Für den Teil des Landvolkes, der sich
mit Landwirtschaft befaßt, war die Aussicht, daß die
Grundsteuer des alten Entwurfes vorläufig einer Regelung
nicht unterzogen werden sollte, wenig tröstlich, denn die
Erfahrungen aus den Zeiten Österreichs und aus der jüngst
vergangenen Zeit in diesem Staate zeigten uns ganz klar, daß
die Landwirtschaft aus ihrer Aschenbrödelrolle nicht herauskommen
sollte. Wurden doch bei Beratung des Entwurfes Stimmen laut, die
eine übergroße Aufwertung forderten. Auch die Erwerbsteuer
für Besitzer sollte festgelegt werden, während eine
solche derzeit nur die Pächter von Höfen und Grundstücken
zu zahlen haben. Es fragt sich ja überhaupt, ob die Erwerbsteuer
diejenige Steuer wäre, die bei den zerstückelten Betrieben,
wie sie die Landwirtschaft in überwiegender Zahl vorstellt,
ohne besondere Erschwerung in der Verwaltung durchzuführen
wäre. Es stellt sich demgemäß heraus, daß
eine Valorisierung undurchführbar war, so lange der Grundkataster
nicht überprüft und neu verfaßt wurde. Schreiende
Ungerechtigkeiten auf dem Gebiete der Grundsteuer wären da
weiter in Geltung geblieben. Als Beweis hiefür diene folgendes
Schreiben: "Im nordwestböhmischen Braunkohlengebiete
haben viele Landwirte bei der Inanspruchnahme ihres Grund und
Bodens durch den Bergbau denselben nicht in das Eigentum der Bergbaugesellschaft
gegeben, sondern sie haben denselben behalten und infolgedessen
die Steuern als Eigentümer auch weiter bezahlt. Die Gründe,
die die Landwirte zu diesem Schritte immer bewogen haben, waren
folgende: Erstens wollten sie aus ihrem oftmals arrondierten Besitz
nichts in fremde Hände geben. Zweitens hatten sie die Absicht,
nach erfolgtem Kohlenabbau ihre Grundstücke durch Rekultivierung
wieder ertragsfähig zu machen um so den Wirtschaftskörper
in seiner Gänze beisammen zu halten. Andere Grundstücke
sind in unserer Gegend wegen des geringen Angebotes schwer zu
kaufen. Drittens waren diese Grundstücke für die Wirtschaft
oft sehr wertvoll, da sie in der Nähe der Wirtschaft lagen
und leicht zu bewirtschaften waren. Viertens haben einsichtsvolle
Bauern in unserer Gegend auch gewußt, daß ein Landwirt
ohne den ertragsfähigen Faktor, den Grund und Boden, eine
Null ist und mit dem Alleinbesitz der Wirtschaftsgebäude
und des sonstigen Inventars zugrunde gehen muß. Nach beendetem
Bergbau wurde nun von den Landwirten in den 80er und 90er Jahren
des vorigen Jahrhunderts ein großer Teil ihrer devastierten
Flächen durch Rekultivierung wieder ertragsfähig gemacht.
So haben die Landwirte der Ortschaft Ladowitz allein über
1000 Strich (300 Hektar) rekultiviert. Auch in anderen Ortschaften
des Bezirkes wie in Dux, Liptitz, Sobrusan, Schellenken, Neudorf-Herrlich,
Janegg, Ullersdorf, Strahl usw. wurde viel rekultiviert. Manche
der devastierten Grundstücke konnten nicht rekultiviert werden,
da die Bingen (Trichten) zu tief und die Kosten zu groß
geworden wären. Der Landwirt mußte mit solchen Objekten
eine bessere Zeit abwarten. Bei manchen Grundstücken war
die Rekultivierung auch deshalb nicht möglich, da noch Hohlräume
offen standen und das Zubruchegehen derselben abgewartet werden
mußte. So ist es gekommen, daß bei vielen Landwirten
in unserer Gegend der Grundbesitz zum größten Teil
aus rekultivierten und minderertragsfähigen und zum Teil
aus vollständig devastierten und gänzlich ertragslosen
Grundstücken besteht. Der Landwirt muß nun für
die rekultivierten und für die devastierten ertragslosen
Grundstücke dieselbe Steuer zahlen wie für gute und
gänzlich unbeschädigte Felder. Die Grundsteuereinschätzung
ist in unserer Gegend sehr hoch. Der Katastralreinertrag ist in
der Duxer Gegend durchschnittlich mit 50 bis 80 Kronen per Hektar
eingeschätzt und somit der höchste von ganz Böhmen.
Schon im Frieden hat ein Landwirt bei uns für einen Strich
Grund an sämtlichen Steuern 10 Kronen gezahlt. Wenn ein Landwirt
ein devastiertes Grundstück durch 25 Jahre in seinem Besitz
hatte, so hat er für dieser Strich Feld, einen Betrag von
250 Kronen, wenn man die Zinsen mitberechnet, einen Betrag von
501 Kronen an Steuern gezahlt. Er hat also beinahe soviel an Steuern
gezahlt, als das Grundstück wert war. Heute sind die Verhältnisse
noch schlechter, da die Umlagenprozente in den Gemeinden, im Bezirk
etc. kolossal gestiegen sind. Bei den rekultivierten Grundstücken
sind die Verhältnisse ähnlich. Die rekultivierten Felder
geben in den ersten Jahrzehnten nur die Hälfte Ertrag von
den ursprünglichen Böden und beanspruchen außerdem
einen viel größeren Regieaufwand als ursprüngliche
Böden. Auch für diese Felder muß der Landwirt
die volle Steuerquote zahlen. Unter den heutigen mißlichen
Geldverhältnissen fällt es dem Landwirt besonders schwer,
für solche Objekte, die ihm gar keinen oder nur einen geringen
Ertrag geben, solche hohe Steuerquoten aufzubringen. Wir ersuchen
daher um Abhilfe auf diesem Gebiet."
Diesen Wünschen nachzukommen, haben wir
uns bemüssigt gefühlt und uns veranlaßt gesehen,
dahin zu wirken, daß diese Umstände bei der Steuerreform
auch in Betracht gezogen werden. Wohl war es nicht möglich,
das in die Paragraphe hineinzubringen, aber es war doch möglich,
es in den Einführungsbestimmungen zu regeln. Es ist zu begrüßen,
daß sich die maßgebenden Stellen meiner Bitte nicht
verschlossen haben und sich von der Notwendigkeit der Beseitigung
dieses dringenden Unrechtes überzeugen ließen, außerdem
dafür zu gewinnen waren, sich persönlich an Ort und
Stelle davon zu überzeugen. Es wurde erzielt, daß in
den Einführungsbestimmungen zu dem Gesetz über die direkten
Steuern im Artikel VIII, Abs. 2 folgende Bestimmung aufgenommen
wurde: "Bis zur neuen gesetzlichen Regelung werden die bisherigen
Bestimmungen über den Grundkataster und seine Führung
durch nachstehendes ergänzt:
a) Als dauernde Veränderungen im Gegenstand
der Grundsteuer, die zufolge der Bestimmung des § 96, Zahl
1, dieses Gesetzes eine Ausnahme von der Steuerpflicht zulassen,
sind auch die durch Schürfung entstandenen Veränderungen
anzusehen. Auf solche Veränderungen wird nur dann Rücksicht
genommen, wenn es sich bei einem einzelnen Grundstück um
eine zusammenhängende Fläche handelt, die bei Gärten
und Weinbergen 100 m2, bei den übrigen Grundstücken
1000 m2 übersteigt, oder auch um kleinere zusammenhängende
Flächen, wenn sie mindestens 40 % des Gesamtausmaßes
der Parzelle bilden,
b) Die Änderung der Bonitätsklasse
eines Grundstückes ist zulässig, wenn sich in einem
bestimmten Gebiete von der Zeit seit der letzten Klassifizierung
der Grundstücke die Ertragsfähigkeit des Bodens sichtlich
und wesentlich abweichend von der Ertragsfähigkeit in den
benachbarten Gebieten infolge der Schürfung geändert
hat. Auf solche Veränderungen wird bei Wäldern, die
nach dem durchschnittlichen Ertrage ihres Bodens klassifiziert
sind, nur dann Rücksicht genommen, wenn hiedurch die durchschnittliche
Klassifizierung des Waldes wenigstens um eine Bonitätsklasse
geändert worden ist und bei anderen Grundstücken nur
dann, wenn es sich bei einem einzelnen Grundstücke um das
Ausmaß von mindestens einem halben Hektar handelt, oder
wenn infolgedessen der Katastralertrag der ganzen Parzelle um
mehr als 10% herabgesetzt worden ist".
Nach langwierigen Verhandlungen mit dem Finanzminister
kam doch ein Einvernehmen mit ihm zustande, und zwar in folgender
Weise:
Die Steuergrundlage bildet nach dem Antrag
der Mehrheitsparteien Folgendes: Die Bemessungsgrundlage der Grundsteuer
ist bei Wäldern das Zwanzigfache, bei den übrigen Grundstücken
das Siebzehnfache des Katastralertrages, mit welchem die einzelnen
Grundstücke im Grundkataster eingetragen sind. Zur Steuergrundlage
der Grundsteuer haben die Mehrheitspartei en folgende Abänderungsanträge
gestellt: Der Satz der Grundsteuer beträgt 2% der Steuergrundlage.
Mit der Grundsteuer wird ein besonderer Beitrag von 11/2%
der Steuergrundlage eingehoben. Von dem besonderen Beitrag sind
Grundstücke von Bodenbesitzern befreit, deren ganzjähriges
Einkommen weder für sich, noch mit dem Einkommen des Hauptes
der Familie, mit welchem sie eventuell gemeinsam der Einkommensteuer
zu unterziehen wären, den der Einkommensteuer nicht unterworfenen
Betrag übersteigt und welche auch mit den übrigen Mitgliedern
des gemeinsamen Haushaltes in derselben Steuergemeinde keinen
größeren Grundbesitz haben als höchstens mit den
Gesamtkatastralertrag von 120 K.
Der besondere Beitrag ist keine Unterlage für
die Einhebung irgendwelcher Zuschläge.
Grundsteuernachlässe werden gewährt
bei Elementarschäden. Bei den Landeskulturräten werden
besondere Fonds zu dem Zwecke errichtet, damit aus ihnen in Fällen
umfassender Beschädigung von Landeskulturen durch Elementarkatastrophen
den beschädigten Steuerpflichtigen Ersatz der Grundsteuer
mit dem besonderen Beitrag und den Zuschlägen gewährt
werde.
Zu diesen Fonden trägt der Staat 30 %
des besonderen Beitrages bei, die Gemeinden von den eingehobenen
Gemeindezuschlägen 10% der Grundsteuer, die in der Gemeinde
von allem Boden außer den Wäldern vorgeschrieben wird.
Die Überschüsse der besonderen Fonds
können zur Gewährung außerordentlicher Unterstützungen
wirtschaftlich schwacher Steuerpflichtiger verwendet werden, die
zur Linderung der Schäden besondere Hilfe nötig haben.
Weiter sieht die Reform der Grundsteuer auch Grundsteuernachlässe
bei Waldschäden vor, und sind diese für den Fall, als
auf Waldboden der Holzbestand durch eine Elementarkatastrophe,
z. B. Feuer, Sturm, Schneebruch, Insekten u. s. w. vernichtet
wurden, berechtigt, Schadenersatz zu verlangen.
Es ist demgemäß ersichtlich, daß
auf diesem Gebiete eine gewisse Erleichterung für die Steuerträger
festzustellen ist. Bis jetzt wußte bei der ganzen Erstellung
der Steuer kein Staatsbürger, besonders kein Handwerker und
Landwirt, was er an Steuern schuldete. Selbst die Finanzbeamten
waren sich in vielen Fällen nicht klar. Die Überzahlungen
erreichten eine ungeheuere Höhe und wenn die Landwirte auch
sonst keinen anderen Schaden erlitten, so hatten sie doch Geldverluste
durch den Verlust der Zinsen aufzuweisen. Diese Verluste waren
für die Landwirte umso drückender, weil sie sich das
Geld im Kreditwege beschaffen mußten. Nicht immer wurden
die Vorschreibungen anerkannt und die Rekurse schwollen in ungeheurer
Zahl an, ließen auf Erledigung jahrelang warten und die
Steuerzahler blieben in Ungewißheit über ihre Steuerschuldigkeit.
Sie verausgabten ihre Einnahmen und hatten zur Zeit, als die Zahlungsaufträge
für mehrere Jahre in ihre Hände kamen, die Taschen leer,
mußten zu hohem Zinsfuß das Geld zur Bezahlung der
Steuerforderung ausleihen. Dieses Ausleihen war aber äußerst
schwierig, oft ganz unmöglich. Hiebei ist folgender Umstand
besonders zu beachten: Wo sollte der Bauer, der Handwerker des
flachen Landes seinen dringenden Geldbedarf decken? In erster
Linie doch bei seinen hiemischen Raiffeissenkassen, bei den Spar-
und Darlehenskassenvereinen. Diese Geldanstalten hatten aber gerade
zu der Zeit, als die Steuerzahler mit den Zahlungsaufträgen
für mehrere Jahre beglückt wurden, sehr kleine Einlagen
zu verzeichnen. Es war die landwirtschaftliche Krisenzeit, welche
ein Ansammeln von Spargroschen unmöglich machte. Der Einlagenüberschuß
der Raiffeissenkassen wurde immer kleiner, die Abhebungen überwogen
seit 1923 die Einzahlungen, worüber der Zentralverband der
landwirtschaftlichen Genossenschaften in Prag in seinen Monatsausweisen
eine genaue Übersicht gibt. Die ungeheuere Verschuldung drückt
schwer auf den Bauernstand. Hiezu kommt der ungeheuere Steuerdruck,
der dem Landmann die Arbeitsfreudigkeit raubte. Es wurde bei der
Behandlung dieses Gesetzentwurfes sehr viel von Steuermoral gesprochen.
Die Bauern und Handwerker erwarten aber von den Steuerbehörden,
daß nach der Gesetzwerdung der Steuerreform auch ihnen im
Veranlagungsverfahren Gerechtigkeit zuteil werde und willkürliche.
Hinaufschraubungen ihrer Einbekenntnisse unterbleiben. Es wird
sich empfehlen, daß der Steuerzahler insbesondere auf dem
flachen Lande diese seine Einbekenntnisse protokolarisch festlegen
läßt und der Steuerbeamte ihm hiebei behilflich sei,
damit er seine Angaben ordnungsmäßig niederlegen kann.
Nicht hohe Strafen werden den Steuerpflichtigen zur nötigen
Steuermoral bringen, sondern die Tatsache, daß der Staat
in ihm den Staatsbürger sieht, der gewillt ist, dem Staate
zu geben, was er von ihm rechtmäßig zu fordern hat.
Der Bauer will endlich von Steuerschikanen
befreit aufatmen, um seinem schweren Berufe wieder beruhigter
nachgehen zu können, er will endlich auch für seine
Mühe und Arbeit einen gesicherten Ertrag sein eigen nennen,
um nicht dem Gedanken nachhängen zu müssen, daß
er nur für den Staat schuften und schinden muß. (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda Horák.)
Man hat in den letzten Jahren durch ein Schlüsselsystem
dem Bauern große Umsätze und noch größere
Einnahmen zur Versteuerung aufgehalst, als er bei tatsächlich
reichstem Ertrag seiner Wirtschaft hätte ausweisen können.
Möchte doch der Staat an dem Ertrage seiner ungeheuer großen
Land- und Forstwirtschaft im Ausmaß von 950.000 ha, welche
im Jahre 1926 bloß einen Ertrag von 80 Millionen Kronen
aufzuweisen hatte, ermessen, daß auch der selbständige
und selbsttätige Bauer nicht immer die großen Einnahmen,
die ihm selbst erwünscht wären, erzielen kann. Oft fehlen
ihm die Betriebsmittel, er kann nicht genügend investieren,
er muß knickern und knausern und wäre in den meisten
Fällen sehr zufrieden, wenn er von seinem Ertrage perzentuell
einen gleich großen Betrag in seine Wirtschaft hineinstecken
könnte wie der Staat, der von den 80 Millionen 20 investiert.
Man muß auch von den Steuerkommissionen
erwarten, daß sie nunmehr auch dem Schutze des Steuerträgers
ihr Augenmerk zuwenden und die Verfahrensbestimmungen nicht zu
seinen Ungunsten auswirken lassen. Die Steuerbehörde muß
sich mit der Wirtschaftsführung vertraut machen, Zeugen und
Sachverständige aus Kreisen nehmen, welche loyal vorgehen,
und die Auskunftspersonen so selten als möglich zur Auskunfterteilung
heranziehen. Man nennt diese Personen gewöhnlich "Spitzel"
und es ist bekannt, daß diese Spitzel oft daran schuld sind,
wenn der Steuerträger durch eine unberechtigte Höherschraubung
der Steuer bedrängt wird.
Der Steuerträger ist berechtigt und in
diesem Falle auch bemüßigt, von der Steuerbehörde
zu fordern, daß man gegen eine Person, die unwahre Angaben
macht, von Amtswegen die gerichtliche Verfolgung einleitet. Sollte
es von Amtswegen nicht geschehen, so kann er das auf anderem Wege,
selbst im Wege der Staatsanwaltschaft fordern. Von den weiteren
Begünstigungen, die die Steuerreform bringt, ist außer
den Sätzen, die allgemein bekannt sind, nur noch festzustellen,
daß die allgemeine Erwerbsteuer keine Kontingentsteuer mehr
sein wird, sondern eine Steuer vom wirklichen Ertrag. Bei der
Beratung dieser Erwerbsteuer ist es uns gelungen, für die
notleidenden Gebiete eine Begünstigung durchzusetzen. Es
war bis jetzt üblich, daß die Erwerbsteuer, die ja
auch mit Umlagen belegt werden kann, für die erwerbsteuerpflichtigen
Hausierer und Wandergewerbler dort behandelt wurde, wo die Erwerbsteuer
vorgeschrieben wurde. Nun ist im § 64 festgesetzt, daß
diese Steuer in dem Wohnort vorgeschrieben wird, wo der Hausierer
oder der das Wandergewerbe Ausübende sonst seßhaft
ist, wenn dieser Wohnort innerhalb des Bereiches der bemessenden
Steuerbehörde liegt.
Bezüglich der Hauszinssteuer wurde eine
Herabsetzung von 33% nach dem alten österreichischen Friedensstand
vorgenommen. Es ist dies wohl nach den Sätzen keine besondere
Begünstigung, weil eben diese Steuer schon im alten Österreich
allzu hoch war.
In der Bevölkerung war bei der Schaffung
des Steuergesetzentwurfes die Hoffnung rege geworden, daß
eine besondere Ermäßigung eintreten werde, ja gewisse
Leute hofften, daß im Jahre 1927 eine Art Jubeljahr sein
wird, das heißt ein Jahr, in dem überhaupt keine Steuern
vorgeschrieben werden. Man muß es dahingestellt sein lassen,
ob der Staat dies machen könnte. Wenn man aber aus dem Staatsrechnungsabschluß
vom Jahre 1924 ersieht, daß an Steuerrückständen
eine Summe von 11 Milliarden zu verzeichnen war, so würde
dieser Betrag genügen, um den Staatshaushalt aufrecht zu
erhalten. Aber es fragt sich: Wieviel wurde von diesen Milliarde
jenen abgeschrieben, die die Begünstigungen der verschiedenen
Verordnungen für sich auszunützen verstanden haben?
Gewiß werden, von unseren Kreisen, von denen, die am flachen
Lande leben, die wenigsten von den Begünstigungen Gebrauch
gemacht haben, die da geboten waren, weil sie in Unkenntnis dieser
Verordnungen und Gesetze nicht dazu gekommen sind, davon Gebrauch
zu machen. Aber noch eine andere Sache: Wenn jemand von unseren
Leuten gebeten hat, daß man ihm die Grundsteuer bis 1923
wegen wirtschaftlicher Bedrohung nachsehe, so hat er erfahren,
wenn er in den späteren Jahren Steuern gezahlt hat, daß
alle diese gezahlten Beträge auf die alten Steuern gutgeschrieben
wurden und sein Gesuch demgemäß hinfällig wurde.
Betrüblich ist es, wenn Leute aus dem Erzgebirge zu mir kommen
und sagen: "Herr Abgeordneter, ich bin nicht in der Lage,
für die Jahre 1924 und 1925 diese Beträge zu zahlen,
die mir an Steuern vorgeschrieben wurden, ich bin noch rückständig
auf die Raten der Vermögensabgabe und die Ergebnisse meiner
Wirtschaft in den letzten Jahren waren so traurig, daß ich
am liebsten davonlaufen würde." Da muß man sich
fragen, ob vom Staate aus alles geschehen ist, um diesen Leuten,
die so hart um ihre Existenz ringen und kämpfen, die Mittel
an die Hand zu geben, sich zu behaupten. Wir können das nicht
feststellen. Das Erzgebirge ist infolge seiner Lage zumeist ein
viehproduzierendes Gebiet. Getreide- und Kartonelbau lohnt sich
dort nicht, Viehzucht lohnt sich aber derzeit auch nicht. In unbeschrankter
Zahl kommt Vieh aus Polen, Rumunien und Südslavien herein,
wird vom Prager Hauptmarkt in die Provinzstädte abgegeben
und es sieht sich kein Fleischhauer genötigt, sein Vieh in
einem Dorfe auf dem flachen Lande oder im Gebirge einzukaufen.
Die Leute sind der Verzweiflung nahe und wenn auf dem Gebiete
der Steuerschuldigkeit die Behörden in baldigster Zeit nicht
ein Einsehen zeigen werden, so wird sich oben im Erzgebirge und
wohl auch in andern Gebieten, im Adlergebirge und im Böhmerwald,
eine Katastrophe zutragen. Wir wollen nicht mehr die Rolle spielen,
die die Landwirtschaft im alten Österreich und auch hier
spielen mußte. Immer zugunsten der Großindustrie und
des Großhandels hat man den schwachen Schultern der Bauernschaft
und der Gewerbetreibenden mehr aufgebürdet, als sie tragen
konnten. Von der Steuerreform erwarten diese Leute eine wirtschaftliche
Besserstellung und sie fordern die Einsicht des Staates, daß
es seine Pflicht ist, sich auch um diese Massen des kleines Volkes
zu kümmern, weil sie nicht in der Lage sind, Vermögen
ins Ausland zu verschieben und gegebenenfalls dort draußen
ein herrliches Leben zu führen.
Man sagt, daß die Verschuldigung des
Bauernstandes nicht derartig sei, daß er in seiner Existenz
bedroht ist. Bitte die Ausweise der Raiffeisenkassen zu verfolgen
und Sie werden sich überzeugen, daß höchstens
nach der Ernte größere Einzahlungen zu verzeichnen
sind. Schon zu Weinachten und zu Neujahr, wenn Steuerfälligkeiten
zu tilgen sind, hören diese Einlagen auf und die Behebungen
nehmen immer mehr und m ehr zu. Was sehen wir auf der anderen
Seite? Die Ausweise der Prager Städtischen Sparkasse und
der Weinberger Sparkasse verzeichnen in einem einzigen Jahre einen
Zuwachs von mehreren hundert Millionen, und das auf einem Gebiete,
wie es Prag ist, wo Landwirtschaft wohl gar nicht betrieben wird.
Diese Einlagen können nur von Handels- und Geschäftsleuten
hinterlegt worden sein. Wir wären froh, wenn unsere Bevölkerung
sich nur ein Zehntel dieses Betrages als Reserve zurücklegen
könnte, um in der Zeit der Wirtschaftskrise und der Not nicht
an eine Verminderung der wirtschaftlichen Betätigung denken
zu müssen.
Wenn man in der Regelung der Finanzwirtschaft
der Selbstverwaltungskörper eine Art Beschneidung der Autonomie
dieser Körperschaften sieht, so mag vieles daran wahr sein.
Aber eines ist zu bedenken. In vielen dieser Gemeinden - und ich
habe da wiederum mein Heimatsgebiet, das Braunkohlengebiet, vor
Augen - ist die Landwirtschaft in furchtbarster Bedrängnis.
Städte wie Bruch, Kopitz, Oberleutensdorf, Osseg, Niederleutensdorf
etc. waren in der Hand von Leuten, die mit der Landwirtschaft
und dem Gewerbe keine Fühlung hatten. Die Umlagenhöhe
stieg ins Ungeheuere. Wir haben dort Dörfer, wie Bergesgrün,
wo fast 1900% Umlagen sind. In solchen Gemeinden Landwirtschaft
zu betreiben, ist wohl mehr als Kunst. Wenn dann auch die Gemeinde
versagt, wenn in solchen Gemeinden der bedrängte Bauer, der
für seine Grund stücke, für seinen Ertrag Steuern
zu zahlen hat, sieht, daß ihm zur Zeit der Ernte fast alles
vom Feld verschwindet, weil es ihm gestohlen wird, so ist das
zu viel. Wenn er dann zur Stadtvertretung geht und sie bittet,
seinen Feldern den nötigen Flurschutz zuteil werden zu lassen,
dann bekommen in dies en Städten die Polizisten noch den
Auftrag, sich nicht um den Flurschutz zu kümmern, es sei
nicht ihre Sache, draußen außerhalb der Stadt könne
geschehen, was wolle. Aber zahlen müssen diese Bauern 1400,
1600 ja 1700% Umlagen! So ist die Wirtschaft weiter nicht mehr
möglich und die Leute sind nicht mehr auf ihrem Boden zu
halten, wenn nicht endlich eine Milderung eintritt.
Aber noch eines muß man von diesem Platz
aus sagen. Ganz so schuldlos ist an diesem Übel auch der
Staat nicht, weil er an der Zuweisung der Umlagen an die Gemeinden
und Bezirke sehr knickert. Ich will nicht hinweisen auf einen
industriellen Bezirk. Ich habe eine Eingabe des Bezirkes Postelberg
vor mir. Dieser Bezirk ist überwiegend landwirtschaftlich
und er hatte das Glück, an seiner Spitze aufrechte, tüchtige
Männer zu sehen, die immer für eine geregelte Wirtschaft
Sorge trugen. Diesen Männern war es zu danken, daß
sie selbst in den Jahren 1918 und 1920 mit 60 und 68.5%
auskamen, 1921 175%, 1922 mit 150%, 1923 mit 150%, aber nun geht
es sprunghaft hinauf: 1924 258%, 1925 290%, und für 1926
mußten schon 300% Umlagen vorgeschrieben werden. Wie kam
das? Vom Steueramt erhielt dieser Bezirk 1918 106.085 Kronen.
Es war mehr eingelangt, als dem Bezirke gebührte, und zwar
ein Betrag von rund 3600 Kronen. 1919 wurden ihm ausgezahlt 183.400
Kronen, mehr eingelangt sind 37.594 Kronen, 1920 wurden vom Steueramte
ausgezahlt 236.829 Kronen, die Forderung betrug 412.846 Kronen,
so daß sich ein Abgang von 176.016 Kronen ergibt. 1921 sollten
die Bezirksumlagen bringen 401.888 Kronen, der Bezirk erhielt
724.931 Kronen, daher ein Plus von 323.042 Kronen. 1922 sollte
der Bezirk bekommen 349.649 Kronen Umlagen, erhielt in Wirklichkeit
nur rund 305.000 Kronen, also ein Abgang von 44.800 Kronen. 1923
sollte der Bezirk bekommen 324.484 Kronen, erhielt in Wirklichkeit
166.207 Kronen, also ein Abgang von 158.277 Kronen. Im Jahre 1924
- das ist das erste Jahr, wo 258% Umlagen vorgeschrieben wurden
- sollte der Bezirk 751.811 Kronen erhalten, erhielt aber blos
280.591 Kronen, die Überweisung blieb also mit 471.219 Kronen
im Rückstande. 1925 sollte der Bezirk bekommen 858.986 Kronen,
erhielt 712.938 Kronen, demgemäß ein Abgang von 146.000
Kronen. 1926 sollte der Bezirk bekommen 882.211 Kronen, erhielt
aber nur 543.000 Kronen, also ein Abgang von 339.201 Kronen. Für
die Zeit von 1918 bis 1926 hatte der Bezirk an Umlagen zu fordern
4,230.180 Kronen, erhielt aber in Wirklichkeit blos 3,258.841
Kronen, er hat also zu fordern 1,335.565 Kronen; er erhielt in
den 1. Jahren mehr angewiesen 364.227, woraus sich für den
Postelberger Bezirk ein Guthaben von 971.338 Kronen ergibt. Halten
wir dem entgegen, daß dieser Bezirk für 1926 an Umlagen
zu fordern hatte 882.000 Kronen, so macht dieser Abgang von 970.000
mehr, als der Bezirk 1926 laut den Vorschreibungen zu erhalten
hatte, d. h. der ganze Bezirk Postelberg mußte mit Schulden
seine ganze Bezirkswirtschaft aufrechterhalten. Was das in der
Zeit des hohen Zinsfußes von 10 bis 12% für den Bezirk
bedeutet, kann sich jeder selbst ausrechnen. Die Bezirksverwaltungskommission
trifft kein Verschulden. Sie hat zu jeder Zeit die Präliminarien
des Bezirkes rechtzeitig durch die Kommission sowie zur Vorlage
an den Landesverwaltungsausschuß behufs Genehmigung gelangen
lassen. Sie schreibt in ihrer Eingabe: "Wir haben auch nicht
unterlassen, bei jeder Gelegenheit auf den Mangel in der Vorschreibung
der Steuern und die Einhebung derselben samt den autonomen Umlagen
hinzuweisen. Leider sind diese Anregungen bisher mehr oder weniger
fruchtlos geblieben. Ein Verschulden wäre es jedoch, wenn
wir die maßgebenden Behörden von diesen Tatsachen nicht
in Kenntnis setzen würden. Wir müssen aber gleichzeitig
die Bitte anfügen, zu veranlassen, daß endlich einmal
in der Vorschreibung und Einhebung der Steuern und Umlagen sowie
Abfuhr der letzteren an die autonomen Körperschaften im Bezirke
Postelberg Ordnung gemacht werde, weil solche obgeschilderte Zustände
auf die Dauer unhaltbar sind." Wenn der Bezirk keine Mittel
erhält, wie soll er die Schotterung durchführen, die
Strassen in Stand halten, den Sekretär bezahlen, die Kanzleimiete
bezahlen und anderes mehr? Es ist nicht möglich, in dieser
Art zu wirtschaften, es ist auch nicht angezeigt, daß man
in einem solchen Falle einer autonomen Körperschaft sagt,
daß sie schlecht gewirtschaftet hätte. Gewiß,
es mag hie und da vorgekommen sein, in diesem Falle aber nicht.
In diesem Bezirke, der überwiegend landwirtschaftlich ist,
treibt die Steuerbehörde mit ungeheurer Strenge alle rückständigen
Steuern ein und hat sogar schon im März von den Bauern die
Steuern exekutiv eingetrieben, die für das erste Vierteljahr
1927 zu zahlen sind. Einen größeren Steuerdruck kann
man sich nicht vorstellen. Ein Bauer mit seinem Besitz läuft
der Steuerbehörde nicht davon; wenn er aber in dieser Zeit,
wo er keine Einnahmen hat, sich wieder Geld ausborgen laufen muß,
um die Steuern des ersten Vierteljahres zu zahlen, wenn ihn der
Staat in seinem Bedrängnisse nicht schont und dem Bauern
neben der Steuer noch die Exekutionskosten aufhalst, dann muß
man sagen, daß etwas nicht in Ordnung ist.
Die Intentionen des Herrn Finanzministers sind
die allerbesten. Wir sind überzeugt, daß er in seinem
Bemühen im Auge hat, die Wirtschaft aller schaffenden Stände
aufrechtzuerhalten, sowie auch die Staatswirtschaft aufrechtzuerhalten.
Sorge man daher dafür, daß diese Absichten des Herrn
Finanzministers nicht durch untergeordnete Organe vereitelt werden.
Kommt in die Steuerbehörden draussen nicht ein anderer Geist,
wird sich der Geist austoben wie bisher, dann wird die Steuerreform
ein Werk gewesen sein, an das Zeit, Mühe und Geist umsonst
verschwendet wurde. In dieser Zeit der Bedrängnis, wo man
daran geht, die Wirtschaft zusammenzuschliessen, wo man in der
ganzen Welt sieht, daß kleine Wirtschaftsgebiete unmögliche
Gebilde sind, wo man daran geht, in Genf eine Wirtschaftskonferenz
zu dem Zweck abzuhalten, um das alte Wirtschaftgebiet zusammenzuschweissen,
geht es nicht an, daß Behörden untergeordneter Art
fiskalischer sind, als der Herr Finanzminister selbst es ist.
Das Volk draussen, der kleine Mann in seiner Unbeholfenheit kann
sich zumeist nicht wehren gegen all das, was ihm hier droht. Darum
richte ich zum Schlusse nochmals den Appell an die Finanzbehörden
als solche und an die höchste Instanz, das Finanzministerium
selbst, Weisungen hinauszugeben, daß die Steuerreform das
Werk werde, als welches sie vom Volk erhofft wird, ein Werk der
Gesundung, des Freiwerdens vom Druck, ein Werk, welches von unseren
Leuten den Alpdruck nimmt, von dem sie nun durch 8 Jahre bedrängt
waren. Sie haben in den vergangenen Jahren alles getan, um die
Wirtschaft zu drosseln, Gelder zurückbehalten, Vermögensabgaben
in ungeheurem Maße unseren Kreisen auferlegt, die Kriegsanleihe
nicht honoriert. Gehen Sie nun endlich daran aufzubauen, solange
es hiezu Gelegenheit gibt. Es ist des Schweisses der Edlen und
Guten wert, aus diesen gesegneten Ländern, die die
Èechoslovakische Republik bilden, wirklich
ein Staatsgebilde zu machen, in welchem sich alle Völker
wohl fühlen. (Potlesk.)