Pátek 18. èervna 1926

2. Øeè posl. dr Koberga (viz str. 2237 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Gestatten Sie zunächst, daß ich unserer Entrüstung und Empörung darüber Ausdruck gebe, wie mit uns Abgeordneten hier im Hause umgesprungen wird. Wochen- und monatelang hatte man nicht genug Stoff, um uns gesetzgeberisch beschäftigen zu können, und nun werden die wichtigsten Vorlagen in den Ausschüssen und hier im Hause wieder im Eilzugstempo bei Tag und Nacht durchgepeitscht, als ob davon die ewige Seligkeit abhängen würde. Der Sitzungssaal wird zum Nachtasyl, die Abgeordneten werden rücksichtslos an ihrer Gesundheit geschädigt, man gönnt uns nicht einmal den Schlaf, drückt dadurch selbstverständlich auch das Niveau der Beratungen herab und behandelt uns hier überhaupt schlechter, als Schwerverbrecher in Pankrác. Die Verantwortung dafür trifft die neue Regierungsmehrheit, die sich in der brutalen Vergewaltigung der Minderheit nicht minder gefällt, als die frühere Koalition. Und was dabei herauskommt, ist offensichtlich. Eine sachliche Arbeit erscheint jedenfalls ausgeschlossen. Der ganze Parlamentarismus bleibt nach wie vor ein lächerliches Zerrbild.

Daher ist es kein Wunder, wenn auch der einzelne Parlamentarier draußen bei den Behörden nicht jene Achtung genießt, die in einem demokratischen Staatswesen eigentlich selbstverständlich sein sollte. So wurde mir erst kürzlich vom Staatsbahndirektor in Olmütz verweigert, dortselbst persönlich eine Abordnung vorzuführen, welche in Angelegenheit der Fahrplanänderung vorsprechen wollte. Er hat mich nicht empfangen und geschrieben, man möge ihm das schriftlich bekanntgeben: "Litujeme, wir bedauern, daß wir eine solche, durch Dr. Koberg geführte Abordnung nicht empfangen können." Und vorgestern erst wurde bei mir während meiner Abwesenheit, während ich hier in Prag weilte, in Jägerndorf in meiner Wohnung und gleichzeitig in der Kanzlei eine Hausdurchsuchung veranstaltet, wobei mir zwei Schreibtische aufgebrochen und verschiedene Schriften beschlagnahmt wurden, um Material gegen mich zu bekommen, angeblich wegen meiner Beziehungen zu reichsdeutschen Organisationen, wie z. B. zum Auslandsinstitut in Stuttgart. Vom Schutzbund hat man mir Zeitschriften beschlagnahmt, ebenso zwei bis drei Briefe, die ich mit dem Auslandsinstitut in Stuttgart gewechselt habe. Darauf will man einen Schutzgesetzparagraphen konstruieren, obwohl - das konstatiere ich von dieser Stelle ganz ausdrücklich - ich nur wegen einer Besprechung in Ziegenhals, die am 3. August 1925 stattfand, ausgeliefert wurde, weil ich dort angeblich Geld zum Ankauf von Waffen bekommen habe, was eine Lächerlichkeit ist. Deshalb habe ich auch zugestimmt, daß man mich ausliefert. Ich hoffe, daß das Hauspräsidium meinem Wunsche Rechnung tragen und die Polizeibehörde sowie dem übereifrigen Herrn Staatsanwalt Kloss in Troppau belehren wird, daß die Abgeordnetenimmunität trotz alledem noch nicht vollständig abgeschafft ist, und daß die Auslieferung wegen eines bestimmten Deliktes nicht die Vornahme von Hausdurchsuchungen und Vorerhebungen wegen angeblicher anderweitiger Delikte in sich schließt. Ich werde seinerzeit auf diese Angelegenheit noch einmal zurückkommen.

Und nun zum Gegenstande selbst. Über die historische Entstehung und das Wesen der Kongrua und deren Bedeutung als staatliche Gehaltsergänzung für die Kleriker hat zwar nicht der Berichterstatter, wie es seine Pflicht gewesen wäre, aber der erste Kontraredner Abg. Patzel so ausführlich und unter Beibringung von soviel Ziffernmaterial gesprochen, daß es hieße, Hakerln ins Èechische tragen, wenn ich mich auch noch darüber verbreiten wollte. Wichtiger erscheint es mir, den Kern der Sache, um die es jetzt geht, herauszuschälen und dazu den Standpunkt der deutschen Nationalpartei zu kennzeichnen. Denn die Frage der Kongrua und die Stellungnahme hiezu setzt voraus die Frage nach dem Verhältnis zwischen Kirche und Staat. Je nachdem man diese Frage beantwortet, muß man auch zu dem vorliegenden Gesetzesantrage Stellung nehmen. Deshalb erlaube ich mir zunächst Folgendes aus den Leitsätzen der deutschen Nationalpartei zu diesem Thema vorzulesen (ète):

"Wenn wir Deutschnationale von Kampfe gegen den Klerikalismus sprechen, so meinen wir damit nicht die katholische oder eine andere Religion, auch nicht die betreffende Kirche und am allerwenigsten ihre Diener schlechthin. Denn um die Religion ist es etwas hochherrliches, Kirchen, auch die katholische, können erhabene Sendungen erfüllen und vor dem Priester, der fromm und recht, gütig und gläubig seinem Herrn und seinem heiligen Berufe dient, wird jederman in Ehrfurcht den Hut ziehen. Im Sinne dieses deutschen Duldungsgedankens fordern wir volle Glaubens- und Gewissensfreiheit und demgemäß auch die Achtung vor dem religiösen Gefühle Andersgläubiger. Wir verwerfen aber entschieden den Mißbrauch der Religion zu parteipolitischen Zwecken, wir verwerfen aber auch ausdrücklich den Kampf gegen die Religion als solche. Wir wollen die Glaubens- und Gewissensfreiheit geschützt haben, wir wissen zu würdigen, was die Religion für den tiefreligiösen Sinn von Millionen Deutscher bedeutet. Darum wollen wir keinen Kulturkampf. Wir wollen aber, daß Kirche und Staat getrennt seien. Der Staat regelt sein Verhältnis zu den anerkannten Kirchen durch ein Kirchengesetz. Anerkannt werde jede Kirche, deren Lehren und Kultusübungen mit der öffentlichen Sitte und den Gesetzen nicht in Widerspruch stehen. Jede Kirchengemeinde soll berechtigt sein, ihre Angelegenheiten frei zu verwalten."

Sie sehen also, meine Damen und Herren, daß wir die Bedeutung der Religion als sittlichen und kulturellen Faktor ersten Ranges anerkennen und uns zu einer positiven Wertung der Religion für das öffentliche Leben bekennen. Wohl wissen wir, daß eine vollständige Trennung von Kirche und Staat unter den gegenwärtigen Verhältnissen praktisch nicht möglich ist. Noch bestehen von altersher allzuviele Berührungspunkte zwischen Kirche und Staat, als daß einfach das amerikanische Muster übernommen werden könnte, wonach die Kirchen schlechthin unter das private Vereinsrecht gestellt werden. Wir meinen aber, daß jetzt im achten Jahre des Bestandes der Èechoslovakischen Republik zumindest das ausgeführt werden sollte, was schon im Jahre 1874 in der alten Monarchie durch ein noch heute in Wirksamkeit stehendes Gesetz zur Regelung der äußeren Rechtsverhältnisse der katholischen Kirche im § 35 angebahnt wurde, nämlich die Bildung eigener Pfarrgemeinden, wie sie bei den anderen Religionsgesellschaften bereits bestehen, auch bei den römischen Katholiken. Als Körperschaften öffentlichen Rechtes verwalten die Kirchengemeinden ihre eigenen Angelegenheiten nach eigenem freien Ermessen, ohne daß sich der Staat hineinzumischen hat. Das staatliche Hoheitsrecht wird bloß dadurch geltend gemacht, daß sich der Staat die Genehmigung der Kirchenverfassung vorbehält, obwohl übrigens auch in dieser Hinsicht die bloße Feststellung genügen würde, ob die Kirchenverfassung den Staatsgesetzen nicht widerspricht. Jedenfalls ist es ausschließlich Sache der betreffenden Kirche, die Rechte und Pflichten der Mitglieder der Kirchengemeinde festzusetzen und selbstverständlich haben die Kirchengemeinden auch die für ihre Kultus- und Verwaltungsbedürfnisse erforderlichen Geldmittel, nötigenfalls durch Besteuerung ihrer Mitglieder selbst aufzubringen. Bei der Einhebung kann die Hilfe des Staates in Anspruch genommen werden. Jede staatliche Aufwendung für kirchliche Zwecke aus öffentlichen Mitteln hat jedoch unbedingt zu entfallen. Das soll gleichermaßen für alle Konfessionen ohne Ausnahme gelten. Dem gegenüber wird nun eingewendet, daß der österreichische Staat im Jahre 1782 aus dem Vermögen der aufgehobenen Klöster und Stiftungen den Religionsfond gebildet hat mit der ausdrücklichen Aufgabe, daraus für den Unterhalt der katholischen Seelsorgegeistlichkeit Sorge zu tragen, insoweit dieses standesgemäße Einkommen nicht schon durch anderweitige, mit dem geistlichen Amte verbundene Bezüge gedeckt ist. Es wurde behauptet, man wolle der Kirche rauben, was ihr gehört, wenn man den Religionsfond streicht. Gewiß, aber das letztere wollen wir ja gar nicht. So wie wir gegen den Bodenraub, gegen den Raub der Kriegsanleihe und überhaupt gegen jede mehr oder minder entschädigungslose Enteignung sind, so sprechen wir uns auch gegen das Einsacken des Religionsfondes durch den Staat aus. Man überantworte den Religionsfond, soweit er noch vorhanden ist, der katholischen Kirche und überlasse es dann ihr allein, für die Bedeckung des erforderlichen Aufwandes zu sorgen, wie das z. B. die Protestanten schon längst tun müssen. Nach den Bestimmungen des bereits erwähnten österreichischen Gesetzes vom 7. Mai 1874 sollte eigentlich schon längst in erster Linie die katholische Pfarrgemeinde, das ist die Gesamtheit der katholischen Insassen des Seelsorgesprengels für den Unterhalt ihrer Geistlichkeit leistungspflichtig sein und bei Abgang anderer Bedeckungsmittel im Sinne des § 36 desselben Gesetzes durch eine Umlage auf die Pfarrangehörigen dafür Vorsorge treffen. Dadurch würde den berechtigten Beschwerden der Nichtkatholiken vorgebeugt, daß sie nicht bloß für ihre Kirchengemeinde Steuer zu zahlen haben, sondern durch die Staatssteuern auch noch für die katholische Kirche. Ich bin der Ansicht, daß die römisch-katholische Kirche es wahrlich nicht nötig hat, sich etwas für ihre Kirchenzwecke von Andersgläubigen schenken zu lassen, wie dies jetzt geschieht, insoferne aus den allgemeinen Steuererträgnissen auch die Kongrua gedeckt wird. Außerdem ist es doch klar, daß die Kirche in eine gewisse Abhängigkeit vom Staate gerät, wenn sie ihre Organe zumindest teilweise vom Staate bezahlen läßt. Das religiöse Interesse verträgt aber bekanntlich keine staatliche Bevormundung und Beeinflussung, die Kirche soll innerlich und äußerlich frei und in der Lage sein, nötigenfalls auch gegen den Staat ihre Anschauungen zu vertreten.

Deshalb hat sich ja sogar die deutsche christlich-soziale Parteipresse für eine gerechte Trennung von Kirche und Staat mit der Begründung ausgesprochen, daß in einem religions- und kirchenfeindlich geleiteten Staatswesen die Selbständigkeit und Freiheit für die katholische Kirche entschieden das Beste sei. Will man also die Kirche ernstlich frei machen von jeglicher Gängelung für den Staat, dann muß man verlangen, daß sie auch selbst und aus eigener Kraft die Mittel aufbringe, die sie zu ihrem Bestande und zu ihrer Ausgestaltung braucht, dann darf sie nicht auf einen parlamentarischen Kuhhandel angewiesen sein, wie jetzt. Zölle und Kongrua als gleichwertige Schacherobjekte, das ist für die reine Idee des Christentums gewiß entwürdigend und für die Geistlichkeit äußerst beschämend. Der Priester hat ein gutes Recht darauf, so viel für seine Tätigkeit zu bekommen, um davon anständig leben zu können. Das braucht er sich aber nicht vom Staate zu erbetteln, das kann er von jenen, denen er seine Lebensarbeit widmet, also von der Kirche selbst oder von seiner Pfarrgemeinde verlangen. Der Staat hat grundsätzlich weder in seine Anstellung, noch in seine Besoldung etwas dreizureden. (Posl. Horpynka: Und die politischen Reden von der Kanzel soll er sich von der Partei bezahlen lassen!) Sehr richtig!

Schon 1792 schrieb Wilhelm von Humboldt in seinen "Ideen zu einem Versuche, die Grenzen der Wirksamkeit des Staates zu bestimmen": "Alles was die Religion betrifft, liegt außerhalb der Grenzen der Wirksamkeit des Staates." Anerkennt man die Richtigkeit des Satzes, dann brauchen wir kein neues Kongruagesetz, sondern vielmehr ein Gesetz über die endgültige Vermögensauseinandersetzung zwischen der katholischen Kirche und dem Staate. Pfarrer und Geistliche überhaupt sollen weder mittelbare, noch unmittelbare Staatsbeamte sein, wie sie es jetzt tatsächlich sind. Kollege Petersilka war es, der behauptete, die Priester widmen den größten Teil ihrer Arbeit dem Staate. Das ist aber weder richtig, noch notwendig. In Wahrheit widmen sie wahrscheinlich kaum ein Viertel ihrer Arbeitszeit dem Staate und davon ließe sich ohne weiters noch ein Großteil abnehmen, indem man die Matrikenführung den Ortsgemeinden überträgt, die ohnedies schon jetzt neben den Pfarrämtern eine Zivil- und Militärmatrik führen müssen. Eine solche Vereinfachung des Matrikenwesens wäre dringend notwendig, um dem Chaos auf diesem Gebiete ein Ende zu bereiten. Viel Doppelarbeit ließe sich dadurch vermeiden und viele unnütze Scherereien würden entfallen. Vielleicht könnte der Staat dann eher den Ortsgemeinden etwas zukommen lassen als Vergütung für die Besorgung der Geschäfte des übertragenen Wirkungskreises, die heute gut drei Viertel aller Gemeindegeschäfte ausmachen. Mindestens drei Viertel all der Gemeindeangestellten arbeiten ständig für den Staat und dafür bekommen die Gemeinden bis heute keinen Heller Entschädigung, trotz ihrer finanziellen Notlage und trotzdem sie doch die Grundlage des Staates sind. Dabei hat aber die Gesetzgebung den Gemeinden genau vorgeschrieben, welche Gehalte sie aus ihrer eigenen Tasche an die Gemeindebeamten und Bediensteten zu zahlen haben, ohne daß sie sich darum kümmerte, woher das Geld dafür kommt. Da hat es die Kirche doch viel besser: Sie bestimmt, wie viele und welche Geistliche der Staat zu besolden hat, bezw. auf welche Höhe er ihr Einkommen ergänzen muß, immer unter dem Hinweis auf den sagenhaften Religionsfond, über dessen Höhe man nichts genaues in Erfahrung zu bringen vermag. Sicher ist nur das eine, daß der Staatshaushalt schon jetzt allmählich mit ungefähr 50 Millionen Kronen für Priestergehalte belastet ist und daß diese Belastung nun um weitere 50 Millionen Kronen jährlich erhöht werden soll. Warum gibt die Regierung nicht jetzt aus Anlaß dieser Kongruaverhandlung klar und bündig Auskunft über die Höhe der Religionsfonds, über die Art der Vermögensverwaltung und über die Einnahmen und Ausgaben dieses Fondes und warum steht davon nichts im Motivenbericht? Offenbar mit Absicht läßt man die Volksvertretung im Unklaren über dieses Kapitel, statt offen und ehrlich einzubekennen, wie die Dinge liegen. Wer einer Vermögensauseinandersetzung zwischen Staat und Kirche ausweicht, erweckt den Anschein, daß er mittelalterliche Privilegien für die Kirche wieder aufrichten wolle, wie sie heutzutage sicher nicht mehr am Platze sind. Staatliche Zuwendungen für Kirchenzwecke sind und bleiben, soferne sie nicht den Kirchenvermögen entstammen, grobe Ungerechtigkeiten gegenüber allen Andersgläubigen. Derart einseitige Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln waren am Platze, so lange der Satz galt: Cuius regio, eius religio. Lang ist es her, seit diese These keine Wirksamkeit mehr hat und die Angehörigen der sogenannten Minderheiten kämpfen nun gegen deren modernere Umfälschung in den Satz: cuius regio, eius natio, indem man hier einen èechoslovakischen Nationalstaat machen will und uns zu Èechoslovaken ummodeln möchte. Deshalb verlangen wir ebenso vollständige Rechtsgleichheit für alle im Staate lebenden Nationen, wie auch hinsichtlich der Behandlung aller anerkannten Religionsgesellschaften einschließlich der römisch-katholischen Kirche. Wir fordern darum die endliche Durchführung des § 37 des Gesetzes vom 3. Mai 1874, wonach die näheren Vorschriften über die Konstituierung und die Vertretung der Pfarrgemeinden, dann über die Besorgung der Angelegenheiten in denselben durch ein besonderes Gesetz zu erlassen sind. Zwar hat der alte österreichische Verwaltungsgerichtshof die materiell-rechtlichen Bestimmungen der § § 35 und 36 dieses Gesetzes über die Aufgaben der Pfarrgemeinden schon dermalen für unmittelbar anwendbar erklärt, das bezügliche Gesetz über die Pfarrgemeinden selbst ist aber bisher nicht zustande gekommen. Wir wollen hoffen, daß wir uns bereits soweit entösterreichert haben, um diese Lücke endlich auszufüllen und an Stelle neuer Kongruagesetze ein Pfarrgemeindengesetz für die katholische Kirche in diesem Staate herauszubringen und gleichzeitig die endgültige Vermögensauseinandersetzung hinsichtlich des Religionsfondes durchzuführen.

Nun zum Schluß noch einige Worte über das Verhalten einzelner Parteien zu diesem Gegenstande: Man kann es begreiflich finden, daß die èechischen, slovakischen und deutschen Klerikalen die Kongruafrage durch die Brille der katholischen Ansichten betrachten und deshalb dafür eintreten, daß ihre Geistlichkeit möglichst viel bekomme, gleichgültig, woher die Gelder dafür stammen. Befinden sich doch unter den Pfarrern und Kaplänen die besten Agitatoren für diese Parteien. (Posl. dr Schollich: Besonders bei den Wahlen!) Sehr richtig. Sind diese Leute frei von materiellen Sorgen, so können sie sich desto besser der politischen Propaganda für ihre Wohltäter widmen. Das haben sie besonders bei den letzten Wahlen bewiesen. Begreiflicherweise rechnen die genannten drei Parteien mit der Dankbarkeit ihrer Schützlinge und sie werden sich dabei auch nicht verrechnen.

Aber ist es für die anderen Parteien erträglich, daß gerade diese inoffiziellen Parteisekretäre - sie sind es nämlich tatsächlich - zumindest teilweise auf Staatskosten erhalten werden? Warum vermeidet man nicht lieber auch den Anschein, daß dies geschieht? Wäre es nicht besser und vom katholischen Standpunkte klüger, wenn diese Parteien selbst verlangen würden, daß endlich reiner Tisch gemacht und der auf die Èechoslovakei entfallende Anteil am Religionsfonde, der kathol. Kirche zur freien Selbstverwaltung überwiesen würde? Da sie dies nicht fordern, vielmehr es geradezu ängstlich vermeiden, in dieses Dunkel hineinzuleuchten - die Herren von der katholischen Seite glänzen durch Abwesenheit, sie wollen sich nichts von uns sagen lassen, sie wollen uns gar nicht anhören. (Posl. dr Schollich: Es ist bereits alles ausgepackelt!) Jawohl, so ist es und deshalb kommen die Herren gar nicht in den Saal, sondern stellen nur Hochposten auf - so bleibt begreiflicherweise bei vielen die Meinung bestehen, daß die verlangte Erhöhung der Kongrua aus dem Religionsfonde überhaupt nicht mehr gedeckt werden kann, sondern zur Gänze aus öffentlichen Steuergeldern getragen werden muß, d. h. daß auch Nichtkatholiken gegen ihren Willen mitzuzahlen gezwungen werden. In dem Motivenbericht ist nicht die geringste statistische Angabe über die Vermögensgebarung des Religionsfondes zu finden. Umsomehr wäre es Aufgabe der drei Parteien gewesen, selbst in den Ausschüssen oder hier im Hause von der Regierung öffentlich Rechenschaft darüber zu verlangen und unter allen Umständen die Durchpeitschung dieses Antrages zu verhindern, damit jeder Abgeordnete Gelegenheit habe, sich gründlich mit der Frage zu befassen und sie ordentlich zu studieren. Die neue Koalition hat aber im Gegenteil die Anwendung des abgekürzten Verfahrens für diesen Gegenstand erzwungen und dadurch deutlich erkennen lassen, daß sie das Licht der Sonne scheut. Bedauerlich ist es insbesondere von den deutschen Parteien, daß sie sich dadurch für alle Zukunft zu Gefangenen der brutalen Geschäftsordnung gemacht haben, die sie doch bisher auf das schärfste bekämpft hatten. Jedoch nicht genug daran. Statt der völkisch deutschen Einheitsfront, die alle besonders während der Wahlen im Munde führten, haben sie nunmehr eine internationale Einheitsfront geschaffen. Statt des schwarz-rot-goldenen Banners haben sie nun die schwarz-grüne Fahne mit der rot-weiß-blauen Gösch aufgezogen. So ändern sich die Zeiten!

Und wo bleibt die vielgepriesene Grundsatztreue? Der Bund der Landwirte und die deutsche Gewerbepartei werden z. B. aufklären müssen, wohin ihr freiheitliches Panier entschwunden ist, mit dem sie noch vor Kurzem zu Felde zogen. Jedem, der es hören wollte, haben sie draußen erzählt, daß sie unter anderem auch den übermäßigen Einfluß der römischen Kirche im öffentlichen Leben auf das schärfste bekämpfen werden. Und nun eröffnen sie diesen Kampf in solcher Weise. Das sind die ersten Folgen des politischen Kompromisses, durch das sich diese Herren sicherlich schwer kompromittiert haben. Der alte Schönerer würde sich im Grabe umdrehen, wenn er so manchen seiner früheren Anhänger jetzt für die Kongrua stimmen sähe. Wir Deutschnationale machen eine solche Opportunitätspolitik nicht mit, wir wollen nicht wie Rohre im Winde hin und herschwanken, sondern bleiben uns selbst und unseren Grundsätzen treu, indem wir uns an das Goethe- Wort halten: "Der Mann, der in schwankender Zeit auch schwankend gesinnt, vermehrt das Uebel und breitet es weiter und weiter". In dem Zustandebringen des Kongruagesetzes sehen wir nicht eine nationale Tat, wie es die christlichsozialen Blätter tun, wir erblicken darin eher eine nationale Gefahr, insbesondere wegen der Art der Verhandlung des vorliegenden Antrages, die sich würdig der Zollberatung zur Seite stellt.

Gerade jetzt, da wir Sudetendeutsche der äußeren Freiheit verlustig sind, sollten wir uns die innere Freiheit umso besser wahren, wo immer es möglich ist. Im vorliegenden Falle könnten wir das durch Erkämpfung vollständiger Unabhängigkeit, Selbstverwaltung und Autonomie für unsere katholischen Kirchengemeinden auf Grund der §§ 35 bis 37 des Gesetzes vom Jahre 1875 und durch reinliche Scheidung dessen, was der Kirche und was des Staates ist. Halbheiten, wie den vorliegenden Entwurf, vermögen wir nicht gutzuheißen. Sie schaden mehr, als sie nützen, und schieben nur den Zeitpunkt der endgültigen Auseinandersetzung hinaus. Sie ermöglichen bloß für einige Zeit ein Fortwursteln in den alten Bahnen, ohne das Problem wirklich zu lösen.

Die Regierung schweigt sich auch hinsichtlich der Kongrua so wie früher bezüglich der Zölle gründlich aus. Der Verantwortung für diesen Initiativantrag kann sie sich aber nicht entziehen, denn wer schweigt, der stimmt zu. So wie bei den Zöllen wurde der erste Initiativantrag betreffs der Kongrua durch einen zweiten erweiterten ersetzt, und zu beiden weiß die Regierung nichts zu sagen. Sie scheint sich nicht einmal darüber den Kopf zu zerbrechen, woher sie die Bedeckung nehmen soll, während sie z. B. für die Sanierung der Länder, die durch Verschulden der Regierung vor dem offenen Bankerott stehen, nicht das geringste übrig hat und kalt lächelnd erklärt, die Länder müßten sich eben selber helfen, die Regierung habe kein Geld und könne den Ländern auch keine neue Einnahmsquellen zuweisen, weil sie selbst genötigt ist, alle Quellen für ihre eigenen Zwecke auszuschöpfen. Aber für die Kongruadeckung scheint auf einmal Geld genug da zu sein.

Wir gönnen den niederen Geistlichen, die es tatsächlich brauchen, eine Erhöhung ihres Einkommens vom Herzen, wir anerkennen die Berechtigung ihres Verlangens auf Neuregelung ihrer Bezüge, wir halten aber die vorgeschlagene Lösung der Frage aus den eingangs angeführten Gründen für völlig unannehmbar und werden deshalb dagegen stimmen. (Souhlas a potlesk poslancù nìm. strany národní.)

5. Øeè posl. dr Luschky (viz str. 2250 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Der Klub der deutschen christlich-sozialen Volkspartei kann es nicht unterlassen, vor allem anzuerkennen, daß die gegenwärtige Mehrheit dieses Hauses trotz allen Widerstandes im Zusammenhang mit der Besoldungsreform der Staatsangestellten auch auf dem vorliegenden Antrage zur Neuregelung der Kongrua verharrt. Sie hat damit ihre Ansicht zum Ausdruck gebracht, daß es sich bei der Geistlichkeit der vom Staate anerkannten Religionsgesellschaften um öffentliche Funktionäre handelt, deren Besserstellung eine unausweichliche soziale und kulturelle Notwendigkeit ist. Umsomehr überrascht es uns, daß dieser Antrag in unserem sogenannten sozialen Zeitalter einen derartig verzweifelten Widerstand gefunden hat. Die genannten öffentlichen Funktionäre, welche für das allgemeine Wohl wichtige Berufspflichten zu erfüllen haben, sind berücksichtigungswert. Was war das Mindesteinkommen, das das Kongruaeinkommen bisher darstellt? Monatlich nur 583 bis höchstens 858 Kronen. Mit Rücksicht auf die dafür geforderte Vorbildung und den verantwortungsvollen Wirkungskreis sicherlich eine ganz unangemessene Besoldung. Es wird also mit dem Kongruaantrag der Mehrheit nur ein Versäumnis gut gemacht, das nach unserer Meinung all zu lange auf sich schon warten ließ. Der vorliegende Antrag ist ja auch in außerordentlich bescheidenen Grenzen gehalten, da er das Kongruaeinkommen nur mit 750 Kronen monatlich festsetzt, dem nur nach je drei Jahren zehnmal je 81 Kronen monatlicher Erhöhung überhaupt folgen kann. Das Einkommen aus der Kongrua liegt demnach in den Grenzen zwischen 9000 und 18.720 Kronen jährlich. Es erscheint uns direkt unbegreiflich, daß ein so sozialer Antrag nicht die allgemeine Billigung aller sozialfühlenden Menschen findet. Es ist doch nur allzubekannt, welch kümmerliches Dasein oft diejenigen Angehörigen des geistlichen Standes, denen die Kongrua zugute kommt und die zum großen Teile Söhne von Arbeitern und Häuslern sind, in ungezählten Fällen fristen müssen. Gut dotierte Pfründen kommen ja für die Kongrua überhaupt nicht in Betracht. Die Besserstellung der höchst unwürdigen materiellen Lage des großen Teiles der Geistlichkeit aber ist für uns ein Gebot sozialer Notwendigkeit und Gerechtigkeit und findet auch ein volles und freudiges Echo in allen Kreisen, welche der Angelegenheit unbefangen gegenüberstehen. Trotzdem hier in diesem Hause verzweifelter Widerstand! Ich will nicht zurückkommen auf die Verhöhnungen und Beschimpfungen der Geistlichkeit und der katholischen Kirche, welche in ausgegrabenen "Los-von-Rom"-Reden meiner germanischen Kollegen hier zum Ausdruck gekommen sind. (Potlesk.) Das deutsche katholische Volk wird am besten den Wert dieser Ausführungen zu beurteilen wissen und wir überlassen ihm ruhig das Urteil darüber. (Bravo!) Es weiß auch nur allzu genau, daß das Ansehen und die Achtung der Priester untrennbar zusammenhängen mit dem Leben und der Kraft der Religion. (Souhlas.) Die Angriffe beweisen nur neuerlich unsere Vermutung, daß die prinzipielle Gegnerschaft gegen die Geistlichkeit und gegen die von dieser vertretenen Glaubensbekenntnisse sozialen Erwägungen überhaupt nicht zugänglich ist, daß man soziale Erwägungen überhaupt nicht aufkommen läßt. Dabei spielt die Kongrua für die Geistlichkeit der christlich katholischen Kirche die entscheidende Rolle. Vielleicht gerade deshalb, weil trotz gegnerischer Agitation von allen Seiten noch immer 75% der einheimischen Bevölkerung dieses Staates dieser Relig1on zugehört. (Sehr richtig! - Posl. de Witte: Und die anderen 25%, die will man zum Zahlen zwingen?) Die sollen das ihre haben, wir wollen das Unsere. (Souhlas. - Rùzné výkøiky.) Der Kampf gegen die Vorlage gilt als Kulturkampf, der schon das Vorhandensein der historisch gewordenen Rechte und Freiheiten der katholischen Kirche (Rùzné výkøiky. - Hluk.) und damit auch die Existenz der katholischen Priester nicht dulden will. (Rùzné výkøiky. - Místopøedseda inž. Dostálek zvoní.) Darin liegt die Wurzel des Widerstandes. Freimauerei und alle ihr untergeordneten Ideenrichtungen setzen mit allen Mitteln ein. Der Kampf der Weltanschauungen schont nichts, was den gläubigen Katholiken hoch und heilig ist. (Hluk na levici.) Gegen diesen Kampf gegen die Weltanschauung setzen wir uns zur Wehr und fordern selbstverständlich auch unsere Rechte. Eines der hauptsächlichsten Rechte der katholischen Geistlichkeit... (Hluèné výkøiky nìm. soc. demokratických a nìm. køes. socialistických a komunistických poslancù.)

Místopøedseda inž. Dostálek (zvoní): Prosím o klid.

Posl. dr Luschka (pokraèuje): Und eben eines dieser hauptsächlichsten historischen Rechte der katholischen Geistlichkeit ist, daß das vor anderthalb Jahrhunderten konfiszierte Kirchengut (Smích na levici.), welches seither als Religionsfond staatlich verwaltet wird, in der Substanz allerdings schon sehr verschlampt ist, der katholischen Seelsorgegeistlichkeit den angemessenen Lebensunterhalt sichern soll. (Posl. Hirschl postavil se pøed ministerskou lavici, drže tyè s plakátem, pøedstavujícím karikatury knìze a státních zamìstnancù. - Rùzné výkøiky. - Hluk.) Es ist daher auch kein Geschenk, sondern eine Verpflichtung, die aus dem Religionsfond übernommene Verpflichtungen solange zu erfüllen ist, als nicht durch (Hluk trvá.) Herausgabe des wirklichen Religionsfonds, des seinerzeitig gewaltsam entzogenen Kirchenvermögens, das alte Unrecht wieder gutgemacht worden ist. (Odpor na levici. - Hluk.) Meine Herren, es ist meine Pflicht und mein Recht zu sprechen. (Trvalý hluk.)

Místopøedseda inž. Dostálek (zvoní): Prosím o klid.

Posl. dr Luschka (pokraèuje): Außer dieser rechtlichen Verpflichtung des Staates zur Leistung der Kongrua besteht aber auch noch die moralische Pflicht und Schuldigkeit, weil wichtige Aufgaben der staatlichen Administrative wie z. B. die Matrikenführung in den Wirkungskreis der Geistlichkeit fallen und der Staatsaufwand für die weltliche Matrikenführung einen mindestens fünf- bis zehnfachen Mehraufwand aus Staatsmitteln erfordern würde. (Posl. Wünsch: Ist ja nicht wahr!) Verehrter Herr Kollege, ich habe selbst im Matrikenwesen gearbeitet, ich weiß, wie schwer und genau man die Matrikenarbeit führen muß. Nach unserer Überzeugung sind die Einwendungen gegen die Kongrua nichts anderes als der Ausdruck des unversöhnlichen Hasses gegen die römisch-katholische Kirche. Wir grüßen von dieser Stelle aus die verfolgten Opfer dieses Hasses, die Opfer ihrer Überzeugung sind, die Priester und alle jene, die in der Zeit dieser Leidenschaft in Treue aushalten und fordern sie auf, trotz aller Verleumdungen und Verfolgungen, die förmlich die Symbole der Wahrheit der katholischen Kirche sind, auszuharren und dem katholischen Volk seinen angestammten Väterglauben zu schützen und zu erhalten. (Potlesk. - Posl. Hirschl: Man sieht wirklich, daß bei Ihnen Religion Geschäft ist, keine Überzeugung, sondern Geschäft!) Sie machen es dazu! Behandeln sie die Vorlage als sozialen Antrag, und wir sind ganz einverstanden. (Posl. Hirschl: Und es ist doch nur Geschäft für Sie!) Nein, es ist ein sozialer Antrag, während Sie ihn zum Geschäft Ihres Kulturkampfes benützen.

Für uns ist unsere Überzeugung maßgebend. Aus den Erwägungen, die ich angeführt habe, haben wir selbstverständlich beschlossen und ebenso der mit uns verbündete Bund der deutschen Landwirte, für die von uns eingebrachte Vorlage, für den Initiativantrag auf Erhöhung der Kongrua zu stimmen. (Souhlas a potlesk. - Rùzné výkøiky.)


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP