Hohes Haus! Trotzdem Koll. Krebs und
ich im sozialpolitischen und Budgetausschuß den Standpunkt
unserer Partei zu den Regierungsvorlagen über die Baubewegung,
den Aufschub der exekutiven Räumung wie über den Schutz
der Mieter ausdrückten, benütze ich dennoch den Umstand,
daß diese Vorlagen auf der Tagesordnung der heutigen Haussitzung
selbst stehen, dazu, meine und meiner Partei Meinung zu erklären.
Es wird das keine bloße Wiederholung von in den Ausschüssen
gesprochenen Worten vor dem größeren Forum sein, vielmehr
werde ich mich bemühen, die bei den Ausschußberatungen
sehr gedrängt gepflogene Stellungnahme zu den Wohnproblemen
etwas auszudehnen. Im Ausschuß war eine ausführliche
Aussprache deshalb nicht möglich, weil Postarbeit erledigt
werden mußte. Ganze zwei Tage standen dem sozialpolitischen
Ausschuß, ein Tag dem Budgetausschuß zur Verabschiedung
der Wohnungsvorlagen zur Verfügung, Gesetze zu beraten, die
in anderen Staaten bei voller Rücksichtnahme auf ihre Bedeutung
monatelanger Beratung zugeführt werden. Aber bei uns überfällt
man in letzter Stunde die gesetzgebende Körperschaft mit
so lebenswichtigen Angelegenheiten, wie sie sich in den Wohnungsvorlagen
illustrieren und zwingt uns dann, wider unseren besseren Willen
diese Vorlagen zu bagatellisieren. Es ist im Hause eigentlich
ebenso wie im Ausschuß. Denn zwei oder drei Tage Hausberatung
sind eben nicht länger als zwei Tage Beratung im Ausschuß.
Wenn ich vorausgehend sagte, daß ich
mich dennoch im Hause mit den Vorlagen ausführlicher beschäftigen
werde als im Ausschusse, so liegt die Möglichkeit hierzu
in dem Maße vor, als im Haus gewisse Formalitäten der
Beratung von Einzelheiten wegen des Geklärtseins wegfallen.
Es bleibt also die grundsätzliche Stellungnahme zum Problem
ausführlicher zu pflegen mehr Zeit als im Ausschusse. Grundsätzlich
möchte ich zu der Form der Beratung, die neuerlich im Hause
den Wohnungsvorlagen zuteil wird, nur nochmals sagen, daß
die Bagatellisierung von Angelegenheiten durch das Parlament nicht
genug gerügt werden kann, insbesondere, wenn wir uns hierdurch
gegen die heikelsten volkswirtschaftlichen Fragen des Staates
versündigen.
Vor einem Jahre, am 15. März 1927, als
wir das Bauförderungsgesetz 1927/28 im Hause berieten, habe
ich Gelegenheit genommen, die ganze die Volksgestaltung beeinflussende
Seite des Wohnungsproblems aufzuzeigen. Ich führte damals
wörtlich aus: "Die durch die Wohnungsnot bedingte Verelendung
des Familienlebens, der Umstand, daß ein solches durch die
Verhältnisse überhaupt unmöglich gemacht wurde,
die Tatsache des Zusammengepferchtseins von unnatürlich viel
Menschen in unzulänglichen.
Räumen hat die fundamentalste Wohnfunktion
der Fortpflanzung gestört und schon gegenwärtig ungeheure
Abgänge im Bevölkerungssatze hervorgerufen, wie die
genannten Einzelheiten ja auch der Grund sind oder doch der Mitgrund
des tiefen seelischen, geistigen und sittlichen Verfalls eines
großen Teiles des Volkes". Diese Worte, die ich im
Vorjahre, am 15. März, bei der Beratung dieser Vorlagen hier
im Hause sprach, gelten heute mehr als zur Zeit ihrer ersten Äußerung.
Um so größer ist deshalb die bevorstehende Katastrophe,
als die Staatsverwaltung ohne jede Hemmung die Probleme weiter
ignoriert oder bagatellisiert, und für die Soziologen und
Volkswirtschaftler, welche die grauenhaften Auswirkungen der Wohnungsnöte
im Endergebnis erschauen und zur Abhilfe mahnen, bleibt lediglich
ein Lächeln übrig.
Die Statistiken weisen nach, daß aus
Gründen der unzulänglichen Wohnungsmöglichkeiten
ausschließlich in Deutschland jährlich 100.000 Menschen
an Tuberkulose sterben, welche Wirkung dadurch noch verstärkt
wird, daß in den von Massen bewohnten Häusern diese
Krankheit sich nachgerade auf die Gesamtheit der Lebenden überträgt.
Die Statistik weist weiter nach, daß die Verbrechen gegen
das keimende Leben sich mit unheimlicher Schnelligkeit steigern,
und wir gehen nicht fehl, wenn wir annehmen, daß auch das
in der Hauptsache darauf zurückzuführen ist, daß
die fundamentalste Wohnfunktion der Fortpflanzung durch die Wohnungsnot
gestört ist. Nach den mir vorliegenden Statistiken betragen
die Fruchtabtreibungen in den Ländern mit unzulänglichen
Wohnverhältnissen einen ungeheuren Prozentsatz. Es ist in
der Èechoslovakei nicht anders als irgendwo. Freilich wirken
sich in der Èechoslovakei am deutschen Teile diese Dinge
leider am meisten aus. In einer der
letzten Nummern der Zeitschrift "Nové Èechy"
schreibt E. Èapek unter der Überschrift "Wie
die Wiege über die Politik siegt" von der ständigen
Abnahme des sudetendeutschen Elementes im Staate. Er führt
Zahlen an, die wir zunächst gar nicht bezweifeln wollen.
Sie sind vielmehr auch uns ein Beweismittel, wenn auch nach einer
weniger erfreulichen Seite hin als für Herrn Èapek.
Wir erblicken aus diesen Zahlen unseren Rückgang und erklären
ihn ganz logisch. Die Nachkriegsverhältnisse wie die Kriegsverhältnisse
sind die Sudetendeutschen ärger angegangen als die Èechen.
Was Wunder also, wenn es zu den leeren Wiegen der Deutschen gekommen
ist. Jedes soziale Übel wirkt in uns mehr, auch die Wohnungsnot.
Wenn wir eine Schlußfolgerung aus den Zahlen Èapeks
ziehen, dann die, daß es nötig erscheint,
die größeren Nöte unseres Volksstammes seitens
des Staates vorzüglicher zu bedenken als bisher.
Bei dem sozialen Präludium meiner Rede
zu den Wohngesetzen will ich gewiß zugestehen, daß
die vielartigen Schäden an der Bevölkerung auch mitbeeinflußt
sind durch andere Entwicklungen, aber die Wohnungsnöte sind
ohne Zweifel ihre Hauptverursacher. Wenn wir daher dem gänzlichen
Verfall steuern wollen, müssen wir einen Ausweg aus der Wohnungsnot
finden.
Seit Jahr und Tag drückte besonders uns
die Sorge um die Lösung dieses Problems. In je stärkerem
Grade aus der Betrachtung der Entwicklung heraus auch unser diesbezügliches
Verantwortungsgefühl wuchs, versuchten auch wir stärker
und stärker, das Verantwortungsgefühl der gesamten Öffentlichkeit
wachzurufen. Dabei hielten wir uns so sachlich, wie das immer
nur unsere Methode sein kann. Wenn ich mich zur Art der Arbeit
zum genannten Zweck auch heute äußern soll, so kann
das wiederum nur so geschehen. Mit Demagogie kann hier nicht gearbeitet
werden, desgleichen nicht mit einseitiger Betrachtung. Das Problem
ist so sehr ein solches der Gesamtheit, daß dieselbe nur
in Abwägung der gemeinsamen Interessen vorwärts treiben
kann. Es kann hier weniger als bei allen anderen Problemen die
Befriedigung eines materiellen Interesses des Einzelnen einen
Ausweg bedeuten. Es darf nicht der Fall sein, daß eine spekulative
Einstellung die Arbeit an der Lösung des Problems beeinflußt.
Wir, die Partei, deren Sprecher ich hier im Hause bin, werden
die erbittertsten Gegner jeder unsachlichen demagogischen oder
materiell beeinflußten Lösungsart sein. Freilich die
Kritik, die wir sachlich üben, darf andererseits nicht als
Demagogie bezeichnet werden, wie das Herr Dr. Viškovský
- der Name ist hier in der Debatte schon aufgezeigt worden - im
sozialpolitischen Ausschuß tat, Herr Dr. Viškovský,
der da in seiner Polemik gegen die Reden der Oppositionsparteien
anführte, daß wir Demagogie treiben, daß wir
sie etwa mit unserer sachlichen Stellungnahme zu den Regierungsprojekten
treiben. Würde der Herr von der Regierungsseite praktischer
sein, nähme er unsere Kritik zur Unterlage der definitiven
Lösung der Wohnungsfrage, wie sie durch die Mehrheit doch
in Kürze wird erledigt werden müssen, denn diese sachliche
Kritik, die seitens der Opposition im sozialpolitischen Ausschuß
bei der Beratung der Wohnvorlagen geübt worden ist, ebenso
wie im Budgetausschuß und auch im Hause selbst, enthält
sehr viel Beachtenswertes für die Mehrheit zum Zwecke der
endgültigen Lösung des Problems. Wir rufen nach einer
Wohnbaugesetzgebung, die den Doktrinen der sozialen Einsicht nach
allen Seiten hin, nach denen sie geübt werden muß,
Rechnung trägt. Wir fordern in der Praxis das und nur das,
was eben der genannte Herr Dr. Viškovský als
Kennzeichen der künftigen Wohngesetzgebung aufzeigte: Das
soziale Kompromiß. Wir wissen ganz genau den Nutz en zu
erkennen, der hieraus erfließen wird, wenn wir durch die
vorliegenden Gesetzesprojekte zu einem von sozialen Erkenntnissen
getragenen Baugesetze, das alle Einzelheiten des Wohnungsproblems
gelöst beinhalten soll, kommen. Als wir nach dem Jahre 1924
in den leider viel zulange bestandenen ex lex Zustand auf dem
Gebiete der Wohnungsgesetzgebung geraten sind, sahen wir, je länger
dieses Verhältnis dauerte, umsomehr das Ersterben dessen,
was an respektabler Bauführung in den Jahren 1920 bis 1924
vorhanden war. Für das war ein Baugesetz Grundlage gewesen,
das gewiß auch ungenügend war, aber es war doch eine
Grundlage, auf der nur hätte weiter gestaltet werden müssen.
Aber man ist leider nicht weiter gekommen, man ist in der Gesetzgebung
sogar gegenüber diesem mäßigen Zustand gefallen.
Ich erinnere bei dieser Gelegenheit an unsere vorjährige
Arbeit. Wir wollten damals, daß insbesondere das Jahr 1927
nicht in die Rolle der Jahre 1926 und 1925 fällt. Wir wollten
das Jahr 1927 zu einem entscheidenden auf dem Gebiete des Bauwesens
machen. Es sollte ein Generalangriff gegen die Wohnungsnot unternommen
werden. Dem Übel sollte der größte Teil seiner
Schärfe entzogen werden. Wir ließen uns, als
wir über diese Gedanken uns in den eigenen Beratungen wie
in der Presse, vielfach verbreiteten, von der Absicht leiten,
die Èechoslovakei, im Maßstabe der anderen Staaten
gleich fürsorglich gegenüber dem heikelsten sozial-wirtschaftlichen
Problem werden zu lassen. Andere Staaten - und darauf verwiesen
wir gerade bei der vorjährigen Beratung über dieses
Gesetz - wendeten das Problem gerade in dieser Zeit. Wir sind
der Meinung, daß das Definitivum in der Bau gesetzgebung
eine soziale Staatsnotwendigkeit darstellt. Man kann uns demgegenüber
nichts einwenden, im Gegenteil, man müßte es als vollkommen
berechtigt und im Sinne sozialer Staatsnotwendigkeit gelegen erkennen.
Das hinderte aber trotzdem nicht, daß die Regierungen mit
Provisorien aufwarteten. Abermals beraten wir heute über
ein Provisorium. Das ist die Methode, mit der man sich erspart,
in die Tiefe der Fragen zu dringen. Man nimmt es darob in Kauf,
daß alljährlich um die Frühjahrszeit, wenn die
Fristen der beschlossenen Provisorien ablaufen, die Bevölkerung
des Staates in zwei Lager sich formiert, das der Mieter und jenes
der Vermieter, die in ihrer Verzweiflung immer heftiger gegeneinander
Front machen. Richtig fragt Dr. Binder in einem seiner sachlichen
Aufsätze zum Mieterschutz: "Wohin soll das führen?"
Mit solcher Art löst man unserer Meinung nach die Dinge nicht
und kommt nie zur Möglichkeit, die Freiheit für den
Wohnungsmarkt einzuführen. Dem Ziel der Wirtschaftler wären
wir näher, wenn man die Jahre über, die wir Zeit hatten,
das zu tun, planmäßig vorgegangen wäre, um hierdurch
auch den größten Effekt zu erzielen, und zwar durch
eine soziale öffentliche Wohnbautätigkeit. Ich spreche
über diesen Teil noch ausführlicher erst später.
Ich habe im Vorjahre in zwei Bundesstaaten
Deutschlands Nachfrage über deren Baupläne gehalten.
Ich erfuhr, daß Preußen ein Bauprogramm für 1927
beschlossen hatte, demzufolge 150.000 bis 200.000 Wohnungen in
diesem Jahre erstellt werden mußten. Baiern hatte in diesem
Jahre durch seinen Landtag der Regierung einen Antrag unterbreitet,
nach dem zur Fortführung des Wohnungsbaues im Jahre 1927
37,2 Mill. Mark, also 300 Mill. Kè, bewilligt werden, von
welchem Betrage die Gewährung von staatlichen Wohnbaudarlehen
und sogenannten Arbeitnehmerdarlehen zur Errichtung
von Arbeiterwohnungen 33 Mil. Mark ausmachen. Das leisteten die
beiden größten Bundesstaaten Deutschlands im Jahre
1927. Die private Bauinitiative läuft dort, durch gute Baugesetze
unterstützt, parallel mit der öffentlichen Bautätigkeit.
So wurde es in Deutschland möglich, daß im Jahre 1927
gewaltige Teile des Wohnproblems gelöst wurden und daß
dadurch immer näher in die Zeit des Normalen auf dem Wohnungsmarkte
gerückt wird. Vielleicht ist es notwendig, daß wir
hierbei bemerken, daß Deutschland seit dem Umsturze, selbst
in der traurigen Inflationszeit, eine bewunderungswürdige
Planmäßigkeit beim Notbauen aufwies. Das beweist am
besten die Zahl jener Wohnungen, die in Deutschland seit den Umsturztagen
zum Zwecke der Lösung der Verhältnisse hergerichtet
worden sind. Es sind in Deutschland seit dem Umsturze aus öffentlichen
Mitteln weit über eine Million Wohnungen, freilich zum Teil
Notwohnungen, geschaffen worden.
Ich möchte durch die wenigen Worte über
eine mögliche Bauförderung vielleicht zum Überfluß
nochmals betont haben, wie die Voraussetzung, auf dem Gebiete
des Wohnungsmarktes zum Abbau der Zwangsverhältnisse zu kommen,
die weiter zu steigende Bautätigkeit in der Gegenwart und
in der nächsten Zeit ist, durch die jener Vorrat an Mietmöglichkeiten
geschaffen wird, der, wenn er besteht, die Wohnungen vermieten
läßt als einen Gegenstand, dessen Zurückhalten
- ich sprach im Vorjahre von Thesaurieren - unnütz und unrentabel
ist. Ich darf bescheidener Weise darauf verweisen, wie gerade
ich die letzten Jahre über bemüht war, diesem Gedankengange
auch eine praktische Form in Anträgen zu geben. Es sei da
nur meines Bauantrages aus den Jahren 1923 und 1925 über
den Bau von Einfamilienwohnhäusern für Arbeiter in der
Industrie und Landwirtschaft Erwähnung getan. Aber gerade
das Bauförderungsgesetz 1928/29, also das Bauförderungsgesetz,
das uns heute zur Beratung in diesem Hause aufliegt, zeigt auf,
wie man im Verkennen der Notwendigkeiten hier hantiert. Wir mußten
schon das Bauförderungsgesetz 1927/28 als ein schlechtes
klassifizieren. Sein Nachfolger aber, das heutige Gesetz, ist
schlechter als sein Vorgänger. "Aber es ist ja wieder
nur ein Provisorium!" So tröstet man uns. Wenn jedoch
dieses Provisorium gegenüber dem Provisorium des Vorjahres
schon abbaut, wie wird das definitive Gesetz, das uns für
1929 versprochen ist, ausschauen? Es besteht die Gefahr, daß
die vielen Vorschläge, die nicht zuletzt von den deutschen
Oppositionsparteien hier in diesem Hause zur Verabschiedung eines
endgültigen großen Wohn- und Mietergesetzes gemacht
worden sind, die oftmals sehr wertvolle Vorschläge sind,
im Regierungskoalitionshandel wie sehr viele andere in der Vergangenheit
behandelt werden und nur das als wertvoll betrachtet wird, in
der Zukunft gerade so wie in der Vergangenheit, was nichts kostet.
Aber was nichts kostet, das kann auch nicht viel wert sein, das
ist eine allgemein bekannte Tatsache. Das heurige Baugesetz setzt
in seinem sechsten Hauptstück über die Steuer- und Gebührenbegünstigung
die zeitliche Befreiung von der Gebäudesteuer samt Zuschlägen
für die im § 134 des Gesetzes Nr. 76 a. d. J. 1927 angeführten
Bauten auf 15 Jahre und für die im § 136 des zitierten
Gesetzes angeführten Bauten von Häusern mit Kleinwohnungen
auf die Dauer von 25 Jahren fest. Das vorjährige Gesetz enthielt
als die parallele Befreiungsdauer die Spannung von 25 und 35 Jahren.
Von den Gemeindeabgaben sind die genannten Bauten nach §
134 und 136 des Gesetzes Nr. 76 a. d. J. 1927 auf die Dauer von
10 und 20 Jahren befreit. Bisher hieß es, daß auch
die Befreiung von den Gemeindeabgaben zeitlich so lange anhält,
als die Befreiung von der Gebäudesteuer. Meine Herren, es
ist tief bedauerlich und ich unterstreiche diese Meinung ganz
besonders, daß gerade dieser unbestrittendste Teil des Bauförderungsgesetzes
in der vorjährigen Fassung in seiner heutigen Fassung beengt
wurde. Und dann kommt so als bloßes Aushängeschild
auch wieder die 120 Mill. betragende Staatsbürgschaft für
Darlehen. Das gilt für Darlehen bis zu 40%, mit Zurechnung
der in der Rangordnung vorangehenden Darlehen höchstens 75%,
wenn es sich um den Bau eines Familienhauses handelt, und solchen
von 40% und mit Zurechnung der in der Rangordnung vorangehenden
Darlehen höchstens 85% des ordnungsgemäß festgestellten
Bauaufwandes, wenn es sich um den Bau eines Miethauses, Ledigenheimes
oder Nachtasyls einer Gemeinde oder gemeinnützigen Bauvereinigung
handelt. Die Beschränkung der staatlichen Bürgschaft
auf eine lächerliche Summe von 120 Millionen muß leider
in uns den Gedanken aufkommen lassen, daß es sich bei dieser
Bestimmung lediglich um die Ermöglichung einiger Konzessionen
an Protektionskinder handelt. Einen Anspruch auf die Staatsgarantie
hat ja nach den Bestimmungen des Gesetzes niemand. Dafür
ist in Punkt 2 des § 30 des Gesetzes ja ein Korrelat geschaffen
worden. Es steht dann weiter zu befürchten, daß trotz
der heutigen Form der Regierung unter diesen Protektionskindern
nicht einmal wenige Deutsche sein werden. Wir müssen leider
immer wieder über einen ungerechten Proporz bei der Verteilung
öffentlicher Mittel Klage führen. Das ist bei der Bauförderung
nicht anders als auf jedem anderen Gebiet. Ich bringe dem Hause
nur den Fall der "Ersten Deutschen Gemeinnützigen Bauvereinigung"
in Kalsching bei Krummau zur Kenntnis, die sich seit Jahr und
Tag nur um die Anerkennung ihrer Statuten in dem Sinne bemüht,
um berechtigt zu sein, die Staatsgarantie beanspruchen zu können.
Sie hat die Bewilligung dieser Statuten noch immer nicht erhalten.
Immer wieder sind nichtige Gründe maßgebend, das Ansuchen
dieser Bauvereinigung abweislich zu bescheiden.
Ich will das heutige Bauförderungsgesetz
nur in diesen wesentlichen Teilen kritisieren. Aber schon aus
dieser Kritik wird es allen begreiflich, daß das Gesetz,
das wir heute zu beschließen haben, nicht einmal die Möglichkeit
bietet, diese Reformen auf dem Gebiete des Wohnungswesens auch
nur einzuleiten. Eine der viel umstrittensten Fragen, die allerdings
nicht so sehr im Bauförderungsgesetz auftaucht, sondern in
dem zweiten heute zur Beratung stehenden Gesetz über den
Mieterschutz, ist die Frage der Mietenbildung. Hier krankt nach
der Meinung weiter Kreise das ganze. Man argumentiert: Wenn die
öffentliche Nothilfe des Wohnungsproblems nicht Herr werden
kann, wenn hiezu das Privatkapital herangezogen werden muß,
muß diesem Privatkapital seine Beteiligung an der Arbeit
schmackhaft gemacht werden. Das kann, so spricht man weiter, durch
Freilegung der Mietbildung geschehen und zwar nicht nur jener
in den Neuhäusern, hier ist sie ja tatsächlich vorhanden,
sondern auch in den Althäusern. Man fordert, durch ein Experiment
die Nachfrage nach Wohnungen auch in den Neuhäusern zu gestalten.
Dieses Experiment soll in der Aufhebung der Mietzinsbeschrämkung
in den Althäusern bestehen. Man will so Fluß in den
Wohnungsmarkt bringen. Die Mieter in den Althäusern, die
heute in vieler Auffassung privilegiert sind, werden diese Häuser
verlassen, wenn die Privilegien aufhören. So geht die Argumentation
weiter Kreise. In gleicher Weise beschäftigte sich auch der
Beirat für Wirtschaftsfragen schon im Vorjahre mit der Frage
der Mietbildung. Sein Urteil stützt dieser Beirat nach dem
Motivenbericht zu seinen Vorschlägen namentlich auf folgende
Punkte: 1. Die niedrigen Zinse in den Althäusern bringen
es mit sich, daß keine genügend starke und solvente
Nachfrage nach Wohnungen in den Neubauten vorkommt. 2. Der Mieterschutz
erschwert die Beschaffung des für Neubauten erforderlichen
Kapitals, weil die Geldinstitute als Geldgeber den Ertragswert
der Neubauten nach dem Ertragswert eines ähnlichen alten
Hauses bestimmen und danach die erstrangigen Darlehen bemessen.
3. Der Mieterschutz beschränkt auch den Realitätenmarkt,
und zwar sowohl bei alten wie neuen Häusern. (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda Slavíèek.)
Meine Herren! Wir anerkennen die Zusammenhänge
zwischen dem Mieterschutz, der Bauförderung und der Interessiertheit
des Privatkapitals für den Baumarkt durchaus und das auch
in dem Sinne, daß wir erkennen, daß die Zwangsverhältnisse
auf dem Wohnungsmarkt bis zu einem gewissen Grade hemmend wirken.
Eine Lösung der Zwangsverhältnisse ist jedoch erst nach
deren gefahrloser Einrichtung möglich, nach der Schaffung
eines genügenden Vorrates auch für den sozial schwachen
Mieter mietbarer Wohnungen. Deshalb bemühten wir uns allen
voran, die öffentliche Bauförderung auszulösen,
die des Staates, wie der Länder, Bezirke und Gemeinden. Wir
sind der Meinung, daß wir in absehbarer Zeit vorwärts
kommen könnten, wenn der Wille vorhanden wäre. Zunächst
muß der Staat zu einer neuen weitgreifenden Förderung
sich emporschwingen. Die Mittel findet er hiezu immer in seinen
ordentlichen Einnahmen. Er braucht diese ordentlichen Einnahmen
nur einmal der Volkswirtschaft zuzuführen, anstatt sie unproduktiv
zu verwenden. Der Staat muß zumindest für seine Beamten
und Angestellten Wohnungen schaffen. Er dekretiere also zunächst
für sich die Baupflicht in diesem Umfange. Lassen wir dann
auch ein Notgesetz erstehen, nach dem das größere Unternehmertum,
ohne es wirtschaftlich immobil zu machen, zur Baupflicht für
seine Arbeiter und Angestellten verhalten wird. Ich spreche darüber
später noch ausführlicher. Dekretieren wir aber auch
die Baupflicht für vermögende Privatmenschen. Nach einer
solchen intensiven Steigerung der Bautätigkeit kommen wir
in Kürze zu jener Menge an Wohnungen, welche genügend
ist. Vielleicht sind wir gar nicht soweit davon entfernt. Vielleicht
ist die Meinung über die Knappheit des Wohngegenstandes unrichtig
und nur nötig, diese Meinung zu zerstören. Es ist nämlich
geradezu zu einer Psychose geworden, zu denken, der Wohngegenstand
lange nicht aus und werde niemals auslangen. Ich sehe die Zeit,
da man nach dem Mieter suchen wird, kommen, so wie die Zeit, die
wir heute erleben, eine solche des Suchens nach dem Wohngegenstand
ist. Wenn es jetzt gleich möglich wäre, alles, was an
Wohnungen thesauriert ist, dem Wohnen zugänglich zu machen,
wir wären meiner Meinung nach der Lösung näher
gerückt.
Unannehmbar sind die Bestimmungen des Mieterschutzgesetzes
bezüglich der Aufhebung des Mieterschutzes in Gemeinden unter
2.000 Einwohnern. Gegen diese Bestimmungen protestieren wir als
ganz unsinnige Bestimmungen. Wenn diese Bestimmungen praktisch
zur Durchführung gelangen, so wird sich der Staat mit ihnen
nichts anderes schaffen als ein tausendfaches Unruheelement. Es
wird in den Gemeinden draußen geradezu zu katastrophalen
Kämpfen kommen.
Zweierlei muß erreicht werden: Durch
größtmögliche Anspannung der öffentlichen
Notbauhilfe und private Bautätigkeit muß ein großer
Wohnvorrat geschaffen werden, der nicht nur dem Bedarfe stets
mehr genügt, sondern der im Augenblicke der sukzessiven Lösungen
der Bindungen auf dem Wohnungs markte nebst anderen Sicherungen
am meisten unmöglich macht, daß sich die Spekulation
austobt. So viel müssen wir tun, daß wir in diesem
Augenblick das Angebot an Wohnungen nicht unter die Nachfrage
gestellt sehen. Wie nötig wäre es, um diesen Augenblick
bestimmen zu können, daß wir eine Wohnungsstatistik
besäßen. Ich habe einen diesbezüglichen Antrag
im sozialpolitischen Ausschuß eingebracht, er wurde aber
im Ausschusse nicht angenommen. Wie ich mir berichten ließ,
ist er etwas modifiziert im Budgetausschusse angenommen worden.
Es wäre der Sache außerordentlich dienlich, wenn der
Antrag auf Durchführung einer einwandfreien Wohnungsstatistik
hier im Hause bei der Verabschiedung der Vorlage in der Form angenommen
würde, wie ich es beantragte und wünschte.
Wenn dann die Erhöhung der Mieten, bezw.
die Freigabe der Mietbildung beschlossen werden sollte, wie sie
im staatlichen Projekte steht und wenn man seitens der Mehrheit
des Hauses daran geht, das Schlagwort von der nötigen Angleichung
der Mieten in den Althäusern an jene der neuen Häuser
praktisch durchzuführen, dann darf jenes Parallelgesetz nicht
vergessen werden, welches den Mietern, und zwar jenen in den Althäusern,
wie den inzwischen in den Neuhäusern gewordenen Mietern die
Möglichkeit gibt, ihren Zins bezahlen zu können. Ich
trete hier für das große Heer jener Mieter ein, die
Mieter sein wollen, Mieter aber, wenn die Pläne der Regierung
reifen, nicht sein können, weil sie außerstande sind,
einen Posten wie die künftige Wohnungspost, in ihrem Budget
zu ertragen. Eindeutig verweisen wir darauf: Es ist die hauptsächlichste
Voraussetzung, die an eine von der Mehrheit beabsichtigte Mieterhöhung
geknüpft ist, daß ein Entlohnungsausgleich gesichert
wird. Wir wollen heute mit jenen rechten, die meinen, daß
durch die staffelweise Erhöhung der Mieten für die Gehalts-
und Lohnempfänger, die im Hinblick auf ihre heutige Lebenshaltung
schon dem Verzweifeln nahe sind, kein Lohnproblem entstünde.
Wir künden, wenn keine Paralisierung der Mieterhöhungen
für die Lohn- und Gehaltsempfänger erfolgt, Lohnkämpfe
an, die noch niemals berechtigter gewesen sein werden, als wenn
sie um den Lohnausgleich aus dem genannten Anlaß geführt
werden. Allen öffentlichen Angestellten ist den Stufen der
Mieterhöhung folgend ein Wohnungsgeld zuzuerkennen, das die
gesamte Mehrbelastung deckt. Auch der Privatarbeitnehmerschaft
ist durch gesetzliche Bestimmungen im Kollektivvertrag das Mehr
an Aufwand in den Einnahmen sicherzustellen.
Für den vermögenden Mieter plädieren
wir nicht. Er soll aber nicht nur aus dem Mieterschutz herausgeschält
werden, für ihn müßte, wie ich das schon andeutete,
die Baupflicht festgelegt werden. Praktisch wird sich nämlich
die Aufhebung des Mieterschutzes für den vermögenden
Mieter niemals in einer Kündigung äußern. Er wird
vom Hausherrn gegen eine Mietensteigerung in der Wohnung belassen
werden. Praktisch ist damit auf dem Wohnmarkte durch seine wirtschaftliche
Kraft keine Entspannung erfolgt. Die könnte erst erfolgen,
wenn dieser Mieter, für den Fall, als er Mieter bleiben will,
verhalten ist, zumindest im Ausmaße der von ihm belegten
Wohnbestandteile Wohnungen für die Öffentlichkeit zu
errichten. Das sind grundsätzliche Erwägungen, die wir
heute für die definitive Lösung des Wohnproblems eröffnen.
Dieselben können weiter verfolgt werden. Praktisch müßte
in dem endgültigen Gesetze auch die Baupflicht der Unternehmungen
festgelegt sein.
Es ist eine vielfach angefeindete Meinung,
die wir in Beziehung auf die Baupflicht der Unternehmungen haben.
Uns erscheint die Baupflicht des Unternehmers für seine Arbeiter
und Angestellten als eine elementare Pflicht. Es wäre falsch,
behaupten zu wollen, daß sich in keinem einzigen Falle das
Unternehmertum dieser Pflicht erinnert hätte. Aber es sind
gut 80% desselben, die um diese Pflicht bisher herumgekommen sind,
ohne sich das geringste Gewissen daraus zu machen. Wer ist es
aber, der unter dem sozialen Übel der Wohnungsnot heute am
meisten zu leiden hat? Eben der Arbeiter und Angestellte, die
hauptsächlich auch aus dem Grunde, weil sie bei ihren bescheidenen
Einkommensverhältnissen die hohen Mieten der Neuhäuser
nicht erschwingen können, in bis zur Unerträglichkeit
schwerste Lage geraten. Da kann es nur zweierlei geben: Entweder
es wird diesen Arbeitsmenschen durch ein Äquivalent gegenüber
der Friedensmiete die Not paralysiert oder der Unternehmer stellt
den Arbeitsmenschen die Wohnungen zur Verfügung. Es ist viel
zu wenig erkannt, daß die Wohnungen für Arbeiter und
Angestellte des Unternehmens ebenso fundus instructus desselben
sind wie jeder Teil der Betriebsstätte. Kein Unternehmer
kommt um die Notwendigkeit herum, je nach Bedarf seine Betriebsstätten
zu erweitern, seine Materiallagerräume genügend groß
zu gestalten und dgl. Das ist denn auch in den letzten Jahren
in dieser Beziehung tausendfach geschehen. Mit dem Wachstum des
Betriebes aber auch jenen Teil des fundus instructus zu vermehren,
wie wir ihn im Hinweis auf die Arbeiter- und Angestelltenwohnungen
dartaten, fällt als elementare Pflicht gar nicht ein. Dafür
läßt man die Öffentlichkeit sorgen, die Gemeinde,
die Bezirke und den Staat.