Ètvrtek 22. bøezna 1928

"Das Ende der Zarenherrschaft. Unsere Revolution ist eine bürgerliche, deshalb müssen die Arbeiter die Bourgeoisie unterstützen - sagen die nichtswürdigen Politiker aus dem Lager der Liquidatoren.

Unsere Revolution ist eine bürgerliche, sagen wir Marxisten, deshalb müssen die Arbeiter dem Volke die Augen öffnen über den Betrug der bürgerlichen Politiker, müssen sie lehren, den Worten nicht zu trauen, sich nur auf die eigenen Kräfte verlassen, auf die eigene Organisation, auf den eigenen Zusammenschluß, auf die eigene Bewaffnung."

Aber auch das ist noch nicht genug. Auch Karl Marx versucht man aus der Welt zu schaffen, Karl Marx, der wie Lenin eingelebt und eingebürgert ist im Herzen des Proletariats. Er soll durch den Rotstift des Staatsanwalts von Reichenberg einfach aus der Geschichte des proletarischen Klassenkampfes gestrichen werden. Ein Brief Karl Marx, an Kugelmann wird konfisziert. Der Brief führt den Titel:. "Die Erhebung von Paris 1871" und lautet (ète):

"Wenn Du das letzte Kapitel meines "Achtzehnten Brumaire" nachsiehst, wirst Du finden, daß ich als nächsten Versuch der französischen Revolution ausspreche, nicht mehr wie bisher die bürokratisch-militärische Maschinerie aus einer Hand in die andere zu übertragen, sondern sie zu zerbrechen; und dies ist die Vorbedingung jeder wirklichen Volksrevolution auf dem Kontinent. Das ist auch der Versuch unserer heroischen Pariser Parteigenossen. Welche Elastizitäten, welche historische Initiative, welche Aufopferungsfähigkeit in diesen Parisern! Nach sechsmonatiger Aushungerung und Verruinierung durch inneren Verrat, noch mehr als durch den auswärtigen Feind erheben sie sich unter preußischen Bajonetten, als ob nie ein Krieg zwischen Frankreich und Deutschland existiert habe, und der Feind nicht noch vor den Toren von Paris stehe! Die Geschichte hat kein ähnliches Beispiel ähnlicher Größe!... Diese feige Erhebung von Paris... ist die glorreichste Tat unserer Partei seit der Juniinsurrektion. Der Kampf der Arbeiterklasse mit der Kapitalistenklasse und ihrem Staat ist durch den Pariser Kampf in eine neue Phase getreten. Wie die Sache auch unmittelbar verlaufe, ein neuer Ausgangspunkt von welthistorischer Wichtigkeit ist gewonnen."

Noch mehr! Ein im Wilhelminischen Deutschland von Rosa Luxemburg am 18. März 1912 veröffentlichter Artikel, der anstandslos im reaktionären Deutschen Reiche in der Presse erschienen ist, findet hier im èechoslovakischen Staate einen Staatsanwalt, (Výkøiky na levici.) einen Zensor, der ihn streicht, um so die Erinnerung oder die Darstellung der historischen Bedeutung der Pariser Kommune den Arbeitern zu entziehen. Ich zitiere diesen Artikel: "Märzenstürme". Von Rosa Luxemburg. Erschienen in der "Gleichheit" am 18. März 1912 (ète):

"Wenn die Proletarier je im Wust der Tagespolitik den Maßstab für große und kleine Dinge verlieren, wenn sie je im Staube der öden Lebensstraße ermatten und für einen Augenblick an ihrer Kraft verzweifeln sollten, so gibt es ein sicheres Mittel, diese Stimmung zu überwinden, es ist ein Blick auf die zurückgelegte Strecke ihres geschichtlichen Weges, auf der wie große Marksteine die wichtigsten revolutionären Waffengänge des Proletariats stehen. Die Arbeiterklasse hat hat auch allen Anlaß, ihren geschichtlichen Erinnerungen immer wieder ernste Aufmerksamkeit zu schenken. Sind sie doch für uns das große Lehrbuch, das uns Wegweiser für den weiteren Vormarsch gibt, aus dem wir lernen, alte Fehler zu vermeiden und neue Illusionen zu zerstören. Denn nur durch beständige Selbstkritik, durch das Besinnen auf sich selbst, vermag die proletarische Masse ihren großen Klassenkampf und ihre großen Ziele zum Siege zu führen. "Bürgerliche Revolutionen", schrieb Marx vor 65 Jahren. "wie die des 18. Jahrhunderts stürmen rascher von Erfolg zu Erfolg, ihre dramatischen Effekte überbieten sich, Menschen und Dinge scheinen in Feuerbrillanten gefaßt, die Extase ist der Geist jedes Tages, aber sie sind kurzlebig, bald haben sie ihren Höhepunkt erreicht und ein langer Katzenjammer erfaßt die Gesellschaft, ehe sie die Resultate ihrer Drang und Sturmperiode nüchtern sich aneignen lernt. Proletarische Revolutionen dagegen, wie die des 19. Jahrhunderts, kritisieren beständig sich selbst, unterbrechen sich fortwährend in ihrem eigenen Laufe, kommen auf das scheinbar Vollbrachte zurück, um es wieder von neuem anzufangen, verhöhnen grausam und gründlich die Halbheiten, Schwächen und Erbärmlichkeiten ihrer ersten Versuche, scheinen ihren Gegner niederzuwerfen, damit er neue Kräfte aus der Erde sauge und sich riesenhafter ihnen gegenüber aufrichte, schrecken stets von neuem zurück, vor der unbestimmten Ungeheuerlichkeit ihrer eigenen Zwecke, bis die Situation geschaffen ist, die jede Umkehr unmöglich macht und die Verhältnisse selbst rufen: Hic Rhodus hic salta! Hier ist die Rose, hier tanze!

Der 18. März ruft zwei historische Ereignisse in Erinnerung, die für die internationale Arbeiterklasse wie zwei lodernde Fackeln die Strecke des letzten halben Jahrhunderts beleuchten: die Revolution von 1848 und die Pariser Kommune von 1871. Die deutsche Revolution, die mit dem 18. März ihre siegreiche Schlacht auf den Straßen Berlins geschlagen hat, ist eine einzige große Lehre vom Bankerotte des bürgerlichen Liberalismus. Am 18. März hatte die Arbeiterschaft mit Heldenmut auf den Barrikaden die alte feudale Monarchie geschlagen, hatte sie die Bahn gebrochen für eine freiheitliche demokratische Entwicklung in Deutschland, für die deutsche Einheit, für die deutsche Republik, für das allgemeine gleiche Wahlrecht in Preußen. Was ist von alledem zur Wirklichkeit geworden?"

Ein weiterer Teil dieses Artikels ist ebenfalls dem Zensor verfallen. Ich zitiere (ète):

"Nicht in luftigen Träumen von einer politisch ausschlaggebenden Stellung im heutigen Staate, dank irgendeiner plötzlichen Wendung der Umstände, kann die Arbeiterklasse ihre Rechte erfechten, sondern lediglich in ständiger revolutionärer Opposition gegen den Staat. Und wenn die Pariser Kommune durch die leuchtende Spur ihres kurzen Daseins, wie ihres heldenhaften Untergangs für immer ein Beispiel geblieben ist, wie eine revolutionäre Volksmasse nicht vor der Ergreifung der Macht zurückschrecken darf, auch wenn die Stunde der Geschichte ihrer Macht weder Dauer noch Sieg beschieden hat, so ist sie zugleich ein überragendes Denkmal der unversöhnlichen Totfeindschaft zwischen der bürgerlichen Gesellschaft und dem Proletariat, das ständig eingedenk eines tiefen Gegensatzes zur gesamten Bourgeoisie nur im entschlossenen Kampfe gegen die gesamte Bourgeoisie seine geschichtliche Mission zu erfüllen vermag."

Aber noch weit interessanter ist, daß der Zensor selbst einen bürgerlichen Revolutionär konfisziert hat, St. Just, der mit seinen, "Wagt!" ebenfalls dem Rotstift des Reichenberger Zensors verfallen ist. So weit ist die Konfusion gediehen, daß ein Staatsanwalt selbst bei den Worten eines bürgerlichen Revolutionärs zum Rotstift greift. Der Artikel betitelt sich: "Wagt!" und lautet (ète):

"Wenn die Regierung die Rechte des Volkes verletzt, dann ist der Aufstand das heiligste Recht und die unerläßlichste Pflicht für das Volk und für jeden Teil des Volkes. Wer die Welt revolutionieren, wer das Wohl der Menschheit schaffen will, darf erst im Grabe schlafen. Nur die schrecken vor der Schwierigkeit der Lage zurück, die Angst vor dem Grabe haben. Ihr wollt eine Republik. Wenn ihr nicht zugleich das wollt, was die Republik ausmacht, dann wird sie das Volk unter ihren eigenen Trümmern begraben. Was die Republik schafft, das ist die vollkommene Zerstörung alles dessen, was ihr widerstrebt. Man beklagt sich über die revolutionären Maßregeln, aber wir sind Gemäßigte im Vergleich zu allen anderen Regierungen. Schonet die Aristokratie und ihr bereitet 50 Jahre Kämpfe vor. Waget! Dieses Wort umfaßt die ganze Politik unserer Revolution. Zerbrecht die Partei der Rebellen, macht die Freiheit ehern, rächet die Revolutionäre, die Opfer der Intriguen geworden sind, duldet nicht mehr, daß es einen Unglücklichen, einen Armen im Staate gibt. Diejenigen, welche eine Revolution machen, gleichen dem ersten Seefahrer, der sich von seiner Kühnheit leiten läßt. Eine Revolution, wie die unsere, ist kein Prozeß, sondern ein Blitzstrahl auf alle Schurken."

Zum Schlusse muß ich aber noch auf eine Konfiskation zu sprechen kommen und zwar in dem Gedicht unseres Genossen Schiller Seff. In dem Gedichte "Die Buße" sind die letzten fünf Verse dem Zensor verfallen. Sie lauten (ète):

"Dann ist der Christus gar mein Schwager!

Und sind sie Gottes Töchterlein,

Dann wird mir Gott schon selbst verzeih'n.

Dann brauch ich Euch nicht mehr, Herr Pater,

Da ist ja Gott mein Schwiegervater!"

Bereits im Jahre 1872 hat Genosse Schiller Seff eine achttägige Gefängnisstrafe für dieses Gedicht und insbesondere für die letzten fünf Verse abbüßen müssen. Und wir im èechoslovakischen Staat hören ja so oft und ungezähltenmale, daß wir uns entösterreichern nach allen Regeln der Kunst. Ich glaube aber, daß die Dinge in Wirklichkeit so liegen, daß, wenn Schiller Seff noch heute leben würde, er vielleicht von den Herrschenden dieses Staates für dieses Gedicht noch einmal büßen müßte, das in der Art von Heine gehalten ist und daß sie es vielleicht eines Tages auch erleben könnten, daß der Staatsanwalt oder irgend ein Zensor versucht, aus Unkenntnis darüber, wer Heine ist, Heine selbst zu konfiszieren. (Tak iest!) Wir glauben, die Entwicklung der Dinge in diesem Staate geht dorthin, daß der Zeitpunkt kommen wird, der vielleicht schon sehr nahe ist, wo man die eigene Revolution von den eigenen Staatsanwälten und Zensoren konfiszieren läßt. (Sehr gut!)

Wir müssen an den Herrn Justizminister die Forderung richten, hier endlich einmal, da alles doch unter seinem Protektorate geschieht und zu keiner Zeit in diesem Staate so ungeheuer viel Konfiskationen und Zensuren vorgekommen sind wie gerade jetzt, wo der Herr Minister Mayr-Harting das Justizressort innehat, mit diesen Konfiskationen aufzuräumen.

Ich komme zum Schlusse, indem ich mich der Worte von Kaiser Franz erinnere, der einmal gesagt hat: "Unsere Zensur ist wirklich blöd". (Veselost na levici.) Mit diesen Worten, die ein Spiegel für die Zensur- und Konfiskationspraxis, im besonderen des Reichenberger Staatsanwaltes sind, sowie der Zensur im allgemeinen, schließe ich in der Überzeugung, daß die Arbeiterschaft im geeigneten Augenblick ihren eigenen Rechnungsabschluß über alle diese Dinge vorlegen wird und ihnen den Garaus macht, mit dieser Ausbeutergesellschaft Schluß macht, Schluß macht mit dem Regime der Kapitalisten und die Regierung der Arbeiter und Bauern aufrichtet. (Potlesk komunistických poslancù.)



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