Verehrte Damen und Herren! Über die Verlängerung
des Gesetzes vom 17. März 1925, Slg. d. G. u. V. Nr. 58,
betreffend die Zollermäßigung für die Einfuhr
von im Inland nicht erzeugten Maschinen sei Folgendes gesagt:
Während alles, was mit der Utraquisierung
des deutschen Sprachgebietes, der Entrechtung der Minoritäten,
der Sperrung und Wegnahme von deutschen Schulen, der Wegnahme
deutschen Besitzes und der Entlassung tausender Deutscher aus
den Staatsbetrieben, im Zusammenhang steht, von den Machthabern
dieses Staates, dieser sogenannten höheren Schweiz, geradezu
im Eilzugstempo vor sich geht, wie dies auch jetzt bei der Durchpeitschung
der Verwaltungsreform der Fall ist, die den Gemeinden und Bezirken
den letzten Rest von Selbständigkeit nimmt, muß ich
feststellen, daß in allen jenen Belangen, bei denen es sich
um handelspolitische und wirtschaftliche Fragen handelt, geradezu
mit Absicht im Schneckentempo gearbeitet wird. Daß solche
Erscheinungen auf die Gesamtheit des Wirtschaftslebens störend
wirken und den direkt daran interessierten Kreisen arge Schäden
zufügen, brauche ich wohl des näheren nicht genauer
zu erörtern.
Zu der heute in Verhandlung stehenden Frage der Zollermäßigung
hat in anerkennenswerter Weise die Zentrale der èechoslovakischen
Handelskammern schon in mehreren Beratungen Stellung genommen
und auf Grund eines Referates der Prager Handelskammer und des
Beschlusses des handelspolitischen Ausschusses vom 16. November
1926 hat die Kammerzentrale sich auch mittels Eingabe an das Handels-
und Finanzministerium gewendet, damit diese Frage im Hause rasch
verabschiedet werde. Es muß heute von dieser Stelle aus
ausgesprochen werden, daß es hoch an der Zeit ist, daß
man den Handels- und Gewerbekammern endlich wieder jenes Beratungsrecht,
u. zw. in dem vollen Umfange, wie dies in der Vorkriegszeit im
alten Österreich der Fall war, einräumt. Gerade die
Kammern sind es, die mit dazu berufen sind, in allen zoll- und
handelspolitischen, wirtschaftlichen und sozialen Fragen mit gehört
zu werden. In den Kammern sind alle Wirtschaftskreise vertreten,
vom Kleingewerbe und Handel an bis zur Industrie und dem Bergbau.
Es kann wohl auch von niemandem bestritten werden, daß es
an der nötigen Kenntnis zur objektiven Beurteilung aller
wirtschaftlichen und handelspolitischen Fragen denen, die dazu
berufen sind, in den Kammern als Mitglieder oder Beamte mitzuarbeiten,
gewiß nicht fehlt.
Das Gesetz vom 17. März 1925, betreffend
Zollermäßigungen für die Einfuhr von im Inlande
nicht erzeugten Maschinen und Apparaten ist mit dem 31. Dezember
1926 schon außer Kraft getreten. Schon in ihrer Eingabe
vom 28. Mai 1926, Nr. 6.956, hat, wie ich schon einleitend erwähnte,
die Zentrale der èechoslovakischen Handelskammern
darauf aufmerksam gemacht, daß die Wirksamkeit des genannten
Gesetzes verlängert werden soll, damit dieses bis zur endgiltigen
Herausgabe eines neuen definitiven èechoslovakischen Zolltarifes
in Kraft bleibt. Die von den einzelnen Kammern
in den Interessentenkreisen eingeleiteten Erhebungen haben gezeigt,
daß die Behandlung dieser Frage im Interesse des Wirtschaftslebens
dringlich sei. Das bisherige Verfahren, wie es bei der Einfuhr
von den schon genannten Maschinen und Apparaten gehandhabt wurde,
ist erwiesenermassen kein durchgehend befriedigendes gewesen,
denn die Erledigung aller diesbezüglichen eine Zollermäßigung
anstrebenden Gesuche hat zumeist vier bis fünf Monate, ja
in vielen Fällen sogar noch länger gedauert und es
hat sich ergeben, daß der Amtsschimmel der Èechoslovakischen
Republik ebenso langsam marschiert, wie der im alten Österreich.
Diese unliebsamen, hemmenden Verzögerungen
haben wohl ihren Grund darin, daß in allen solchen Fällen,
wo es sich um Zollermäßigungen handelt, immer das Finanzministerium
mit dem Handelsministerium ein Einvernehmen zu pflegen suchte,
denn das diesbezügliche Gesetz räumt dem Beirat die
Abgabe von Gutachten nur fakultativ ein. Es ist daher in einfachen
Fällen möglich, von dem Gutachten des Beirates Abstand
zu nehmen, um eine Beschleunigung der Erledigung herbeiführen
zu können. Diese unliebsamen Verzögerungen hatten bisher
meist zur Folge, daß die Maschinen schon lange vor Erledigung
der Gesuche eingeführt wurden und es mußte der Bezieher
stets den vollen Zollsatz bezahlen, was wiederum eine wesentliche
Belastung des Unternehmens bedeutete. Weil der Bezieher in solchen
Fällen auf Grund der bisher gemachten Erfahrungen nie die
Gewißheit hat, ob sein Gesuch auch rechtzeitig erledigt
werden wird, ist er zumeist gezwungen, ein nicht unbedeutendes
Risiko zu tragen, da er an sonst überhaupt von den für
seinen Betrieb unumgänglich notwendigen Investitionen Abstand
nehmen muß. Die bisher gemachten Erfahrungen haben gelehrt,
daß infolge solcher gewiß nicht notwendigen Verzögerungen
auch im Falle einer nachträglichen positiven Erledigung des
Gesuches um Zollermäßigung der schon gezahlte, das
heißt überzahlte Zoll in der Regel nicht zurückgezahlt
wurde, sondern den Gesuchstellern nur auf die Steuern gutgeschrieben
wird. Wenn auch durch solche Maßnahmen eine direkte finanzielle
Schädigung des Maschinenbeziehers nicht eintritt, so ergibt
sich aus solchen Umständen immerhin eine Kompliziertheit
und Mehrarbeit für Bezieher und Ämter, die doch wohl
im beiderseitigen Interesse in Hinkunft vermieden werden könnte.
Was die bisher geübte Praxis anbelangt,
so ist erwiesen, daß Gesuche um Zollermäßigung
nicht immer gleich beurteilt wurden, denn es ist des Öfteren
schon vorgekommen, daß bei ganz gleichartigen Maschinen
in einzelnen Fällen positive und in anderen negative Erfolge
erzielt wurden. Bei der bisher geübten Praxis konnte auch
festgestellt werden, daß bei Beurteilung der Frage, ob die
betreffende Maschine im Inland erzeugt werden kann, des öfteren
Gesuche mit der Begründung abschlägig beschieden wurden,
daß ihre Erzeugung auch im Inlande geschehe. Die Suche nach
solchen Inlandserzeugern war aber in den meisten Fällen vergeblich.
Wenn es sich um eine spezielle Qualität oder um ein bestimmtes
vielfach patentiertes System handelt, ist denn doch wohl der Hinweis,
daß ähnliche Maschinen im Inland erzeugt werden, hinfällig.
Ich bin weit entfernt davon zu behaupten, daß auf die inländische
Maschinenfabrikation keine Rücksicht zu nehmen sei, ich muß
aber unter einem feststellen, daß bestimmte Gattungen von
Maschinen und Apparaten wegen ihrer Spezialität bisher überhaupt
im Inlande nicht erzeugt wurden und auch nicht erzeugt werden
konnten. Ich verweise da speziell auf bestimmte Maschinen für
die Spinnfabriken. Auch kann nicht verlangt werden, daß
der Bezug von Ersatzteilen von solchen im Inland nicht erzeugten
Maschinen unter Hinweis darauf, die Erzeugung sei auch im Inland
möglich, von der Zollbegünstigung ausgeschlossen wird,
denn in Wirklichkeit sind auch die Ersatzteile für solche
Maschinen ein Spezialfabrikat. Wenn man in strittigen Fällen
schon keinen Beirat aus beiden Interessentengruppen befragen will,
dann überlasse man die Beurteilung solcher Fragen den zuständigen
Handels- und Gewerbekammern und es wird die objektive Beurteilung
solcher Fragen gewiß nicht lange auf sich warten lassen.
Aus Handelskreisen ist mit vollster Berechtigung, bisher aber
immer vergeblich Klage geführt worden, daß für
sie die im Gesetze begründete Begünstigung überhaupt
keine Anwendung findet. In den Beirat hat man wohl formell auch
aus Handelskreisen Mitglieder ernannt, doch sie niemals zu Sitzungen
eingeladen. Wenn es auch in dem betreffenden Gesetze heißt,
daß diese Begünstigungen nur für die Produktionskreise
Geltung haben, so wäre es doch wohl zu empfehlen, daß
die bisher geübte Praxis in Hinkunft liberaler gehandhabt
würde. Nicht immer ist es dem Produzenten möglich, die
betreffenden Maschinen direkt zu beziehen, daher sollte er in
allen Fällen, wo es einwandfrei erwiesen ist, daß eine
solche Maschine oder ein Apparat, der vom Händler bezogen
wird, tatsächlich im Inlande nicht erzeugt werden kann, die
gleiche Begünstigung genießen wie dies für die
Produktionskreise als Bezieher der Fall ist. (Potlesk
poslancù nìm. strany národní.)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die èechoslovakische
wirtschaftliche Entwicklung und die furchtbar sich auswirkende
Steuerschraube haben eine ungeheure Vermehrung von Lohngewerblern
und Händlern gezeitigt und so das Handwerk
und das Gewerbe vernichtet und zum großen Teil kapitalshörig
gemacht. Dieses kranke Wirtschaftssystem erzeugte eine ständige
Bewegung und eine fortwährende Veränderung in den Handels-
und Gewerbeverhältnissen.. Handwerks- und Gewerbekollegen
sind heute nicht mehr Brüder, sondern oft scharfe Konkurrenten,
um ihre Waren los zu werden.
Im Mittelalter hatte der damalige Einfluß
der Zünfte durch ihre Satzungen die Produktion geregelt.
Die Zünfte sorgten einstens dafür, daß sich in
einer Stadt gerade so viele Meister niederließen, als notwendig
waren, um die von den Bewohnern benötigten Waren zu erzeugen.
Dieser Bedarf war unschwer abzuschätzen, denn der damalige
Markt war klein und übersichtlich. Die Ein- und Ausfuhr von
Waren kam kaum in Betracht. In der Stadt selbst mußte erzeugt
werden, was die Bewohner brauchten, und es sollte nicht mehr produziert
werden, als sie benötigten. Ein solcher Zunftmeister war
damals nicht der Konkurrent des anderen. Die auskömmliche
Existenz war damals auf diese Weise allen gewährleistet.
Heute ist dies anders geworden. Heute regelt niemand die Produktion.
Bei der heutigen èechoslovakischen Obrigkeit schert sich
kein Teufel darum und niemand berechnet, wie viele Schuhmacher,
Schneider und andere Handwerker in einer Stadt sein müssen.
Niemand sorgt dafür, nachdem sie da sind, daß ihrer
nicht zu viele werden. Niemand schreibt vor, wieviel jeder produzieren
muß. Mit einem Worte, es ist alles ungeregelt und kennzeichnet
so die èechoslovakische Wirtschaft.
Einen solchen Zustand hätte man sich früher gar nicht
vorstellen können. Als die Entwicklung die alte Zunftverfassung
sprengte und die gänzliche Abschaffung der Zünfte auf
der Tagesordnung stand, schrieb im Jahre 1803 ein Schriftsteller:
"Die Auflösung würde uns in eine Freiheit versetzen,
wobei wir nicht wissen könnten, woher wir Schuhe, Kleider
und selbst manche Nahrungsmittel nehmen sollten". Und dennoch,
die Zünfte sind tot. Wer heute Geld hat, um zu kaufen, bekommt
mehr Schuhe und Kleider und was er sonst wünscht, als je
zuvor.
Damit der Gewerbestand auf der ganzen Linie
vom Bankenkapital geschlagen wird, fördert das heutige Staatssystem
die Gebilde der Kartelle und Truste. Dem Kaufmann und Gewerbler
ist es gesetzlich verboten, sich der Produktion und der einheitlichen
Kalkulation nach zu koalieren oder zu organisieren. Die Banken
und die Großindustrie können ungestört ohne jede
staatliche Kontrolle und Regelung das Kartellwesen mißbrauchen.
Kontrollmaßregeln, eine Anzeigepflicht und eine Überwachung
der Kartelle und Trusts kennt man nicht. Dafür wird aber
der kleine Gewerbetreibende in seinem Existenzkampf streng überwacht.
Man handhabt eben das System: Den Kleinen hängt man, den
Großen läßt man laufen.
Betrachten wir einmal die wirtschaftliche
Auswirkung, wie sie sich bei dem größten Schuster der
Republik, bei Thomas Baa vollzieht. Thomas Baa versteht
es, sehr rasch mit seiner rationellen Betriebsorganisation alle
Magazine zu füllen. Wenn alle Magazine gefüllt sind
und sodann auf dem Markte die Stockung
eintritt, ist der Schuster arbeitslos und der Geselle fliegt aufs
Pflaster. So kommt es, daß der Schuhmacher mit zerrissenen
Schuhen vor dem großen Auslagefenster arbeitslos steht und
bewundert, was Baa leistet. Es hieß einmal, daß
sowohl die deutsche als auch die èechische
Gewerbepartei ihren Einfluß dahin geltend machen wollen,
Herren Thomas Baa das Recht zu Reparaturen zu entziehen.
Nicht das geringste ist bisher in dieser Richtung geschehen. Nicht
anders geht es dem Schneider, er steht oft
frierend ohne Winterrock im Schnee vor der Auslage des Konfektionärs,
dem er möglicherweise den Rock, der sich in der Auslage befindet,
geliefert hat. Die Bauhandwerker und seine Gesellen, die ziehen
heute obdachlos durch die Straßen an den Häusern vorbei,
die sie selbst gebaut haben. Das Gesetz zur Sicherung der baurechtlichen
Forderungen fehlt heute noch. Der Schuhmacher und der Schneider
müssen heute zerlumpt durch die Straßen ziehen, weil
Baa und andere Industrielle zuviel an Gütern produzieren.
Wenn ich dies von dieser Stelle. aus betone,
so will ich damit nur feststellen, daß der vorliegende Gesetzentwurf
betreffend die Bekämpfung des unlauteren Weettbewerbes hinsichtlich
einer diesbezüglichen Regelung nichts enthält. Die Auswirkungen
der Kartelle auf die Abnehmer und auf das Gewerbe sind uns allen
bekannt, sie sind von geradezu verheerender Wirkung. Im vorliegenden
Gesetzentwurf fehlt jede Spur, nach der man dieses unlautere System
im Existenzkampfe zugunsten der wirtschaftlich Schwachen regelt.
Daß die Kartelle als ein Monopol der Anbieter die Abnehmer
sowie Konsumenten schädigen können, versteht sich von
selbst. In der Regierungspresse konnte man schon vor vier Jahren
feststellen, daß angeblich endlich eine Regelung, betreffend
die Kartelle und Trusts kommen sollte. Nichts ist bis zum heutigen
Tage geschehen, die deutsche nationalsozialistische Partei stellt
daher zum vorliegenden Gesetzentwurf diesbezügliche Anträge,
um das eigentliche Trust- und Kartellwesen in einer gewissen Richtung
zu ändern und einer genaueren Überwachung gefügig
zu machen.
Durch die Regierungsvorlage, welche der Nationalversammlung vorliegt,
soll der unlautere Wettbewerb im Geschäftsleben beseitigt
werden. Dieser neue Gesetzentwurf wurde von den Vertretern der
deutschen und èechischen Gewerbepartei
als ein erstklassiger und vorzüglicher Gesetzentwurf bezeichnet.
Die deutsche nationalsozialistische Partei kann diese Auffassung
nicht teilen, denn gerade hier fehlen die wichtigsten Grundlagen.
Wenn wir den Entwurf einer Kritik unterziehen, so kommen wir zu
der Überzeugung, daß er keinen Schutz in Bezug auf
die Löhne und Existenzverhältnisse im Gewerbestand bietet.
Der unlautere Wettbewerb oder die Schmutzkonkurrenz
ist bekanntlich das Verhältnis zweier oder mehrerer Personen
(Konkurrenten) zu einander, die die gleichen wirtschaftlichen
Angelegenheiten verfolgen. Diese wirtschaftlichen Interessen gipfeln
für den kleinen Geschäftsmann hauptsächlich darin,
das Absatzgebiet für seine Waren und Leistungen zu vergrößern
und sich die Gunst des konsumierenden Publikums zu erobern. Oft
geht der Konkurrenzkampf so weit, daß die in den beruflichen
Versammlungen gefaßten und in den Lohnoder Arbeitsvertrag
übernommenen Beschlüsse systematisch durch diese unlautere
Wettbewerbsart vernichtet werden. Die deutsche nationalsozialistische
Arbeiterpartei steht grundsätzlich auf dem Standpunkt, daß
ungerechte Preisunterbietungen auch als unlauterer Wettbewerb
aufgefaßt werden müssen, sobald dadurch Löhne
und Gehälter verringert werden. Lohn und Preis sollen in
einem gewissen geregelten Verhältnisse stehen.
Ich verweise hier vor allem anderen auf eine
grundsätzliche Reichsgerichtsentscheidung aus dem Deutschen
Reiche. In einer bedeutsamen Entscheidung hat das Reichsgericht
Preisunterbietungen auf Grund von Lohnsätzen, die unter dem
für allgemein verbindlich erklärten Lohntarif liegen,
als unlauteren Wettbewerb gekennzeichnet und verboten. Die allgemeine
Verbindlichkeitserklärung von Lohnsätzen in einem Tarifvertrag
hat die Wirkung, daß sämtliche Betriebe einer Branche
im gesamten Orts- und Arbeitsgebiet diese Lohnsätze auch
dann bezahlen müssen, wenn sie keinen oder einen niedrigeren
Tarifvertrag abgeschlossen haben. Eine entgegenstehende Vereinbarung
ist nichtig. (§ 2 Vdg. vom 23. Dezember 1918 R. G. Bl. S.
1456). Sie schafft also nicht nur vertragliches Recht zwischen
den Parteien, sondern ein gleichsam objektives staatlich verordnetes
Gesetz, das auch jeden Außenseiter bindet. Die Klägerin
hatte gegen eine Konkurrenzgesellschaft Klage erhoben, weil diese
ihre Angestellten unter dem für das Bewachungsgewerbe in
der Stadtgemeinde Berlin für allgemein verbindlich erklärten
Lohntarif entlohnte und so in der Lage war, ihre Angebote so niedrig
zu stellen, daß die tariftreuen Gesellschaften außerstande
waren, diese Angebote zu halten. Die beiden ersten Instanzen haben
der Klage auf Unterlassung und Schadenersatz stattgegeben. Dieses
Urteil ist vom Reichsgericht bestätigt worden (Urteil vom
12. April 1927-II 425/27). Mit Recht haben die Vorinstanzen, so
führt das Urteil aus, das Vorgehen des Beklagten und damit
die von ihm im gewerblichen Wettkampf verwendeten Kampfmittel
für unsittlich erklärt. Der Beklagte kann nicht bestreiten,
daß seine sehr viel niedrigeren Preise, trotz angeblich
sehr viel höherer Leistungen, zu einem sehr wesentlichen
Teil nur durch die untarifliche Entlohnung seiner Angestellten
ermöglicht sind. Der Beklagte handelt rechts- und vertragswidrig,
wenn er seine Angestellten zu Sätzen unter dem für allgemein
verbindlich erklärten Tarif beschäftigt. Daran vermöchte
auch der Umstand nichts zu ändern, daß die betroffenen
Angestellten bei fortdauerndem Arbeitsverhältnis auf ihre
jeweils verfallenen Ansprüche rechtswirksam verzichten könnten
und rechtswirksam verzichtet hätten, wobei dahingestellt
bleiben kann, ob ein solcher Verzicht im Einzelfall etwa deshalb
unverbindlich wäre, weil er unter der mehr oder weniger unverblümten
Drohung der Kündigung zustande gekommen ist. Beklagter wertet
demnach einen durch Rechts- und Vertragsbruch erlangten gewerblich
en Vorteil, nämlich die erheblich niedrigeren Einstandspreise
seiner gewerblichen Leistungen dazu aus, um sich vor den tariftreuen
Wettbewerbern mittels seiner so überhaupt erst ermöglichten,
sehr viel billigeren Vergütungssätze, einen Vorsprung
im gewerblichen Wettkampf zu sichern. Er nützt damit eben
die rechtliche Bindung der tariftreuen Firmen, deren er sich geflissentlich
entschlägt, zu deren Schaden und zu seinem Vorteil aus. Ein
Vorgehen dieser Art verstößt allerdings nach seinem
Gesamtcharakter gegen die guten Sitten und damit auch gegen §
1 des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes
und gegen § 826 des deutschen bürgerlichen Gesetzbuches.
Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß
die untarifliche Entlohnung der Angestellten des Beklagten selbst
an und für sich noch nicht sittenwidrig sein mag.
Erinnern wir uns der großen Wirtschaftskrise
im Gablonzer Gebiete. Gerade dieser Fall im Wirtschaftskampfe
hätte sich in der Angelegenheit der Erzeugung der Schmirgelware
leicht überbrücken lassen. Bei dem vorliegenden Gesetze
fehlt eine so wichtige gesetzliche Verankerung für unsere
so schwer bedrängte Gablonzer Heimindustrie. Der vorher angeführte
Fall liegt ähnlich, wie wenn der Erwerber eines Markenartikels,
der einen festen Verkaufspreis hat, sich diesen auf Schleichwegen
und unter Vertragsbruch oder auf unlautere Weise verschafft und
dann zu Schleuderpreisen verkauft und sich so lediglich zufolge
seiner Beteiligung an dem Vertragsbruch einen durch nichts zu
rechtfertigenden Vorsprung vor seinen redlichen Mitbewerbern sichert.
Trotz der Allgemeinverbindlichkeits Erklärung treffen oft
die Unternehmer mit ihren Arbeitern eine Vereinbarung, nur geringeren
Lohn zu zahlen. Sie wissen zwar, daß der Arbeitnehmer den
restlichen Lohn einklagen kann, aber ebenso auch, daß dieser
Fall praktisch selten eintritt. Der Arbeitnehmer als wirtschaftlich
schwächerer Teil fürchtet mit der Klage die Entlastung
und begnügt sich lieber mit dem geringeren Entgelt, als daß
er erwerbslos und arbeitslos wird. Er begeht also gleichsam Tarifvertragsbruch.
Die planmäßige Ausnützung untariflich bezahlter
Arbeit zu Zwecken des Wettbewerbes stellt also nach den vom deutschen
Reichsgericht aufgestellten Grundsätzen selbst dann unlauteren
Wettbewerb dar, wenn der Arbeitnehmer mit der Bezahlung einverstanden
war. Die Bedenken, daß die Preise dadurch zum Schaden der
Konsumenten hochgehalten werden, sind unbegründet. Das freie
Spiel von Angebot und Nachfrage wird nicht ausgeschaltet; es bleiben
genügend Möglichkeiten, durch Ersparung von Unkosten
und durch fachmännisches Geschick sich als leistungsfähig
zu erweisen. Ausgeschaltet soll nur sein der Wettbewerb auf Kosten
des Arbeitnehmers. Auch die Bedenken, daß der Arbeitnehmer
selbst geschädigt würde, sind unbegründet. Vor
der Allgemeinverbindlichkeitserklärung prüft die zuständige
staatliche Stelle des Reichsarbeitsministeriums eingehend, ob
die Verhältnisse der Branche und die Lohnsätze die Allgemeinverbindlichkeitserklärung
rechtfertigen.
Die Entscheidung ist zweifellos von weittragender
Bedeutung. Sie sollte vor allem anderen uns heute hier im Abgeordnetenhaus
verpflichten, dem gerade in der letzten Zeit immer häufiger
auftretenden Mißbrauch vom Preisunterbietungen, von ungerechten
Lohnschindereien mit wirksamen Mitteln Einhalt zu gebieten. Die
Mitbewerber sind leichter als der Arbeitnehmer, besonders der
einzelne Arbeitnehmer, in der Lage, Gewinne lediglich auf Kosten
des Arbeitnehmers zu unterbinden. Der Weg, den das deutsche Reichsgericht
hier beschritten hat, ist zweifellos von jedem Standpunkt aus
zu begrüßen. Als ich in der vorletzten Sitzung des
Gewerbeausschusses zum vorliegenden Gesetze Stellung nahm, kennzeichnete
ich schon einen diesbezüglichen Fall. Der anwesende Vertreter
des Handelsministeriums erwiderte mir damals, daß eine solche
Auslegung des vorliegenden Gesetzes auch durch das Oberste Gericht
möglich sei. Es wäre dies allerdings ein gewisser Trost
für jene Gewerbe- und Handelskreise, die in dieser Richtung
eine Erlösung erwarten. Sich jedoch im gewissen Fällen
auf eine oberstgerichtliche Entscheidung zu verlassen, daß
die se so ähnlich gefällt wird, wie beim deutschen Reichsgericht,
ist eine sehr unsichere Grundlage. So fehlt uns demnach im neuen
Gesetzentwurf eine besondere Bestimmung, die sich gegen die unlauteren
Handlungen von Gewerbetreibenden und Kaufleuten richtet, insofern
sie sich unkorrekt gegen die abgeschlossenen Arbeits- und Kollektivverträge
der Arbeiter und Angestellten verhalten. Die heutige Gesetzesvorlage
ist eigentlich der Grundbestandteil des reichsdeutschen
und des österreichischen Gesetzentwurfes. Wenn man in der
Èechoslovakei ein neues Gesetz vorbereitete, so war es
immer das erste, daß wir die reichsdeutsche Erfahrung in
Verwendung brachten. Diese Praxis mag wohl in einigen wichtigen
Abschnitten angewendet worden sein. In dieser wichtigen Frage,
bei Lohnund Preisbestimmungen, bei Preisunterbietungen, die auf
Kosten der Lohnsätze und der Lohntarife geschehen, ist leider
in der Vorlage nichts vorgesehen.
Ich habe im Sinne des nationalsozialistischen
Parteiprogramms und auf Grund der bisher gemachten Erfahrungen
in der Praxis entsprechende Verbesserungsanträge gestellt,
deren Annahme wir erwarten. Grundsätzlich wird meine Partei
für die Annahme des vorliegenden Gesetzesantrages stimmen.
(Potlesk poslancù nìm. nár. soc.
strany dìlnické.)