Ich habe mich zum Worte gemeldet, um
im Auftrage des kommunistischen Klubs und der kommunistischen
Partei der Èechoslovakei hier den schärfsten Protest
zu erheben gegen die Stellungnahme unserer Regierung zu den Anträgen
der Sowjetunion in der Abrüstungskonferenz
in Genf. In Genf hat der Vertreter des ersten Arbeiter- und Bauernstaates
der Welt Anträge eingebracht, welche dahin zielen, eine wirkliche
und vollständige Abrüstung der ganzen Welt herbeizuführen
und dadurch den einzig möglichen Weg zu beschreiten, um Kriege
zu verhindern. (Potlesk komunistických poslancù.)
Diese Anträge haben zugleich
gezeigt, daß der einzige Arbeiter- und Bauernstaat dieser
Welt auch zugleich der einzige Staat ist, der wirklich für
den Frieden eintritt und für den Frieden kämpft. Die
Angriffe, welche gegen diesen Staat vorbereitet werden, werden
von den kapitalistischen Staaten und auch von Vertretern der sogenannten
proletarischen Parteien dadurch unterstützt, indem man behauptet,
daß die Sowjetunion selbst zum Kriege rüstet und eine
imperialistische, eine Kriegspolitik betreibt. Diese Anträge,
wie das Verhalten der Sowjetunion überhaupt in einer ganzen
Anzahl von Konflikten zeigen ganz deutlich, daß die Sowjetunion
die Vertreterin des Friedens ist. Diese Anträge zeigen aber
auch gleichzeitig, wie die Stellungnahme aller kapitalistischen
Staaten ohne Ausnahme und auch der Èechoslovakei zu dieser
Frage ist. Die kapitalistischen Regierungen erzählen den
Massen immer, wenn sie die ungeheueren Opfer rechtfertigen, die
für die Rüstungen ausgegeben werden,
daß kein Staat abrüsten kann, weil er nicht die Sicherheit
hat, ob nicht auch andere Staaten abrüsten werden, daß
kein Staat die Waffen niederlegen kann, weil er nicht wissen kann,
ob nicht andere Staaten die Waffen zu einem Angriff auf ihn benützen
werden. Diese ganze Demagogie und Heuchelei der kapitalistischen
Kriegsrüster, die wird nun ganz klar und deutlich, so daß
jeder Arbeiter und Bauer es verstehen kann, denn der Antrag der
Sowjetregierung lautet nicht, daß ein Staat ohne Rücksicht
darauf, ob die anderen abrüsten, abrüsten solle, sondern
er lautet, daß jeder Staat unter der Bedingung, daß
auch die anderen abrüsten, abrüsten solle. Diesen Antrag
könnte jeder Staat unterstützen, der ein wirkliches
Interesse an der Abrüstung hat (Sehr richtig!), denn
er wäre nach diesem Antrag nicht verpflichtet, früher
abzurüsten, bevor nicht auch die anderen Staaten erklärt
und bewiesen haben, daß sie abrüsten wollen. Wer gegen
diesen Antrag auftritt, wer gegen diesen Antrag Stellung nimmt,
beweist damit, daß er nicht abrüsten will, daß
er die bewaffnete Macht für den Krieg im Innern gegen die
Unterdrückten und nach Außen für seine imperialistischen
Interessen verwenden will. Und das gilt auch von der èechoslovakischen
Regierung. Die Èechoslovakei ist ein
Staat, welchem wahrlich im Kriegsfalle sehr viel Gefahr droht.
Schon die geographische Gestaltung dieses Staates zeigt, ihm fertig
zu werden. Von einem gewissen Standpunkte aus hätte hier
sogar eine kapitalistische Regierung ein Interesse, gegen den
Krieg aufzutreten, Friedenspolitik zu betreiben. Aber eine kapitalistische
Regierung in diesem Staate kann eine solche Politik dennoch nicht
betreiben, obwohl durch die Kriegspolitik auch der kapitalistische
Staat als solcher bedroht wird, obwohl durch die Kriegspolitik,
was uns am Herzen liegt, auch die Freiheit der Massen auch des
èechischen Volkes in diesem Staate bedroht wird. Die èechoslovakische
Regierung kann eine Friedenspolitik nicht betreiben, sie braucht
die Waffen zur Unterdrückung der arbeitenden
Massen in diesem Staate, sie braucht die Waffen zur Unterdrückung
der Minderheitsnationen in diesem Staate, sie braucht die Waffen
zur Aufrechterhaltung und Verteidigung der Ausbeuterherrschaft
in diesem Staate (Potlesk komunistických poslancù.)
und die èechoslovakische Regierung kann auch
nicht abrüsten, weil die Èechoslovakei in Wahrheit
gar kein selbständiger Staat ist, weil sie in Wahrheit nur
der Vasall größerer imperialistischer Mächte ist
(Sehr richtig!) und
diese imperialistischen Mächte befehlen dem èechoslovakischen
Vasallen, so und soviele Waffen zur Verfügung zu haben, um
im Interesse dieser großen kapitalistischen Mächte
eventuell in einen neuen Weltkrieg eingreifen zu können.
Deshalb kann unsere Regierung absolut nicht eine Abrüstungs-,
eine Friedenspolitik betreiben, und
alles Gerede unserer Minister, unserer Regierungspresse, unserer
ganzen bürgerlichen Presse über die Friedensliebe der
Èechoslovakei, über die Friedenspolitik der Èechoslovakei,
ist nichts anderes als Heuchelei und Betrug. Wenn
die èechoslovakische Republik wirklich für den Frieden
wäre, da hätte sie jetzt in Genf Gelegenheit gehabt,
das zu zeigen. Sie brauchte nur für den Antrag der Sowjetunion
einzutreten, sie brauchte nur zu sagen: "Ja wohl, wir werden
abrüsten, wenn alle anderen Staaten
abrüsten und wir sind dafür, daß alle Staaten
abrüsten, damit auch unser Staat abrüsten kann."
Aber was sehen wir in Wirklichkeit? Wir sehen in Wirklichkeit,
daß vorläufig, nach den bisherigen Nachrichten wenigstens,
die Vertreter der Èechoslovakischen
Republik zu den Vertretern jener Staaten gehören, die es
in Genf nicht gewagt haben, bisher irgendeine Stellung einzunehmen.
Die Vorschläge der Sowjetunion waren für die Vertreter
der imperialistischen Staaten eine große Verlegenheit, aber
sie mußten schließlich gegen diese Vorschläge
Stellung nehmen. Eine Reihe von Staatenvertretern hat sich darüber
ausgesprochen, die Vertreter der Èechoslovakei hat man
jedoch bisher noch nicht sprechen gehört. Sie haben der Tapferkeit
besseren Teil, die Vorsicht gewählt. Trotzdem
wissen wir ganz genau, welches die Stellungnahme unserer Regierung
ist. Wir haben vom Herrn Minister Beneš schon vor
längerer Zeit im Außenausschuß bei verschiedenen
anderen Gelegenheiten Äußerungen gehört, wir sehen
die Haltung der Regierungspresse und wir sehen, daß unsere
Regierung eine ausgesprochen feindselige Haltung gegen diesen
Vorschlag einnimmt. Wir sehen, daß unsere Regierung absolut
nicht daran denkt, diesen Vorschlag zu unterstützen, sondern
im Gegenteil gegen ihn ankämpft. Alle Vorwände, die
jetzt von den Vertretern der verschiedenen Regierungen in der
Abrüstungskommission gegen die Vorschläge der Sowjetregierung
vorgebracht werden, sind kinderleicht zu widerlegen. Nicht darum
handelte es sich dort, zu beweisen, ob das eine oder das andere
richtig ist. Das sind Sophismen, die klar auf der Hand liegen.
Es handelt sich vielmehr darum, daß die Staaten eben nicht
den Willen haben, für eine wirkliche Abrüstung einzutreten.
Es wird erklärt, daß die Russen ihre Vorschläge
in einer solch kategorischen Form aufgestellt haben, daß
sie erklärt haben, entweder müssen die Vorschläge
mit allen Einzelheiten angenommen werden oder sie können
überhaupt nicht angenommen werden und daß man doch
von den Staaten nicht verlangen könne, daß sie alle
Einzelheiten dieses Vorschlages, wie sie die Russen diktiert haben,
annehme. Damit will man verschleiern, daß man den Kerngedanken
des russischen Vorschlages ablehnen wolle und tut nur so, als
ob man den Vorschlag nur deshalb ablehnen würde, weil er
mit allen möglichen Details verknüpft ist, die man nicht
alle billigen kann. Das Gegenteil ist aber der Fall. Der russische
Vertreter hat in Genf nicht erklärt, daß alle Details
angenommen werden müssen, sondern er hat die klare Frage
gestellt, ob die Vertreter der verschiedenen Regierungen den Grundgedanken
des russischen Vorschlages annehmen wollen. Er hat erklärt,
auf zwei Fragen müsse eine Antwort erteilt werden. Es müsse
eine Antwort erteilt werden auf die Frage, ob eine vollständige
Abrüstung durchgeführt werden soll, eine vollständige
Abrüstung aller Staaten. Zweitens müsse auf die Frage
eine Antwort erteilt werden, ob schon im ersten Jahre diese Abrüstung
ein solches Ausmaß annehmen solle, daß Kriege außerordentlich
erschwert werden. Diese Fragen kann man ohne weiters leicht beantworten
und die ganze Art, wie die kapitalistischen Regierungen darauf
antworten, zeigt, daß sie eben diese Frage mit "Nein"
beantworten wollen, daß sie verantwortlich sind für
die ungeheuere Kriegsgefahr und für die Opfer, die die Rüstungen
dem arbeitenden Volk auferlegen. Nur die deutsche Regierung hat
eine etwas schwankendere Haltung eingenommen. Etwas klarer hat
sich für den russischen Vorschlag die türkische Regierung
eingesetzt. Es ist ganz klar, warum gerade diese Regierungen nicht
eine so schroff feindliche Haltung einnehmen. Das sind Regierungen
besiegter Staaten, Regierungen, denen die Einschränkung der
Rüstungen durch die Friedensverträge aufgezwungen wurde.
Die können natürlich leichter auch vom kapitalistischen
Standpunkt aus für solche Vorschläge eintreten; aber
trotzdem haben diese Erklärungen für uns einen gewissen
Wert, weil sie Erklärungen kapitalistischer Regierungen sind,
die zeigen, daß es nicht wahr ist, daß es sich um
unmögliche Vorschläge handelt, die zeigen, daß
diese Vorschläge nur deshalb nicht verwirklicht werden können,
weil eben der Wille dazu nicht vorhanden ist. Es wurde auch gegen
die Sowjetregierung erklärt, daß ihre Vorschläge
nur ein Manöver sind, daß diese Vorschläge nur
zur Entlarvung dienen, daß sie von den Russen nicht ernst
gemeint sind und daß man sich infolgedessen zu solchen Dingen
nicht hergeben kann. Das hat insbesondere Herr Dr. Beneš
erklärt, daß sich ein ernstzunehmender Staat nur mit
Vorschlägen beschäftigt, die wirklich ernst gemeint
sind. Mit solchen Spielereien gebe er sich nicht ab. Dieser Vorwand,
um die Dinge ablehnen zu können, wird nicht nur von den kapitalistischen
Regierungen vertreten, er ist auch in den sozialdemokratischen
Zeitungen zu lesen. Die II. Internationale hat in der letzten
Beratung ihrer Exekutive die Stellung eingenommen, daß der
russische Vorschlag zwar sehr schön, aber eine Utopie sei;
der Fehler der Sowjetregierung bestehe darin, unannehmbare Vorschläge
vorzubringen. Die II. Internationale habe sich entschlossen, annehmbare
Vorschläge dem Völkerbund vorzutragen. Wir können
auch in den sozialdemokratischen Zeitungen lesen, daß die
Vorschläge der Sowjetregierung dazu beitragen, Illusionen
zu erzeugen. Die Dinge liegen in Wirklichkeit umgekehrt. Solche
Vorschläge, die die II. Internationale vorbringt, die den
Zweck haben sollen, wie die Einbringer erklären, etwas wirklich
Durchsetzbares vorzubringen, die müssen natürlich Illusionen
erwecken, weil die II. Internationale den Massen erklärt:
"Sehet, was wir vorbringen, ist durchsetzbar", während
es in Wirklichkeit natürlich absolut undurchsetzbar ist.
Das dient nur dazu, die Massen einzuschläfern und ihnen zu
sagen: "Ja, im Völkerbund werden schon solche durchsetzbare
vernünftige Vorschläge vorgebracht, Ihr braucht Euch
nicht mehr zu sorgen, der Völkerbund wird schon durchsetzen,
daß alles Mögliche für den Frieden geschieht".
Einen ganz anderen Charakter haben die Vorschläge der Sowjetregierung.
Die Vorschläge der Sowjetregierung öffnen den Massen
die Augen und zeigen ihnen, daß sie von den kapitalistischen
Regierungen nichts zu erwarten haben, daß sie auch vom Völkerbund
nichts zu erwarten haben. Wenn man das eben der Sowjetregierung
zum Vorwurf macht, so ist das ein lächerlicher Vorwurf. Niemand
kann von der Sowjetregierung verlangen, daß sie nicht einsichtig
genug sein soll, um nicht zu verstehen, was jedes Kind heute verstehen
muß, daß selbstverständlich die kapitalistischen
Regierungen solche Anträge nicht annehmen werden. Niemand
wird glauben, daß die Sowjetregierung diesen Antrag stellt,
in der Einbildung, daß er wirklich vom Völkerbund angenommen
wird, daß die kapitalistischen Staaten die Abrüstung
verwirklichen werden. Das ist ganz klar; aber daran ist nicht
die Sowjetregierung, sondern daran ist der Raub-, der imperialistische
Charakter dieser Regierungen schuld und dafür kann eben nicht
die Sowjetregierung verantwortlich sein. Was die Sowjetregierung
tut, ist durchaus ernst gemeint und hätte auch unsere Regierung
alle Ursache, das ernst zu nehmen und zumindest nehmen das unsere
arbeitenden Massen ernst; was die Sowjetregierung ganz ernst meint,
das ist, zu demonstrieren und zu zeigen: "Wir wären
bereit, die Waffen niederzulegen, wenn auch die übrige, die
kapitalistische Welt das tun würde. Wir können aber
die Waffen nicht niederlegen, trotz unseres Friedenswillens, weil
sie die kapitalistischen Staaten nicht niederlegen, und wenn Ihr
so ungeheuere Opfer für Rüstungen bringen müßt
und Euch fortwährend die Gefahr droht, in neuen Völkermord
hineingetrieben zu werden, dann dankt Ihr das nur den kapitalistischen
Regierungen; und wenn Ihr den Frieden wollt, wenn Ihr wirklich
die Abrüstung, keine Kriege mehr wollt, dann bleibt Euch
nur ein einziges Mittel: niederzuschlagen Euere kapitalistischen
Regierungen und aufzurichten die Arbeiter- und Bauernherrschaft
in allen Ländern". (Potlesk na levici.) Das ist
der Sinn der Vorschläge der Sowjetregierung, das ist kein
bloßes Manöver, das ist der Ruf zur Aufrüttelung
der breitesten Massen und wir sehen auch die breitesten Massen
schon auf diesen Ruf hören; denn an die Abrüstungskommission
ist eine Unzahl von Kundgebungen gelangt, Kundgebungen, die von
großen gewaltigen Massenorganisationen unterschrieben sind,
in welchen diese Massen erklären, daß sie die Vorschläge
der Sowjetunion begrüßen und daß diese Vorschläge
das bringen, was dem Willen der Massen entspricht. Das möge
sich Herr Dr. Beneš gesagt sein lassen, wenn er erklärt,
daß diese Vorschläge nicht ernst zu nehmen sind, daß
es Vorschläge sind, die den Willen von Hunderten Millionen
arbeitender Menschen zum Ausdruck bringen, und wir protestieren
auf das schärfste, daß das, was Hunderte Millionen
Arbeitende zu ihrer Sache machen, als etwas erklärt wird,
was nicht ernst zu nehmen ist. Wir verlangen vom Chef der Regierung,
oder wenn er verhindert ist, von seinem Stellvertreter, daß
er hier erscheine und uns Aufklärung und Rechenschaft über
die niederträchtige Haltung unserer Regierung zu diesen Fragen
gibt. Wir verlangen im Namen der arbeitenden Massen, daß
sofort auf telegraphischem Wege Weisungen an die Vertreter unserer
Regierung gegeben werden, daß sie die Vorschläge der
Sowjetregierung mit allen Mitteln unterstützen. (Potlesk
na levici.) Dieses Verlangen entspricht dem Willen der arbeitenden
Massen. Wir wissen, daß unser Verlangen trotzdem
nicht erfüllt werden wird, weil eben in dieser demokratischen
Republik nicht die ungeheuere Mehrzahl der Bevölkerung, die
Arbeitenden, regieren, sondern die Ausbeuter und Wucherer. Wir
sagen deshalb den Massen auch in der Èechoslovakei wie
überall: Es gibt nur einen Ausweg: Den
Sturz dieser Herrschaft und die Aufrichtung Euerer Herrschaft,
der Herrschaft der Arbeitenden. (Souhlas a potlesk komunistických
poslancù.)
Hohes Haus! Die Beratung des Rechnungsabschlusses,
und zwar welchen Jahres auch immer, ist meiner Meinung nach ein
ebenso wichtiges Kapitel parlamentarischer Arbeit wie die Beratung
des Staatsvoranschlages, der die Grundlage für einen solchen
Rechnungsabschluß bildet. Wenn es sich bei dem Voranschlag
um die Aufstellung des Erfordernisses und dessen Bedeckung für
das und jenes Gebiet des staatlichen öffentlichen Lebens
handelt, handelt es sich beim Staatsrechnungsabschluß darum,
daß er uns aufzeige, in welcher Weise den vom Parlamente
bewilligten Richtlinien über das Erfordernis und die Bedeckung
durch die staatliche Verwaltung Beachtung geschenkt wurde. Für
ein Parlament, das nur einigermaßen auf seine Bedeutung
hält, ist gerade die Kontrolle hierüber von ganz gewaltiger
Bedeutung. Es zeugt sozusagen von der parlamentarischen Veranlagung
des Parlaments, ob es sich in dieser Kontrolle übt oder ob
es eine Übergehung seiner von ihm selbst aufgestellten Richtlinien
in der Wirtschaftsführung und Finanzführung des Staates
ganz einfach als geschehen stillschweigend zur Kenntnis nimmt.
Wenn wir den vorliegenden Rechnungsabschluß für das
Jahr 1926 im Sinne einer solchen parlamentarischen Kontrolle angehen,
werden wir sehr wenig Erfreuliches erleben. Er zeigt schlechter
noch als die Rechnungsabschlüsse der vergangenen Jahre auf,
daß sich die Ministerien um das Parlament und seine Richtlinien
herzlich wenig kümmern und drauf los wirtschaften, daß
Überschreitungen des Voranschlages um 50% den Durchschnitt
bilden, daß aber auch solche bis zu 1500% vorkommen. Die
für eine solche Wirtschaft verantwortlichen Staatsstellenträger
müßten eigentlich ihrer Ämter entkleidet werden.
Ein solches Strafrecht wäre das geringste, was das Parlament
wegen solcher Entgleisungen verantwortlicher Männer zu verlangen
hätte, aber das Parlament fordert nicht dieses Strafrecht,
es bagatellisiert sich selbst, indem es die schwärende Wunde
des Übermutes einer hohen Bürokratie, die mit dem Parlamente
die ganze Staatsbürgerschaft höhnt, bagatellisiert und
diese Bürokratie dadurch nur mehr und immer mehr herausfordert
zu Überschreitungen wie denjenigen, die ich bei der Kritik
des Staatsrechnungsabschlusses für das Jahr 1926 aufzuzeigen
genügend Gelegenheit haben werde. Wir haben dem gegenüber
nur strengste Kritik zu üben.
Der Herr Finanzminister Dr. Engliš
hat in seinem Exposé vom 25. Oktober 1927, das in mannigfacher
Hinsicht Interesse begegnete, zur wirtschaftlichen Seite der Staatsführung
sich in einem lapidaren Satze geäußert: "Es ist
besser geworden." Es war eine starke Einleitung zum Budget
des Jahres 1928, die er in seiner Rede führte. Ihr Effekt
sollte wohl Beruhigung der weiten Öffentlichkeit des Staates
sein. Jede von dem Herrn Dr. Engliš damals am 25.
Oktober 1927 geäußerte Meinung war diesem Zwecke untertan,
so wenn er etwa von der Stabilität der Wirtschaft sprach,
die einen hohen Grad erreicht habe und die rüstig fortschreite,
und wenn durch ihn damals ein Zustand eine Schilderung erfuhr,
ein Zustand, von dem er annahm, daß er in größte
Nähe gerückt sei, von dem, wenn er eingetreten wäre,
nur die Meinung herrschen könnte, es sei ein idealer Zustand.
Schade nun, meine Herren, daß wir solchen Theorien immer
und immer weder mit unserem Urteil und der Schilderung der harten
Wirklichkeit begegnen müssen, schade auch für uns, die
wir das tun müssen, um schließlich und endlich seitens
der Staatsverantwortung doch nur als berufsmäßige Nörgler
mit großer Geste abgewiesen zu werden. Schade; denn die
Arbeit, die wir leisten, um die Wirklichkeit nicht durch große
Worte verdunkeln zu lassen, indem wir gewisse Vorgänge und
Entwicklungen und Ereignisse des Staates kritisieren, ist von
höchster Verantwortung getragen. Es ist paradox, aber es
ist doch so: Die Kritik der Opposition trägt den höheren
Grad guter Absicht in sich, als eine solche in noch so schönen
Worten der eine oder der andere verantwortliche Staatsstellenträger
zu bringen vermag. Schade also, daß wir dem Herrn Finanzminister
und seinen Helfern auch bei Beratung des Staatsrechnungsabschlusses
für 1926 das Konzept etwas stören müssen, aber
es ist, wie gesagt, höchste Verantwortung, die uns hiezu
treibt.
Der Staatsrechnungsabschluß 1925 zeigt
eine Überschreitung der Voranschlagsausgaben um 1583.5 Millionen
Kronen, wobei die für Investitionen vorgesehenen Beträge
für diese Zwecke vollständig verbraucht wurden. Die
formale Überschreitung macht nach dem Statsrechnungsabschluß
1925 1406.8 Millionen Kronen aus, dabei wurden jedoch vorgesehene
Investitionen von ca. 950 Millionen Kronen nicht ausgeführt,
sondern auf Lasten der folgenden Jahre verschoben. Dieser Betrag
vermindert aber als Ersparnis in der Gesamtabrechnung die eigentlichen
Überschreitungen. Nachdem auch die anderen Jahre ihre außerordentlichen
Ausgaben wie Investitionen haben, ist die Schiebung von
950 Millionen Kè nur eine rechnungsmäßige und
die eigentliche Überschreitung des Voranschlages von 1926
beträgt in den Ausgaben deshalb ca. zwei Milliarden Kronen.
Darüber hinaus werden Ende 1925 insgesamt 956 Millionen Kè,
Ende 1926 nicht weniger als 516.4 Millionen
Kè als unbezahlte Verpflichtungen ausgewiesen.
Auf den Kopf der Bevölkerung umgerechnet
beträgt die Belastung an Staatsausgaben im Jahre 1926 laut
Voranschlag 714 Kronen, nach der Zusammenstellung des Jahresrechnungsabschlusses
dieses Jahres schon 820 Kè. (Posl.
Krebs: Was das Entscheidende ist!) Jawohl,
das Entscheidende! Koll. Krebs hat sehr recht, in Wirklichkeit
925 Kronen und unter Einrechnung der unbezahlten Verpflichtungen
950 Kronen. Zieht man hiezu noch die Ausgaben der Selbstverwaltungskörper
in Betracht, so ergibt sich eine Kopfquote von 1375 Kronen. Mir
fehlen im Augenblick die entsprechenden Zahlen anderer Staaten,
um einen Vergleich zwischen der Belastung unserer Staatsbürger
und der in anderen Staaten zu machen, aber meine Herren,
ich gehe nicht fehl, wenn ich annehme, daß in keinem europäischen
Staate eine solche Last auf dem Staatsbürger an Steuern,
Abgaben und Gebühren lastet wie in der Èechoslovakei.
Es gehört da sehr wenig volkswirtschaftliches Verständnis
dazu, um sich aus den genannten Zahlen einen
Schluß auf ihre Wirkung in wirtschaftlicher Beziehung zu
ziehen. Jeder Laie weiß, daß die Auswirkung zu einem
katastrophalen Grade der finanziellen Immobilität der Wirtschaft
und aller geführt hat, denen zu viel, leider allzuviel Blut
entzogen wurde, als daß sie sich noch gesund erhalten könnten.
Um zu den Beträgen zu kommen, die der
Staat nötig hat, seine Ausgaben im Sinne der Richtlinien
des Staatsrechnungsabschlusses zu decken, wird ohne jede Hemmung
vorgegangen. Es ist ein erschütterndes Bild rücksichtslosen
Fiskalismus, des Auspressens der Steuerträger bis zum Weißbluten,
welches die Einnahmenseiten des Staatsrechnungsabschlusses 1926
bieten. Sie gehen über das Projekt des Staatsvoranschlages
hinaus, eben in dem von mir erwähnten Übermute bürokratisch
theoretischer Staatsführung. (Posl. Geyer: Die administrative
Obrigkeit!) Ja, eben einer Obrigkeit, die sich über das
Abgeordnetenhaus und auch über die zweite Kammer, über
den Senat, also über das Parlament überhaupt, in einer
Art und Weise hinwegsetzt, wie das, ich glaube, wohl nirgends
möglich ist. So wurde z. B. gegenüber einer genehmigten
Voranschlagssumme im Jahre 1926, und das ist ein Kennzeichen des
Übermutes der Administrative, die auf die Beschlüsse
des Parlamentes sozusagen spuckt, so wurde gegenüber
einer genehmigten Voranschlagssumme im Jahre 1926 von 9.537 Millionen
an Steuern, Abgaben und Gebühren nicht weniger als 12.840.34
Mill. Kè erpreßt. Ich sage erpreßt, denn von
einem Einheben von Steuern in der Höhe dieses Betrages
kann man überhaupt, wenn man die Methoden berücksichtigt,
die draußen eingeführt worden sind, um solche Beträge
einzuheimsen, nicht sprechen. (Posl. Krebs: Der Koll. Windirsch
hat in seinem Bezirk selbst nachgewiesen, daß in vielen
Fällen den Leuten die Kühe aus den Ställen gepfändet
worden sind!) Koll. Krebs hat sehr recht. Es geht bis
zum Wegholen der letzten Kuh im Stalle. Wir haben erst vor kurzem
erlebt, als wir eine Versammlung in Kalsching in Südböhmen
abhielten, daß dort einem armen Landbauer die letzte Kuh
aus dem Stalle geholt worden ist. (Posl. Krebs: Der Herr Windirsch
hat sich nicht einmal geschämt, das zu sagen, daß die
letzte Kuh aus dem Stalle geholt worden ist! - Posl. Geyer:
Bei Toten hat man Exekution geführt!) Ich werde die Methoden,
die die Kollegen Krebs und Geyer hier aufzeigen
und illustrieren, bei meinen weiteren Ausführungen noch zu
illustrieren Gelegenheit haben.
Wenn man die Gesamteinnahmen in Betracht zieht, so wurden im.
Jahre 1926 34 Milliarden Kè mehr eingehoben, als im
Voranschlag bestimmt worden war, das sind 14% des Betrages. Interessant
ist da wohl auch die Übersicht über den Staatsvoranschlag
und den Jahresrechnungsabschluß als Jahresergebnis in Bezug
auf die wichtigsten Steuern. Ich führe diese Übersicht,
so kurz es im Rahmen meiner heutigen Stellungnahme sich als praktisch
erweist, an, nicht zwecklos, sondern um aus dieser Übersicht
gewisse Schlußfolgerung zu ziehen.
Es wurden im Jahre 1926 präliminiert und
tatsächlich mehr oder weniger eingehoben, wie das die folgenden
Ziffern in Millionen Kè ausweisen: An Grundsteuer wurden
präliminiert 139.8 Millionen, eingehoben 105.56 Millionen,
also weniger eingehoben als präliminiert um 34.2 Millionen,
so daß der Rückstand am Ende des Jahres 1926 mit den
Resten aus der vorhergehenden Jahren 290 Millionen
beträgt. Bei der allgemeinen Erwerbsteuer wurden im Staatsvoranschlage
für das Jahr 1926 präliminiert 250 Millionen, tatsächlich
eingetrieben wurden 213 Millionen, das sind um 37 Millionen weniger
als präliminiert worden waren, so daß sich bei der
Erwerbsteuer am Ende des Jahres 1926 nach dem Staatsrechnungsabschluß
ein Rückstand allerdings auch mit den Rückständen
der anderen Jahre von 290 Millionen ergibt. Bei der besonderen
Erwerbsteuer beträgt für das Jahr 1926 der präliminerte
Betrag 280 Millionen, eingehoben wurden 166 Millionen, so daß
113 Millionen weniger eingehoben wurden als präliminiert
worden waren. Der Rückstand an Erwerbsteuer in dieser Kategorie
beträgt am Ende des Jahres 1926 nach dem Staatsrechnungsabschluß
309 Millionen. Die Rentensteuer wurde mit 98.9 Millionen
präliminiert, eingehoben wurden 96.4 Millionen, also gegenüber
dem präliminierten Betrag um 2,400.000 Kè weniger.
Bei der Einkommensteuer sehen die Dinge etwas anders aus. Da wurden
993 Millionen präliminiert und im Jahre
1926 tatsächlich eingehoben 3.191 Millionen, (Hört!
Hört!) das sind um 2.196 Millionen mehr als präliminiert
worden waren. (Posl. Geyer: Das ist der 5%ige Steuerausgleich
der Arbeiterschaft!) Ich komme noch darauf zu sprechen, Herr
Koll. Geyer. An Kriegssteuer wurden im Jahre 1926 präliminiert
115 Millionen, tatsächlich eingehoben wurden 21 Millionen,
so daß sich schon in diesem Jahre ein Rückstand gegenüber
dem präliminierten Betrag von 93.68 Millionen ergibt. Am
Ende des Jahres 1926 beträgt der Rückstand an
Kriegssteuern überhaupt 720 Millionen Kè. An Umsatz
und Luxussteuer sind im Jahre 1926 veranschlagt worden 1.950 Millionen,
tatsächlich sind 2.130 Millionen eingehoben worden, das sind
um 540 Millionen mehr, als in dieser Steuerart
veranschlagt wurde. Der Rückstand an Umsatz- und Luxussteuer
beträgt am Ende des Jahres 1926 1.069 Millionen. An Verzugszinsen
und Strafen - auch ein sehr interessantes Kapitel - wurden im
Staatsvoranschlage für das Jahr 1926 5.2 Millionen präliminiert,
tatsächlich wurden aber 43 Millionen eingehoben, (Výkøiky
na levici: Unerhört!) das ist um Wesentlich
mehr als präliminiert worden ist. (Posl. Krebs: Das ist
sehr bezeichnend!) Das ist sehr kennzeichnend für die
ganze Finanzwirtschaft dieses Staates. An Zöllen sind 805
Millionen präliminiert, tatsächlich wurden im Jahre
1926 nach dem Staatsrechnungsabschluß 989.7 Millionen eingehoben,
das sind um 184.2 Millionen mehr, als präliminiert worden
ist. Bei der Zuckersteuer ist es nicht anders. Die ist mit einem
Betrage von 172.4 Millionen präliminiert, eingehoben
wurden 306.9 Millionen, also um 134.46 Millionen mehr, als präliminiert
worden waren. Bei den Gebühren von Amtshandlungen ist es
genau so. Da waren 584 Millionen Kè präliminiert,
tatsächlich wurden 795 Millionen eingehoben,
das ist ein Plus von 210 Millionen gegenüber dem präliminierten
Betrage.