Meine Damen und Herren! Gestatten Sie zunächst,
daß ich unserer Entrüstung und Empörung darüber
Ausdruck gebe, wie mit uns Abgeordneten hier im Hause umgesprungen
wird. Wochen- und monatelang hatte man nicht genug Stoff, um uns
gesetzgeberisch beschäftigen zu können, und nun werden
die wichtigsten Vorlagen in den Ausschüssen und hier im Hause
wieder im Eilzugstempo bei Tag und Nacht durchgepeitscht, als
ob davon die ewige Seligkeit abhängen würde. Der Sitzungssaal
wird zum Nachtasyl, die Abgeordneten werden rücksichtslos
an ihrer Gesundheit geschädigt, man gönnt uns nicht
einmal den Schlaf, drückt dadurch selbstverständlich
auch das Niveau der Beratungen herab und behandelt uns hier überhaupt
schlechter, als Schwerverbrecher in Pankrác. Die Verantwortung
dafür trifft die neue Regierungsmehrheit, die sich in der
brutalen Vergewaltigung der Minderheit nicht minder gefällt,
als die frühere Koalition. Und was dabei herauskommt, ist
offensichtlich. Eine sachliche Arbeit erscheint jedenfalls ausgeschlossen.
Der ganze Parlamentarismus bleibt nach wie vor ein lächerliches
Zerrbild.
Daher ist es kein Wunder, wenn auch der einzelne
Parlamentarier draußen bei den Behörden nicht jene
Achtung genießt, die in einem demokratischen Staatswesen
eigentlich selbstverständlich sein sollte. So wurde mir erst
kürzlich vom Staatsbahndirektor in Olmütz verweigert,
dortselbst persönlich eine Abordnung vorzuführen, welche
in Angelegenheit der Fahrplanänderung vorsprechen wollte.
Er hat mich nicht empfangen und geschrieben, man möge ihm
das schriftlich bekanntgeben: "Litujeme, wir bedauern, daß
wir eine solche, durch Dr. Koberg geführte Abordnung
nicht empfangen können." Und vorgestern erst wurde bei
mir während meiner Abwesenheit, während ich hier in
Prag weilte, in Jägerndorf in meiner Wohnung und gleichzeitig
in der Kanzlei eine Hausdurchsuchung veranstaltet, wobei mir zwei
Schreibtische aufgebrochen und verschiedene Schriften beschlagnahmt
wurden, um Material gegen mich zu bekommen, angeblich wegen meiner
Beziehungen zu reichsdeutschen Organisationen, wie z. B. zum Auslandsinstitut
in Stuttgart. Vom Schutzbund hat man mir Zeitschriften beschlagnahmt,
ebenso zwei bis drei Briefe, die ich mit dem Auslandsinstitut
in Stuttgart gewechselt habe. Darauf will man einen Schutzgesetzparagraphen
konstruieren, obwohl - das konstatiere ich von dieser Stelle ganz
ausdrücklich - ich nur wegen einer Besprechung in Ziegenhals,
die am 3. August 1925 stattfand, ausgeliefert wurde, weil ich
dort angeblich Geld zum Ankauf von Waffen bekommen habe, was eine
Lächerlichkeit ist. Deshalb habe ich auch zugestimmt, daß
man mich ausliefert. Ich hoffe, daß das Hauspräsidium
meinem Wunsche Rechnung tragen und die Polizeibehörde sowie
dem übereifrigen Herrn Staatsanwalt Kloss in Troppau belehren
wird, daß die Abgeordnetenimmunität trotz alledem noch
nicht vollständig abgeschafft ist, und daß die Auslieferung
wegen eines bestimmten Deliktes nicht die Vornahme von Hausdurchsuchungen
und Vorerhebungen wegen angeblicher anderweitiger Delikte in sich
schließt. Ich werde seinerzeit auf diese Angelegenheit noch
einmal zurückkommen.
Und nun zum Gegenstande selbst. Über die
historische Entstehung und das Wesen der Kongrua und deren Bedeutung
als staatliche Gehaltsergänzung für die Kleriker hat
zwar nicht der Berichterstatter, wie es seine Pflicht gewesen
wäre, aber der erste Kontraredner Abg. Patzel so
ausführlich und unter Beibringung von soviel Ziffernmaterial
gesprochen, daß es hieße, Hakerln ins Èechische
tragen, wenn ich mich auch noch darüber
verbreiten wollte. Wichtiger erscheint es mir, den Kern der Sache,
um die es jetzt geht, herauszuschälen und dazu den Standpunkt
der deutschen Nationalpartei zu kennzeichnen. Denn die Frage der
Kongrua und die Stellungnahme hiezu setzt voraus die Frage nach
dem Verhältnis zwischen Kirche und Staat. Je nachdem man
diese Frage beantwortet, muß man auch zu dem vorliegenden
Gesetzesantrage Stellung nehmen. Deshalb erlaube ich mir zunächst
Folgendes aus den Leitsätzen der deutschen Nationalpartei
zu diesem Thema vorzulesen (ète):
"Wenn wir Deutschnationale von Kampfe
gegen den Klerikalismus sprechen, so meinen wir damit nicht die
katholische oder eine andere Religion, auch nicht die betreffende
Kirche und am allerwenigsten ihre Diener schlechthin. Denn um
die Religion ist es etwas hochherrliches, Kirchen, auch die katholische,
können erhabene Sendungen erfüllen und vor dem Priester,
der fromm und recht, gütig und gläubig seinem Herrn
und seinem heiligen Berufe dient, wird jederman in Ehrfurcht den
Hut ziehen. Im Sinne dieses deutschen Duldungsgedankens fordern
wir volle Glaubens- und Gewissensfreiheit und demgemäß
auch die Achtung vor dem religiösen Gefühle Andersgläubiger.
Wir verwerfen aber entschieden den Mißbrauch der Religion
zu parteipolitischen Zwecken, wir verwerfen aber auch ausdrücklich
den Kampf gegen die Religion als solche. Wir wollen die Glaubens-
und Gewissensfreiheit geschützt haben, wir wissen zu würdigen,
was die Religion für den tiefreligiösen Sinn von Millionen
Deutscher bedeutet. Darum wollen wir keinen Kulturkampf. Wir wollen
aber, daß Kirche und Staat getrennt seien. Der Staat regelt
sein Verhältnis zu den anerkannten Kirchen durch ein Kirchengesetz.
Anerkannt werde jede Kirche, deren Lehren und Kultusübungen
mit der öffentlichen Sitte und den Gesetzen nicht in Widerspruch
stehen. Jede Kirchengemeinde soll berechtigt sein, ihre Angelegenheiten
frei zu verwalten."
Sie sehen also, meine Damen und Herren, daß
wir die Bedeutung der Religion als sittlichen und kulturellen
Faktor ersten Ranges anerkennen und uns zu einer positiven Wertung
der Religion für das öffentliche Leben bekennen. Wohl
wissen wir, daß eine vollständige Trennung von Kirche
und Staat unter den gegenwärtigen Verhältnissen praktisch
nicht möglich ist. Noch bestehen von altersher allzuviele
Berührungspunkte zwischen Kirche und Staat, als daß
einfach das amerikanische Muster übernommen werden könnte,
wonach die Kirchen schlechthin unter das private Vereinsrecht
gestellt werden. Wir meinen aber, daß jetzt im achten
Jahre des Bestandes der Èechoslovakischen Republik zumindest
das ausgeführt werden sollte, was schon im Jahre 1874 in
der alten Monarchie durch ein noch heute in Wirksamkeit stehendes
Gesetz zur Regelung der äußeren Rechtsverhältnisse
der katholischen Kirche im § 35 angebahnt
wurde, nämlich die Bildung eigener Pfarrgemeinden, wie sie
bei den anderen Religionsgesellschaften bereits bestehen, auch
bei den römischen Katholiken. Als Körperschaften öffentlichen
Rechtes verwalten die Kirchengemeinden ihre eigenen Angelegenheiten
nach eigenem freien Ermessen, ohne daß sich der Staat hineinzumischen
hat. Das staatliche Hoheitsrecht wird bloß dadurch geltend
gemacht, daß sich der Staat die Genehmigung der Kirchenverfassung
vorbehält, obwohl übrigens auch in dieser Hinsicht die
bloße Feststellung genügen würde, ob die Kirchenverfassung
den Staatsgesetzen nicht widerspricht. Jedenfalls ist es ausschließlich
Sache der betreffenden Kirche, die Rechte und Pflichten der Mitglieder
der Kirchengemeinde festzusetzen und selbstverständlich haben
die Kirchengemeinden auch die für ihre Kultus- und Verwaltungsbedürfnisse
erforderlichen Geldmittel, nötigenfalls durch Besteuerung
ihrer Mitglieder selbst aufzubringen. Bei der Einhebung kann die
Hilfe des Staates in Anspruch genommen werden. Jede staatliche
Aufwendung für kirchliche Zwecke aus öffentlichen Mitteln
hat jedoch unbedingt zu entfallen. Das soll gleichermaßen
für alle Konfessionen ohne Ausnahme gelten. Dem gegenüber
wird nun eingewendet, daß der österreichische Staat
im Jahre 1782 aus dem Vermögen der aufgehobenen Klöster
und Stiftungen den Religionsfond gebildet hat mit der ausdrücklichen
Aufgabe, daraus für den Unterhalt der katholischen Seelsorgegeistlichkeit
Sorge zu tragen, insoweit dieses standesgemäße Einkommen
nicht schon durch anderweitige, mit dem geistlichen Amte verbundene
Bezüge gedeckt ist. Es wurde behauptet, man wolle der Kirche
rauben, was ihr gehört, wenn man den Religionsfond streicht.
Gewiß, aber das letztere wollen wir ja gar nicht. So wie
wir gegen den Bodenraub, gegen den Raub der Kriegsanleihe und
überhaupt gegen jede mehr oder minder entschädigungslose
Enteignung sind, so sprechen wir uns auch gegen das Einsacken
des Religionsfondes durch den Staat aus. Man überantworte
den Religionsfond, soweit er noch vorhanden ist, der katholischen
Kirche und überlasse es dann ihr allein, für die Bedeckung
des erforderlichen Aufwandes zu sorgen, wie das z. B. die Protestanten
schon längst tun müssen. Nach den Bestimmungen des bereits
erwähnten österreichischen Gesetzes vom 7. Mai 1874
sollte eigentlich schon längst in erster Linie die katholische
Pfarrgemeinde, das ist die Gesamtheit der katholischen Insassen
des Seelsorgesprengels für den Unterhalt ihrer Geistlichkeit
leistungspflichtig sein und bei Abgang anderer Bedeckungsmittel
im Sinne des § 36 desselben Gesetzes durch eine Umlage auf
die Pfarrangehörigen dafür Vorsorge treffen. Dadurch
würde den berechtigten Beschwerden der Nichtkatholiken vorgebeugt,
daß sie nicht bloß für ihre Kirchengemeinde Steuer
zu zahlen haben, sondern durch die Staatssteuern auch noch für
die katholische Kirche. Ich bin der Ansicht, daß die römisch-katholische
Kirche es wahrlich nicht nötig hat, sich etwas für ihre
Kirchenzwecke von Andersgläubigen schenken zu lassen, wie
dies jetzt geschieht, insoferne aus den allgemeinen Steuererträgnissen
auch die Kongrua gedeckt wird. Außerdem ist es doch klar,
daß die Kirche in eine gewisse Abhängigkeit vom Staate
gerät, wenn sie ihre Organe zumindest teilweise vom Staate
bezahlen läßt. Das religiöse Interesse verträgt
aber bekanntlich keine staatliche Bevormundung und Beeinflussung,
die Kirche soll innerlich und äußerlich frei und in
der Lage sein, nötigenfalls auch gegen den Staat ihre Anschauungen
zu vertreten.
Deshalb hat sich ja sogar die deutsche christlich-soziale
Parteipresse für eine gerechte Trennung von Kirche und Staat
mit der Begründung ausgesprochen, daß in einem religions-
und kirchenfeindlich geleiteten Staatswesen die Selbständigkeit
und Freiheit für die katholische Kirche entschieden das Beste
sei. Will man also die Kirche ernstlich frei machen von jeglicher
Gängelung für den Staat, dann muß man verlangen,
daß sie auch selbst und aus eigener Kraft die Mittel aufbringe,
die sie zu ihrem Bestande und zu ihrer Ausgestaltung braucht,
dann darf sie nicht auf einen parlamentarischen Kuhhandel angewiesen
sein, wie jetzt. Zölle und Kongrua als gleichwertige Schacherobjekte,
das ist für die reine Idee des Christentums gewiß entwürdigend
und für die Geistlichkeit äußerst beschämend.
Der Priester hat ein gutes Recht darauf, so viel für seine
Tätigkeit zu bekommen, um davon anständig leben zu können.
Das braucht er sich aber nicht vom Staate zu erbetteln, das kann
er von jenen, denen er seine Lebensarbeit widmet, also von der
Kirche selbst oder von seiner Pfarrgemeinde verlangen. Der Staat
hat grundsätzlich weder in seine Anstellung, noch in seine
Besoldung etwas dreizureden. (Posl. Horpynka: Und die politischen
Reden von der Kanzel soll er sich von der Partei bezahlen lassen!)
Sehr richtig!
Schon 1792 schrieb Wilhelm von Humboldt in
seinen "Ideen zu einem Versuche, die Grenzen der Wirksamkeit
des Staates zu bestimmen": "Alles was die Religion betrifft,
liegt außerhalb der Grenzen der Wirksamkeit des Staates."
Anerkennt man die Richtigkeit des Satzes, dann brauchen wir kein
neues Kongruagesetz, sondern vielmehr ein Gesetz über die
endgültige Vermögensauseinandersetzung zwischen der
katholischen Kirche und dem Staate. Pfarrer und Geistliche überhaupt
sollen weder mittelbare, noch unmittelbare Staatsbeamte sein,
wie sie es jetzt tatsächlich sind. Kollege Petersilka
war es, der behauptete, die Priester widmen den größten
Teil ihrer Arbeit dem Staate. Das ist aber weder richtig, noch
notwendig. In Wahrheit widmen sie wahrscheinlich kaum ein Viertel
ihrer Arbeitszeit dem Staate und davon ließe sich ohne weiters
noch ein Großteil abnehmen, indem man die Matrikenführung
den Ortsgemeinden überträgt, die ohnedies schon jetzt
neben den Pfarrämtern eine Zivil- und Militärmatrik
führen müssen. Eine solche Vereinfachung des Matrikenwesens
wäre dringend notwendig, um dem Chaos auf diesem Gebiete
ein Ende zu bereiten. Viel Doppelarbeit ließe sich dadurch
vermeiden und viele unnütze Scherereien würden entfallen.
Vielleicht könnte der Staat dann eher den Ortsgemeinden etwas
zukommen lassen als Vergütung für die Besorgung der
Geschäfte des übertragenen Wirkungskreises, die heute
gut drei Viertel aller Gemeindegeschäfte ausmachen. Mindestens
drei Viertel all der Gemeindeangestellten arbeiten ständig
für den Staat und dafür bekommen die Gemeinden bis heute
keinen Heller Entschädigung, trotz ihrer finanziellen Notlage
und trotzdem sie doch die Grundlage des Staates sind. Dabei hat
aber die Gesetzgebung den Gemeinden genau vorgeschrieben, welche
Gehalte sie aus ihrer eigenen Tasche an die Gemeindebeamten und
Bediensteten zu zahlen haben, ohne daß sie sich darum kümmerte,
woher das Geld dafür kommt. Da hat es die Kirche doch viel
besser: Sie bestimmt, wie viele und welche Geistliche der Staat
zu besolden hat, bezw. auf welche Höhe er ihr Einkommen ergänzen
muß, immer unter dem Hinweis auf den sagenhaften Religionsfond,
über dessen Höhe man nichts genaues in Erfahrung zu
bringen vermag. Sicher ist nur das eine, daß der Staatshaushalt
schon jetzt allmählich mit ungefähr 50 Millionen Kronen
für Priestergehalte belastet ist und daß diese Belastung
nun um weitere 50 Millionen Kronen jährlich erhöht werden
soll. Warum gibt die Regierung nicht jetzt aus Anlaß dieser
Kongruaverhandlung klar und bündig Auskunft über die
Höhe der Religionsfonds, über die Art der Vermögensverwaltung
und über die Einnahmen und Ausgaben dieses Fondes und warum
steht davon nichts im Motivenbericht? Offenbar mit Absicht läßt
man die Volksvertretung im Unklaren über dieses Kapitel,
statt offen und ehrlich einzubekennen, wie die Dinge liegen. Wer
einer Vermögensauseinandersetzung zwischen Staat und Kirche
ausweicht, erweckt den Anschein, daß er mittelalterliche
Privilegien für die Kirche wieder aufrichten wolle, wie sie
heutzutage sicher nicht mehr am Platze sind. Staatliche Zuwendungen
für Kirchenzwecke sind und bleiben, soferne sie nicht den
Kirchenvermögen entstammen, grobe Ungerechtigkeiten gegenüber
allen Andersgläubigen. Derart einseitige Zuwendungen aus
öffentlichen Mitteln waren am Platze, so lange der Satz galt:
Cuius regio, eius religio. Lang ist es her, seit diese These keine
Wirksamkeit mehr hat und die Angehörigen der sogenannten
Minderheiten kämpfen nun gegen deren modernere Umfälschung
in den Satz: cuius regio, eius natio, indem man hier einen
èechoslovakischen Nationalstaat machen will und uns zu
Èechoslovaken ummodeln möchte. Deshalb verlangen wir
ebenso vollständige Rechtsgleichheit für alle im Staate
lebenden Nationen, wie auch hinsichtlich der Behandlung aller
anerkannten Religionsgesellschaften einschließlich
der römisch-katholischen Kirche. Wir fordern darum die endliche
Durchführung des § 37 des Gesetzes vom 3. Mai 1874,
wonach die näheren Vorschriften über die Konstituierung
und die Vertretung der Pfarrgemeinden, dann über die Besorgung
der Angelegenheiten in denselben durch ein besonderes Gesetz zu
erlassen sind. Zwar hat der alte österreichische Verwaltungsgerichtshof
die materiell-rechtlichen Bestimmungen der § § 35 und
36 dieses Gesetzes über die Aufgaben der Pfarrgemeinden schon
dermalen für unmittelbar anwendbar erklärt, das bezügliche
Gesetz über die Pfarrgemeinden selbst ist aber bisher nicht
zustande gekommen. Wir wollen hoffen, daß wir uns bereits
soweit entösterreichert haben, um diese Lücke endlich
auszufüllen und an Stelle neuer Kongruagesetze ein Pfarrgemeindengesetz
für die katholische Kirche in diesem Staate herauszubringen
und gleichzeitig die endgültige Vermögensauseinandersetzung
hinsichtlich des Religionsfondes durchzuführen.
Nun zum Schluß noch einige Worte über
das Verhalten einzelner Parteien zu diesem Gegenstande:
Man kann es begreiflich finden, daß die èechischen,
slovakischen und deutschen Klerikalen die Kongruafrage durch die
Brille der katholischen Ansichten betrachten und deshalb dafür
eintreten, daß ihre Geistlichkeit möglichst
viel bekomme, gleichgültig, woher die Gelder dafür stammen.
Befinden sich doch unter den Pfarrern und Kaplänen die besten
Agitatoren für diese Parteien. (Posl. dr Schollich: Besonders
bei den Wahlen!) Sehr richtig. Sind diese Leute frei von materiellen
Sorgen, so können sie sich desto besser der politischen Propaganda
für ihre Wohltäter widmen. Das haben sie besonders bei
den letzten Wahlen bewiesen. Begreiflicherweise rechnen die genannten
drei Parteien mit der Dankbarkeit ihrer Schützlinge und sie
werden sich dabei auch nicht verrechnen.
Aber ist es für die anderen Parteien erträglich,
daß gerade diese inoffiziellen Parteisekretäre - sie
sind es nämlich tatsächlich - zumindest teilweise auf
Staatskosten erhalten werden? Warum vermeidet man nicht
lieber auch den Anschein, daß dies geschieht? Wäre
es nicht besser und vom katholischen Standpunkte klüger,
wenn diese Parteien selbst verlangen würden, daß endlich
reiner Tisch gemacht und der auf die Èechoslovakei entfallende
Anteil am Religionsfonde, der kathol. Kirche
zur freien Selbstverwaltung überwiesen würde? Da sie
dies nicht fordern, vielmehr es geradezu ängstlich vermeiden,
in dieses Dunkel hineinzuleuchten - die Herren von der katholischen
Seite glänzen durch Abwesenheit, sie wollen sich nichts von
uns sagen lassen, sie wollen uns gar nicht anhören. (Posl.
dr Schollich: Es ist bereits alles ausgepackelt!) Jawohl,
so ist es und deshalb kommen die Herren gar nicht in den Saal,
sondern stellen nur Hochposten auf - so bleibt begreiflicherweise
bei vielen die Meinung bestehen, daß die verlangte Erhöhung
der Kongrua aus dem Religionsfonde überhaupt nicht mehr gedeckt
werden kann, sondern zur Gänze aus öffentlichen Steuergeldern
getragen werden muß, d. h. daß auch Nichtkatholiken
gegen ihren Willen mitzuzahlen gezwungen werden. In dem Motivenbericht
ist nicht die geringste statistische Angabe über die Vermögensgebarung
des Religionsfondes zu finden. Umsomehr wäre es Aufgabe der
drei Parteien gewesen, selbst in den Ausschüssen oder hier
im Hause von der Regierung öffentlich Rechenschaft darüber
zu verlangen und unter allen Umständen die Durchpeitschung
dieses Antrages zu verhindern, damit jeder Abgeordnete Gelegenheit
habe, sich gründlich mit der Frage zu befassen und sie ordentlich
zu studieren. Die neue Koalition hat aber im Gegenteil die Anwendung
des abgekürzten Verfahrens für diesen Gegenstand erzwungen
und dadurch deutlich erkennen lassen, daß sie das Licht
der Sonne scheut. Bedauerlich ist es insbesondere
von den deutschen Parteien, daß sie sich dadurch für
alle Zukunft zu Gefangenen der brutalen Geschäftsordnung
gemacht haben, die sie doch bisher auf das schärfste bekämpft
hatten. Jedoch nicht genug daran. Statt der völkisch deutschen
Einheitsfront, die alle besonders während der Wahlen im Munde
führten, haben sie nunmehr eine internationale Einheitsfront
geschaffen. Statt des schwarz-rot-goldenen Banners haben sie nun
die schwarz-grüne Fahne mit der rot-weiß-blauen
Gösch aufgezogen. So ändern sich die Zeiten!
Und wo bleibt die vielgepriesene Grundsatztreue?
Der Bund der Landwirte und die deutsche Gewerbepartei werden z.
B. aufklären müssen, wohin ihr freiheitliches Panier
entschwunden ist, mit dem sie noch vor Kurzem zu Felde zogen.
Jedem, der es hören wollte, haben sie draußen erzählt,
daß sie unter anderem auch den übermäßigen
Einfluß der römischen Kirche im öffentlichen Leben
auf das schärfste bekämpfen werden. Und nun eröffnen
sie diesen Kampf in solcher Weise. Das sind die ersten Folgen
des politischen Kompromisses, durch das sich diese Herren sicherlich
schwer kompromittiert haben. Der alte Schönerer würde
sich im Grabe umdrehen, wenn er so manchen seiner früheren
Anhänger jetzt für die Kongrua stimmen sähe. Wir
Deutschnationale machen eine solche Opportunitätspolitik
nicht mit, wir wollen nicht wie Rohre im Winde hin und
herschwanken, sondern bleiben uns selbst und unseren Grundsätzen
treu, indem wir uns an das Goethe- Wort halten: "Der Mann,
der in schwankender Zeit auch schwankend gesinnt, vermehrt das
Uebel und breitet es weiter und weiter". In dem Zustandebringen
des Kongruagesetzes sehen wir nicht eine nationale Tat,
wie es die christlichsozialen Blätter tun, wir erblicken
darin eher eine nationale Gefahr, insbesondere wegen der Art der
Verhandlung des vorliegenden Antrages, die sich würdig der
Zollberatung zur Seite stellt.
Gerade jetzt, da wir Sudetendeutsche der äußeren
Freiheit verlustig sind, sollten wir uns die innere Freiheit umso
besser wahren, wo immer es möglich ist. Im vorliegenden Falle
könnten wir das durch Erkämpfung vollständiger
Unabhängigkeit, Selbstverwaltung und Autonomie für unsere
katholischen Kirchengemeinden auf Grund der §§ 35 bis
37 des Gesetzes vom Jahre 1875 und durch reinliche Scheidung dessen,
was der Kirche und was des Staates ist. Halbheiten, wie den vorliegenden
Entwurf, vermögen wir nicht gutzuheißen. Sie schaden
mehr, als sie nützen, und schieben nur den Zeitpunkt der
endgültigen Auseinandersetzung hinaus. Sie ermöglichen
bloß für einige Zeit ein Fortwursteln in den alten
Bahnen, ohne das Problem wirklich zu lösen.
Die Regierung schweigt sich auch hinsichtlich
der Kongrua so wie früher bezüglich der Zölle
gründlich aus. Der Verantwortung für diesen Initiativantrag
kann sie sich aber nicht entziehen, denn wer schweigt, der stimmt
zu. So wie bei den Zöllen wurde der erste Initiativantrag
betreffs der Kongrua durch einen zweiten erweiterten ersetzt,
und zu beiden weiß die Regierung nichts zu sagen. Sie scheint
sich nicht einmal darüber den Kopf zu zerbrechen, woher sie
die Bedeckung nehmen soll, während sie z. B. für die
Sanierung der Länder, die durch Verschulden der Regierung
vor dem offenen Bankerott stehen, nicht das geringste übrig
hat und kalt lächelnd erklärt, die Länder müßten
sich eben selber helfen, die Regierung habe kein Geld
und könne den Ländern auch keine neue Einnahmsquellen
zuweisen, weil sie selbst genötigt ist, alle Quellen für
ihre eigenen Zwecke auszuschöpfen. Aber für die Kongruadeckung
scheint auf einmal Geld genug da zu sein.
Wir gönnen den niederen Geistlichen, die
es tatsächlich brauchen, eine Erhöhung ihres Einkommens
vom Herzen, wir anerkennen die Berechtigung ihres Verlangens auf
Neuregelung ihrer Bezüge, wir halten aber die vorgeschlagene
Lösung der Frage aus den eingangs angeführten Gründen
für völlig unannehmbar und werden deshalb dagegen stimmen.
(Souhlas a potlesk poslancù nìm. strany
národní.)
Hohes Haus! Der Klub der deutschen christlich-sozialen
Volkspartei kann es nicht unterlassen, vor allem anzuerkennen,
daß die gegenwärtige Mehrheit dieses Hauses trotz allen
Widerstandes im Zusammenhang mit der Besoldungsreform der Staatsangestellten
auch auf dem vorliegenden Antrage zur Neuregelung der Kongrua
verharrt. Sie hat damit ihre Ansicht zum Ausdruck gebracht,
daß es sich bei der Geistlichkeit der vom Staate anerkannten
Religionsgesellschaften um öffentliche Funktionäre handelt,
deren Besserstellung eine unausweichliche soziale und kulturelle
Notwendigkeit ist. Umsomehr überrascht es uns, daß
dieser Antrag in unserem sogenannten sozialen Zeitalter einen
derartig verzweifelten Widerstand gefunden hat. Die genannten
öffentlichen Funktionäre, welche für das allgemeine
Wohl wichtige Berufspflichten zu erfüllen haben, sind berücksichtigungswert.
Was war das Mindesteinkommen, das das Kongruaeinkommen bisher
darstellt? Monatlich nur 583 bis höchstens 858 Kronen. Mit
Rücksicht auf die dafür geforderte Vorbildung und den
verantwortungsvollen Wirkungskreis sicherlich eine ganz unangemessene
Besoldung. Es wird also mit dem Kongruaantrag der Mehrheit nur
ein Versäumnis gut gemacht, das nach unserer Meinung all
zu lange auf sich schon warten ließ. Der vorliegende Antrag
ist ja auch in außerordentlich bescheidenen Grenzen
gehalten, da er das Kongruaeinkommen nur mit 750 Kronen monatlich
festsetzt, dem nur nach je drei Jahren zehnmal je 81 Kronen monatlicher
Erhöhung überhaupt folgen kann. Das Einkommen aus der
Kongrua liegt demnach in den Grenzen zwischen 9000 und 18.720
Kronen jährlich. Es erscheint uns direkt unbegreiflich, daß
ein so sozialer Antrag nicht die allgemeine Billigung aller sozialfühlenden
Menschen findet. Es ist doch nur allzubekannt, welch kümmerliches
Dasein oft diejenigen Angehörigen des geistlichen Standes,
denen die Kongrua zugute kommt und die zum großen Teile
Söhne von Arbeitern und Häuslern sind, in ungezählten
Fällen fristen müssen. Gut dotierte Pfründen kommen
ja für die Kongrua überhaupt nicht in Betracht. Die
Besserstellung der höchst unwürdigen materiellen Lage
des großen Teiles der Geistlichkeit aber ist für uns
ein Gebot sozialer Notwendigkeit und Gerechtigkeit und findet
auch ein volles und freudiges Echo in allen Kreisen, welche der
Angelegenheit unbefangen gegenüberstehen. Trotzdem hier in
diesem Hause verzweifelter Widerstand! Ich will nicht zurückkommen
auf die Verhöhnungen und Beschimpfungen der Geistlichkeit
und der katholischen Kirche, welche in ausgegrabenen "Los-von-Rom"-Reden
meiner germanischen Kollegen hier zum Ausdruck gekommen sind.
(Potlesk.) Das deutsche katholische Volk wird am besten
den Wert dieser Ausführungen zu beurteilen wissen und wir
überlassen ihm ruhig das Urteil darüber. (Bravo!)
Es weiß auch nur allzu genau, daß das Ansehen
und die Achtung der Priester untrennbar zusammenhängen mit
dem Leben und der Kraft der Religion. (Souhlas.) Die Angriffe
beweisen nur neuerlich unsere Vermutung, daß die prinzipielle
Gegnerschaft gegen die Geistlichkeit und gegen die von dieser
vertretenen Glaubensbekenntnisse sozialen Erwägungen überhaupt
nicht zugänglich ist, daß man soziale Erwägungen
überhaupt nicht aufkommen läßt. Dabei spielt die
Kongrua für die Geistlichkeit der christlich katholischen
Kirche die entscheidende Rolle. Vielleicht gerade
deshalb, weil trotz gegnerischer Agitation von allen Seiten noch
immer 75% der einheimischen Bevölkerung dieses Staates
dieser Relig1on zugehört. (Sehr richtig! - Posl.
de Witte: Und die anderen 25%, die will man zum Zahlen
zwingen?) Die sollen das ihre haben, wir wollen das Unsere.
(Souhlas. - Rùzné výkøiky.)
Der Kampf gegen die Vorlage gilt als Kulturkampf,
der schon das Vorhandensein der historisch gewordenen Rechte und
Freiheiten der katholischen Kirche (Rùzné
výkøiky. - Hluk.) und damit
auch die Existenz der katholischen Priester nicht dulden
will. (Rùzné výkøiky.
- Místopøedseda inž. Dostálek
zvoní.) Darin liegt die Wurzel des
Widerstandes. Freimauerei und alle ihr untergeordneten Ideenrichtungen
setzen mit allen Mitteln ein. Der Kampf der Weltanschauungen schont
nichts, was den gläubigen Katholiken hoch und heilig ist.
(Hluk na levici.) Gegen diesen Kampf gegen die Weltanschauung
setzen wir uns zur Wehr und fordern selbstverständlich auch
unsere Rechte. Eines der hauptsächlichsten Rechte der katholischen
Geistlichkeit... (Hluèné výkøiky
nìm. soc. demokratických a nìm. køes.
socialistických a komunistických poslancù.)
Místopøedseda inž. Dostálek
(zvoní): Prosím o klid.
Posl. dr Luschka (pokraèuje):
Und eben eines dieser hauptsächlichsten
historischen Rechte der katholischen Geistlichkeit ist,
daß das vor anderthalb Jahrhunderten konfiszierte Kirchengut
(Smích na levici.), welches seither als Religionsfond
staatlich verwaltet wird, in der Substanz allerdings schon sehr
verschlampt ist, der katholischen Seelsorgegeistlichkeit den angemessenen
Lebensunterhalt sichern soll. (Posl. Hirschl postavil
se pøed ministerskou lavici, drže tyè s plakátem,
pøedstavujícím karikatury knìze a
státních zamìstnancù. -
Rùzné výkøiky. -
Hluk.) Es ist daher auch kein Geschenk, sondern eine Verpflichtung,
die aus dem Religionsfond übernommene Verpflichtungen solange
zu erfüllen ist, als nicht durch (Hluk trvá.) Herausgabe
des wirklichen Religionsfonds, des seinerzeitig gewaltsam entzogenen
Kirchenvermögens, das alte Unrecht wieder gutgemacht worden
ist. (Odpor na levici. - Hluk.) Meine Herren,
es ist meine Pflicht und mein Recht zu sprechen. (Trvalý
hluk.)
Místopøedseda inž. Dostálek
(zvoní): Prosím o klid.
Posl. dr Luschka (pokraèuje):
Außer dieser rechtlichen Verpflichtung
des Staates zur Leistung der Kongrua besteht aber auch noch die
moralische Pflicht und Schuldigkeit, weil wichtige Aufgaben der
staatlichen Administrative wie z. B. die Matrikenführung
in den Wirkungskreis der Geistlichkeit fallen und der Staatsaufwand
für die weltliche Matrikenführung einen mindestens fünf-
bis zehnfachen Mehraufwand aus Staatsmitteln erfordern würde.
(Posl. Wünsch: Ist ja nicht wahr!) Verehrter Herr
Kollege, ich habe selbst im Matrikenwesen gearbeitet, ich weiß,
wie schwer und genau man die Matrikenarbeit führen muß.
Nach unserer Überzeugung sind die Einwendungen gegen die
Kongrua nichts anderes als der Ausdruck des unversöhnlichen
Hasses gegen die römisch-katholische Kirche. Wir grüßen
von dieser Stelle aus die verfolgten Opfer dieses Hasses, die
Opfer ihrer Überzeugung sind, die Priester und alle jene,
die in der Zeit dieser Leidenschaft in Treue aushalten und fordern
sie auf, trotz aller Verleumdungen und Verfolgungen, die förmlich
die Symbole der Wahrheit der katholischen Kirche sind, auszuharren
und dem katholischen Volk seinen angestammten Väterglauben
zu schützen und zu erhalten. (Potlesk. - Posl.
Hirschl: Man sieht wirklich, daß bei Ihnen Religion Geschäft
ist, keine Überzeugung, sondern Geschäft!) Sie machen
es dazu! Behandeln sie die Vorlage als sozialen Antrag, und wir
sind ganz einverstanden. (Posl. Hirschl: Und es ist doch nur
Geschäft für Sie!) Nein, es ist ein sozialer Antrag,
während Sie ihn zum Geschäft Ihres Kulturkampfes benützen.
Für uns ist unsere Überzeugung maßgebend.
Aus den Erwägungen, die ich angeführt habe, haben wir
selbstverständlich beschlossen und ebenso der mit uns verbündete
Bund der deutschen Landwirte, für die von uns eingebrachte
Vorlage, für den Initiativantrag auf Erhöhung der Kongrua
zu stimmen. (Souhlas a potlesk. - Rùzné
výkøiky.)