Hohes Haus! Die Unwetterkatastrophen des vorigen
Jahres und noch mehr die des heurigen Sommers haben in vielen
Teilen der Republik immensen Schaden an Wegen und Stegen, Feldern
und Gebäuden u. s. w. angerichtet. Am schwersten unter
allen Ländern wurde Böhmen betroffen. In Böhmen
sind über 20 deutsche und èechische Bezirke im Juni
dieses Jahres von Elementarkatastrophen heimgesucht worden. Im
deutschen Sprachgebiete war es unter anderem das Elbtal und die
angrenzenden Bezirke, dann der Böhmerwald,
aber auch Westböhmen, die besonders schwer mitgenommen wurden.
Der Bezirk Tetschen allein hat einen Millionenschaden an zerstörten
Wegen, Brücken u. s. w. aufzuweisen. Grauenhaft waren speziell
die Verwüstungen, die kleine Gebirgsbäche verursachten,
als sich das durch die Wolkenbrüche herabströmende Wasser
in Massen angesammelt hatte. (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda inž. Dostálek.)
Einfache Gebirgsbäche wurden dadurch zu
reißenden Strömen. Wer im Sommer das Elbtal entlang
gefahren ist, konnte die Spuren der Verwüstungen noch sehr
deutlich wahrnehmen an den aufgehäuften Gesteinsmassen am
Rande der Bachmündungen, an der Elbe, an den zerrissenen
Ufermauern, den zerstörten Brücken und den verschlammten
Feldern.
Die entscheidende Frage ist nun die, in welcher
Weise die Schäden wieder halbwegs gutgemacht werden sollen.
Die Verwaltungen der betroffenen Gemeinden und Bezirke haben sich
selbstverständlicherweise sofort bemüht, finanzielle
Hilfe von den Landesund Staatsbehörden zu erlangen. Gleich
nach der heurigen Julikatastrophe wurden zahlreiche Deputationen
Gemeinden und Bezirke nach Prag, so z. B. zum Landesverwaltungsausschuß,
in der Erwartung, daß ihnen dort möglichst rasche Hilfe
gewährt werden könnte. Aber man war sehr enttäuscht
als man vernahm, es bestehe wohl der gute Wille zu helfen, aber
die Hauptsache, das Geld, fehle. Das Land Böhmen hat für
die erste Hilfe lediglich einen Betrag von 2 Millionen Kronen
gewidmet. Die Enttäuschung war um so größer, als
bekannt ist, daß das Gesetz No. 227 über die Elementarschäden
vom 15. Oktober 1925 den Betrag von 74 Millionen Kronen vorsieht
zum Zwecke der Gutmachung. 36 Millionen Kronen sollten zur Unterstützung
von Einzelpersonen verwendet werden, u. zw. in Form von Geld und
Naturalien, und 24 Millionen Kronen waren bestimmt zur Ausbesserung
der zerstörten Wege, Brücken etc. Zweitens sollten alljährlich
laut diesem Gesetz bis zu 50 Millionen Kronen in das Budget eingestellt
werden. Der Glaube nun, daß diese 74 Millionen Kronen vorhanden
sind, war falsch. Dieser Betrag ist einfach nicht da. Im vorigen
Budget waren lediglich 6 Millionen für Notstandszwecke vorgesehen,
und kennzeichnend ist es, daß trotz des Gesetzes auch im
Budget für 1927 wiederum nur der kleine Betrag von 6 Millionen
Kronen vorgesehen ist und zwar unter der Allgemeinen Kassenabrechnung
im Kapitel 22, Tit. 8, § 1. Das Gesetz über die Elementarschäden
steht also bisher lediglich auf dem Papier. Ein solches Sparen
ist direkt verbrecherisch, denn es schädigt die Volkswirtschaft
auf das schwerste. Allerdings: auf Kosten der ärmsten Teufel,
der geschädigten Menschen draußen das Budget zu konsolidieren,
ist eigentlich ganz merkwürdig. Wenn das Ministerium des
Innern unter solch schwierigen und merkwürdigen Umständen
heuer bisher 8 Millionen zur Unterstützung der einzelnen
Interessenten und geschädigten Personen ausgegeben hat, so
konnte das nur geschehen mit Hilfe von Ersparnissen, die in anderen
Ressorts gemacht wurden. Was die Unterstützung von geschädigten
Einzelpersonen, vor allem der Landwirte anlangt, so kommt hiefür
das alte österreichische Notstandsregulativ vom Jahre 1907
in Betracht. Dieses sieht vor, daß in dem Falle, wo nur
eine Person Schaden durch Elementarereignisse erlitten hat, vom
Staat keine Unterstützung auszufolgen sei, nur wenn mehrere
Personen gleichzeitig geschädigt sind, findet das Regulativ
Anwendung. Einzelpersonen werden auf die Hilfe der Nachbarn, der
Gemeinden und des Bezirkes hingewiesen, die gewöhnlich selber
nichts haben. Was die Größe des Gesamtschadens anlangt,
so ist dieser genau gar nicht festzustellen. Die Geschädigten
sind begreiflicherweise leicht geneigt, die erlittenen Schäden
etwas höher anzugeben in der Erwartung, daß ohnedies
bei Bemessung der Subvention oder Unterstützungen - in Wirklichkeit
handelt es sich lediglich um Unterstützungen - bedeutende
Abstriche gemacht werden, was aber zur Folge hat, daß eine
gleichmäßige Beurteilung und Behandlung aller Schadensfälle
nicht möglich ist. Ein südböhmischer Bezirk, Schüttenhofen
z. B., hatte einen Schaden von 9 Millionen Kronen angegeben, während
amtlich der Schade lediglich mit 1,900.000 Kronen anerkannt wurde.
Was die Unterstützungen der Gruppen von geschädigten
Einzelpersonen anlangt, so bestimmt das schon erwähnte Regulativ,
daß nur jene Personen unterstüzt werden, deren Existenz
gefährdet ist. Die Entscheidung über die Unterstützung
liegt in der Hand eines interministeriellen Komitees, die Zuteilung
erfolgt meist auf dem Wege der politischen Bezirksverwaltung mit
Hilfe von Notstandskomitees. In den diversen Bezirken ist die
Zuteilung der Unterstützungen resp. Subventionen zu einem
Politikum geworden. Wir haben erlebt, daß die organisierten
Kleinlandwirte und Häusler zugunsten größerer
Besitzer oder politisch anders organisierter Landwirte zurückgesetzt
wurden. Wie wenig die Geschädigten erhalten, erhellt aus
den Ziffern, die in den Mitteilungen der deutschen Sektion des
Landeskulturrates für Böhmen enthalten sind. Wir sehen
dort einen kleinen Ausweis über das, was die einzelnen Bezirke
bisher erhalten haben. So wurden z. B. für Klattau 30.000,
Krumau 53.000, Wittingau 50.000, Aussig 60.000 Kronen, anläßlich
der großen Brandkatastrophen in Maschakotten und Haid wurden
30.000 resp. 50.000 Kronen bereitgestellt. Daß dies nur
ein Tropfen auf einen heißen Stein ist, ist ja vollkommen
klar. Was die Unterstützung der Gemeinden und Bezirke anlangt,
so liegen die Verhältnisse gleichfalls trostlos. Ein offenkundiger
Übelstand ist, daß die Unterstützungsaktion dezentralisiert
ist. Die Unterstützung der Einzelpersonen ist Sache des Ministeriums
des Innern, das Landwirtschaftsmimisterium hat sich um Wildbachschäden
zu kümmern und das Arbeitsministerium um die Straßen,
Brücken u. s. w. Behördlicherseits wurde den schwergeschädigten
Gemeinden und Bezirken der billige Rat gegeben, die Wiederherstellungsarbeiten
auf eigene Kosten aufzunehmen und durchzuführen, der Staat
werde nach Fertigstellung der Arbeit, nach Maßgabe der Mittel
entsprechende Beiträge resp. Unterstützungen gewähren.
Wie es in der Praxis mit derlei Zusagen ausschaut, wissen die
Vertreter der Gemeinden und Bezirke sehr gut und auch die Gewerkschaftsvertreter
können ein trauriges Lied dazu singen, wie schwer es ist,
vom Staat längst fällige Gelder rückersetzt zu
bekommen. Wohl oder übel mußten Gemeinden und Bezirke
an die Wiedergutmachung der ungeheuren Schäden aus eigener
Kraft schreiten. Unter großen Mühen und schweren Bedingungen
wurde Geld aufgenommen. Es war lange nicht so viel Geld erhältlich
als gebraucht worden wäre. Infolge dieses Mangels an ausreichenden
Mitteln konnte nur ein Teil des Schadens bisher gutgemacht werden.
Vielfach besteht die Gefahr, daß neue Unwetterkatastrophen
die halbfertigen Arbeiten wieder zunichte machen, daß dann
die bisher aufgewendeten Gelder einfach verloren sind und mit
den Aufbauarbeiten wieder von Anfang an begonnen werden muß.
Die finanzielle Lage der Gemeinden und Bezirke ist gewöhnlich
recht schlecht und wird durch die außergewöhnlich hohen
Ausgaben für die Reparatur der Hochwasserschäden geradezu
katastrophal. In diesem Augenblick, wo alle Kräfte der Bezirke
und Gemeinden auf das allerhöchste angespannt sind, wo angesichts
der steigenden sozialen Not die Hilfe der Allgemeinheit erst recht
wirksam gemacht werden sollte, platzt wie eine Bombe die Steuervorlage
resp. das Gesetz über die Regelung der Finanzgebarung des
Selbstverwaltungskörper herein, welches die Ausgaben der
Gemeinden und Bezirke auf ein bestimmtes tiefes Maß herabsetzen
will. Für jeden Kenner der Dinge ist eine solche Drosselung
der Finanzkräfte der Gemeinden und Bezirke ebenso unsinnig
wie antisozial. Es ist bestimmt zu erwarten, daß eine solche
Maßnahme an den harten Tatsachen sehr bald scheitern wird.
Schon der eine Umstand, daß man die Maximalgrenze der Umlagen
in der jetzigen Regierungsvorlage von 470 auf 610% hinaufsetzen
will, beweist, daß man sich im Finanzministerium im Eifer
des Sparens am unrechten Ort gehörig vergaloppiert hat. Aber
auch diese nun erhöhte Maximalgrenze von 610% entspricht
nicht den tatsächlichen Bedürfnissen. Wie kann eine
Gemeinde in Zukunft mit kleinen Einnahmen oder Umlagen Millionen-Schäden
gutmachen, nachdem der Staat und die Landeshilfe im besten Falle
nur mit einem geringen Teilbetrag beispringen, insbesondere die
Industriegemeinden mit gesteigerten Ansprüchen würden
dann kaum die Zinsen für die vorhandenen Schulden aufbringen
und die Gehälter für die Angestellten schwer erschwingen.
Vom Bau oder von einer Reparatur der Wege, Straßen und Brücken
könnte nicht die Rede sein. Die soziale Fürsorge, die
Gesundheitspflege, das Schulwesen u. s. w. würde mit einem
Schlag zum Unglück der armen Bevölkerung vollständig
gedrosselt werden. Wenn Straßen und Wege künftig vernachlässigt
werden müßten, würde sich das volkswirtschaftlich
schwer rächen, durch zahllose Unglücksfälle, Reparaturen
an Autos Fuhrwerken u. s. w. Das durch den Krieg verarmte Deutschland
legt aus Ersparungsgründen ein Hauptgewicht auf gute tadellose
Straßen. Man hat dabei berechnet, daß dadurch Millionen
Goldmark an Reparaturen erspart werden. In Bezug auf die Straßen
pflege gibt die Staatsverwaltung unserer Republik leider ein schlechtes
Beispiel. Der Zustand der Staatsstraßen ist in den hochindustriellen
Bezirken von Nord- und Westböhmen, auch in den Bezirken Tetschen
und Aussig, die mir persönlich bekannt sind, unter aller
Kritik. Ob das geplante Straßengesetz zum Ausbau und zur
Erhaltung der Fernstraßen allen Bedürfnissen und vor
allem den kleineren Gemeinden Rechnung tragen kann, ist wohl zu
bezweifeln.
Ein besonderes Kapitel ist die Frage der Wildbachverbauungen
und der Flußregulierungen. Wildbäche und unregulierte
Flüsse verursachen bei Hochwasserkatastrophen die ärgsten
Schäden. Es ist klar, daß Vorbeugen besser ist als
Wiedergutmachen. Deswegen muß immer wieder darauf verwiesen
werden, daß mit der größten Beschleunigung die
Wildbachverbauungen und die Flußregulierungen in jenen Gebieten
vorgenommen werden, wo erfahrungsgemäß die Gefahr und
die Wirkung der Hochwasserschäden und Wetterkatastrophen
am größten ist. Das ist in erster Linie in den gebirgigen
Randgebieten Böhmens und Mährens der Fall. Die für
diesen Zweck bisher seitens der Regierung zur Verfügung gestellten
Mittel haben sich schon längst als viel zu klein erwiesen.
Nur Bruchteile dessen, was geleistet werden sollte, konnten durchgeführt
werden. Nun kommt die Wiedergutmachung der Schäden der großen
Unwetterkatastrophen dazu. Auf längere Zeit hinaus ist nicht
daran zu denken, so versichert man in Amtskreisen - daß
etwa neue Flußregulierungen vorgenommen werden könnten
- weil die vorhandenen Mittel für die Reparatur der Unwetterschäden
verwendet werden müssen. Unter diesen Umständen ist
dringend notwendig, daß der Staat möglichst hohe Beträge
wirklich bereitstellt und nicht bloß auf dem Papier verzeichnet,
damit durch Wildbachverbauungen und Flußregulierungen die
Wucht der Katastrophen vermindert werden könnte. Je mehr
wir jetzt in dieser Richtung tun würden, desto mehr Gelder
könnten in Zukunft erspart werden. Übrigens macht sich
auch hier durch die Teilung der Agenden eine Art unliebsamer Konkurrenz
bemerkbar. Die Flußregulierungen sind Sache der politischen
Behörde, Wildbachverbauungen Sache des Landwirtschaftsministeriums.
Die Agrarier wollen auch hier ihren Einfluß um jeden Preis
geltend machen. Obzwar jetzt die deutsch-èechische
Regierung den Grundsatz der Gleichberechtigung verkündet
hat, können wir nicht umhin, Sie aufzufordern, die Hilfsmittel
völlig unparteiisch zu verteilen, da wir nicht überzeugt
sind, daß jetzt schon die Gerechtigkeit im Staat verwirklicht
ist. Vor allem machen wir ausdrücklich die deutschen Regierungsparteien
dafür verantwortlich, wenn die gewährten Unterstützungen
und Subventionen unzureichend sein und einseitig verteilt werden.
Wir haben keine Ursache, der Regierung so dankbar zu sein, wie
es vorhin Koll. Dubický gegenüber seinen
èechischen Freunden getan hat. Gespart soll anderswo werden.
Bei der Wiedergutmachung von Schäden und bei
den Maßnahmen zu deren Verhütung darf es keine falsch
verstandene kleinliche Knauserei geben. Das Gesetz über die
Elementarschäden muß in vollem Umfange in Wirksamkeit
gesetzt werden. Hier darf es keine Potemkinschen Dörfer geben.
Wenn man jetzt im neuen Budget für den Rüstungsfond
wieder 315 Millionen einstellt, wenn man außerdem für
den Dispositionsfond Millionen übrig hat, müssen auch
die 50 Millionen Kronen aufgebracht werden, um so zur Wiedergutmachung
der ungeheueren Schäden, die sich unter Umständen alljährlich
wiederholen können, beizutragen. (Potlesk nìm.
soc. demokratických poslancù.)
Hohes Haus! Am 12. Oktober 1925, also vor fast
genau einem Jahr, behandelten wir die Regierungsvorlage, betreffend
die staatliche Hilfe bei Elementarkatastrophen des Jahres 1925
und betreffend Maßnahmen zur Verhinderung von Schäden
bei Elementarkatastrophen in der Zukunft, eine Vorlage, die dann
nachmals Gesetz wurde. Ich nahm damals schon Gelegenheit, meiner
eigenen und meiner Parteigenossen Meinung zu dem Inhalt des Antrages
Ausdruck zu geben. Diese Meinung war zustimmend und konnte gar
nicht anders als zustimmend sein, weil in dem Regierungsantrag
ein großer Gedanke gesellschaftlicher Hilfe verankert lag,
dem auch wir grundsätzlich nicht opponieren konnten. Lediglich
gegen das Ausmaß einiger Bestimmungen des Regierungsantrages
wandten wir uns damals.
Meine Damen und Herren, das ist auch der Grundton
unserer Einstellung heute anläßlich der Behandlung
des Berichtes des landwirtschaftlichen, sozialpolitischen und
Budgetausschusses über die Anträge auf Behebung der
Auswirkungen der Elementarereignisse des Jahres 1926. Diese Anträge
bezwecken ja die weitere Durchführung des vorjährigen
Gesetzes und seiner einzelnen Paragraphen. Wenn wir also auch
zu diesem Berichte unsere Zustimmung geben, so schließt
das ähnlich wie bei unserer vorjährigen Stellungnahme
zum Oktobergesetz 1925 nicht aus, daß wir eine gewisse Kritik
an dem Ausmaße dieser Hilfe, an der Durchführung des
vorjährigen Gesetzes, üben, schon aus dem Grunde, weil
wir wissen, daß es ohne Kritik ja nicht geht, weil wir wissen,
daß Kritik unter Umständen auch dem Gedanken förderlich
sein kann. Im Vorjahre glaubten wir mit dem Gesetze vom 15. Oktober
1925, Nr. 227, und mit der Regierungsverordnung vom 22. Dezember
1925, Nr. 266, eine Zeitlang auskommen zu können. Das Gesetz
sah Hilfe bei Elementarkatastrophen vor, die ja kein Jahr gänzlich
ausfallen. Wir konnten im Vorjahr bei der Beschlußfassung
des Oktobergesetzes nicht ahnen, daß das Ausmaß der
Elementarkatastrophen sich im Jahre 1926 so ungeheuerlich gestalten
würde, so umfangreich, wie das tatsächlich leider eingetreten
ist. Es gibt in der Tat kein Gebiet des Staates, das im heurigen
Jahre nicht von Elementarkatastrophen betroffen worden wäre.
Überall entstanden Schäden an Kulturen, Hausbesitz,
Straßen, Wegen und Brücken infolge Hochwassers, Wolkenbrüche,
Hagelschlag und Stürmen. So ungewöhnlich sind diese
Schäden, daß mit dem normalen Ausmaß an Hilfe
unserer Meinung nach gerade bei den heurigen Elementarkatastrophen
nicht das Auslangen gefunden werden kann. Demgegenüber müssen
wir leider feststellen, daß nicht einmal die Möglichkeiten
des Gesetzes vom Vorjahre in der Zwischenzeit vollständig
erschöpft worden sind. Wir bewilligten im Vorjahr - es sind
ja diese Beträge heute schon von einem Redner hier aufgezeigt
worden - Millionen von Kronen, in Summa 74 Millionen Kronen für
unentgeltliche Unterstützungen, Lebensmittelzuweisungen,
Kleiderzuweisungen, Saatgutzuweisungen, Subventionierungen, unverzinsliche
Darlehen zur Wiederherstellung oder Neuerrichtung von Wohn- und
Wirtschaftsgebäuden, gewerblichen und industriellen Betriebsstätten,
die durch die Elementarkatastrophen des Jahres 1925 Schaden gelitten
hatten, und Millionen für Reparaturen beschädigter Straßen
und Brücken und Reparaturen an Wasserläufen und Rekultivierungen.
Meine Damen und Herren! Bisher sind nicht einmal
die Erhebungen aller Schadenfälle des Jahres 1925 abgeschlossen,
geschweige denn die Erhebung der Schadensfälle des Jahres
1926 und geschweige denn, daß für die Schadensfälle
der Jahre 1925 und 1926 auch nur eine nennenswerte Hilfe den Betroffenen
zuteil geworden wäre. (Výkøiky na
levici.) Wir kritisieren diese Verspätung
und sind der Meinung, daß eine Hilfe des Staates - und in
diesem Falle handelt es sich doch um eine Hilfe des Staates doppelt
wertvoll wäre für diejenigen, die diese Hilfe notwendig
haben, wenn diese Hilfe womöglich sofort im Augenblicke des
Unglücksfalles praktiziert würde, und zwar über
das Maß der durch ein Gesetz festgelegten Mittel. Denn keinem
Parlamente der Welt und gewiß auch nicht diesem hohen Hause
würde es einfallen, eine Überschreitung der bewilligten
Mittel, wenn sie tatsächlich erfolgt, um die entstandenen
Schaden zu beheben, nachträglich nicht zu genehmigen. Man
möge da nicht auf die Methoden hinweisen, die im alten Österreich
praktiziert wurden. Gewiß hat auch im alten Österreich
nicht alles so funktioniert, wie dies wünschenswert gewesen
wäre. Aber gerade in Bezug auf den zur Behandlung stehenden
Gegenstand muß wohl bemerkt werden, daß das alte Österreich
in solchen Fällen sozialer Hilfeleistungen fast augenblicklich
zur Stelle war. Das ist eine Sache, die hier festgestellt werden
muß. Es wäre nur wünschenswert, daß unsere
Regierung dieselben Methoden praktizieren würde. Aber wie
gesagt, bestenfalls wurden die Schäden der Jahre 1925 und
1926 kommissionell erhoben. Von einer realen Hilfe in der Form
von Zuwendungen, wie sie im Gesetze vorgeschrieben werden, von
Entschädigungen im Sinne des § 2 dieses Gesetzes, kann
meist keine Rede sein. Ich kann nur sagen, daß es den von
den Elementarereignissen betroffenen Personen ganz furchtbar ergangen
wäre, wenn nicht private Opferwilligkeit und in Sonderheit
die Opferwilligkeit der autonomen Körperschaften, der Gemeinden
und Bezirke, etwas wesentliches an Hilfe veranlaßt hätte,
wenn sie nicht das, was der Staat versäumt hat, tatsächlich
nachgeholt hätte.
Wie sehr man auch nur mit den Arbeiten im Sinne
des Gesetzes vom 15. Oktober 1925 und seiner Durchführungsverordnung
vom 22. Dezember 1925 im Rückstand geblieben ist gar nicht
zu reden von dem Rückstand mit den Entschädigungen für
die im heurigen Jahre entstandenen Unwetterschäden, davon
zeugt das Ergebnis eines Umlaufschreibens, das ich selbst veranlaßt
hatte, u. zw. nur in dem Rahmen meines Heimatsbezirkes. Jeder
Kollege würde durch dieselbe Methode wohl auch das gleiche
Ergebnis erzielen. Ich habe in einem Umlaufschreiben an zehn Gemeinden
meines Bezirkes die Art und Weise der bisher gepflogenen praktischen
Hilfsmaßnahmen des Oktobergesetzes vom Jahre 1925 überprüfen
wollen und ich habe nicht von einer einzigen dieser zehn Gemeinden
mitgeteilt erhalten können, daß eine Hilfe für
ihre Schäden innerhalb ihres Gebietes in Fluß gebracht
worden wäre. So hat mir das Bürgermeisteramt von Dessendorf
- ein Ort, der ja aus der Talsperrenkatastrophe zu traurigen Berühmtheit
gelangt ist - mitgeteilt, daß bisher keine Subventionen
oder sonstige Hilfeleistungen aus Anlaß der Elementarschadenereignisse
seitens der Regierung getroffen worden sind, ja daß die
Schadensfälle bisher, obwohl sie im Sinne des Gesetzes ordnungsgemäß
angemeldet wurden, nicht einmal kommissionell erhoben worden sind.
Das ist das Ergebnis der Mitteilungen auf Grund meiner Umfrage.
Auch die Gemeinde Polaun im Gablonzer Bezirke, in der erhebliche
Unwetterschäden, namentlich an den Kulturen des dortigen
Gemeindegebietes zu verzeichnen sind, hat bisher nicht die geringste
Entschädigung erhalten, weder für die Schäden an
öffentlichem Gut, noch für die an privatem Besitz. Dasselbe
Ergebnis auf meine Umfrage erhielt ich von Reichenau bei Gablonz,
Morchenstern, Untermaxdorf, Josefsthal, Proschwitz, Harrachsdorf
- auf diese Gemeinde komme ich noch zurück - und auch von
Gablonz. Ich weiß nicht, ob nicht auch andere Kollegen von
ihren Gebieten dasselbe behaupten könnten. Erst vor der heutigen
Sitzung hat mir Kollege Krebs mitgeteilt, daß dieselbe
Vernachlässigung wirklicher Hilfe auch im Elbegebiet zu verzeichnen
ist, besonders in der Gegend um Leitmeritz bis hinauf nach Tetschen
und Herrnskretschen. Ich selbst war persönlich Zeuge der
siebenten Räumung, welche bei Parteien in Laube am Elbeufer
vorgenommen werden mußte. Den Leuten ist ein beträchtlich
hoher Schade entstanden, aber er dürfte auch dort bisher
keine Gutmachung erfahren haben. Es ist ganz eigenartig, daß
wir das feststellen müssen. Ich möchte bitten, daß
das auch seitens der Regierung überprüft werde, was
ich hier vorbringe. Es ist interessant, den Gegensatz zwischen
diesem tatsächlichen Ignorieren der Schadensfälle und
den Zusicherungen zu konstatieren, die uns Abgeordneten gemacht
worden sind, die wir als Dolmetscher der Not und Schmerzen der
uns anvertrauten Menschen aus den verschiedensten Gebieten die
Regierung um Hilfe baten. Ich erwähne insbesondere die Antwort
der Regierung auf eine Anfrage, die Kollege Krebs und meine
Wenigkeit veranlaßten in Angelegenheit der dringlichen Auszahlung
von Subventionen und Schadenshilfen, insbesondere für die
Wasserschadensgebiete des nördlichen Böhmens, ferner
an der Neisse, an dem Polzen, im Kamnitz-Gebiet sowie auch im
Elbe- und Egertale. Es wurde uns von der Regierung ausdrücklich
zugesagt, daß insbesondere die Erhebung der Schäden
in dringlicher Weise vollzogen und daß tatsächlich
Unterstützungen gegeben werden sollen. Ich bin aber verpflichtet
hier festzustellen, daß das, was uns damals versprochen
wurde, bisher nicht eingehalten wurde, daß also das Versprechen
in einem geradezu auffallenden Gegensatz zu den Tatsachen steht.
Wir haben nicht einmal die Erhebung aller Schadensfälle zu
verzeichnen, nicht einmal der des Jahres 1925, geschweige denn
aus dem Jahre 1926. Es sind auch die Weisungen, die von der Regierung
an die einzelnen Steueradministrationen hinausgegangen sind, nicht
befolgt worden, und es wäre doch das mindeste, daß
man den Leuten, die einen ungeheuren Schaden erlitten haben, zumindest
an den Steuern des laufenden Jahres irgendwelche Abstriche gewährt.
Das ist aber nicht geschehen. Ich habe einen solchen charakteristischen
Fall aus Harrachsdorf im Riesengebirge. Eine dortige Partei hat
durch die Unwetterkatastrophe des heurigen Jahres einen schweren
Schaden erlitten, das ganze Haus wurde weggerissen und jetzt kommt
man dieser Partei mit der Exekution auf Haus und Grundbesitz,
allerdings auf ein Haus, das längst der Mummelbach weggeschwemmt
hat und auf einen Grundbesitz, der in unerhörter Weise devastiert
ist. Es ist die höchste Zeit, daß Hilfe gebracht wird,
und ein weiteres Zuwarten in dieser Beziehung würde uns bemüßigen,
den Gegensatz zwischen den Worten und ihrer Einlösung weiter
aufzuzeigen. - Ich erwähne in dieser Beziehung auch noch
die Mißachtung der großen Schadensfälle aus der
Unwetterkatastrophe vom 12. August 1925, welche sich im Gablonzer
Bezirk besonders bemerkbar gemacht hat. Die Stadtgemeinde Gablonz
erlitt durch diese Katastrophe nachgewiesenermaßen und durch
eine staatliche Kommission erhoben, einen Bauschaden von 812.850
Kronen, einen Sachschaden von 106.585 Kronen, also zusammen rund
eine Million Kronen, und obwohl die Stadtgemeinde Gablonz und
die betroffenen Personen deswegen bei der Regierung um Hilfe vorstellig
wurden, ist bis zum heutigen Tage auch nicht ein Heller an Subvention
oder Hilfe zur Auszahlung gebracht worden. Ich möchte Sie
bitten, sich nur einmal zu überzeugen von dem tatsächlichen
Ausmaß der durch diese Katastrophe im Weichbild der Stadt
Gablonz entstandenen Schäden, um zu begreifen, was es heißt,
wenn ein derartiger Schade, der weit über ein Jahr zurückliegt,
nicht mit einem einzigen Heller staatlicher Subvention bedacht
worden ist. Das muß uns logischer Weise zur Kritik herausfordern.
(Místopøedseda Slavíèek
zvoní.) -
Ich habe vom Herrn Präsidenten die Mahnung erhalten, mich
an die Redezeit zu halten. Ich muß mit dieser Kritik abbrechen,
ich möchte mich nur noch knapp der Besprechung des zweiten
Hauptstückes des Gesetzes vom Oktober 1925 zuwenden. Ich
habe schon im Vorjahre betont, daß wesentlicher als die
Erlassung von Verordnungen und Maßnahmen zum Schutz der
Geschädigten aus Elementarereignissen die vorbeugenden Maßnahmen
gegen solche Schadensfälle sind. Ich habe schon im Vorjahre
auf die große Bedeutung insbesondere des genannten zweiten
Hauptstückes hingewiesen und schon damals der Anwendung dieses
Gesetzes das Wort geredet. Ich trete auch heute wieder entschiedenst
für die Entschädigung von Personen sowie von Gemeinden
und Bezirken ein, die durch Elementarereignisse geschädigt
worden sind, ich trete aber in deren größerem Interesse
heute für die Durchführung insbesondere der Bestimmungen
dieses zweiten Hauptstückes ein, durch welches vorbeugende
Maßnahmen getroffen werden sollen. Hier wird in zweifacher
Hinsicht in die Zukunft gewiesen. Zunächst einmal vorbeugend,
dann aber auch positiv nützend, indem nicht nur der Schaden
durch Hochwasser durch Flußregulierungen, Schottersperren,
Talsperrenbauten usw. vermieden wird, sondern auch die Elementargewalt
dem Menschen noch nützlich gemacht wird. Dieser Tendenz huldigt
man in bedeutendem Maße in allen Staaten, so insbesondere
in Deutsch-Österreich, Deutschland, Italien und in der Schweiz
und wir konnten in der heurigen Ausstellung manches für derartige
Wasserwirtschaft und Wasserbautechnik Interessante sehen. Wenn
auch diese Staaten, so besonders Italien, wegen ihrer Kohlenarmut
auf die Durchführung dieser Arbeiten angewiesen sind, ist
diese Sache doch auch für uns außerordentlich wichtig
und wir dürfen nicht zurückbleiben. Ich fühle mich
voll legitimiert, auf diese Notwendigkeit zu verweisen. Ich vertrete
ein Gebiet, in welchem private Initiative diese Arbeiten im Sinne
des zweiten Hauptstückes des zitierten Gesetzes seit Jahrzehnten
übt. Ich kenne diese Arbeiten der nordböhmischen Wasserwirtschaft
und ich sage, eben deshalb fühle ich mich legitimiert, in
dieser Art und Weise zu sprechen. Besser als nachträgliche
Behebung entstandener Schäden muß die Vorbeugung derselben
sein, die Ausnützung der elementaren Gewalt in dem von mir
aufgezeigten Sinne. Es wäre ungerecht, wenn ich nicht die
getane Arbeit auch anerkennen würde. Was das Arbeitsministerium,
die Flußregulierungskommissionen und das Landwirtschaftsministerium
in dieser Richtung getan haben, ist gewiß anerkennenswert.
Wir wünschen nur, daß diese Arbeiten entsprechend vorwärts
gehen und zu jenem volkswirtschaftlichen Plus kommen, das am Ende
der ganzen Aktion steht. Es müssen für diese Arbeiten
die nötigen Mittel zur Verfügung gestellt werden, es
müssen die Mittel, die heute zur Verfügung stehen, erhöht
werden. Wir wissen, daß der Notstandsfond des Innenministeriums,
der Meliorationsfond beim Landwirtschaftsministerium, die Mittel
der Flußregulierungskommissionen ungenügend sind. Wir
sagen, daß gerade für diesen Zweck Mittel zur Verfügung
gestellt werden müssen. Sie werden sich in irgendeiner Form
aus den Einnahmsquellen des Staates finden lassen. Ich habe einen
Antrag vorbereiten wollen der - um nur einigermaßen die
Möglichkeit, die Mittel zu erhalten, aufzuzeigen darauf hinausläuft,
zumindest das Gesamterträgnis der Wasserkraftsteuer diesen
Zwecken zuzuführen. Ich verweise ganz kurz, weil ich mit
meiner Redezeit zu Ende bin, auf die Gedankengänge, die Professor
Rosenkranz in der letzten Folge der "Wasserwirtschaftlichen
Mitteilungen" in dieser Beziehung in einem sehr bemerkenswerten
Artikel niedergelegt hat. Wenn in dieser Richtung praktisch vorgegangen
würde, könnten wir auch im Sinne der Gedankengänge
des zweiten Hauptstückes des Gesetzes vom Oktober 1925 vorteilhaft
vorwärtsgehen.