Pøíloha k tìsnopisecké zprávì
o 92. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní
republiky Èeskoslovenské
v Praze ve ètvrtek dne 30. èervna 1927.
1. Øeè posl. dr Koberga (viz str. 2041 tìsnopisecké zprávy):
Meine Damen und Herren! Der in Verhandlung stehende Gesetzentwurf bezeichnet sich selbst als eine Neuordnung der politischen Verwaltung. Tatsächlich wird dadurch der Selbstverwaltung in den Bezirken und Ländern der Garaus gemacht. Von einer Autonomie ist keine Rede mehr. An ihre Stelle tritt dezentralisierte Staatsverwaltung, verbrämt mit sogenannten Volksvertretern, von denen allerdings ein Drittel ernannt ist. Aber auch die anderen zwei Drittel dienen nur zur Täuschung des In- und Auslandes, denn weder die Bezirks- noch die Landesvertretungen und Ausschüsse erhalten auch nur im mindesten die Möglichkeit und die Macht, ihren Willen in wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Dingen in die Tat umzusetzen, wenn es nämlich der Regierung nicht gefällt. In politischen Fragen dürfen sie überhaupt weder Beschlüsse fassen, noch Anträge einbringen, wobei die Entscheidung darüber, was politisch ist und was nicht, dem hochwohlweisen infalliblen Herrn Bezirkshauptmann oder Landespräsidenten zusteht. Weil also jede irgendwie politisch angehauchte Betätigung in diesen Körperschaften strengstens verpönt ist, deshalb nennt man dieses Gesetz in der Überschrift stolz ein "Gesetz zur Neuregelung der politischen Verwaltung".
Herr Dr. Kramáø hat nun behauptet, es werde durch das vorliegende Gesetz zur Neuregelung der politischen Verwaltung eine vollständig neue, noch nie dagewesene Art der Selbstverwaltung angebahnt werden. Herr Dr. Kramáø ist leider nicht anwesend. Ich habe schon im Ausschuß mit ihm darüber polemisiert. Er ist der Meinung, daß durch das Zusammenwirken der Volksvertreter mit den Staatsbeamten über beide Teile ein neuer Geist kommen soll, der gleichermaßen für die Bevölkerung wie für den Staat segensreich sein wird, so wie es übrigens auch der Kollege Zierhut im Ausschuß in Aussicht gestellt hat. (Posl. Horpynka: Womöglich meinen sie den Geist der politischen Verwaltungsbeamten!) Ja, der wird segensreich über unsere Heimat kommen! In Wahrheit könnte diese Neuordnung nur Polizeidemokratie genannt werden, da sie nichts anderes, als ein Rückfall in die längst überwundenen Zeiten des altösterreichischen Polizeistaates ist. Allem Anschein nach geraten wir wieder in jene finsteren Zeiten des eudämonistisch sogenannten Wohlfahrtsstaat des 17. und 18. Jahrhunderts, der in Form des Polizeistaates eine unerfreuliche Nachblüte im 19. Jahrhundert unter Metternich und schließlich zum letztenmal unter der Ära Bach erlebte.
So wie jetzt durch das vorliegende Gesetz die Gauverfassung vom 29. Feber 1920 beseitigt wird, so setzte das Sylvesterpatent die Märzverfassung außer Kraft mit der Begründung, daß sie weder in ihren Grundlagen den Verhältnissen des Staates angemessen, noch in dem Zusammenhang ihrer Bestimmungen ausführbar ist. Genau so heißt es wörtlich im kaiserlichen Patent vom 31. Dezember 1851, wie es auch jetzt zur Begründung dieser Neuregelung, dieser Abänderung des Gaugesetzes, immer wieder behauptet wird. Diese Übereinstimmung ist geradezu auffallend. Weiter heißt es dort: "Um die Bedingungen der Wohlfahrt aller Schichten der Bevölkerung zu sichern und die Einheit und Macht des Staates zu stärken, sollen die Wege der Erfahrung unter sorgfältiger Prüfung aller Verhältnisse eingehalten und die daraus abgeleiteten organischen Gesetze fortschreitend zustande gebracht werden." Könnte das alles nicht wortwörtlich im Motivenbericht zu diesem Gesetze stehen? Damals traten an Stelle der Märzverfassung die "Grundsätze für die organischen Einrichtungen in den Kronländern", deren Ausführung den Ministern oblag. In diesen Grundsätzen wurde die politische Verwaltung neu geregelt - genau so wie jetzt: Bei den Bezirksämtern sollten beratende Ausschüsse eingesetzt werden, entsprechend den neuen Bezirksausschüssen und Vertretungen, damals "Zusammentretungen" genannt, die allerdings niemals zusammentraten. Über den Bezirksämtern wurden unter den üblichen Landesbenennungen in administrativer Hinsicht Kreisbehörden und Statthaltereien aufgestellt, denen die geplanten Landesämter gleichen. In kleinen Ländern werden solche entfallen, hieß es im Punkt 5 der Grundsätze. Man braucht jetzt nur nach Schlesien zu sehen, und sieht die Analogie. Die Stellung und die Vollmachten des Landeschefs glichen haargenau dem, was jetzt beantragt wird. Der selbständige Wirkungskreis der Gemeinden wurde stark beschränkt und gleichzeitig die Verbindlichkeit für die Gemeinden und deren Vorstände ausgesprochen, der vorgesetzten Staatsbehörde in allen öffentlichen Angelegenheiten die durch allgemeine und besondere Anordnungen bestimmte und in Anspruch genommene Mitwirkung zu leisten. Sie wurden also zu Bütteln, zu Hausknechten für die Bezirksämter herabgewürdigt. Genau dasselbe ist auch jetzt beabsichtigt. Auch in den eigenen Gemeindeangelegenheiten sollten wichtigere Akte und Beschlüsse der Prüfung und Bestätigung der Staatsbehörden vorbehalten werden. Ganz dasselbe ist heute schon durch das Finanzgesetz für die Selbstverwaltungsverbände vorgeschrieben. "Die Gemeinden werden in der Regel den Bezirksämtern und nur ausnahmsweise nach Verhältnis ihrer besonderen Eigentümlichkeiten den Kreisbehörden oder den Statthaltereien unmittelbar untergeordnet." Ähnliches bestimmt auch der in Verhandlung stehende Entwurf. Die Öffentlichkeit der Gemeindeverhandlungen, mit Ausnahme besonders feierlicher Akte, wurde abgestellt. Höhere Kategorien von Gemeindebeamten sollten da, wo die Verhältnisse es tätlich machten, der Bestätigung der Regierung unterzogen und alle Gemeindevorstände der Land- und Stadtgemeinden ebenfalls der Bestätigung und nach Umständen, selbst der Ernennung durch die Regierung vorbehalten werden. Das entspricht ganz der Art, wie die Bezirksvorsteher bestellt werden und es hätte damals auch der abermaligen Begründung durch eine Verordnung vom 19. März 1852 nicht bedurft, um der Bevölkerung die Notwendigkeit dieser Maßnahmen bei diesem System noch besonders vor Augen zu führen.
Am 24. April 1859 kam dann endlich ein neues Gemeindegesetz heraus, das jedoch lediglich als Norm für die künftigen Stadt- und Landgemeindeordnungen gedacht war und nur hinsichtlich der Bestimmungen über die Zuständigkeit in Wirksamkeit trat und auch heute noch in Wirksamkeit ist. Man darf daraus vielleicht die Hoffnung schöpfen, daß auch diesmal bei einem starken Widerstand der Bevölkerung die jetzige reaktionäre Gesetzgebung überhaupt nicht in Wirksamkeit treten wird, so wie auch das Gaugesetz vom Jahre 1920 bisher bei uns nicht in Wirksamkeit getreten ist. Damals kam in dem erwähnten Gemeindegesetz vor allem der Grundsatz zum Ausdruck, daß den überwiegenden Interessen auch ein überwiegender Einfluß zustanden wird, in besondere dem Grundbesitze nach Maßgabe der Ausdehnung und seines Steuerwertes. Auch wir werden wohl in logischer Fortsetzung und Vollendung dieser sogenannten Verwaltungsreform eine Neuordnung der Gemeindeverwaltung erleben. Präjudiziert ist sie schon durch dieses Gesetz, namentlich bezüglich der Aufsieht, aber auch hinsichtlich der ganzen Konstruktion, wie ja anderseits die Verwaltungsreform schon in der Neuregelung der Finanzen der Selbstverwaltungsverbände vorweggenommen war. In absehbarer Zeit muß also eine Abänderung der Gemeindeordnung und höchstwahrscheinlich auch eine Änderung der Gemeindewahlordnung kommen, die aller Voraussicht nach in ihren Grundzügen denen des Sylvesterpatents verdammt ähnlich sehen wird. Die ganze Verwaltungsreform strebt ja diesem hehren Vorbilde nach und deshalb enthält sie sogar das Prügelpatent vom 20. April 1854, allerdings in einer wesentlich verschlechterten Auflage. Begreiflicherweise trägt die umfangreiche Polizeigesetzgebung dieses Dezenniums der Bach'schen Ära den Stempel des Absolutismus in reinster Prägung und gerade deshalb übernimmt man hierzulande diese Bestimmungen mit der größten Wonne. Dieser verruchte Obrigkeitsstaat Österreich hat es zu Zeiten halt doch verstanden, mit Hilfe seines Berufsbeamtentums und seiner Wehrmacht die auseinanderstrebenden Völker zusammenzuhalten. Warum sollte man sich nicht jetzt in Prag seines altbewährten Rezeptes bedienen? Hat man doch auch das Institut der Gendarmarie, das im alten Österreich durch das Gesetz vom 18. Jänner 1850, also zu Beginn der letzten Reaktionszeit, zum Zwecke der Stärkung der staatlichen Exekutivgewalt neben der Staatspolizei gegründet wurde, in dieser freien demokratischen Republik liebevoll vergrößert und ausgestaltet und gerade jetzt sollen die Rechte der Gendarmerie wiederum erweitert werden.
Zur Vervollständigung der Analogie mit der Bachschen Ära fehlt nur noch ein Gegenstück zum Konkordate vom 5. November 1855. Im übrigen beweist dieser Vergleich, daß es tatsächlich nichts Neues unter der Sonne gibt, und daß die Verwaltungsgeschichte zwischen den zwei Polen, Nachtwächterstaat und Zuchthausstaat, ständig hin und her pendelt, wobei unter Nachtwächterstaat der liberale Rechtsstaat verstanden wurde, der sich mit einem Nachtwächter als Sinnbild der Obrigkeit begnügte, während der Zuchthausstaat bis in die Privatrechte der Bürger eingreift und sich anmaßt, alles durch obrigkeitliche Anordnung regeln zu können. Wir nähern uns jetzt bedenklich diesem letzteren Pole, dem Pole des Zuchthausstaates. (Posl. dr Schollich: Das heißt, wir sind schon drin!) Ja, wir sind schon sehr stark darin. Sprachengesetz, parlamentarische Geschäftsordnung, Novelle zu den Gemeindeordnungen, Finanzgesetz für die Selbstverwaltung, Wehrgesetze, Schutzgesetz und diese Vorlage sind nur einige wenige Marksteine auf diesem Wege. In jeden Quark steckt die hohe Obrigkeit ihre Nase und am liebsten würde sie den Staatsbürger nurmehr als Objekt ihrer Tätigkeit, nicht als öffentlichrechtliches Subjekt behandeln. Die Staatslenker meinen, die Bevölkerung sei in ihrer übergroßen Mehrzahl noch gar nicht reif, ihre Angelegenheiten selbst zu bestimmen. So ähnlich hat auch Dr. Kramáø sich einmal im Ausschuß geäußert. Und darum werden die Freiheitsrechte der Untertanen immer mehr beschränkt, besonders auf politischem Gebiete. Zwangsweise will man so das Allgemeinwohl von oben fördern, alle öffentliche Gewalt wird straff in der Hand der Regierung zusammengefaßt und dadurch hofft man offenbar die Staatseinheit zu retten. Darin liegt das Wesen jedes Polizeistaates und es mutet seltsam an, wenn dem gegenüber der Berichterstatter Dr. Kramáø, der noch immer nicht hier ist, behauptet, die Selbstverwaltung in ihrer alten Form sei nur gegenüber dem alten Obrigkeitsstaat notwendig und berechtigt gewesen, als ob dieser Staat nicht, insbesondere für die sogenannten Minderheiten, ein viel ärgerer Obrigkeitsstaat wäre, als das ehemalige Österreich für die Èechen gewesen ist. Der deutsche Rechtsstaatsgedanke, der die Staatstätigkeit im Inneren auf die Erhaltung der Rechtsordnung beschränkt wissen will, paßt Herrn Kramáø nicht in den Kram, obwohl sich die èechoslovakische Republik durch ihre Verfassung selbst der Welt gegenüber als Rechtsstaat erklärt hat. Der herrschende Mehrheitsabsolutismus bedingt es, daß die Staatsgewalt nicht selten parteiisch und unter Mißachtung der Rechtsschranken gehandhabt wird. Darin liegt auch die Erklärung dafür, daß die Zahl der Beschwerden an das Oberste Verwaltungsgericht in einer so erschreckenden Weise angewachsen ist und immer noch steigt. Zur Behebung dieser Übelstände gedenkt man nun, wie verlautet, dieses Beschwerderecht einfach einzuschränken. Diese Absicht kennzeichnet so recht den Geist der sogenannten Verwaltungsreform, die besser eine neue Vergewaltigungsform genannt werden sollte, denn nicht allein die Deutschen, die in erster Linie getroffen werden - jeder einzelne Bürger in diesem Staate wird durch diese Reform auf irgendeine neue Art vergewaltigt. Herren bleiben eben nur die leitenden Beamten, ein kleiner Klüngel, die Bezirkshauptleute, Landespräsidenten und Minister, die zu ausschließlichen Trägern der öffentlichen Gewalt in diesem Staate gemacht werden... (Posl. dr Schollich: Der Gendarm und der Spitzel!) Ganz richtig, die habe ich noch vergessen - während die misere plebs kuschen, dienen und Steuern zahlen muß. Wäre es ein Wunder, wenn die kleinen und größeren Paschas, denen eine solche Machtfülle in die Hände gelegt wird, schließlich den Größenwahnsinn bekämen und glaubt Herr Dr. Kramáø ernstlich daran, was er gesagt hat, daß nämlich infolge der Verwaltungsreform ein neuer Geist in die politischen Beamten fahren wird, der auch der Bevölkerung zum Segen gereichen soll? Nicht einmal dem èechischen Volk als solchen kann aus dieser Machtaufhäufung in den Händen weniger Beamten Heil widerfahren, viel weniger der anderen Hälfte der Bevölkerung.
Diesem Gedanken habe ich schon seinerzeit im Verfassungsausschuß in einigen kräftigen Worten Ausdruck verliehen, indem ich auf die Gefahren dieser Beamtenherrschaft hinwies. Und deshalb hat man mich in den letzten Tagen besonders in der christlichsozialen Pressescharfangegriffen und beschimpft. Tatsächlich ist mir in einer etwas erregten Erwiderung an Dr. Kramáø, der behauptet hatte, daß man der politischen Beamtenschaft mit aller Beruhigung diese verdoppelte Macht, diesen neuen Wirkungskreis anvertrauen könne, der gewiß unparlamentarische Ausdruck entrutscht: "Ich kenne selbst ausgesprochene Trottel, die in den Ämtern als große Herren herumsitzen und einen Dünkel haben, weil sie politische Beamte sind." Deshalb werde ich nun in den christlichsozialen Blättern, namentlich auch in dem Tagblatt "Das Volk, mit dem Hausknecht eines Nachthotels verglichen. Ob das sehr geschmackvoll ist und woher der Artikelschreiber - der Schriftleiter dieses Blattes ist ein Geistlicher - seine Kenntnis von der Ausdrucksweise von Hausknechten eines Nachthotels hat, das lasse ich dahingestellt; feststellen muß ich aber, daß die Verallgemeinerung, die mir in den Mund gelegt wird, eine böswillige, echt jesuitische Verdrehung ist. Ich habe nicht gesagt, daß die Bezirkshauptleute und politischen Beamten im Allgemeinen von einem maßlosen Dünkel erfüllt sind, auch habe ich sie keine Kerle genannt, sondern, wie aus dem stenographischen Protokoll hervorgeht, sprach ich bloß davon, daß es "jetzt schon unter den politischen Beamten Leute gibt, die einen Dünkel haben, und wie wird das erst werden, wenn in die Hände dieser Menschen nun auch eine derartige Machtfülle legt? Müssen sie nicht schließlich größenwahnsinnig werden und den Bürger oben herab als Untertan behandeln? Das wird der Effekt sein und die Freude der Bevölkerung am öffentlichen Leben wird damit vollends schwinden. Unter diesen Umständen würden Sie in die Vertretungskörperschaften keine tüchtigen Leute hineinbekommen, sondern nur den Schund. Gerade Männer, die etwas auf sich halten, dürften es sich wohl überlegen, Puppen für ein solches Theater abzugeben." Das habe ich in Wahrheit im Ausschuß gesagt, nachdem ich vorher auseinandergesetzt habe, daß niemand mit Freude eine Arbeit leisten kann, wenn immerfort ein Mensch mit erhobenem Zeigefinger über ihm steht, der alles besser weiß, weil er seine Weisungen und seine Weisheit aus Prag bezieht. Daraus konstruiert nun die christlichsoziale "Deutsche Presse" eine Vorausbeschimpfung der neuen Vertretungen. Das sieht ihrem sonstigen Verhalten gegenüber dieser Verwaltungsreform ganz ähnlich. So wie sie dieses ganze Machwerk von Anfang an verteidigte, so lobt sie selbstverständlich auch jetzt die hohe èechische Bürokratie über den grünen Klee und erklärt sie für sakrosankt und fällt wütend über jene her, die es wagen, an diesen gottgewollten Obrigkeiten irgendwie Kritik zu üben. Diese merkwürdige Bettgenossenschaft der deutschen Christlichsozialen und der èechischen Oberbonzen läßt sich vielleicht daraus erklären, daß an der Spitze der deutschen christlichsozialen Partei zwei èechoslovakische Staatsbeamte stehen, von denen der eine sogar ein politischer Beamte, Bezirkskommissär ist. Daran habe ich allerdings im Verfassungsausschuß nicbt gedacht, als ich die beanständete Äußerung machte (Post. dr Scholtich: Das ist nur mit der Internationalität der Klerikalen zu erklären!) Ja. Das ändert aber nichts an der Wahrheit meiner damaligen Behauptung. Übrigens glaube ich auf diesem Gebiet ein wenig mitreden zu dürfen, da ich auch seinerzeit im Staatspolizeidienst und staatlichen VerwaItungsdienst praktiziert und unter Coudenhove die praktisch-politische Prüfung für den Verwaltungsdienst abgelegt habe, was ich deshalb erwähnen muß, weil man mir von christlichsozialer Seite das Recht abgesprochen hat, über derartige Dinge mitzureden. Mir sind seither in meiner Praxis schon mehrere politische Beamte begegnet, die sich zur Auslese der Juristen und der menschlichen Gesellschaft zählten und von ihrem erhabenen Standpunkt aus mit einer gewissen Blasiertheit und Verachtung auf die übrige Menschheit herabsahen, dabei aber infolge ihrer notorischen Unfähigkeit sich durch ihr Gehaben nur lächerlich machten. Nomina sunt odiosa, jeder von den Damen und Herren wird selbst das eine oder andere Beispiel für diesen Typ kennen. (Posl. Horpynka: Warum redet der Luschka nicht, hat er gar nichts zu sagen? Er ist da politischer Verwaltungsbeamter!) Er ist nicht hier, auch der Herr Minister Èerný hat es vorgezogen, nicht anwesend zu sein, während man über diese Dinge spricht. Selbstverständlich gibt es ja auch tüchtige Verwaltungsbeamte, ausgezeichnete Beamte, was ich ausdrücklich hervorzuheben im Ausschuß nicht für notwendig erachtet habe, was ich aber tun muß, weil mich eben die christlichsoziale Presse in liebenswürdiger Weise derart behandelt und mir in die Schuhe geschoben hat, als ob ich in Pausch und Bogen sämtliche politischen Beamten der Dummheit bezichtigt hätte. Ich konstatiere zum Schluß nochmals, daß das eine perfide Verleumdung ist, und darum blieb mir nichts übrig, als im Hause dagegen Stellung zu nehmen. Bezeichnend ist jedenfalls, daß die christlichsoziale "Deutsche Presse" und ihr sonstiger Anhang aus allen meinen Reden, die ich im Verfassungsausschuß zu den 100 Paragraphen gehalten habe, und die 63 Schreibmaschinenseiten ausfüllen, ausgerechnet bloß diese eine Stelle brachten, noch dazu in so entstellter Form, während sie meine rein sachlichen Ausführungen, in denen ich vom juristisch-verwaltungstechnischen Standpunkt aus Paragraph für Paragraph die schweren Mängel dieses Gesetzeswerkes aufgezeigt habe, nicht einmal der Erwähnung für würdig erachtet haben. (Posl. Heeger: Das darf von dieser Presse nicht Wunder nehmen!) Allerdings sind wir das gewöhnt. Nur was ich bezüglich der politischen Beamtenschaft zum Ausdruck brachte, wurde von diesen Pressereptilien breitgetreten und niederträchtig entstellt. In Wahrheit sagte ich nichts anderes, als das, was auch andere Kollegen jetzt in der Generaldebatte zum Ausdruck gebracht haben, nämlich, daß tatsächlich eine große Gefahr darin liegt, wenn man einer Beamtenoligarchie die gesamte Macht in diesem Staate in die Hände gibt, daß dadurch dann selbstverständlich auch die gesamte innere Verwaltung, die staatliche und autonome Verwaltung, restlos der Gnade oder Ungnade dieser Herrschaften ausgeliefert ist, als ob sie die ihnen unterstellten Gebiete einfach zu Lehen hätten und damit machen könnten, was sie wollten. Denn nicht nur Verwaltungsfunktionen, auch richterliche Funktionen sollen diese kleinen Herrgottes bekommen, daneben die polizeiliche Machtfülle und auch noch staatsanwaltschaftliche Befugnisse. All das vereinigt ein Beamter auf Grund dieser Vorlage in seiner Hand und dabei ist er weder hinsichtlich des modus procedendi noch hinsichtlich des materiallen Rechtes an feste gesetzliche Normen irgendwie gebunden. Verantwortlich ist er nur seinem Vorgesetzten und da wir ja Gottlob in diesem Staate noch immer kein Gesetz über die Ministerverantwortlichkeit haben, so kann die hohe Bürokratie tun und lassen, was sie will. (Výkøiky posl. dr Schollicha.)
Ich habe mich im verfassungsrechtlichen Ausschuß redlich bemüht, die schweren Gefahren dieser Vorlage aufzuzeigen und ich habe allein gegen 100 Abänderungsanträge eingebracht und begründet. Genützt hat das alles selbstverständlich nichts. Auch die deutschen Mehrheitsparteien setzen sieh über alle Bedenken mit einer Leichtfertigkeit und Sorglosigkeit hinweg, die geradezu verbrecherisch genannt werden muß. Sie beruhigen ihr schlechtes Gewissen und ihre Wählerschaft mit dem Hinweise auf die Verbesserungen, die sie angeblich schon bei den Vorverhandlungen erzielt haben, sie verschweigen aber dabei, daß es sich vielfach um eine reformatio in peius handelt, um undemokratische Verschlechterungen der Regierungsvorlage, durch die namentlich die Minderheitsrechte noch weiter eingeschränkt werden. Sie sagen auch nicht, daß die wenigen Erleichterungen an dem Geiste des Gesetzes nicht das mindeste ändern.
Wegen der beschränkten Redezeit will ich zum Beweise meiner Behauptungen nur ein Beispiel herausgreifen, u. zw. das mir am nächsten liegende Beispiel, Schlesien, die Auflassung des Landes Schlesien als selbständige Verwaltungseinheit. Bekanntlich wurden hinsichtlich Schlesiens über Antrag der Mehrheitsparteien in die Vorlage zwei Zusätze aufgenommen. Zunächst einer im § 1, woselbst nach der Bezeichnung der neuen Landeseinheit Mähren-Schlesien in der Klammer nach dem Worte "Mähren" hinzukommt "und Schlesien". Das ist ein ungeheuerer Erfolg! Dadurch bleibt erstens die historische Erinnerung an Schlesien gewahrt, dann wird die vollständige Verschmelzung Schlesiens mit Mähren hintangehalten, und schließlich wird auch eine künftige Trennung durch diese zwei Wörter "a Slezsko" erleichtert. Das ist eine Beruhigungspille, die man den geehrten Wählern verabfolgt. In Wahrheit kann es uns herzlich gleichgiltig sein, ob dieses "a Slezsko" in der Klammer dabei steht oder nicht. Die geschichtliche Erinnerung an Schlesien ließe sich auch dann nicht austilgen, wenn das neue Land bloß Mähren hieße, und zu einer vollständigen Verschmelzung mit Mähren ist es trotz mehrfacher Versuche in der Geschichte bisher nicht gekommen, trotzdem diese Versuche von mächtigeren Herrschern unternommen wurden, als dies jetzt der Fall ist, weil eben Schlesien eine besonders starke Eigenart besitzt, die nicht unterzukriegen ist. Was aber die künftige Wiedervereinigung, die angeblich nun erleichtert sein soll, anlangt will ich nur sagen: Bis die Zeit reif sein wird, daß eine Trennung Schlesiens von Mähren wieder stattfinden kann, wird sie kommen, ganz ohne Rücksicht auf diesen belanglosen Klammernausdruck im § 1. (Posl. Heeger: Um eine kommende Einigung zu erzielen, braucht man doch nicht die Trennung vorher durchzuführen!) Man sollte meinen, daß das logisch ist. Man setzt sich aber darüber hinweg. Es ist ein großartiger Erfolg, der da erzielt wurde! Jedenfalls gehört dazu eine kräftige Dosis von Phantasie, um daraus eine Errungenschaft konstruieren zu können. (Posl. Heeger: Schlesien hat nach der Ansicht der Christlichsozialen jetzt mehr wie vorher!) Das ist etwas, was ich nicht begreifen kann.
Der zweite und letzte Erfolg des Herrn Dr Luschka liegt in der Einschaltung eines Satzes im § 28. Dort war nämlich im alten Gaugesetz schon davon die Rede, daß jede Gauvertretung, jetzt Landesvertretung, nach Bedarf Kommissionen errichten kann, soviel ihr beliebt, genau so wie jede Gemeinde- oder Bezirksvertretung Ausschüsse und Kommissionen zur Sonderberatung einsetzen kann, einesteils zur Verwaltung und Beaufsichtigung oder einzelnen Anstalten und Betriebe, andernteils zur Betreuung sonstiger Angelegenheiten. Vorsitzender der Kommission ist nach der neuen Vorschrift der Landespräsident, er kann jedoch mit dem Vorsitz einen Beamten des Landes- oder eines Bezirksamtes oder ein Mitglied des Landesausschusses oder ein Mitglied der Kommission selbst betrauen. Er hat also vielerlei Möglichkeiten zur Auswahl. (Posl. dr Schollich: Und der Wirkungskreis dieser Kommission?) Der Wirkungskreis ist selbstverständlich nur ein beratender. Zunächst einmal steht dem Landespräsidenten die Aufsicht zu, außerdem noch dem Landesausschuß, und selbstverständlich kommt dieser Kommission kein Entscheidungsrecht und keine Verfügungsmacht zu, sie besitzt lediglich beratende Funktion und ist mithin samt und sonders bedeutungslos. (Posl. Heeger: Sie muß sich den Beschlüssen der mährischen Landesvertretung fügen!) Ja, und trotzdem wird behauptet, daß das eine Errungenschaft sei! Eine solche Kommission wird nun nach dem Antrage der Regierungsparteien ex lege für Schlesien errichtet, aber nicht etwa zur Besorgung aller Geschäfte, die in den Wirkungskreis des Landesausschusses fallen, sondern bloß für die Anstalten und Betriebe, die am Tage, da dieses Gesetz in Kraft tritt, sich im Eigentum oder in der Verwaltung des Landes Schlesien befinden, wie es in der Vorlage wörtlich beißt. Das sind drei Humanitätsanstalten, fünf Schulen, bzw. Erziehungsanstalten und schließlich die passiven schlesischen Landesbahnen. Das ist alles. Die Boden- und Kommunalkreditanstalt, von der Dr Luschka nicht behauptet hat, daß auch sie dazu gehöre, befindet sich weder im Eigentum, noch in der Verwaltung des Landes Schlesien, sondern ist nach ihren geänderten Satzungen ein ganz selbständiges Unternehmen, fällt also nach dem Wortlaut des Antrages nicht in die Kompetenz dieser Kommission. Doch das ist Nebensache. Die Hauptsache ist, daß dieser Kommission nicht einmal jener Wirkungskreis eingeräumt wird, der ihr schon nach dem Gaugesetz gegeben werden könnte. Die schlesische Bevölkerung hat gar nichts davon, wenn die Direktionen dieser Landesanstalten und Unternehmungen etwa nach Troppau statt nach Brünn berichten und erst auf dem Umwege über diese Kommission ihren Wünschen und Bedürfnissen Gehör verschaffen können bei der einzig und allen ausschlaggebenden Kommission in Brünn, beim Landesausschuß, bzw. beim Landespräsidenten, der das entscheidende und letzte Wort zu sprechen hat. Die schlesische Bevölkerung braucht aber unbedingt eine Stelle im Lande, an die sie sich in allen Bezirks- und Gemeindeangelegenheiten, in Straßen- und Landeskulturratssachen, Meliorationen, Flußregulierungen, Wildbachverbauungen und in Schulsachen um Rat und Hilfe wenden kann. (Posl. dr Scholich: Was ist mit dem Landesschulrat? Bleibt der bestehen?) Darüber ist kein Wort gesagt, die Schulsachen fallen nicht in die Kompetenz der Kommission, vorläufig verwaltet sie der Landespräsident Šrámek allein, vielleicht wird in Hinkunft dieser Modus als der einfachste beibehalten werden.
Besonders auf Grund des neuen Finanzgesetzes für die Selbstverwaltungsverbände werden nun persönliche Vorsprechen beim Landesamt dringender als bisher notwendig sein, um überhaupt etwas aus dem Dotationsfonds zu bekommen. Man wird sich persönlich an den Dotationsfonds wenden müssen, der beim Landesamt verwaltet wird. Man wird hingehen müssen, um die Lage der betreffenden Gemeinde richtig darstellen zu können, weil ja vieles sich schriftlich nicht sagen läßt und weil man doch als Gemeindevorsteher oder Bezirksfunktionär trachten muß, möglichst viel herauszuschlagen. Es wird also ein förmliches Wettrennen der Gemeinden und Bezirke - nicht nur von Schlesien aus - nach Brünn beginnen, da werden aber die schlesischen Gemeinden, die weit ab vom Schuß liegen, schlecht dastehen. Bis zu 260 km beträgt die Entfernung einzelner Bezirksstädte Schlesiens nach Brünn. Bei den elenden Zugsverbindungen wird zu irgendeiner einfachen Intervention eine dreitägige Reise notwendig sein, um eine einzige Vorsprache in Brünn durchführen zu können. Wahrscheinlich liegt darin die Verbilligung, die Vereinfachung und Beschleunigung des Verwaltungsverfahrens, welche ja Zweck und Ziel der ganzen Reform sein soll. Warum soll gerade Schlesien, das doch auch zu den historischen Ländern gehört, auf deren Unteilbarkeit man sich seinerzeit bei den Friedensverhandlungen gestützt hat, warum soll gerade dieses Land bestraft werden? (Posl. Heeger: Weil es keine èechische Mehrheit hat!) Herr Dr Kramáø hat's geleugnet; das nationalpolitische Moment, sagte er, kommt absolut nicht in Betracht, sondern einzig und allein der Umstand, daß es notwendig ist, die Homogenität zwischen Mähren und der Slovakei herzustellen. Das hat er mir im Ausschuß erwidert; er hat erklärt, bloß dieser Umstand sei es, der die Zusammenlegung von Mähren und Schlesien leider notwendig macht. Alle anderen Gründe für die Auflösung Schlesiens seien nicht stichhaltig, nicht wahr und nicht richtig. Er anerkennt sogar, daß Schlesien eine gute Verwaltung gehabt bat und finanziell gut selbständig bestehen kann. (Výkøiky: Im Bericht stand gerade das Gegenteil!) Jawohl, das Gegenteil stand im Bericht, aber Herr Kramáø hat erklärt, daß das nicht maßgebend ist, sondern daß eben die Verwaltung einheitliche Gebilde brauche. Bitte: Das rund um 50.000 Einwohner kleinere Karpathorußland bleibt erhalten - gut, es muß nach dem Friedensvertrag seine selbständige Verwaltung bekommen. Wo aber steht geschrieben, daß Schlesien eine solche Selbständigkeit nicht erhalten darf? Ist vielleicht die Sicherstellung einer guten Verwaltung Schlesiens nicht mehr wert als die Herstellung des sogenannten Gleichgewichtes zwischen Mähren und der Slovakei? (Posl. Siegel: Wenn wir schlecht gewirtschaftet hätten, hätten sie uns allein gelassen!) Ja, wir haben aber gut gewirtschaftet und daß Schlesien sogar vorbildlich als Verwaltungseinheit gearbeitet hat, hat schon am 5. April 1896 kein geringerer als der Präsident dieses Staates Masaryk in einem Aufsatz in der Wiener Wochenschrift "Die Zeit" zum Ausdruck gebracht, indem er dort für Böhmen und Mähren autonome Kreise in der historisch gegebenen Größe und Bevölkerungszahl Schlesiens verlangte und damit bewies, daß tatsächlich Schlesien die richtige Einheit für den Neuaufbau der Verwaltung ist. Kann er nun ein Gesetz unter schreiben, durch welches dieses gepriesene Schlesien einfach faktisch und rechtlich vernichtet wird? Ja, um Gotteswillen, da muß er sich ja selbst Lügen strafen! Warum versetzen ihn die Parteien, die ihn jüngst zum Staatsoberhaupt gewählt haben, in diese unangenehme Situation? Allerdings wird der Herr Staatspräsident, wenn er diese Gesetz unterschreibt, sich selbst auch in anderer Beziehung widersprechen; denn in dem gleichen Aufsatz hat er das folgende große Wort gelassen ausgesprochen: "Das Territorium der Kreise wie auch der Bezirke sei womöglich sprachlich getrennt: Ich Herr, Du Herr! sage ich mit Havlíèek." (Posl. Horpynka: "Ich Herr, Du Knecht", sagt heute Kramáø!) Ja, das sind die Worte des Herrn Staatspräsidenten vor 31 Jahren. Eine lange Zeit, in der viel vergessen wurde und auch Herr Kramáø manches vergessen und nichts dazu gelernt hat. Man sieht, daß einer des anderen würdig ist. Wenn wir die gleichen Forderungen erheben, wie es die beiden Herren im alten Österreich getan haben, so nennt man uns kindisch oder Hochverräter und behandelt uns dem entsprechend. Nun, auch für uns wird einmal die Zeit kommen, die jetzt diesen Vätern des Vaterlandes beschieden ist, denen die Erfüllung ihrer Wünsche vielleicht in einem anderen Maße gekommen ist, als sie erhofft haben. Wenn die Zeit für uns da sein wird, werden wir jedenfalls wieder unser Schlesien heimholen in unser deutsches Vaterland. Je mehr die Herrschaften von èechischer Regierungsseite die Freiheit in diesem Staate drosseln, desto mehr wird in der Bevölkerung die Sehnsucht nach Freiheit von diesem Staate erweckt. Uns kann das ja nur Recht sein, vom Standpunkt der èechischen Mehrheitsparteien aber ist es äußerst unklug, alle unsere Anträge, selbst die bescheidensten und maßvollsten, einfach abzulehnen, wie man es wiederum im Ausschuß getan hat.