Meine Damen und Herren! Wir sind hier versammelt,
um die unverjährbaren Rechte aller Bürger, aller Nationen
gesetzlich fest zulegen. Wenn die gesetzgebende Versammlung diese
Pflicht erfüllt, so handelt sie gerecht, wenn sie aber diese
Pflicht nicht erfüllt und eine Nation auf Kosten der anderen
Nationen bevorzugt, so begeht sie einen Frevel an den Nationen,
die sie zurücksetzt. Was geschah und geschieht noch immer
in dieser Republik? Schon bei der Schaffung der Verfassung hat
man die Deutschen, die doch 3 1/2 Millionen in diesem Staate
betragen, von der Mitwirkung fern gehalten. In die Verfassung
kam nur all das, was dem Herrenstandpunkte des èechischen
Volkes entsprach. Was nur einigermaßen diesen Herrenstandpunkt
beeinträchtigen konnte, wurde nicht aufgenommen, wenn auch
diese Unterlassung ein großes Unrecht
gegen die übrigen Nationen war, man hat nur das aufgenommen,
was im Interesse des Herrenvolkes war, alles übrige hat man
vernachlässigt. Auf diese Weise wurde ein Absolutismus eingeführt,
zwar nicht der Absolutismus eines Einzelnen, eines Monarchen,
aber der Absolutismus eines Volkes über alle anderen Völker,
welche zusammengenommen tatsächlich die Mehrheit haben. Im
alten Österreich ist man über das Adels- und Kirchenregiment
nicht hinausgekommen, hier kommt man nicht über das Èechenregiment
hinaus.
Und warum wurden die anderen Völker so
behandelt? "Ja", sagt das Herrenvolk, "das ist
unser Staat." Ist das vernünftig, diesem Staate eine
Grundlage zu geben, die ungerecht und unbillig ist? Auf der Erniedrigung
aller anderen Völker sucht man diesen Staat aufzubauen und
zu erhalten. Sie scheuen sogar vor der Lächerlichkeit nicht
zurück, diesen Staat einen Nationalstaat zu nennen, Sie scheuen
auch nicht vor der Heuchelei zurück, diesen Staat einen demokratischen
zu nennen. Was ist denn die wahre Demokratie? Die wahre Demokratie
gibt jedem Einzelnen und im Nationalitätenstaat jeder einzelnen
Nation beim geringsten Maße von Einschränkung das höchstmögliche
Maß von bürgerlichen Rechten. Demokratie ist
Volksregierung, Demokratie setzt das Recht der Selbstbestimmung
an erste Stelle. Wir wissen ja, wie wir mit diesem Selbstbestimmungsrecht
zurecht gekommen sind. Was aber ist die èechische Demokratie?
Die èechische Demokratie ist
die Herrschaft des èechischen Volkes über alle anderen
Völker, ist seit der Gründung dieser Republik nichts
anderes, als schrankenlose Willkür, die natürliche Tochter
der Gewalt, denn nur in dem Bewußtsein, in Besitz der Gewalt
zu sein, haben Sie den Absolutismus
eingeführt. Und so ist denn auch dieser Staat, wie alle Staaten
zu allen Zeiten auf der Gewalt aufgebaut. Nur wenn es sich um
Angehörige des èechischen Volkes handelt, beobachtet
man noch die demokratischen Grundsätze, ja, da hat man sogar
die Grenze der demokratischen Freiheit überschritten,
wenn es sich um persönliche Bereicherung einzelner Demokraten
und Patrioten handelt. Ist das Demokratie, wenn die Mehrheit der
Völker an der Verfassung mitzuarbeiten verhindert wird? Ist
das vielleicht Demokratie, wenn der eine Teil, weil er einer anderen
Nation angehört, von bestimmten Ämtern ausgeschlossen
ist? Nirgends wird der Wahnsinn der Vorurteile gefährlicher
als auf religiösem und nationalem Gebiete. Für jeden
Staat wird die schwerste Gefahr heraufbeschworen, wenn er die
politische Beurteilung und Verwendung der Bürger von bestimmten
religiösen und nationalen Anforderungen abhängig macht.
Der Staat soll im Dienste einer umfassenden sittlichen Idee stehen,
die Staatsgewalt hat nicht nur die Pflicht, die Person und das
Eigentum zu schützen, sondern sie hat auch für das körperliche
und geistige Gedeihen der Bürger zu sorgen, sie hat die Pflicht,
die Bürger zu sittlicher Lebensanschauung zu erziehen, und
letzten Endes die Pflicht, dahin zu streben, daß die selbstsüchtigen
Beweggründe unterdrückt werden. (Posl. Patzel: Wenn
aber die Unmoral und Korruption schon obenan ist? - Posl.
Krebs: Die sittliche Idee dieses Staates ist die Eisleraffäre!)
Jawohl.
Nun vergleiche man einmal die Aufgaben der
wahren Demokratie mit der èechischen Demokratie.
Da macht man die erschreckende Wahrnehmung, daß nicht einmal
das Eigentum der Bürger geschützt ist, wenn sie einer
anderen Nation als der Herrennation angehören. Da macht man
die erschreckende Wahrnehmung, daß man die Kinder
geistig verkrüppelt, indem man sie entweder lockt oder zwingt,
in Schulen zu gehen, deren Unterrichtssprache sie nicht verstehen.
Da macht man die erschreckende Wahrnehmung, daß sich Habsucht
und Korruption schamlos breit machen und endlich, daß die
nationale Unduldsamkeit in diesem Staate geradezu Orgien gefeiert
hat. Einer der bedeutendsten Staatsrechtslehrer hat den Grundsatzgeprägt:
"Kein Unrecht, das der Mensch zu erdulden hat, reicht von
weitem an das heran, welches die Obrigkeit verübt, indem
sie selbst das Recht bricht. Denn der Hüter des Gesetzes
verwandelt sich zu dessen Mörder. Er ist der Vormund, der
das Mündel erdolcht, der Arzt, der den Kranken vergiftet".
Dieser Satz stammt von unserem bedeutenden Rechtslehrer Ihering.
Wenn die staatlichen Einrichtungen und das nationale Rechtsgefühl
nicht im Einklang stehen, so ist das schlimm für den Staat,
auch schlimm für den Staat insoferne, als die Masse des Volkes
in der Staatsgewalt den natürlichen Gegner erblicken muß.
Wie kann ein Nationalitätenstaat bestehen, wenn ganze Völker
Gegenstand der Demütigung und Entrechtung sind? Wie kann
ein Nationalitätenstaat den Gemeingeist hervorbringen, an
den doch der Bestand des Staates geknüpft ist? In einem Nationalitätenstaate
ist die Achtung vor dem nationalen Rechtsgefühl jedes Volkes
das kostbarste Gut, denn gerade die Pflege der Achtung vor dem
Rechtsgefühl der Nationen sollte Gegenstand der politischen
Pädagogik sein. Davon merkt man aber nichts in diesem Staate.
Chauvinisten und politische Dilettanten, die allerdings merken
den furchtbar schädlichen Einfluß auf die moralische
Kraft des Staates, den ungerechte Gesetze ausüben, nicht.
Sie sehen nur den üppigen Wuchs des Baumes, sie sehen nur
die üppige Krone, sie merken aber nicht, daß die Wurzel
angefault ist. Ein Sturm und der Baum stürzt über Nacht.
An Österreich haben wir das gesehen. Warum ist dieser Staat
zusammengebrochen? Weil er die nationale Frage nicht gelöst
hat, weil er es nicht verstanden hat, die Völker rechtzeitig
zu befriedigen. Und wir sehen aus dem ganzen Vorgehen der
Èechen, daß sie aus der Geschichte nichts lernen,
daß immer noch der alte Satz gilt: "Aus der Geschichte
lernt man nur, daß man aus der Geschichte nichts lernt".
Gerade die Besten im deutschen Volke fühlen
sich durch die Mißhandlung ihres Volkes im innersten Mark
getroffen. Das Recht ihres Volkes empfinden sie als ihr persönliches
Recht, das Unrecht, das man ihrem Volke zufügt, als ein ihnen
persönlich zugefügtes Unrecht, jede Mißhandlung
ihres Volkes als persönliche Mißhandlung. Man täusche
sich nicht, wenn die Deutschen bisher verhältnismäßig
so ruhig die Mißhandlungen entgegengenommen und ertragen
haben. Es ist keine Eingentümlichkeit jedes Volkes, sich
wild und leidenschaftlich zu geben, das ist Sache des Temperamentes,
des Charakters, der Bildung. Wir werden den Kampf nicht so heftig
und leidenschaftlich führen, wie es die Iren gemacht haben.
Aber fest entschlossen und unbeugsam halten wir an dem Grundsatz
fest: Wir dulden kein Unrecht.
Die Gerechtigkeit wird dargestellt mit Wage
und Schwert. Wage ohne Schwert, das ist ohnmächtiges Recht,
das ist das Recht, das heute die Deutschen genießen, weil
sie sich haben verführen lassen durch Verräter und Schwächlinge,
das Schwert wegzuwerfen. Schwert ohne Wage, das ist nackte Gewalt,
das ist das Recht, das man überall dort, wo Deutsche sind,
gegen sie anwendet, und das haben die èechischen Gründer
der Republik auch gegen uns angewendet. Für den Augenblick
mögen wohl die Interessen siegen, für die Dauer aber
siegt die Idee. Das, was die Èechen
anstreben, widerspricht dem modernen Geiste unseres Jahrhunderts.
Sie werden nicht das erreichen, was Sie anstreben. Wir Deutschen
werden nie zugeben, daß an die Stelle der einzelnen Nationen
der Götzendienst eines einzigen Volkes gesetzt wird.
Der Staat wird entweder ein Staat sein, in dem alle Völker
gleichberechtigt sind, staatliche Rechtsfaktoren, Staaten im Staate,
oder der Staat wird nicht sein. (Souhlas na levici.)
Jede Nation hat ihre eigenen Interessen, jede
Nation ist ein Verband gleichredender, gleichfühlender, gleichdenkender
Menschen, die Nation ist eine Kulturgemeinschaft, eine Lebens-
und eine Schicksalsgemeinschaft, der Staat ist nur eine Arbeitsgemeinschaft.
Der Staat ist nur Mittel zum Zweck. Er hat die Pflicht, die Völker
und Menschen auf eine höhere Kulturstufe zu bringen, über
dem Staat steht das Volk. (Souhlas na levici.) In folgedessen
gebührt auch jeder Nation die Selbstverwaltung als Grundlage
der Selbstbehauptung. Die Selbstverwaltung ist notwendiger,
als die nationale Gesetzgebung, als Schutz gegen parteiische
Ämterbesetzung. Jede Nation fordert einen nationalen Gesamtwillen.
Was sagen uns da aber die Èechen? Ihr wohnt in unserem
Staate, Ihr habt euch unseren Gesetzen, unserer Sprache zu unterwerfen.
Das ist die Sprache des Siegers über
den Besiegten, des Herrn über den Knecht. Ich will heute
nicht erörtern, wie die Èechen in die Reihe der Sieger
geraten sind. Solange sich die rechtlichen Verhältnisse hier
den Tatsachen nicht anpassen, gibt es im Staate keine Ruhe.
Die nationalen Kämpfe können nur
beendet werden, wie die konfessionellen Kämpfe. Solange auf
kirchlichem Gebiete der Grundsatz herrschte, der Monarch bestimme
die Religion, haben sich die Menschen die Schädel und Fenster
eingeschlagen. Als man endlich die Freiheit in der Ausübung
der Religion anerkannte, als man den einzelnen Religionsgenossenschaften
gestattete, ihre Angelegenheiten selbst zu verwalten, da kam der
Friede. (Posl. dr Luschka: Bei der Kongruaabstimmung wahrscheinlich!
- Hluk. Výkøiky posl. Patzela.) Aber,
meine Herren. Sie werden sich doch heute nicht die Schädel
einschlagen wollen aus religiösen oder kirchlichen Gründen?
Wenn auch der Inhalt des nationalen und religiösen Lebens
verschieden ist, so weist die formelle Abgrenzung viele Ähnlichkeiten
auf und jede Regierung wird klug handeln, in das außenstaatliche
Gebiet erweist.
So scheinen die außen- und innenpolitischen
Verhältnisse das Herrenvolk etwas ernüchtert zu haben.
Der Verstand, nicht das Herz hat Sie dazu getrieben, andere Wege
einzuschlagen. Aber gerade deshalb ist die größte Vorsicht,
ja Mißtrauen am Platze. Wahre Liebe ist das nicht, die Sie
heute bewegt, den Deutschen die Hand zaghaft entgegenzustrecken.
Das deutsche Reich erholt sich, die Außenpolitik weist immer
mehr ein verändertes Bild auf. Noch ist das Unrecht nicht
gesühnt, das man uns angetan hat, zunächst muß
alles beseitigt werden, woran das gesunde Rechtsgefühl Anstoß
nehmen muß. (Posl. Krebs: Auch wir haben eine Mentalität!)
Ja wohl, aber auf unsere Mentalität braucht keine
Rücksicht genommen zu werden, wir sind ja nur die Knechte.
Die Grundsätze der Gerechtigkeit müssen in allen Lebensverhältnissen
durchgeführt werden, die Èechen müssen erst beweisen,
daß sie heute guten Willens sind, das Unrecht gutzumachen
und kein weiteres zu begehen. Uns Nationalsozialisten fehlt der
Glaube, daß sich an ihrer Gesinnung gegenüber dem deutschen
Volke irgend etwas geändert hat. Es ist daher ganz selbstverständlich,
daß wir für das Budget nicht stimmen können. (Potlesk
na levici.)
Geehrte Damen und Herren! Der Herr Finanzminister
hat vor einem Monat den Staatsvoranschlag für das Jahr 1927
mit einem Exposé eingeleitet, das wir deutschen Christlichsozialen
in der kommenden Abstimmung zur Kenntnis nehmen werden. Wir bekunden
damit unsere Erwartung, daß es das Bestreben der staatlichen
Finanzverwaltung sein wird, durch Anpassung der Staatsausgaben
an die Steuerleistungsfähigkeit der Bevölkerung und
durch Vermeidung der Überspannung fiskalischer Sondererfolge
die notwendige Gesundung unserer heimischen Volkswirtschaft zu
fördern. Einen Fortschritt auf diesem Wege glauben wir in
der gestern aufgelegten verbesserten Steuerreformvorlage erkennen
zu können, als ersten sichtbaren Ausdruck dieser Absicht,
wenn der Steuerreformentwurf der Anfang und nicht das Ende der
Steuerreform ist. Unsere Zustimmung zu dem Staatsvoranschlag und
den Ausführungen des Herrn Ministers stellen demnach einen
Eskomptekredit auf die geforderte künftige Entwicklung der
staatlichen Finanzwirtschaft dar und keineswegs eine Identifizierung
mit allen Einzelheiten desselben, welcher ja auch als Staatsvoranschlag
von einer Regierung verfaßt wurde, an der wir noch keinen
Anteil hatten, von dieser in Bausch und Bogen übernommen
wurde und daher auch noch zahlreiche Posten aufweist, welche durch
uns fremde Auffassungen und Ungerechtigkeiten einer hoffentlich
überwundenen Vergangenheit hervorgerufen worden sind.
Die Grundlage einer geordneten Staatswirtschaft
klingt vor allem in die Forderung nach Sparsamkeit in den staatlichen
Ausgaben aus. Diese Forderung ist eine berechtigte, soweit nicht
diese Auslagen außerhalb der sozialen, wirtschaftlichen
und kulturellen Bedürfnisse stehen. Ausgaben letzterer Art
sind produktiv und setzen sich entsprechend den Bedürfnissen
der Bevölkerung, welche dadurch befriedigt werden, in eine
Zufriedenheit um, welche für einen Staat das wertvollste
Kapital bedeutet. Dagegen wird es Aufgabe der Staatsverwaltung
sein müssen, in Hinkunft alle jene Ausgaben zu vermeiden,
welche mindestens überflüssig und bedenklich erscheinen
können. Für eine Illusions- und Reklamepolitik sind
wir nicht zu haben. Dem widersprechen die schweren Wirtschaftskrisen
mit allen ihren Begleiterscheinungen wie insbesondere die Arbeitslosigkeit,
zu deren Behebung es unentbehrlich ist, daß die Führung
der Regierungsgeschäfte umsichtig und sich der sittlichen
Verantwortung bewußt ist, um dadurch eine Besserung der
wirtschaftlichen Zustände zu erzielen. Eine der wesentlichsten
Voraussetzungen zur Behebung der schweren Wirtschaftskrisen erblicken
wir darin, daß nicht nur von Seiten der Staatsverwaltung
selbst Sparsamkeit geübt wird, sondern daß auch der
Sparsinn in der Bevölkerung wieder neubelebt, ja, neubegründet
wird und daß zu diesem Zwecke alle jene Eingriffe in das
rechtmäßige Privateigentum in Hinkunft unterbleiben,
welche in der vergangenen Zeit durch die Bodenreform, Kriegsanleihengesetzgebung
usw. schon bedenklich Formen angenommen haben und sicher wenn
schon vielleicht zum Vorteil einzelner, zum Schaden der Gesamtheit
enden müssen. (Pøedsednictví pøevzal
místopøedseda Slavièek.)
Es ist üblich, bei der Generaldebatte
über den Staatsvoranschlag der Auffassung über die allgemeine
politische Lage Ausdruck zu geben und an der Hand des Voranschlages
die verfassungsmäßige Kritik an der Verwaltung zu üben.
Als Vorsitzender einer Partei, welche in der Regierungsmehrheit
und Regierung vertreten ist, werde ich es mir versagen, die Kritik
in einem anderen als im aufbauenden Sinne zu üben. Von diesem
Standpunkt aus will ich die Stellungnahme meines Klubs, des Klubs
der deutschen christlich-sozialen Volkspartei, zu einigen aktuellen
Fragen erörtern, wobei ich es dann den Rednern des
Klubs in der Spezialdebatte überlasse, zu den einzelnen Kapiteln
des Staatsvoranschlages selbst des näheren Stellung zu nehmen.
Auf dem Gebiete der Staatsverwaltung erscheint
es uns z. B. dringend notwendig, die angekündigte Verwaltungsreform
auch zu verwirklichen und zwar mit dem Ziele, hierdurch zu einer
Vereinfachung und Entbürokratisierung der Verwaltung eines
demokratischen Staates zu gelangen. Wir müssen es sehr begrüßen,
wenn die Vorbereitungen zur Verwaltungsreform möglichst beschleunigt
würden und dadurch möglichst bald eine streng gesetzmäßige
Verwaltung in demokratischem Sinne verwirklicht würde. Ein
Mittel hierzu ist nach unserer Ansicht vor allem das raschere
Funktionieren des Verwaltungsapparates, insbesonders im Instanzenzug,
und eine gesetzliche Fixierung der Fristen für die Erledigung
von Rekursen, (Sehr richtig!) was sehr wesentlich dazu
beitragen könnte, daß das selbstherrliche Regiment
in den Verwaltungsämtern abgebaut und in Zukunft hoffentlich
sogar ausgeschaltet würde und das Vertrauen der Bevölkerung
zu den Behörden und die Autorität derselben wieder gestärkt
werden. Vor allem aber müssen wir von einer Verwaltungsreform
verlangen, daß Ausnahmeverordnungen, wie sie derzeit z.
B. für den Bezirk Hultschin bestehen, ein für allemal
unmöglich gemacht werden. Ich will mir vorbehalten, wenn
es gewünscht wird, auf die Einzelheiten dieser parlamentarisch
nicht genehmigten Regierungsverordnung vom 4. Mai 1920, auf welche
ich Bezug nahm, noch zurückzukommen. Heute stelle ich namens
meines Klubs die allgemeine Forderung, daß für normale
Verhältnisse - und in solchen wollen wir leben - abnormale
Verwaltungszustände ausgeschaltet werden müssen. (Souhlas.)
Diese Ausnahmebestimmungen sind auch vielfach der Ausgangspunkt
für die Politisierung der Ämter, welche vielfach eingerissen
ist und welche uns unheilbringend erscheint, ebenso für den
Staat wie für die Bevölkerung, geeignet, die Gerechtigkeit
auszuschalten und jede Entwicklung, insbesondere auch in wirtschaftlicher
Beziehung schon im Keime zu ersticken. (Posl. Krumpe: Nebenregierung
der Výbory!) Auch das muß endlich einmal offen
besprochen und vor allem beseitigt werden. Hinsichtlich der wirtschaftlichen
Notwendigkeiten erwarten wir von der Verwaltungsreform, daß
die Staatsämter so eingerichtet werden, daß sie der
Volkswirtschaft Berater und Helfer, nicht aber Besserwisser und
Hemmung sind. Wir beziehen uns da als auf ein Vorbild, auf die
äußerst wertvolle Arbeit, welche die Handelskammern
für die Belebung und Schutz der Volkswirtschaft leisten und
wir würden eine Erweiterung der Aufgaben der Handelskammern
zu behördlichen Funktionen nur lebhaft begrüßen,
da ja den überlasteten zuständigen Behörden dadurch
auch ein großer Teil der Agenda abgenommen würde und
volkswirtschaftlich erprobten Einrichtungen zur Besorgung übertragen
werden könnten. (Posl. de Witte: Was ist mit den Arbeiterkammern?)
Auch die sind eingeschlossen, die Volkswirtschaft erstreckt
sich auch auf die Interessen der Arbeiter. Wir verhehlen dabei
nicht, daß wir in der Förderung der Erwerbtätigkeit
die wichtigste Grundlage zur wirtschaftlichen Konsolidierung und
zur Behebung der sozialen Not erblicken. Es erscheint mir weiters
wichtig, daß dem Verkehrswesen ein besonderes Augenmerk
zugewendet werde, da dieses für die Blüte von Handel
und Gewerbe und Industrie und damit auch für die Pflege der
Interessen der Arbeiterschaft von entscheidender Bedeutung ist.
In diesem Belange wäre es sehr zu wünschen, daß
insbesondere die Tarifpolitik auf unseren Bahnen und öffentlichen
Verkehrsmitteln eine Revision, aber nicht mit dem Ziele nach oben,
sondern mit der Absicht einer Herabsetzung der Tarife unterzogen
würde. Es ist sicher von wirtschaftlichem Standpunkt
aus eine vernichtende Kritik, wenn in dieser Hinsicht z. B. bekannt
wird, daß der Schuhwarenfabrikant Baa seine Exportwaren
nach Deutschland von Zlin nach Oderberg im Automobil schickt,
da er damit nur den Weg von 5-6 Stunden zurückzulegen
hat und seine Regie um 25% billiger ist als wenn er die Ware per
Eilgut von Zlin nach Oderberg versendet, wofür er drei Tage
braucht. (Hört! Hört!) In gleicher Weise ist
sicher auch der Abbau der Personentarife sogar mehr ein fiskalisches
Interesse als ihre Erhöhung, da durch eine Erhöhung
der Tarife, von welcher zumindestens gesprochen und leider auch
sehr oft Gebrauch gemacht wird, die Reisenden von Fahrten abgeschreckt
werden. Alle diejenigen, die nicht unbedingt reisen müssen
unterlassen das Reisen und dadurch tritt eine Verminderung der
Einnahmen ein. Ebenso kann man übrigens auch bei den Steuern
behaupten, daß der Ertrag wieder infolge verbesserter Steuermoral
wahrscheinlich höher ist, wenn die Sätze geringer sind.
Ebenso behindernd für den Verkehr wie diese tarifarischen
Maßnahmen erscheinen uns auch die Empfindungen des Reisenden
bei den sprachlichen Vorschriften, welche sich bei den staatlichen
Verkehrsunternehmungen einzubürgern belieben und auf das
nichtèechische Reisepublikum den unliebsamsten
Eindruck machen. Ist es z. B. notwendig, daß in einer Grenzstation
wie Lundenburg die deutsche Sprache in den Aufschriften verpönt
ist, daß da die Bahnaufschriften an zweiter Stelle nur französisch
sind. Etwa für die polnischen Juden, die dort durchreisen?
Es ist das ebenso beklagenswert wie in Prag, wo in unserer gemeinsamen
Hauptstadt auf den Bahnhöfen Aufschriften in deutscher Sprache
nach wie vor verpönt zu sein scheinen, obwohl es die gemeinsame
Hauptstadt für alle Völker dieses Staates ist und im
besonderen einen sehr ansehnlichen Prozentsatz deutscher Staatsbürger
zählt, die hier ihren Wohnsitz haben und endlich das wirtschaftliche,
das Geschäftsleben in Prag durch das Vorhandensein Deutscher
in diesem Staate und in der Stadt sehr wesentlich und günstig
beeinflußt wird. (Posl. de Witte: Warum stellen Sie da
nicht diesbezügliche Anträge? Sie haben doch da bereits
die Mehrheit!) Erst dann, bis wir die Mehrheit in der Stadtvertretung
von Prag haben werden, da Sie genau wissen, daß der Primator
von Prag in dieser Beziehung allmächtig ist und mehr oder
weniger sogar die staatlichen Ämter unter seinem Einflusse
stehen. (Posl. de Witte: Man geht doch in die Regierung nur
hinein, wenn wenigstens diese ersten Voraussetzungen erfüllt
worden sind. Sie sehen ja, wie Hlinka das macht, er macht es etwas
fester! - Výkøiky.) Wir
sehen die Förderung der Volkswirtschaft und die Verbesserung
der Erwerbs- und Verdienstmöglichkeiten für die Bevölkerung
als eine der wichtigsten Sorgen an, welche der Regierung obliegen.
In der Betätigung der freien Wirtschaft wollen wir nur dort
einen Zwang, wo diesen Zwang die soziale Fürsorge und die
strenge Handhabung der Wuchergesetze gegen Exzesse des freien
Wettbewerbes erfordern. (Rùzné výkøiky.)
Zur notwendigen Erweiterung der sozialen
Fürsorge erwarten wir, daß alle Erfahrungen, welche
auf dem Gebiete der Sozialversicherung, für welche wir programmatisch
zu jeder Zeit eintreten, gesammelt werden, um daraus jene Verbesserungen
zu erzielen, welche die Vorteile der Sozialversicherung für
die Versicherten erhöhen und unnötige Belastungen beseitigen.
(Posl. de Witte: Anträge stellen!) Wird schon geschehen.
Es scheint wichtig, daß Kapitalansammlungen bei der Sozialversicherung
nicht brach liegen, sondern unbeschadet der Versicherungszwecke
für die allgemeine Wohlfahrtspflege nutzbringend angelegt
werden. Im Rahmen staatlich garantierter Anleihen, Darlehen, ließe
sich daraus mancher Beitrag zum Beispiel für Wasserbauten,
Straßenbauten, für Heilanstalten, Siechenhäuser
und sonstige Belange der sozialen Fürsorge und Gesundheitspflege
erzielen, (Výkøiky.) ebenso
wie auch Beiträge in der brennenden Frage der Wohnungsfürsorge.
Vor allem soll in diesen Belangen, hoffentlich wird es geschehen,
die Staatsverwaltung mit gutem Beispiel vorangehen und endlich
das Pensionistenelend lindern. Wir warnen da jetzt schon vor allfälligen
Absichten, die Regelung der endlichen Gleichstellung der staatlichen
Alt- und Neupensionisten noch weiter in die Länge zu ziehen.
Gleiche Berufsarbeit und gleiche Not sind das Band, welches alle
Kategorien von Staatspensionisten umschließt. Gleiches Recht
und gleiche Versorgungsgenüsse sind die erste Erfüllung
der unleugbaren sozialen Verpflichtung des Staates für seine
Pensionisten. Fiskalische Bedenken erscheinen uns kleinlich und
unangebracht. Ich gestatte mir da die Anfrage, ob dem Herrn Finanzminister
von der Not der sogenannten Auslandspensionisten schon berichtet
worden ist, jener Pensionisten, welche wenig Aussicht haben, daß
die durch den Römischen Vertrag gegebene Sicherstellung ihrer
Pensionen von ihnen noch erlebt wird, und welche trotz ihrer durch
die parlamentarische Ratifizierung der Verträge anerkannten
Ansprüche noch immer auf ganz unzulängliche Vorschüsse
angewiesen sind, von denen sie nicht leben können. Es wäre
eine äußerst verdienstvolle Tat des Finanzministers,
wenn er die diesbezüglichen im Finanzministerium oft seit
langen Jahren ruh enden Anliegen endlich erledigt und die
Vorschüsse an diese Auslandspensionisten auf die Höhe
der ihnen zukommenden Pensionen im Sinne und im Willen der getätigten
Parlamentsbeschlüsse gebracht werden würden.
Auf dem Gebiete des Schulwesens hat der Herr
Schulminister mit anerkennenswertem Mute eine Besserung der berechtigten
Selbstverwaltungsansprüche und für das Schulwesen in
Aussicht gestellt. (Posl. de Witte: Vorläufig sperrt er
weiter deutsche Schulen!) Dem deutschen Kinde die deutsche
Schule und Schulbehörde! Das ist der Ruf, auch der Ihre,
der niemals eine Provokation gewesen ist, sondern nur der Ruf
nach Gerechtigkeit für unser Volk. Wir stimmen vollkommen
mit dem Schulminister überein, daß jeder Zwang,
deutsche Kinder, anderseits auch èechische Kinder in anderssprachige
Schulen zu pressen, vom Rechtsstandpunkt strafbar und vom moralischen
Standpunkt verwerflich ist. Und wir werden ihn auf diesem Wege
umsomehr unterstützen, als das der einzige
Weg ist, die Schule gesetzwidrigen Umtrieben zu entziehen und
wieder zum freien Kulturgut freier Völker zu machen. Die
hiebei zum Ausdruck kommende, Anerkennung des Elternrechtes, auf
die Erziehung der Kinder nach ihrer Nationalität muß
sich nach unserer Auffassung auch auf das Recht der Eltern auf
sittlich religiöse Erziehung ihrer Kinder erstrecken, (Sehr
gut!) welche wir als unentbehrlich zur allgemein gewünschten
Bekämpfung der Demoralisation unserer Zeit ansehen. Hiezu
kommt unser Wunsch, daß in gleicher Weise die Pflege der
körperlichen Ertüchtigung unserer Jugend gefördert,
und Schmutz und Schund in Literatur, Kino, Theater und sonstwo
immer bekämpft wird. Die Pflege des kulturellen Lebens aller
Völker ist unserer Ansicht nach eine hervorragende Aufgabe
des Staates.