Der Gewerbestand hat ein besonderes Interesse
daran, daß seine gewerblichen Fortbildungsschulen so ausgestaltet
werden, daß sie ihren Zielen nachkommen und ihren Zweck
erfüllen können. Leider müßen wir konstatieren,
daß das deutsche Fach- und Fortbildungsschulwesen sehr stiefmütterlich
behandelt wird. Der Gewerbestand braucht, um seine Existenz zu
erhalten und sein Fortkommen zu finden, einen beruflich gut geschulten
Nachwuchs. Diese Aufgabe sollen die gewerblichen Fortbildungsschulen
erfüllen. Dieses Ziel kann aber nur dann erreicht werden,
wenn man diesen gewerblichen Schulinstitutionen durch Beistellung
der erforderlichen Mittel die Möglichkeit ihrer Ausgestaltung
gibt. Ich fordere daher von dieser Stelle, daß man den deutschen
gewerblichen Fach- und Fortbildungsschulen auch die entsprechenden
Geldmittel nach dem Bevölkerungsschlüssel aus Staatsmitteln
zuwendet.
Zusammenfassend erkläre ich mit aller
Deutlichkeit, daß wir auf der Forderung der vollen Gleichberechtigung
aller Nationen in diesem Staate bestehen. Denn auch nur so können
wir die Worte des Herrn Ministerpräsidenten Švehla
als "Gleiche unter Gleichen" auffassen. Wir hoffen,
daß diesen Ministerworten auch bald die Taten folgen mögen,
denn nur die Gerechtigkeit bildet das dauernde Fundament dieses
Staates. (Potlesk.)
Die Verhandlung des Schulvoranschlages gibt
uns die Möglichkeit, nicht nur über die blanken Ziffern
des Schulbudgets, in zweiter Linie über die Haltung der deutschen
Zollparteien zum Schulwesen zu sprechen, wir können darüber
hinaus auch die prinzipielle Stellungnahme zur Schulfrage
vom Standpunkt der kommunistischen Partei aus kurz erörtern.
Das neue Schulbudget weist einen Mehrbetrag von 11,532.000 Kè
für das Schulwesen auf. In diesem Betrag sind aber 68 Millionen
für den Kultus eingerechnet, ein Betrag also,
der unserer Meinung nach natürlich nicht als kulturelle Ausgabe
anzusehen ist. Dieser Mehrbetrag ist aber Augenauswischerei und
Schwindel, denn der Finanzminister Dr Engliš hat in
einer seiner letzten Budgetreden bereits darauf hingewiesen, daß
es notwendig sei, eine gewisse Revision auch nach dieser Richtung
hin durchzuführen, u. zw. sagte er, daß diese Revision
unter Berücksichtigung seines persönlichen, kulturellen
und wissenschaftlichen Ideals zu geschehen habe. Von welcher Beschaffenheit
die Ideale des Finanzministers Dr Engliš sind, davon
konnten sich die Arbeitermassen dieses Staates in den letzten
Monaten überzeugen. Diese Ideale bestehen darin, an den kulturellen
Ausgaben des Staates zu sparen und andererseits alle Anforderungen,
die von militärischer Seite gestellt werden, weitgehend zu
erfüllen. Wenn wir die Ausgaben für das Schulwesen vergleichen
mit den Ausgaben für das Militärbudget, so stellt sich
ein krasser Widerspruch heraus.
Das Militärbudget weist einen Betrag von
1.370,000.000 Kronen aus, tatsächlich - und das wurde in
der Budgetdebatte von mehreren Rednern unterstrichen - betragen
aber die Ausgaben für militärische Zwecke insgesamt
1.711,344.144 Kronen. Gerade in den letzten Tagen hat der Herr
Kriegsminister Udržal eine
Rede gehalten, in welcher er betonte, daß in diesem Staate
zu wenig Kanonen, zu wenig Maschinengewehre und Gewehre vorhanden
seien, daß neue angekauft werden müssen, wir sind der
Meinung, daß gerade in der Zeit der steigenden Wirtschaftskrise
und Massenarbeitslosigkeit diese Rede eine unerhörte Provokation
der breiten Massen der arbeitenden Bevölkerung bedeutet.
Wir konnten in den letzten Tagen in den Zeitungen lesen, daß
neue Kasernen in Taus und Neugedein errichtet werden sollen und
daß selbstverständlich auch die militärischen
Ubikationen in anderen Teilen der Republik verbessert werden sollen.
Die "Prager Presse" hat vor einigen Tagen den allerdings
mißlungenen Versuch unternommen, ein krasses Mißverhältnis
zwischen den Ausgaben für kulturelle und militärische
Zwecke im russischen Budget für das Jahr 1926/27 zu konstruieren.
Es handelt sich hier um eine bewußte Irreführung der
Öffentlichkeit und besonders des Auslandes, denn das russische
Budget weist an Ausgaben für Industrie, Elektrifizierung,
Wasserstraßen, Landwirtschaft usw. 51% aus, 30% für
kulturell-soziale Zwecke und nur 15% für die Armee. Der Versuch
der "Prager Presse", ein krasses Mißverhältnis
zwischen den Ausgaben für Kultur und für Militarismus
in Rußland zu konstruieren, ist also vollständig mißlungen.
Ich erwähne in diesem Zusammenhang, daß früher
unter dem Zarismus 1900 Millionen Rubel für den Militarismus
ausgegeben wurden, jetzt hingegen nur der Betrag von 635 Millionen.
Das neue Budgetjahr in Rußland weist einen Betrag von 974
Millionen für Kulturzwecke aus, worin nicht inbegriffen sind
die Ausgaben, die namentlich in der Provinz geleistet werden für
Lehrbücher, für die Vorschule, für die Einrichtungen
der Dorfschulen, für den Kampf gegen den Analphabetismus
usw. Dabei darf man nicht vergessen, daß ein russischer
Rubel heute 17.50 Kronen èechoslovakischer Wahrung gilt.
Wir können also in Wirklichkeit von einem Mißverhältnis
zwischen den Ausgaben für Kultur und Militarismus nicht in
Rußland, sondern in der Èechoslovakei sprechen. Dieses
Mißverhältnis wird ohne weiters
klar und für uns begreiflich, wenn wir uns dessen erinnern,
worin der Zweck des bürgerlichen Schulwesens besteht.
In erster Linie ist das Ziel des bürgerlichen
Schulwesens darin gelegen, die Arbeiterkinder im Sinne der Verehrung
der sogenannten kapitalistischen Ordnung zu erziehen, ihnen Hochachtung
vor dem Reichtum, vor den Titeln der großen Herren beizubringen,
und diese Art der sogenannten Erziehung der Arbeiterkinder wird
noch dadurch ergänzt, daß die Pfaffen in den Schulen,
weil die Trennung der Schule von der Kirche noch nicht durchgeführt
ist, dafür sorgen können, daß diese Kinder im
Geiste der Unterwürfigkeit und in Dummheit erzogen werden.
Dieselbe Tendenz weisen selbstverständlich die Lehrbücher
auf, dieselbe Tendenz ist auch heute noch zum großen Teil
bei der Zusammensetzung der Schulbüchereien festzustellen.
Eines der wichtigsten Mittel zur Erreichung dieses Zweckes, nämlich
der Verdummung der breiten Massen, besteht in der Lehrerbildung.
Diese ist durchaus tendenziös und ich erinnere daran, daß
Bucharin einen sehr richtigen und treffenden Ausdruck geprägt
hat, indem er sagte, daß die Volksschullehrer innerhalb
der kapitalistischen Ordnung sozusagen die Funktion von Offizieren
der Volksausbildung auszuüben haben. Jene Gestalten von bürokratischen
Lehrern, wie in den bekannten Schulspiel von Otto Ernst "Flachsmann
als Erzieher" charakterisiert werden, sind innerhalb des
sogenannten bürgerlichen Erziehungsideals äußerst
brauchbar. Lehrer mit sozialistischer Einstellung werden nach
Möglichkeit ausgeschaltet. Der verstorbene Führer der
österreichischen christlichsozialen Partei Lueger hat bekanntlich
einmal gesagt: "Solange Wien von den Christlichsozialen beherrscht
wird, werden Sozialisten und Alldeutsche nicht angestellt".
Genau dieselben Methoden werden auch in der Èechoslovakei
eingeführt, nur richten sie sich nicht mehr gegen die ungefährlichen
Sozialisten, sondern ausschließlich gegen die kommunistischen
Lehrer, die entweder abgebaut, pensioniert oder versetzt werden.
Der zweite Zweck der bürgerlichen Erziehung
besteht darin, daß die Bürgersöhne erzogen werden,
um die Weiterführung der kapitalistischen Produktion und
Administrative zu betreiben. Von diesem Grundsatze ausgehend,
werden die Professoren, die Richter, die Staatsanwälte und
die Ingenieure erzogen. Wir können hier genau so wie in der
materiellen Produktion eine gewisse Arbeitsteilung feststellen,
wir können feststellen, daß einerseits die Professoren,
die aus den Universitäten herauskommen, Bücher gegen
den Marxismus schreiben, daß die Richter dazu bestimmt sind,
die Strafgesetze gegen die Arbeiter in Anwendung zu bringen, wenn
sie gegen die Wirtschaftsnot rebellieren, und daß die Ingenieure
auf der anderen Seite dazu da sind, um die Methoden der Rationalisierung
in den Fabriken praktisch anzuwenden. Das sind die Hauptzwecke
der bürgerlichen Erziehungsmethoden.
Auch die Organisation des Schulwesens ist vollständig
den Bedürfnissen des Kapitalismus angepaßt. Wir können
eine rein klassenmäßige Abstufung des ganzen Schulwesens
feststellen in Volksschule, Mittelschule und Hochschule, wobei
selbstverständlich alles daran gesetzt wird, um zu verhindern,
daß möglichst breite Massen von Arbeitern die höheren
Schulen besuchen können, weil die materiellen Voraussetzungen
für den Besuch solcher Schulen durch die Mitschuld der Regierung,
der Koalition und der Zollparteien immer schlechter werden.
Ein Wort über die Volksschulen. Es wäre
ein äußerst reichhaltiges Kapitel, welches eigentlich
sehr eingehend behandelt werden müßte, was aber leider
nicht möglicht ist. Wir müssen zu wenig Schulen feststellen
und ich glaube, daß das Wort des alten Nìmec,
der einmal gesagt hat, daß im Okkupationsgebiet von Bosnien
und der Herzegovina mehr Gendarmen als Volksschullehrer angestellt
sind, heute auf die Slovakei und auf Karpathorußland zutrifft.
Die Schulgebäude sind zum großen Teil schlecht gebaut,
es gibt wenig Turnhallen, es wird äußerst wenig getan,
um auch die körperliche Erziehung der Jugend zu ermöglichen.
Das traurigste und aufreizendste Kapitel der èechoslovakischen
Schulpolitik, für die nun auch die deutschen Zollparteien
zum großen Teil mit die Verantwortung zu tragen haben, besteht
in der noch jetzt andauernden Abbaupolitik, die von dieser Regierung
betrieben wird. In diesem Schuljahr sind 49
deutsche Schulen mit insgesamt 911 deutschen Schulklassen abgebaut
worden. Ich verweise nur darauf, daß z. B. diese Abbaupraktiken
in provokativer Weise angewendet worden sind in Karlsbad und Oberdorf
bei Komotau. Es existiert eine Verordnung vom 7. November,
deren Anwendung bedeuten wird, daß nicht nur für das
deutsche, sondern - und das möge besonders den èechischen
Anhängern der Koalition zu Bedenken Anlaß geben - daß
dadurch auch das èechische Schulwesen in absehbarer Zeit
sehr stark geschädigt werden kann.
Wird diese Verordnung in Anwendung gebracht, so kann es passieren,
daß beispielsweise in dem rein èechischen Bezirk
Pilsen nicht weniger als 70 Klassen geschlossen werden müssen.
Wir können aber feststellen, daß auf dem Gebiete des
Militarismus keine Abrüstung durchgeführt
wird, sondern daß diese Abrüstung auf dem Gebiete des
Schulwesens auf der ganzen Linie praktisch angewendet wird. Besonders
kraß sind die Verhältnisse in der Slovakei, in Karpathorußland
und nicht zu vergessen in dem polnischen Gebiet der Republik.
Man hat nach dem bekannten Plebiszitschwindel zahlreiche polnische
Schulen aufgelassen und am ihre Stelle èechische Schulen
errichtet. Ich bemerke, daß wir gar nichts dagegen haben,
daß das èechische Schulwesen abgebaut wird, aber
im polnischen Gebiet geschah dies in
geradezu provokatorischer Weise, u. zw. in der Art, daß
man an Orten, wo fast keine èechische Bevölkerung
anzutreffen war, wo fast ausschließlich Polen wohnen, èechische
Schulen errichtet hat.
Präsident Masaryk hat vor einiger
Zeit in irgend einem Zusammenhang darauf verwiesen, daß
es ein Verbrechen sei, wenn ein Gemeinwesen es verhindere, daß
nicht sämtliche Glieder der Nation die Möglichkeit haben,
ausreichende Schulbildung zu genießen. Wir können anschließend
an die Worte des Präsidenten feststellen, daß dieses
Verbrechen seit der Existenz der Republik von Tag zu Tag immer
aufs neue in allen Teilen des Landes wiederholt wird. Ich
möchte darauf hinweisen, daß auch nach anderer Richtung
hin sehr wenig, fast gar nichts zum Ausbau des Schulwesens und
der Unterrichtsmethoden geschieht. Die Kinder sollten unserer
Auffassung nach in Fabriken und Bergwerke geführt werden,
damit sie den materiellen Produktionsprozeß kennen lernen,
sie sollten in Kinos geführt werden, es sollten ihnen dort
naturwissenschaftliche und technische Filme vorgeführt werden,
man sollte sie in Kunstgalerien führen, damit sie sich ein
Kunstgemälde, eine Plastik ansehen, um einen Begriff von
den Leistungen eines Künstlers zu bekommen. All dies wird
in verbrecherischer Weise vollständig vernachlässigt.
Das einzige Land, wo auf diesem Gebiete sehr viel geschehen ist
- wie selbst bürgerliche Urteile zugeben müssen - ist
Sowjetrußland, wo man die Arbeits- und Einheitsschule mit
dem Grundsatze eingeführt hat, daß womöglich jedes
Kind vom 6. bis zum 18. Lebensjahre den Segnungen des Schulwesens
teilhaftig wird. Man spottet allerdings in bürgerlichen Kreisen
über jene Experimente auf dem Gebiete des Schulwesens, die
in Rußland zu Beginn der proletarischen Herrschaft unternommen
worden sind. Aber gerade dadurch, daß man auf diesem Gebiete
experimentierte, daß man sich vor solchen Experimenten nicht
gefürchtet hat, wurden die Voraussetzungen dafür geschaffen,
daß in diesem so sehr zurückgebliebenen Lande heute
ein sehr hochstehendes, wirkliches Volksschulwesen aufgebaut werden
konnte. In Rußland ist selbstverständlich von allem
Anfang an die Autonomie des Schulwesens für alle Nationen
und selbst für die kleinen nationalen Splitter in der Praxis
durchgeführt worden. Warum? Diese Frage ist für uns
leicht zu beantworten. Es konnte diese Autonomie deshalb durchgeführt
werden, weil die Arbeiter und die Bauern die politische Macht
eroberten und ein Arbeiter- und Bauernstaat selbstverständlich
im Gegensatz zum kapitalistischen Nationalitätenstaat,
wie es die Èechoslovakei ist, nicht das geringste Interesse
haben, irgendwie eine Unterdrückungspolitik gegen andere
Nationen durchzuführen.
Der Minister Hodža
hat vor einiger Zeit eine vielbemerkte Rede gehalten, in der er
auch der Schulautonomie Erwähnung tat und in der er gewisse
Andeutungen machte, daß angeblich auch den Minderheitsnationen
eine gewisse Autonomie im Schulwesen gewährt werden soll,
aber schon einige Tage später hat der Sprecher der Nationaldemokraten,
die je überhaupt in diesem Parlamente die Einpeitscher der
schärfsten Reaktion sind, erklärt, daß die Gewährung
der Schulautonomie an die nationalen Minderheiten vom Standpunkt
des Staates die größte Gefahr bedeuten würde.
Das zeigt, welchen Wert die papierenen Konzessionen, die seinerzeit
Hodža gemacht hat, haben. Die Benachteiligung
des Schulwesens der Minderheitsnationen und insbesondere der Deutschen
geht auch daraus hervor, daß beispielsweise im Schulbauprogramm
für èechische Schulbauten 42,169.000 Kè eingesetzt
sind, wähdrend für deutsche Schulbauten lediglich nur
2,519.000 Kè eingestellt worden sind. Deutsche Künstler
erhalten keine Subvention, deutsche Theater werden nicht entsprechend
berucksichtigt, wenn es sich darum handelt, sie zu unterstützen.
Ein Wort über die Bürgerschulen.
Es liegt ein Regierungsentwurf vor, wonach die sogenannten Gebietsbürgerschulen
errichtet werden sollen. Wir sind selbstverständlich Anhänger
dieses Planes, und zwar aus dem Grunde, weil auf diese Art und
Weise die Voraussetzungen geschaffen werden könnten, daß
mehr Schulen und vor allem Bürgerschulen errichtet werden,
daß Neubauten durchgeführt werden. Bezüglich der
Mittelschulen weise ich darauf hin, daß wir uns bewußt
sind, daß bei dem heutigen wirtschaftlichen Massenelend
nur ein sehr geringer Teil von Proletariern und kleinbäuerlichen
Elementen in der Lage sein wird, seine Nachkommenschaft in Mittelschulen
zu schicken, wir erklären aber, daß durch die Abschaffung
des Schulgeldes doch einem kleinen Prozentsatz von diesen Elementen
die Möglichkeit gegeben werden könnte, diese Schulen
zu besuchen. Bezüglich der Hochschulen wissen wir, daß
auch ein großer Teil von kleinbürgerlichen Elementen
als Schüler in Frage kommen. Es kommen Elemente in Frage,
die von ihren Eltern deshalb in die Hochschule geschickt werden,
weil sie sich einbilden, daß es möglich sein wird,
so ihre Kinder vor einem ausgesprochen proletarischen Elend zu
bewahren. Das ist natürlich ein Irrtum und ich verweise darauf,
daß es beispielweise eine sehr große Zahl von Studenten
gibt, ohne Unterschied der Nation, die unter dem größten
Elend zu studieren gezwungen sind. So ist beispielsweise eine
große Anzahl èechischer Studenten gezwungen, im staatlichen
Scheckamt eine Nebenbeschäftigung zu suchen, die sie oft
die ganze Nacht hindurch ausüben, um die
wenigen Kronen zusammenzubringen, die sie brauchen, um ihr erbärmliches
Leben führen zu können. Wir verlangen, daß dieser
Skandal untersucht wird. Es ist ein Skandal ohne gleichen, daß
jemand, der sich wissenschaftlich beschäftigt, andererseits
gezwungen sein soll, in der Nacht zu arbeiten. In Zusammenhang
damit weise ich auch darauf hin, daß die Zustände an
den deutschen Kliniken, die mit der Universität zusammenhängen,
äußerst arge sind, so daß man auch hier von einem
wahren Kulturskandal sprechen kann.
Im Zusammenhang damit noch einige Worte über
die Fortbildungsschulen. Wir stehen auf dem Standpunkt der striktesten
Einhaltung des Tagesunterrichtes und wir verlangen für die
proletarische Jugend die Einführung der freien Samstagnachmittage,
damit diese Jugend die Möglichkeit hat, an Samstagen Wanderungen
zu machen, wozu zwei Tage notwendig sind, und damit sie auch sonst
die Möglichkeit hat, sich wenigstens einigermaßen auszuruhen.
Es ist charakteristisch, daß der Abgeordnete Stenzl,
der Wortführer der deutschen Gewerbepartei im Budgetausschuß,
sich dagegen ausgesprochen hat, daß auf dem Gebiete der
Fortbildungsschulunterrichtes ein Fortschritt eintreten soll.
Also auch hier die Betätigung von reaktionären Absichten
gegen die Arbeiterjugend.
Der Unterricht für geistig Zurückgebliebene
ist gesetzlich nach keiner Richtung hin geregelt. Wir haben es
hier mit den Folgen des Krieges zu tun. Es ist selbstverständlich,
daß der Staat die Pflicht hätte, hier wenigstens einen
entsprechenden Betrag für Verbesserungen dieses Zweiges des
Unterrichts beizustellen. Für diese Dinge hat man kein Geld,
andererseits ist aber genügend Geld da, um den Religionsunterricht
auf breiter Grundlage zu ermöglichen. Die Pfaffen, die heute
noch in den Schulen ihr Unwesen treiben können, benützen
dies dazu, um den unverschämtesten Terror gegen die konfessionslosen
Kinder auszuüben. So z. B. werden in - Fischern bei Karlsbad
von dem dortigen Pfarrer konfessionslose Kinder direkt gezwungen,
am Religionsunterrichte teilzunehmen und in Zwickau in Nordböhmen
hatte das Pfarramt sogar die Frechheit, den Arbeitern einen amtlichen
Revers zur Unterfertigung zur unterbreiten, worin sie sich verpflichten
sollten, auf ihr gesetzliches Recht zu verzichten, indem sie erklären
sollten, daß sie auch in Zukunft ihre Kinder in den Religionsunterricht
schicken werden. Einerseits also die größte Toleranz
gegen die klerikalen Machthaber und Volksverderber, andererseits
die unverschämteste Sekkatur beispielsweise gegen jene Arbeiter,
die im Rahmen des FDTJ. turnen wollen. Genossin Landová-Štychová
hat vor einiger Zeit eine Interpellation an den Unterrichtsminister
wegen dieser Sekkaturen gerichtet. Die Antwort des Unterrichtsministers
lautete vollkommen nichtssagend. Dies alles ist nur deshalb möglich,
weil eben hier die Kirche nicht vom Staate getrennt ist, weil
selbstverständlich eine bürgerliche Mehrheit nie dafür
zu haben sein wird, diese Trennung durchzuführen. In Rußland
hat sich die Trennung von Kirche und Staat als ein wahrer Segen
erwiesen für die Entwicklung des Volksschulwesens.
Bezüglich der Lehrerbildung stehen wir
auf dem Standpunkt, daß durchwegs für alle Lehrer,
für alle Personen, die als Lehrer in Betracht kommen, das
Hochschulstudium obligatorisch eingeführt werden soll. Aber
wir wissen ja: Wir haben in der Èechoslovakei nahezu
2000 brotlose Lehrer, obzwar natürlich genügend Bedarf
für sie vorhanden wäre. Wir können hier feststellen,
daß nicht nur auf dem Gebiete der materiellen Produktion
innerhalb dieses Staates wie in allen kapitalistischen
Staaten ein Zustand der Anarchie herrscht, sondern auch auf dem
Gebiete des Schulwesens, wie überhaupt der Heranziehung der
geistigen Arbeiter anzutreffen ist. Der deutsche Landeslehrerverein
hat im Zusammenhang mit der krassen Arbeitslosigkeit unter den
Lehrern eine Eingabe an das Min sterium gerichtet und es angeprangert,
daß die Regierung die Bewilligung zur Errichtung von neuen
Schulklassen nur unter der Bedingung erteilt, wenn keine neuen
Lehrer angestelltwerden. Auf diese Art wird selbstverständlich
die Arbeitslosigkeit unter den Lehrern niemals abnehmen, sondern
nur noch zunehmen.
Ein wichtiges Kapitel im Zusammenhang mit der
Schulfrage ist die sozialpolitische Seite dieses ganzen Problems.
Ein Wort über die Schulküchen. Beispielsweise wurden
in Aussig vom November bis März des letzten Jahres täglich
1800 Portionen bei einer Schülerzahl von 3300 Schülern
einschließlich der auswärtigen Bürgerschüler
ausgegeben. Das ist ein Beweis dafür, daß die Wirtschaftskrise
sich äußerst stark auf die Lebenshaltung der Arbeiter
auswirkt, ist ein Beweis dafür, daß die heutigen entsetzlich
niedrigen Durchschnittslöhne den Proletariern nicht die.
Möglichkeit bieten, ihren Kindern auch nur eine ausreichende
Ernährung zu gewähren, und deshalb haben die Gemeinden
die Pflicht, vorausgesetzt allerdings, daß man ihnen hiezu
die Möglichkeit gibt, die Schulküchen zu unterstützen.
In zweiter Linie wäre hier die Ferienfürsorge
zu erwähnen. Es müßte hier nach dem Grundsatze
vorgegangen werden, allen Kindern jährlich eine gewisse
Ferienfürsorge angedeihen zu lassen. Der gesundheitliche
und pädadogische Wert der Ferienwanderungen und der Ferienfürsorge
kann von niemandem mehr bestritten werden. Allerdings ist die
Ferienfürsorge innerhalb der Èechoslovakei deshalb
so schwierig, weil es nicht genügend Ferienheime
gibt, und hier sei wiederum ein Vergleich mit Sovjetrußland
gestattet, wo nach Eroberung der politischen Macht die Regierung
in die Lage versetzt wurde, die Villen der Reichen und die Schlösser
des ehemaligen russischen Adels zu beschlagnahmen, um dorthin
die Kinder zur Erholung zu schicken. Bezüglich der Kinderkrippen
weise ich darauf hin, daß in den 8956 Gemeinden, welche
Böhmen zählt, nur 50 Krippen bestehen, und von diesen
50 Krippen nur 21 ausschließlich von Gemeinden bezahlt werden.
Wir haben insgesamt in Böhmen 543 Kinderbewahranstalten,
aber mehr als 300.000 erwerbstätige Frauen. Hier hätten
die Gemeinden ein großes Betätigungsfeld vor sich und
hier könnte auch der Staat durch eine Erhöhung der Zuschüsse
an die Gemeinden helfend eingreifen. Es ist unerhört, wenn
man einerseits diesen äußerst ungenügenden Zustand
des Kinderkrippenwesens und der Kinderbewaranstalten feststellen
muß, anderseits aber aus dem Militärbudget entnehmen
kann, daß nicht weniger als 35 Millionen Kronen allein für
Handgranaten ausgesetzt sind.
Inbezug auf die Schulärzte sehen wir,
daß die Verbesserung des Schulärztewesens gleichzeitig
auch eine Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes der
Jugend bedeuten würde. Die Zahnpflege hat die größte
Bedeutung besonders nach der Richtung hin, daß späteren
Magenerkrankungen vorgebeugt werden kann. Allerdings ist hier
wiederum nur Sovjetrußland in der Lage, eine durchgreifende
Heilpflege durchzuführen, nicht nur für die Erwachsenen,
sondern auch für die Schuljugend, weil dort die Heilpflege
und die Apotheken sozialisiert, bezw. verstaatlicht worden sind.
Es ist selbstverständlich, daß wir auch auf dem Standpunkte
der vollständig kostenlosen Beistellung der Lehr- und Lernmittel
an alle die Schule besuchenden Kinder stehen. Es ist ausgerechnet
worden, daß beispielsweise für einen Volksschüler
zur Anschaffung von Lehrmitteln 60 Kronen jährlich ausreichen
würden und daß für einen Bürgerschüler
90 Kronen jährlich genügen würden. Wenn Schul-
und Lehrmittel im großen eingekauft werden, so kann hier
wirklich rationalisiert werden und es können die Lehrmittel
viel billiger angekauft werden. Alle diese Dinge, die ich hier
im Zusammenhang mit der sozialpolitischen Seite des Schulwesens
erwähnt habe, sind aber nur dann möglich, wenn die Gemeinden
in die Lage versetzt werden, entsprechend große Zuschüsse
zu gewähren, wenn den Gemeinden die Möglichkeit gegeben
wird, Ausgaben für Schulküchen, Ferienfürsorge,
Kinderkrippen, Kinderbewahranstalten usw. zu machen. Es ist selbstverständlich,
daß wir gerade von diesem Gesichtspunkt aus energisch gegen
jene Versuche protestieren müssen, die darauf abzielen, die
Finanzen der Gemeinden durch die Durchpeitschung der Finanzgesetze
noch zu verschlechtern.
Nun zum Schluß ein Wort über die
deutschen Zollparteien. Kaum waren die Ziffern des heurigen Budgets
bekannt, als das Zentralorgan der deutschen Christlichsozialen,
die "Deutsche Presse" einen Artikel veröffentlichte,
in welchem sie dieses Budget lobte. Es wurde erklärt, im
Budget sei doch ein gewisser Fortschritt zu verzeichnen, seit
die deutschen Zollparteien in dieser Regierung sitzen. Aber in
welchem Sinne sie von einem Fortschritt sprachen, ging unter anderem
aus einer Rede hervor, die der Abgeordnete Zierhut vor
einigen Tagen von dieser Stelle aus gehalten hat und in welcher
er besonders lobend hervorhob, daß der Grundsatz des Sparens
in diesem Budget doch einigermaßen zum Ausdruck komme. Seinerzeit
wurde im Schulausschuß über die Schulreform gesprochen.
Es ist bekannt, daß die Koalition sich mit dem Plane der
Durchführung einer Schulreform trägt und ich kann mich
noch ganz gut daran erinnern, daß der Abgeordnete und jetzige
Minister Dr. Spina seinerzeit den Ausspruch getan hat,
man möge möglichst langsam vorgehen, möge sich
nicht überstürzen, möge diese Schulreform sich
sehr genau überlegen, bevor man sie in die Praxis umsetze.
Das ist sicherlich ein sehr charakteristisches Wort für einen
Mann, der heute zu den Repräsentanten der deutschen Bourgeoisie
gehört. Wie bescheiden der Bund der Landwirte geworden ist,
geht daraus hervor, daß der Abg. Windirsch, jener
Mann, der heute Fraktionsvorsitzender der Partei ist, vor einigen
Tagen beantragt hat, daß die einklassigen Volksschulen wieder
eröffnet werden sollen. Dieser Antrag wurde im Budgetausschuß
auch wirklich angenommen. Sie sind also sehr bescheiden geworden,
die Herrschaften, aber nicht bescheiden werden sie sein, wenn
es sich darum handelt, für das Militärbudget zu stimmen.
Wir haben dieser Tage Gelegenheit gehabt, eine Menge Redner der
deutschen Zollparteien zu hören, die sämtlich gewisse
Beschwerden vorgebracht hatten. Wir mußten allerdings konstatieren,
daß auf diese Leute das Goethische Wort angewendet werden
kann, daß zwei Seelen in ihrer Brust wohnen, nämlich
die oppositionelle und die Regierungsseele. Aber trotz dieser
Kritik, die sie vorgebracht haben, werden sie Freitag oder Samstag
für das Militärbudget stimmen und werden so zum Ausdruck
bringen, daß sie nichts anderes sind, daß sie genau
so reaktionär sind, wie die Herrschaften, die auf der rechten
Seite sitzen und daß sie sich in nichts mehr von den Herren
unterscheiden, die sich da um Kramáø und
Konsorten gruppieren.
Es ist klar, daß die Arbeiterklasse ohne
Unterschied ohne jede Illusion den Kampf gegen die reaktionäre
Schulpolitik dieses Staates aufnehmen wird. Wir sind uns dessen
bewußt, daß nicht die Kritik am Budget, die wir von
dieser Stelle ausüben, imstande sein wird, auch nur die geringste
Änderung durchzuführen. Wir sind uns dessen bewußt,
daß auch auf dem Gebiete des Kampfes gegen die Verschlechterung
des Schulwesens und insbesondere des Volksschulwesens die proletarische
Einheit auf breitester Grundlage durchgeführt werden muß.
Es müssen alle Kräfte mobilisiert werden, die in den
Massen wohnen. Wir erklären offen, daß wir selbst die
Arbeiterkinder zu diesem Kampf mobilisieren werden, daß
wir alles tun werden, um die proletarische Jugend in den Organisationen
zusammenschließen, wir erklären, daß wir alles
tun werden, um aus den Lehrern den Geist der Reaktion zu beseitigen
und auszutreiben, um diesen Lehrern die wahre Fratze der Regierungspolitik
zu zeigen und ihnen besonders die scheinbare Lehrerfreundlichkeit
der Zollparteien zu zeigen. Wir werden jene Lehrer zusammenfassen,
die sich heute schon zum Sozialismus bekennen und sie mit allen
jenen Elementen vereinigen, die im Proletariat gesonnen sind,
mit uns für eine wirklich freie Volksschule zu kämpfen.
Wir sind uns dessen bewußt: Wollen wir siegen, muß
zerbrochen werden nicht nur der bürgerliche Machtapparat,
der Machtapparat oder Bürokratie, muß nicht nur zerbrochen
werden der Machtapparat des Militarismus, sondern muß auch
das bürgerliche Bildungsmonopol zerstört werden durch
Herstellung der proletarischen Einheitsfront. In diesem Sinne
werden wir also den Kampf gegen das Budget nicht von dieser Stelle
ausführen, sondern dadurch, daß wir drauß en
für die Verwirklichung der proletarischen Einheitsfront eintreten.
Diese proletarische Einheitsfront wird das schwere Geschütz
sein, mit dem wir alle Widerstände in Grund und Boden schießen
können. (Potlesk komunistických poslancù.)