Wir haben die Frage der Arbeitsvermittlung;
seit dem Jahre 1921 verlangen wir ihre Regelung. Im Betriebsrätegesetz
sind Arbeitsvermittlungämter vorgesehen, wir können
zu ihnen nicht gelangen, nur aus dem einen Grunde, weil die Bergwerksbesitzer
dagegen sind und sich die freie Entscheidung und Verfügung
über den Arbeitsmarkt nicht nehmen lassen wollen. Ich bitte!
Welche Wirkungen hat dieser Mangel, daß wir keine geordnete
oder keine solche Arbeitsvermittlung haben, in der auch
die Bergarbeiter etwas dreinzureden haben auf die Arbeitsverhältnisse
im Bergbau? In den Jahren 1924, 1925 und 1926 sind im èechoslovakischen
Bergbau 17.000 Bergarbeiter durch Tod oder Invalidität abgegangen;
infolge anderer Ursachen 67.000, zusammen etwa
85.000. Der Zugang beträgt in derselben Zeit 75.000, davon
wurden 34.000 neu in den Gruben aufgenommen. Meine Damen und Herren!
Es wird vielleicht der allgemeinen Öffentlichkeit nicht zum
Bewußtsein kommen, was in diesen Ziffern steckt. In diesen
Ziffern steckt neben manchem anderen, was ich noch besprechen
will, zunächst die eine Tatsache, daß die Bergwerksbesitzer
willkürlich über die Arbeitspläze verfügen
und infolge dieses Verfügungsrechtes fast, oder man kann
schon direkt sagen, Mißbrauch treiben. Es ist heute für
einen Bergarbeiter mit mehreren Kindern nicht mehr möglich,
irgendwo Arbeit zu finden. Nach dem Lohnvertrag muß der
Unternehmer auch eine Kinderzulage von 1.50
Kè pro Schicht bezahlen und der Arbeitsuchende Bergarbeiter
wird gefragt: "Hast du Kinder und wieviele?" Und wenn
er Kinder hat, hat man keine Verwendung für ihn. Die Wirkung
des völligen Einflusses der Unternehmer auf den Arbeitsmarkt
und auf den Arbeitsplatz äußert sich aber noch auch
in anderer Beziehung, u. z. in einem ungeheueren Zuwachs der Rentner
der Bruderladen. Unter den entlassenen 85.000 befinden sich Leute,
die 25, 30 und 35 Jahre im Bergbau zurückgelegt haben, durchaus
noch zu manchen Arbeiten fähig sind, die sich aber auch in
einem Zustande befinden, daß, wenn ihnen Arbeit verweigert
wird, ihnen die Rente nicht vorenthalten werden kann. Ich will
Sie nicht mit Ziffern belästigen, aber ich werde Ihnen zwei
Ziffern nennen: Die Zahl der Provisionisten betrug in den èechoslovakischen
Bruderladen im Jahre 1920 u. zw. der ordentlichen
Mitglieder, die sich in Provisionsstadium befanden 25.000. Diese
Zahl ist im Jahre 1926 auf 43.000 gestiegen, und die Gesamtzahl
der Rentner auf 88.000. Wir können getrost behaupten, daß
durch diese willkürlichen und absichtlichen Manipulationen
der Bergwerksbesitzer die Bruderladen ruiniert und an den Rand
des Abgrundes gebracht wurden und jetzt, nachdem dies geschehen,
kommen die Bergwerksbesitzer und kommt die Regierung und sagt:
Die Sanierung muß auf Kosten der Rentner, auf Kosten der
Bergarbeiter durchgeführt werden. Und noch immer steht die
Regierung auf ihrem Standpunkte, daß die Bergarbeiter-Provisionisten,
die nach 30jähriger Tätigkeit in der Grube heute eine
Pension von 9.04 Kè
erhalten, zuviel haben, daß ihnen ein Drittelgenommen werden
soll, daß die Pension auf 6 Kè und 2 Heller ermäßigt
oder herabgesetzt werden soll, (Výkøiky na levici.)
daß Rechte der aktiven Mitglieder
um 40% herabgesetzt, daß der Begriff "Berufsunfähigkeit",
der so alt ist als die Bergbau- und Bruderladenversicherung
existiert, abgeschafft, die Altersgrenze erhöht und daß
unbedingt die Witwenpension herabgesetzt werden muß. Zudem
kommt die èechoslovakische Regierung in einem Zeitpunkte,
wo fast rings um uns die Renten der Versicherten in den Bergbauen
in den letzten Jahren erhöht wurden. So hat im vergangenen
Jahre die österreichische Nationalversammlung ein Gesetz
beschlossen, daß die Provisionen der österreichischen
Bruderladenmitglieder um nahezu 40% erhöht werden. So betragen
die Renten der deutschen Reichsknappschaftskassen das drei-
und vierfache dessen, was unsere Renten heute in den Bruderladen
ausmachen. Die Èechoslovakische Republik und die derzeitige
Regierung kommt mit ihren Konsolidierungsbestrebungen und beharrt
bis heute auf dem Antrage, daß die Renten
um ein Drittel zu kürzen sind. Ich hätte noch manches
anzuführen, wo die sozialpolitische Gesetzgebung im Bergbau
viel zu wünschen übrig läßt. Alle Menschen
sind sich klar darüber, daß das Betriebsrätegesetz
zu novellieren sei. Wieder enthält es Rechtsverweigerungen.
Wir haben beispielsweise seit dem Jahre 1922 einen Prozeß
anhängig um eine Frage, die im Gesetz ganz klar gelöst
ist, ob nämlich der Bergwerksbesitzer dem Betriebsrate die
Betriebskanzlei beizustellen hat oder nicht. Es steht im Gesetz.
Über diesen Rechtsstreit hat das Oberste Verwaltungsgericht
bereits dreimal, der Oberste Gerichtshof einmal und der Kompetenzgerichtshof
zur Erledigung negativer Kompetenzkonflikte auch einmal beraten,
mit dem Ergebnis, daß sich alle diese höchsten Justizstellen
für unzuständig erklärt haben. Ich frage: Wo in
der ganzen Welt ist ein solcher Skandal noch möglich, ohne
daß die Regierung, oder die zuständige Behörde,
in diesem Falle das Ministerium für öffentliche Arbeiten
und das Justizministerium, eingreifen und die notwendigen gesetzlichen
Vorkehrungen treffen, um diesen skandalösen Zustand zu beseitigen,
ihm abzuhelfen? Es ist auch leicht verständlich, daß
bei diesen sozialpolitischen Zurückgebliebenheiten und Unzulänglichkeiten
die Lage der Bergarbeiter wesentlich beeinflußt wird. Minister
für öffentliche Arbeiten Prof. Spina hat anläßlich
der Beratung des Voranschlages im Budgetausschuß zwar erklärt,
die Arbeitsverhältnisse im Bergbau seien hinreichend konsolidiert.
Warum denn? Weil es im Jahre 1926 im Bergbau sogut wie keinen
Streik gab. Auch eine Argumentation für einen Staatsmann!
Der Herr Minister hat dabei ganz vergessen, daß die Bergarbeiter
schon in den Jahren 1925 und 1926 zum Ausgleich ihrer bedrohten
Lebensinteressen zu Lohnforderungen gezwungen waren, daß
sie nur mit Rücksicht auf die abwehr der beantragten Verschlechterung
der Versicherung im Jänner von einem effektiven Kampf Abstand
genommen haben. Das hat wohl wahrscheinlich die ganze Öffentlichkeit
gewußt, nur der Herr Arbeitsminister nicht, denn sonst hätte
er im Budgetausschuß nicht so argumentieren können.
Wie steht es nun damit? Wir müssen vom Jahre 1923 ausgehen,
weil in diesem Jahre der Lohnabbau erfolgte, unter der Begründung,
es müssen die Kohlenpreise herabgesetzt werden, damit auch
die übrigen Bedarfsartikel im Preise sinken. Seit dieser
Zeit ist der amtliche Lebenshaltungsindex von 889 auf 940 gestiegen.
Das sind Durchschnittsziffern. Ich fühle mich verpflichtet,
an der Hand einiger wichtiger Nahrungsmittelpreise die Steigerung
darzustellen, aus der Sie ersehen, daß die praktische Auswirkung
der mittlerweise erfo!g ten Teuerung noch weit größer
ist. Brot ist seit dem Jahre 1923 um nahezu 50% gestiegen, Mehl
um 33 %, Kartofeln um 13%, Zucker um 21%. Dabei ist die Preiserhöhung,
die uns die letzten Tage beschert haben, noch nicht berücksichtigt.
Geräucherter Speck ist um 16%, Erbsen sind um 18% gestiegen.
Sie ersehen daraus, daß die Steigerung, herbeigeführt
durch die Erhöhung der Zölle, sich besonders für
die ärmsten Haushalte durch eine wesentliche Verteuerung
der primitivsten und dringendsten Nahrungsmittel am stärksten
fühlbar macht. Die Löhne dagegen, wenn man bezüglich
der Lebenshaltungskosten von dem amtlichen Index von 940 gesprochen
hat, stiegen gegen die Vorkriegszeit durchschnittlich auf 734
in Nordwestböhmen, daher ist ihre Kaufkraft gegen das Vorkriegsjahr
kaum 80%. Die Unternehmer behaupten das Gegenteil. Die Löhne
seien hoch und übrigens seien die sozialen Lasten so groß,
daß das Produkt dadurch zu sehr verteuert wird. Ich habe
schon im Budgetausschuß darauf verwiesen und muß es
hier im Hause öffentlich wiederholen, daß das eine
glatte Unwahrheit ist. Die Löhne und sozialen Lasten haben
im Jahre 1913 betragen: im Mährisch-Ostrauer Revier 47%,
im Brüxer Revier 43 % des Wertes der erzeugten Ware,
im Jahre 1927 im Ostrauer Revier um 16% weniger, im Brüxer
um 11% weniger, also nur 33 %. Die Lohnbildung ist rückläufig
geworden von 54 Kè Durchschnittsverdienst pro Schicht auf
39.60 Kè pro Schicht,
wobei noch zu berücksichtigen ist, daß ein Bergarbeiter
durchschnittlich 18 bis 19 Kè wöchentlich an Abzügen
für Versicherung hat. Wie steht es demgegenüber mit
dem Unternehmer? Wir können feststellen, daß die Gewinne
der Unternehmer noch zu keiner Zeit so groß waren, wie in
den letzten Jahren. Die ausgewiesenen Gewinne
der wichtigsten Bergunternehmungen, die im Jahre 1923 41 Mill.
betragen haben, sind mittlerweile bis zum Jahre 1926 auf 64 Mill.
gestiegen. Das ist also der Gewinn der Bergwerksbesitzer aus der
Aktion vom Jahre 1923. Das sind nur die ausgewiesenen Gewinne.
Die nicht ausgewiesenen und bei dieser Darstellung nicht berücksichtigten
sind die kolossalen Reserven und Abschreibungen, die Jahr für
Jahr zu konstatieren sind.
Im Jahre 1927 ist die. Steuerreform beschlossen
worden, deren Vater der Finanzminister Prof. Dr Engliš
ist. Diese Steuerreform hat den Industriellen und den zur
öffentlichen Rechnungslegung verpflichteten Unternehmungen
es möglich gemacht, gewisse Manipulationen vorzunehmen. Und
da haben wir wieder wahrgenommen, daß unter allen Industrieunternehmungen
die Bergwerksbesitzer an erster Stelle stehen, mit den Überweisungen
an die Reservefonds, mit der Ausgabe von Gratisaktien, mit einer
Aufwertung des Aktienkapitals, wie sie in diesem Staate keine
andere Berufsschicht, auch nicht einmal eine andere kapitalistische
Schicht zu verzeichnen hat. Den Besitzern der Gruben wurden ihre
Werte aufgewertet, mit Gold aufgewogen, könnte man fast sagen.
Aber darin allein besteht der wahre Gewinn noch immer nicht. Die
Zeitschrift "Wirtschaft" hat uns vor wenigen Tagen in
dankenswerter Weise eine Aufstellung gegeben wie die Kurswerte
gewisser Aktienunternehmungen im Jahre 1927 sich entwickelt haben.
Und da finden wir, daß die größten Bergbaugesellschaften
in der Republik, die Nordbahn, die böhmische Handelsgesellschaft,
die westböhmische Kohlen, die Berg- und Hütten u. s.
w. einen Aktienwert von 1.2 Milliarden Kronen im Jahre 1926 aufzuweisen
hatten und daß der Wert derselben Aktien gegen Ende 1927
auf 1,9 Milliarden gestiegen ist. Diese gewaltige Steigerung des
Aktienwertes kommt weder in den Stabilisierungsbilanzen noch sonstwo
zum Ausdruck und übersteigt eigentlich, wenn die Gesamtsumme
berechnet und berücksichtigt wird, die Aufwertung auf die
Goldparität.
Wir haben die Herren bei ihrer Argumentation
gesehen. Ich erinnere mich dabei lebhaft an eine Aussprache, die
am 7. Jänner 1927 stattgefunden hat und die damals der Minister
für öffentliche Arbeiten Spina zwischen uns und
den Bergbaubesitzern vermittelte, als die Bergwerksbesitzer durch
den Präsidenten des Verbandes erklären ließen:
"Meine Herren! Wir sehen ein, daß die Bergarbeiter
etwas brauchen, aber der Stand der Grubenunternehmungen ist ein
derartiger, daß wir absolut nicht in der Lage sind, etwas
zu geben. Es heißt für uns alle den Riemen fester schnallen".
Wie das Festerschnallen des Riemens ausschaut, habe ich Ihnen
jetzt geschildert. Ich könnte Ihnen für jeden einzelnen
Fall etwas besonderes anführen, doch das würde zu weit
führen.
Die Herren hören fortwährend vom
Abbau der Löhne, der im Interesse der Produktion notwendig
ist. Soweit der Bergbau in Frage kommt, haben die verantwortlichen
Leiter dieser Unternehmungen Riesengehälter und Nebenbezüge,
die das 10 bis 100-fache des Jahreseinkommens eines Bergarbeiters
ausmachen. Aber den Riemen bei sich selbst fester zu schnallen,
fiel ihnen auch im Jahre 1927 wahrlich nicht im mindesten ein.
Die Bergarbeiter haben infolge dieser Verhältnisse gegen
Ende des Jahres 1927 an die Grubenbesitzer die ganz bescheidene,
angesichts der großen Notlage mehr als bescheidene
Forderung nach einer einmaligen Teuerungsaushilfe von 400 Kè
für Verheiratete und 300 Kè für Ledige gerichtet.
Diese Forderung wurde von den Bergbaubesitzern aller Reviere mit
dem Hinweis abgelehnt, daß die Löhne der
Bergarbeiter ohnehin hoch genug seien. Angesichts der von mir
geschilderten Betriebsergebnisse in den letzten Jahren und angesichts
der zu erwartenden Tatsache, daß die Betriebsergebnisse
des Jahres 1927, wo sich der Wert der Stabilisierungsbilanzen
erst ordentlich auswirken kann, noch weit größer sein
werden, muß diese Haltung der Bergwerksbesitzer als ganz
unverständlich, ja als Verhöhnung der Bergarbeiter empfunden
werden.
Die Bergarbeiter haben darauf hin, vorläufig
in einem Revier, den Lohnvertrag gekündigt und den Unternehmern
bekannt gegeben, daß sie zu Verhandlungen über einen
neuen Lohnvertrag auf Grund von geforderten Lohnerhöhungen
bereit sind. Die Bergwerkbesitzer haben am 13. ds. zu dieser Frage
Stellung genommen und beschlossen, die Frage zu studieren und
in den nächsten Wochen darüber einen Bericht erstatten
zu lassen. Wenn ich erklärt habe, daß die Bergarbeiter
zu Unterhandlungen bereit sind, möchte ich doch von dieser
Stelle ohne jede Drohung auch hinzufügen: So gerne die Bergarbeiter
zu Unterhandlungen bereit sind, so mögen es sich die Herren
gesagt sein lassen, daß die Bergarbeiter ebenso zum Handeln
bereit sind und nicht gewillt sind, vertragslos zu arbeiten.
Das schafft natürlich eine kritische Situation.
Wir und ich besonders, stehen nicht hier, um jemanden aufzurufen,
die Initiative zu ergreifen. Nein, dazu habe ich keine Vollmacht
im Namen der Bergarbeiter, dazu sind aber auch die Erfahrungen,
die wir mit dem Ministerium für öffentliche Arbeiten
im Vorjahr gemacht haben, durchaus nicht angetan. (Posl. Hackenberg:
Das Ministerium zeigt auch heute recht geringes Interesse. Nicht
ein einziger Minister ist anwesend!) Vielleicht kommen sie
in vier Wochen, ich weiß es nicht. Aber daran will ich erinnern,
wie das Ministerium für öffentliche Arbeiten vorgegangen
ist, in einer Weise, die naturgemäß die provokative
Haltung der Bergwerkbesitzer unterstützt und geradezu herausfordert.
Am 6. Dezember 1926 sind die Vertreter der Bergarbeiter beim Herrn
Minister Dr Spina erschienen und haben ihn ersucht, bei
den Forderungen der Bergarbeiter vermittelnd einzugreifen. Der
Herr Minister hat das ausdrücklich und feierlich versprochen.
Was ist geschehen? Man verlangte von uns eine schriftliche Eingabe.
Sie wurde geliefert. Und diese Eingabe ließ nun der Herr
Minister durch seinen Sektionchef dem Verband der Bergwerkbesitzer
zugehen. Nach ein paar Tagen wurde sie zur Äußerung
urgiert. Der Verband der Bergwerkbesitzer hat sich, dann genau
so ablehnend geäußert, wie 14 Tage vorher zu uns. Es
war nicht anders zu erwarten. Daraufhin hat der Herr Minister
diese Antwort uns zur Kenntnisnahme zugeschickt. Das war die versprochene
Vermittlung. Aber, meine Herren, es kommt noch schöner.
Am 30. Dezember 1926 haben die Vertreter der
Bergarbeiter den Herrn Minister noch einmal persönlich auf
die kritische Situation aufmerksam gemacht und verlangt, der Herr
Minister möge irgendwelche Verhandlungen mit vermittelnder
Tätigkeit einleiten. Der Herr Minister hat sich dazu bereit
erklärt. Die Parteien wurden für den 7. Jänner
eingeladen. Der Herr Minister ließ sich entschuldigen und
schickte seinen Sektionschef, der die Verhandlungen eröffnete
und den Parteien dann nacheinander das Wort erteilte. Als die
Herren Bergwerksbesitzer erklärten, die Bergarbeiter müßten
halt den Riemen fester schnallen, eilte der Sektionschef zum Schluß
der Verhandlungen und schloß mit der Erklärung, er
werde dem Herrn Minister Bericht erstatten. Ob er und wie er den
Bericht erstattet hat und was der Herr Minister weiter nach diesem
Berichte getan hat, darüber ist uns der Herr Minister bis
zum heutigen Tage die Antwort schuldig geblieben. (Výkøiky
nìm. soc. demokratických poslancù.)
Wenn ich also sage, wir nähern uns einer
kritischen Situation, so sage ich wohl nicht zuviel. Die Notlage
der Bergarbeiter ist derartig groß, daß ich nicht
übertreibe, wenn ich sage, daß in einzelnen Fällen
aktive verheiratete Bergarbeiter, Regiearbeiter, bei Kurzarbeit
buchstäblich ihre Kinder neben der Arbeit betteln schicken
müssen. Wundern Sie sich da, wenn man mit Recht von einer
kritischen Situation spricht, wenn in diesem Staate das in Wegfall
kommt, was in Deutschland, in Österreich und in allen übrigen
Staaten vorhanden ist: eine übergeordnete Stelle, die gegebenenfalls
die Initiative zu Verhandlungen ergreift? Werden Sie begreifen,
daß niemand von den Bergarbeitern mehr den Mut aufbringen
kann, nach den Erfahrungen der Jahren 1926 und 1927 das Ministerium
um Verhandlungen zu ersuchen? Die Teilnahmslosigkeit der Regierung
ist nicht nur Teilnahmslosigkeit, sondern Vorschubleistung für
die Bestrebungen der Bergwerksbesitzer. Mit Recht wohl erkläre
ich: wenn die Vermittlungstätigkeit so ausgeübt wird,
dann wären die Bergarbeiter ohne sie vielleicht im Verhandlungsweg
ein ganzes Stück weiter. Diese Verhältnisse treiben
naturgemäß zum Konflikt und das ist sehr bemerkenswert
angesichts der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse.
Wir haben ein Jahr abgeschlossen, erst wenige
Tage stehen wir im neuen Jahre. Am Schluß des vorigen Jahres
waren die Arbeitgeber, die Staatsmänner dieses Staates und
die bürgerlichen Blätter voll von Lobeshymnen, was für
ein gutes Jahr das Jahr 1927 war. Es war in der Tat ein gutes
Jahr für sie, aber auf Kosten aller arbeitenden Menschen,
und daher auch auf Kosten der Bergarbeiter. Mit dem Jahr 1928
haben wir angeblich das Jubeljahr der zehnjährigen Staatsgründung
eröffnet und die Feierlichkeiten haben ja schon begonnen.
Meine Herren, wir sind uns keinen Moment darüber
im Unklaren, was auch das Jahr 1928 für die arbeitenden Klassen
bringen wird: Die Fortsetzung dessen, was die Herren im Jahre
1927 so erfolgreich für ihre Taschen aus den Taschen des
arbeitenden Volkes herausgeschunden haben. Unter den Jubilaren
des Jubeljahres werden sich auch die Bergarbeiter einfinden
und die Herren von der Regierung und von den èechischen
Regierungsparteien werden von ihnen daran erinnert werden müssen,
was sie alle miteinander den Bergarbeitern im Jahre 1918 versprochen
und was sie ihnen restlos schuldig geblieben sind. Schuldig
geblieben deshalb, weil unsere sozialpolitische Gesetzgebung,
weil die soziale Lage der Bergarbeiter schlechter ist als in irgendeinem
Staate unserer Umgebung.
Die Bergarbeiter werden jeden Anlaß dazu
benützen, um die Herren daran zu erinnern, welche Versprechungen
sie damals erhalten haben. Ich kann mich noch lebhaft daran erinnern,
wie der erste Arbeitsminister der Republik, der Herr Stanìk,
in den Bergbaurevieren herumgefahren ist und den Bergarbeitern
das Blaue vom Himmel versprochen hat, ein Angehöriger jener
Partei, deren Chef an der Spitze dieser Regierung steht, welche
die soziale Reaktion im vollen Umfange einzuleiten und durchzuführen
und besonders an den Bergarbeitern zur Auswirkung und zum Durchbruch
kommen zu lassen gedenkt. Wenn ich sage: "Sie sind ihnen
alles schuldig geblieben", so ist das, was ich aufgezählt
habe, weitaus nicht alles, was Sie schuldig geblieben sind.
Für den vorliegenden Gesetzentwurf werden
wir stimmen, weil er ein altes Unrecht an den slovakischen und
karpathorussischen Bergarbeitern gut macht, auf keinen Fall aber
kann er keine Abschlagzahlung auf all die schuldig gebliebenen
Versprechungen gegenüber den Bergarbeitern beinhalten. (Potlesk
nìm. soc. demokratických poslancù.)