Pondìlí 28. listopadu 1927

Aber die Einsicht stand in der Èechoslovakei nur im ersten Anfange und da nur theoretisch. Es ist bedauerlich, daß die Gedanken, die in Kundgebungen des neuen Staates enthalten waren und die gewiß eine Theorie des Nationalitätenstaates ausmachten, nur Theorie blieben, daß man in der Praxis entgegengesetzt aller guten Theorien handelte. Auf dem Gebiete des Schulwesens tat man das am ausgiebigsten.

Die Èechen haben die von mir geschilderte 50jährige Praxis des alten Österreich mißachtet, indem sie mit einigen wenigen Strichen eben durch das Gesetz vom 9. April 1920, Slg. 292, die national getrennten Orts- und Bezirksschulräte zum Verschwinden brachten, um an ihre Stelle Orts- und Bezirksschulausschüsse zu setzen, in welchen beide Volksstämme vertreten zu sein haben. Für Ihre Minderheitsschulen allerdings gilt dieser Grundsatz nicht, da gilt der Grundsatz der Einheitlichkeit der Orts- und Bezirksschulräte. Die Landesschulräte erlebten dann auch eine Ummodelung. Was blieb denn übrig von der Selbständigkeit der deutschen Abteilung des Landesschulrates? Das ist eine ungeheure Sünde wider den guten Geist. Dabei will ich gar nicht rekapitulieren, was durch die umgeänderten Schulbehörden an schwerer Schädigung des deutschen Schulwesens erfolgte.

Eines ist aber sicher, wir müssen den Rückweg aus diesem Zustande gewinnen können. Ich zeigte diese Notwendigkeit seit Jahr und Tag auf. Für mich bestand die ganze Zeit über. durch die ich mein Mandat ausübe. keine größere Forderung als die nach nationaler Schulselbstverwaltung. Seit Jahren, und stets mehr, je öfter Ich über die Schulgesetzgebung spreche, lege ich auch ein Gewicht darauf, zu beweisen. wie leicht es gerade im èechoslovakischen Staate ist, die Dinge zu meistern, über die Restitution der österreichischen Schulgesetzgebung zur Komplettierung der Schulautonomie zu kommen.

Das erste in dieser Richtung ist. daß die österreichische Gesetzgebung neuerlich in Anwendung gelangt, nach der die national getrennten Orts- und Bezirksschulräte wieder aufleben. Als weiteres Notwendige tritt die Aufrichtung der Sektionierung der Landesschulräte bezw. die Wiederaufrichtung auf, die Sektionierung des Ministeriums für Schulwesen und Volkskultur, letzten Endes das eigene Schulbudget für die einzelnen Nationen des Staates.

Dieser Weg über die Restitution des Vorkriegszustandes an Schulgesetzgebung zur Autonomie wird als realisierbar auch von der Schulverwaltung selbst zugegeben. Wenn ich die Antwort des Herrn Ministers Hodža auf meine seinerzeit mit Koll. Jung eingebrachte Schulinterpellation richtig verstehe, ist es so. Der Herr Minister steht auf dem Standpunkte, daß es als Folge des Gesetzes über die Organisation der politischen Verwaltung notwendig wird, auch das Gesetz vom 9. April 1920, Slg. 292, zu ändern und durch einen Gesetzentwurf dann gleichzeitig Bestimmungen über die nationale Autonomie in der Schulverwaltung zu erlassen. Das ist ein wenn auch nur kleiner Fortschritt in der Stellung der Schulverwaltung. Aber das Einsehen muß von der größten Folge begleitet sein. Die Novelle des Herrn Unterrichtsministers sollte unserer Meinung nach nicht nur ein Pflaster sein, sondern durch ihren Inhalt sich würdig einreihen lassen in die Reihe der legislatorischen Großtaten von der Art der esthländischen und Kärntner Selbstverwaltungs-Gesetzgebung.

Erst ein solches Gesetz wird die Visitkarte der heutigen Koalition sein. Wir wollen gern vergessen, wenn sie nächstens abgegeben wird, daß sie nicht schon früher zur Abgabe gelangte. Der Herr Minister aber kann sich durch ein Werk, wie wir es verlangen, mit der Geschichte verankern, wie kaum ein anderer, der flüchtige Tagespolitik macht. Sein Name würde genannt werden über Dezennien hinaus wie die Namen der Plener. Hallwich, Schmeykal, Scharschmid, Schlesinger, Rieger, Mattuš, Zeithammer.

Der Herr Minister war im Vorjahre zum großen Wurfe bereit. Noch am 3. März 1927 bekannte er sich in seinem bekannten Exposé zur Notwendigkeit einer legislatorischen Großtat, durch die die Selbstverwaltung der Nationen innerhalb ihrer Kulturkreise gewährleistet wird. Oftmals darnach wiederholte er sie. Der Gedanke daran ist heute noch sein Königsgedanke. Wir wissen, daß es konträre Einflüsse sind. die ihn in seinen Absichten zurückgeworfen haben. Aber wir sagen, daß wir nicht eher das Schulproblem gelöst betrachten können als bis die Selbstverwaltung der Nationen auf diesem Gebiete gesichert ist. Wieviel Kampf aber, und daraus entstehender Haß, wieviel Sorgen und Nöte würden begraben, wenn man unseren Anregungen folgte, wieviel neue Kraft zu aufbauender Arbeit würde freigemacht, wenn man zumindest das Schulgebiet neutralisierte.

Nur durch eine politische Tat, die Grundsätzlichkeit atmet, wie ein Gesetz über die Schulselbstverwaltung der Nationen, ist der Theorie der heutigen staatspolitischen Konzeption eine praktische Seite gesetzt. Es liegt an ihnen mehr als an uns, positiv in diesem Sinne zu schaffen. Scheuen sie sich aber nicht, von Schulautonomie zu reden.

Wenn ich dies ausspreche, so soll es eine kleine Polemik gegenüber den deutschen Regierungsparteien sein, da sich diese deutschen Parteien mehr als zu allen Zeiten ihres Bestandes und mehr als jede andere Partei, die nicht so legitimiert ist, für die Vertretung der Interessen des deutschen Volkes zu sprechen, scheuen, von etwas Grundsätzlichem überhaupt zu sprechen. Es ist äußerst charakteristisch, daß in der ganzen Schuldebatte, die wir über ein Jahr abführen, teils im Ausschuß, teils im Hause selbst, niemals von diesen Herren, nicht einmal von ihren besonderen Schulleuten, das Wort von dem Kampf um die Erringung der Selbstverwaltung für das Schulwesen gefallen ist.

Es ist bei der heurigen Budgetberatung auch von der Opposition manches Bekenntnis zur positiven Arbeit getan worden. Wir sind auch auf dem Gebiete des Schulkampfes niemals nur negativ geblieben. Wir haben praktisch gearbeitet, am meisten, daß wir in einem Antrage die Schulselbstverwaltung legislatorisch entwarfen. Dieser Antrag regelt die Grundsätze der Selbstverwaltung, die Frage des Nationalkatasters so gut wie in seinem zweiten Hauptstück die Frage der Schulaufsicht. Das dritte Hauptstück spricht von der Schulerrichtung und -erhaltung, das vierte von der Lehrerschaft und den Unterrichtsmitteln. Es ist eine beachtenswerte Arbeit, die dem Interesse begegnen sollte. Das war die mir von der Partei übertragene Aufgabe, der grundsätzlichen Frage der Schulselbstverwaltung etwas mehr Worte zu verleihen, als das sonst möglich ist. Wenn dann die Schulautonomie besteht, gibt es für uns keinen Zweifel mehr darüber, ob wir für ein Budget stimmen oder nicht, dann ist das Budget unser und wir werden dafür stimmen. Bis dorthin aber lehnen wir jeden Schulvoranschlag grundsätzlich ab. (Potlesk poslancù nìm. strany nár. socialistické.)


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