann, als
unter dem Schutz der Gendarmerie, der Bajonette zu arbeiten. (Výkøiky
na levici.)
Dabei soll man nicht übersehen, daß
man auf diese Weise zwar den kämpfenden Arbeitern diesen
oder jenen Schabernack spielen kann. In Wirklichkeit wird das
noch sehr traurige Folgen haben. Denn wenn es so ist, wie die
Sekretäre der koalierten Verbände sagen, daß sie
sich an die Heiligkeit der Verträge halten müssen, und
wenn es so bleibt, wie es die Sekretäre der koalierten Verbände
sagen, daß sie nicht nur verpflichtet sind, die Heiligkeit
der Verträge zu respektieren, sondern auch ihren Mitgliedern
die Weisung zu sagen, dort wird gestreikt, aber ihr könnt
arbeiten, ihr müßt arbeiten, ihr seid vertragstreu,
wenn des geschieht, so werden sich die Unternehmer das sehr gut
merken. Sie werden in Zukunft ausgehen von diesem herrlichen großen
Gedanken, daß jeder Vertrag die Arbeiter verpflichtet, von
dem überwältigenden Gedanken, daß, wenn sie mit
einer gelben Organisation ein en Vertrag schließen, dieser
Vertrag auch heilig sein müsse für die gesamte übrige
Arbeiterschaft und wer diesen Vertrag nicht respektieren wird,
wird, auch wenn er Mitglied einer Amsterdamer Organisation sein
wird, dann nach der Taktik der Amsterdamer Sekretäre ein
Mann sein, der die Vertragstreue bricht, der Verpflichtungen verletzt,
die er zu respektieren übernommen hat. Auf diese Weise rehabilitiert
man wirklich die gelben Streikbrecherorganisationen. Und die Unternehmer
werden mit Recht sagen, daß das, was bis jetzt die gelben
Organisationen getan haben, seine Bestätigung in dem findet,
was nun die Praxis der Sekretäre einiger koalierten Verbände
ausmacht. Ich bin überzeugt, daß diese Politik nicht
die Politik der sozialdemokratischen Massen ist und sein kann.
Das ist die Politik einiger Dutzend Führer, die nicht davor
zurückscheuen, in einem so außerordentlich bedeutsamen
Zeitabschnitte, der von unerhörten Klassenkämpfen ausgefüllt
ist, sich als ausgezeichnete Helfer nicht an der Seite der Arbeiterklassen,
sondern an der Seite der Bourgeoisie zu bewähren. (Výkøiky
komunistických poslancù.)
Es ist erwiesen, daß in diesem Kampfe
auch Hunderte und Tausende von sozialdemokratischen Arbeitern
stehen, und es ist vor allem in Westböhmen in klassischer
Reinheit dargestellt, daß die erdrückende Mehrheit
der Arbeiterschaft, daß sozialdemokratische Arbeiter in
Asch, Roßbach und Wernersreuth mit den kämpfenden Bauarbeitern
gehen, sie auf die wirksamste Weise unterstützen. Es ist
eine Tatsache, daß diese Haltung sozialdemokratischer Arbeiter
direkt ein Faustschlag ins Gesicht derjenigen Sekretäre ist,
die sich trotz dieser Haltung der Arbeiter durchaus auf den Boden
des Kampfes der Unternehmer gegen die Arbeiterklasse stellen.
Wir wissen, daß das im großen und ganzen nichts neues
ist, daß wir in diejenige Periode eingetreten sind, in der
die - Unternehmerklasse genötigt ist, mit allen möglichen
Mitteln Versuche der Arbeiterschaft, sich gegen die unerträgliche
Politik der Regierung zur Wehr zu setzen, zu bekämpfen. Wir
wissen, daß in dieser Zeit die Unternehmer, die herrschenden
Klassen sehr froh darüber sind, wenn ihnen solche Schützendienste
geleistet werden, und es ist klar, daß die Arbeiterschaft
damit zu rechnen hat, daß in der Periode verschärfter
Klassengegensätze und Klassenkämpfe Dutzende und Hunderte
Vertrauensmänner, die auf dem Boden des Reformismus stehen,
die Zeit für gekommen erachten, wo sie keine Komödie
mehr spielen brauchen und ganz offen als diejenigen Funktionäre
auftreten werden, die nicht davor zurückschrecken, proletarische
Massen zu bewegen, ihren Klassengenossen in den Rücken zu
fallen. Das, was wir in Asch und Reichenberg während der
letzten Tage und Wochen erlebt haben, die Tatsache, daß
die Bourgeoisie mit den Behörden und einem Teile führender
Funktionäre der Amsterdamer. Gewerkschaften gegen die Arbeiterklasse
kämpfen, diese Tatsachen beweisen nur das eine, daß
das Proletariat neuen außerordentlichen umfangreichen und
verschärften Kämpfen entgegengeht. Diese Tatsachen zeigen
uns, daß wir uns für gewaltige Klassenkämpfe zu
rüsten haben. Wir wissen, daß Unternehmer, Behörden
und ein Teil von Arbeiter-Vertrauenspersonen zusammengehören
und daß diese letzteren alle Maßnahmen der Regierung
und der Bourgeoisie gegen das Proletariat unterstützen werden.
Das Proletariat seinerseits organisiert diejenigen Aktionen, die
notwendig sind, um nennenswerte Erfolge der Bourgeoisie zu vereiteln.
Von diesem Gesichtspunkte aus schätzen wir die Bedeutung
des roten Tages ein, von diesen Erwägungen aus betrachten
wir den politischen Charakter dieser Kundgebung.
Dabei sind wir uns darüber im klaren,
daß die Regierung und alle Behörden es seit Jahr und
Tag darauf anlegen, durch eine ganze Kette von umfassenden Provokationen
gegen die Arbeiterschaft vorzugehen, wir sind aber auch überzeugt
davon, daß die Regierung und ihre Helfershelfer in der Anwendung
ihre Methoden nicht immer nur mit akademischen Waffen und Mitteln
gestört werden können. Wir wissen, daß die Regierung
und die Bourgeoisie wenig Respekt vor Interventionen und vor Resolutionen
hat, wenig Respekt vor diesem Parlament, wenig Respekt vor der
Opposition in diesem Parlament, wenig Respekt vor den oppositionellen
Reden der kommunistischen Fraktion! Wir wissen, daß die
Bourgeoisie ausschließlich Respekt hat vor der organisierten
Kraft des klassenbewußten Proletariats der Èechoslovakischen
Republik. Von diesem Gesichtspunkt aus gesehen,
wird dafür gesorgt werden, daß der 6. Juli eine machtvolle
Demonstration werde, nicht nur der kommunistischen Partei, sondern
der Massen sozialistischer und indifferenter Arbeiter, eine wuchtige
Demonstration der unterdrückten arbeitenden Massen
der Èe hoslovakischen Republik gegen die reaktionäre
Politik der èechoslovakischen Koalitionsregierung!
(Potlesk komunistických poslancù.)