Die Kongrua! Im alten Österreich war bisher
mit Ausnahme der griechisch-katholischen Kirche in Dalmatien und
der Bukowina einzig für die römisch-katholische Kirche
eine Kongrua, in der Slovakei seit 1898 auch für die evangelische
und griechisch-orientalische Kirche. Die nichtkatholischen
Kirchen haben seit den 90er Jahren Dotationen erhalten, die allerdings
meist nur ärmliche Bettelbrocken waren. Ich muß sagen,
daß auch die èechoslovakische Regierung, die soviel
von Freiheitlichkeit und Gleichberechtigung spricht,
in dieser Tradition geblieben ist und an diesen Verhältnissen
nichts geändert hat. Nun kommt man mit dem Antrage, indem
man den übrigen Religionsgenossenschaften das Kongruasystem
aufzwingen will, obwohl man weiß, daß die übrigen
Religionsgenossenschaften das Kongruasystem entschieden ablehnen
und ihre Freiheit und Unabhängigkeit vom Staate wahren und
rein erhalten wollen. (Souhlas na levici.) Man hat das
Kongruasystem gegenüber den nicht römisch-katholischen
Kirchen wohl fallen gelassen, aber man sagt, sie erhalten
Dotationen, und indem man ihnen ein Zuckerl gibt, verspricht man
ihnen Dotationen, die im Verhältnis der Mitgliederzahl dieser
zur Mitgliederzahl der Kongruakirchen stehen. Freilich wird nicht
Rücksicht genommen auf die verschiedenen Verhältnisse,
auf die Erziehungsbeiträge u. s. w. Es wird nicht Rücksicht
darauf genommen, daß die Nichtkongrualkirchen alle konstituierte
Pfarrgemeinden haben, die an und für sich nach ihrer Leistungsfähigkeit
ihre Pfarrer honorieren, so daß die Nichtkongrualkirchen
immer ihrer Zahl und Bedeutung entsprechend gegenüber der
römisch-katholischen Kirche zurückgesetzt werden. Auch
das ist kein gesunder Zustand in einem modernen Staate. Man sagt,
das gegenwärtige Gesetz sollte von den Angehörigen der
anderen Konfessionen dankbar gewertet werden, indem es für
sie eine Besserstellung und Gleichberechtigung bringt. Ja, die
staatlich anerkannten oder rezipierten Kirchen und Religionsgenossenschaften
haben Anspruch auf Ergänzung der Bezüge ihrer Seelsorger
aus öffentlichen Mitteln auf das Mindestmaß der Kongrua.
Der Staat behält sich aber vor, die Zuschüsse nur für
jene Stellen zu geben, die mit Genehmigung des Staates systemisiert
wurden. Und da die Herren Macher dieses Gesetzes selbst fühlen,
daß sie hier etwas Inkorrektes begeben, sagt man - ich weiß
nicht, ob es Herr Dr Nosek oder Dr Mièura
war - im Motivenbericht des Budgetausschusses,
man müsse diese Bestimmung annehmen, denn man könne
doch glauben, daß es keine Stelle in der geistlichen Verwaltung
gibt, die ohne Ingerenz des Staates errichtet worden wäre.
Im Gesetz heißt es "Zustimmung", hier wird bei
der Begründung von "Ingerenz" gesprochen. Ich kann
mir vorstellen, wenn einmal Msgr. Šrámek Kultusminister
sein wird, wie diese Gesetzesbestimmung gehandhabt werden wird.
Und die Herren - in der Übung aus der Schule der letzten
Jahre - haben auch für diese Dinge sich eine Ermächtigungsklausel
vorbehalten, die ihnen alle Möglichkeiten gibt, die in ihrem
Belieben liegen. Nun sagt man uns: Euer Widerstand ist doch eigentlich
unsozial, ihr vergönnt gerade den armen Geistlichen nicht
eine Verbesserung ihrer Bezüge. Jawohl, wir haben ein Gefühl
für die trostlosen Verhältnisse gewisser Gruppen von
Seelsorgegeistlichen, wir kennen die erbärmliche Lage der
Religionsfondpfarrer, wir wissen aber auch, daß es Pfarrgutbesitzer
gibt, die sich schon sehen lassen können, und wir wissen
auch, daß es reiche Pfarrer gibt, unter deren Knickrigkeit
oder unter der seiner Wirtschafterin, die Kapläne ein geradezu
elendes Dasein führen, ohne daß jemand ein Gesetz schafft,
das den reichen Pfarrer verpflichtete, seinen Kaplan entsprechend
zu besolden. Der reiche Pfarrer kommt daher und verlangt vom Staate,
daß er das bezahlen solle, was der reiche Pfarrer seinen
Kaplänen vorenthält. (Výkøiky
a souhlas na levici.) Wir haben Fälle
erlebt - und das ist nicht von heute - daß irgendein Ordensgeistlicher
mit der Funktion eines Katecheten betraut wurde und die Stelle
nur annehmen durfte, wenn er sich verpflichtete, seinem Guardian
oder Oberen einen Teil seiner Bezüge als Katechet abzugeben.
(Hört! Hört!) Solche Dinge kommen vor und die
Unterrichtsverwaltung schreitet nicht dagegen ein. Mit solchen
Kenntnissen, meine Herren, sollen wir einem solchen Gesetz unsere
Zustimmung geben?
Man sagt uns weiter: Ihr nehmt gar keine Rücksicht,
Ihr seht nur gewisse reiche Klöster, andere aber, arme, nicht,
und man nennt uns da gewöhnlich den armen Bischof von Budweis.
Das ist immer das Argument, das uns gebracht wird, weil das Bistum
Budweis keinen Grundbesitz hat. Ja, der arme Bischof von Budweis!
Ich habe ein bischen nachgelesen und fand im Staatsvoranschlag
des alten Österreichs, daß der Bischof von Budweis
aus den Mitteln des alten Österreichs in den Friedensjahren
- bitte, nicht am Ende die Pfarrdotation für die Kanzlei
eingerechnet, ebenso wenig wie die Dotation für die Kapläne,
sondern als Personalgehalt - jährlich 25.200 Friedenskronen
und eine Personalzulage von 4800 Kronen, also im Jahre einen Gehalt
von 30.000 Friedenskronen bekam. (Hört! Hört!) Der
Statthalter von Böhmen, des größten Landes der
Österreichisch-Ungarischen Monarchie hatte einen Gehalt mit
Aktivitätszulage von 14.000 Kronen. (Smích na levici.)
Der Minister in Wien, der für die ganze Monarchie administrierte,
hatte 20.000 Kronen, der Ministerpräsident 24.000 K, der
Bischof von Budweis aber, der als der ärmste Bischof dieses
Landes geschildert wird, erhielt von Staate 30.000 K! Wenn dessen
Bezüge heute gar nicht aufgewertet würden, wenn er nur
30.000 èechische Kronen erhielte, könnte dieser Junggeselle
davon noch immer ganz gut leben. (Souhlas
na levici.) Ja, sagt man uns, denkt
doch nur daran, in welch trüben Verhältnissen so mancher
kleine Landgeistliche lebt! Ja, wer hindert denn diese wohlhabenden
Herren daran, diesem Manne von ihrem Überfluß abzugeben?
Und im übrigen, ad vocem Religionsfonds: Es ist interessant,
welche Dinge unter dem Titel Religionsfonds verschleiert werden.
Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er nicht weiß,
daß auch in dieser Beziehung die Erbschaft des alten Österreichs
übernommen wurde. Es wird für uns ganz komisch, wenn
wir im alten österreichischen Staatsvoranschlag, der
redseliger, aber auch korrekter war als der èechoslovakische,
weil er den Abgeordneten und jedem Staatsbürger die Möglichkeit
bot, wirklich die Staatsverwaltung zu kontrollieren, ich wiederhole:
Wenn Sie im österreichischen Kultusbudget
nachlesen, so ist dort jeder einzelne Pfarrer, jeder Kaplan und
Bischof eingetragen mit den Dotationen, die er vom Staate erhielt.
Das gab dem Parlament die Möglichkeit, den Staatshaushaltsplan
wirklich zu prüfen, zu kontrollieren, und man wurde nicht
wie bei dem hiesigen Budget mit Hausnummern abgespeist. Aber man
will heute vielleicht nicht sehen. Da hieß es z. B. Franziskanerklöster:
Reisespesen für den Provinzial 210 K, Kapuzinerklöster:
Reisepauschale für den Provinzial 210 K. Gott weiß,
was der Provinzial eines Ordens also einer Vereinsgemeinschaft
mit der Seelsorge zu tun hat. Oder wenn in Böhmen, nicht
etwa aus Stiftungen, die der Staat verwaltet, sondern aus Staatsbeiträgen
den Kapuzinerklostern an Bierrelutum 996 Kronen, den Franziskanerklostern
an Bierrelutum 700 Kronen bezahlt wurden. Ja, soll man den Herren
auch noch das Bier bezahlen, statt das Geld zur Aufbesserung für
arme Geistliche zu verwenden?
Man hat uns einen Gesetzentwurf vorgelegt,
an dem man allerdings, wie ich schon sagte, Änderungen vorgenommen
hat. Man ist von der ursprünglichen Ziffer, die man uns als
Mindestausmaß vorgesetzt hat, abgegangen und sagt uns jetzt:
Die Geistlichen empfangen nach diesem Gesetzentwurf nicht, wie
es ursprünglich hieß, an Gehalt die siebente Stufe
der Staatsbeamten - oder nicht wie es im zweiten geheimnisvoll
ausgearbeiteten Entwurf heißt 12.240 K - sondern nur 9000
K und 10 Triennien á 972 K, so daß das Höchsteinkommen
18.720 K beträgt. Allerdings werden auch Erziehungsbeiträge
gewährt. Erfreulich ist, daß diese Erziehungsbeiträge
auch für uneheliche Kinder gegeben werden, denn ein Paragraph
in diesem Gesetze verweist bezüglich der Erziehungsbeiträge
auf den § 13 des Beamtengesetzes und dort findet sich bezüglich
des Ausmasses und der Gewährung der Erziehungsbeiträge
der Hinweis auf § 144 des Beamtengesetzes, wo es im Absatz
4 heißt: "Für uneheliche Kinder gebührt dem
Vater der Erziehungsbeitrag erst von der Zeit, da ihm das Kind
mit seiner Zustimmung in der Matrik zugeschrieben wird."
Wir hoffen, daß von diesem Rechte zum Schutze vieler unehelicher
Kinder recht eingehend Gebrauch gemacht wird. (Souhlas,
výkøiky, veselost na levici.)
Mit welcher Oberflächlichkeit die Herren
ein Gesetz machen, ergibt sich auch aus Folgendem: Anspruch auf
einen Staatsbeitrag zum Gehalt, also auf die Kongrua, haben solche
Geistliche die - man hat sie abgestuft - vier Klassen Mittelschule,
6 Klassen Mittelschule und solche die Matura haben. Diese Abstufungen
entsprechen zweifellos weniger den Verhältnissen des Westens,
als denen der Slovakei und Karpatorußlands. (Pøedsednictví
ujal se pøedseda Malypetr.) Aber,
sagt das Gesetz, Anspruch auf die Kongrua haben jene Seelsorger,
welche Staatsbürger sind. Das ist eine selbstverständliche
Bestimmung, die auch im alten Österreich-Ungarn galt, daß
gottesdienstliche Funktionen an den Besitz oder den Erwerb der
Staatsbürgerschaft gebunden sind. Dann heißt es aber:
"Die an einem inländischen Gymnasium abgelegte Maturitätsprüfung."
Meine Herren, da muß ich darauf aufmerksam machen, daß
sich die Herren, die das gemacht haben, ins eigene Fleisch
schneiden. Es gibt genug katholische Geistliche hier im Lande,
die aus dem jetzigen Gebiet von Deutsch-Österreich stammen,
und in Nordwestböhmen haben wir viele katholisch Geistliche
aus dem Rheinland und Westfalen. Wir deutschen Protestanten haben
Geistliche aus Deutschösterreich und dem Deutschen Reiche,
die alle die Staatsbürgerschaft erhielten, gegen deren Staatsbürgerschaft
von niemandem Einwendungen erhoben werden können, die aber
ihre Maturitätsprüfung nicht an einem inländischen
Gymnasium abgelegt haben. Dasselbe gilt für die Slovakei.
Dort gibt es Religionslehrer, die z. B. Mittelschulbildung genossen
haben an einem Gymnasium, das auf jetzigem ungarischen Staatsgebiete
liegt. Die sind also nach dem Gesetzestext von der Erhöhung
ihres Einkommens auf ein Mindestmaß ausgeschlossen, bezw.
der Willkür der Kultus-Verwaltung überantwortet. Da
sagten mir die geistlichen Herren, die ich auf diesen Unsinn aufmerksam
machte, auch der zweite Herr Berichterstatter, der ja aus der
Slovakei stammt und die Verhältnisse bei uns hier nicht genug
kennt, dieser sagt im Motivenbericht: "Die Maturitätsprüfungen,
die vor dem 28. Oktober an einem Gymnasium in der ehemaligen österreichisch-ungarischen
Monarchie abgelegt wurden, gelten als inländische, ebenso
wie die nostrifizierten reichsdeutschen Prüfungen."
Man sagt, daß angeblich in den alten Kongruagesetzen ähnliche
Bestimmungen waren. Meine Herren, im ungarischen Kongruagesetz
vom Jahre 1898 findet sich die Bestimmung von der Matura, wie
es heißt, an vaterländischen Mittelschulen. Das ist
wahr. Im Kongruagesetz des alten Österreichs aus dem Jahre
1898 habe ich aber diese Bestimmung vom inländischen Gymnasium
nicht gefunden. Das müssen mir die Herren erst zeigen. Ich
habe das Gesetz auch nachgelesen. Etwas aber vergessen die Herren
auch: Wir haben eine ganze Reihe von Entscheidungen des Obersten
Gerichtshofes, die besagen, daß der Motivenbericht zu einem
Gesetze für den Obersten Gerichtshof keine Richtschnur sein
kann, sondern nur der klare Wortlaut des Gesetzes selbst. Der
Motivenbericht ist eine Erläuterung für die Administrative
bei der Durchführung des Gesetzes, der Oberste Gerichtshof
aber hat nicht die Möglichkeit ihn als Unterlage zu
nehmen, aus einem sehr gewichtigen Grunde. Beim èechoslovakischen
Ehegesetze z. B. steht der Motivenbericht des Ausschlusses in
kontradiktorischem Gegensatz zu der Form, welche das Gesetz in
mehrnächtigen Verhandlungen gefunden
hat. Der Richter, der sich bei der Auslegung des èechoslovakischen
Ehegesetzes vom Jahre 1919 an den Motivenbericht halten wollte,
würde in einen kläglichen Widerspruch mit dem Gesetze
kommen, und gerade bei der Auslegung von Ehestreitigkeiten
hat das Oberste Gericht zum erstenmal ausdrücklich erklärt,
daß gerade aus diesen Dingen heraus der Motivenbericht nicht
maßgebend sein kann. Also statt eine Rechtform zu schaffen,
überliefern Sie dieselben Leute, für die Sie angeblich
eine Regelung ihrer sozialen Verhältnisse bringen wollen,
der Willkür der Administrative. Wenn das der Zweck der Gesetzgebung
ist, dann muß ich sagen, eine solche Gesetzgebung verstehen
wir nicht. Man hat nun, so sagt man, um die Einwände zu beseitigen,
die ursprünglich geplanten Ziffern wesentlich herabgesetzt.
Ja, ist denn das Reineinkommen der geistlichen Herren, das auf
die Kongrua anrechenbar ist, wirklich das tatsächliche Einkommen
dieser Herren? Bei den ärmsten stimmt es, für die ärmsten
hat man die Beträge herabgesetzt, die anderen werden davon
aber weniger betroffen. Das Einkommen wird geregelt im Sinne der
Bestimmungen des Kongruagesetzes vom Jahre 1898. Das ist auch
so ein charakteristisches Zeichen für die Art der Verhandlungen
in diesem Staate. Die Bestimmungen des Kongruagesetzes vom Jahre
1898 geben einen Anhaltspunkt für die Bemessung des Einkommens
und der Abzugsposten. Als Einkommen für den Pfarrer, das
ja die Unterlage für das Ansuchen um die Kongrua bilden muß,
wird im § 4 auch genannt der Reinertrag von Grund und Boden.
Da hat sich nun während der Verhandlungen - wir waren ja
nicht dabei, aber wir sind imstande, zwischen den Zeilen zu lesen
- ein Schacher vollzogen, der mir sehr unchristlich erscheint.
Der erste Entwurf des Ing. Dostálek und Genossen
bemißt den Reinertrag von Grund und Boden im Sinne des Kleinpächtergesetzes
vom Jahre 1922. Das mußte natürlich Anstoß erregen,
denn im Kleinpächtergesetz heißt es: Die Höchstpacht
für den Hektar landwirtschaftlichen Bodens ist der Durchschnittspreis
der Prager Börse in den Monaten August, September und Oktober
laufenden Jahres und zwar im Weidegebiet für 150, im Kartoffelgebiet
180, im Getreidegebiet II 200, im Getreidegebiet 250 und im Rübengebiet
für 300 kg Korn. Man hat die Ziffern ausdrücklich hereingenommen.
Was heißt das? Das heißt, wenn man einem geistlichen
Herrn nicht mehr als Kongruabedürftig anerkennen wollte,
mußte er mindestens 30 Hektar besten landwirtschaftlichen
Bodens haben. Die Agrarier haben uns belehrt, daß man mit
dem Ertrag von 8, ja 5 ha Bodens eine Familie auskömmlich
ernähren kann. Die Geistlichen aber haben 30 ha besten landwirtschaftlichen
Bodens und erst dann bekommt er keine Kongrua mehr, wenn er 25
ha besten landwirtschaftlichen Bodens bewirtschaftet, ist er noch
kongruafähig. Wo liegt da gerade in den agrarischen Kreisen
die Gerechtigkeit? Aber man hat gesagt, das führe zu Mißverständnissen,
und man hat wieder gehandelt und die letzte Form des Antrages,
wie sie heute vorliegt, besagt: "Errechnet wird der Reinertrag,
aber nicht der Reinertrag, der versteuert wird, sondern der Reinertrag,
genau so wie im alten Österreich, der vom Ackerbauministerium
festgesetzt wird." Also jetzt haben wir dasselbe Hintertürl
wie früher, die Herren werden einbekennen, was sie wollen,
es wird festgesetzt, er erhält die Kongruadotation und das
Gesetz wird mißbraucht für die Wohlhabenden, wird zu
einem Unglück für jene armen Geistlichen, denen man
helfen wollte. (Souhlas na levici.)
Man spricht immer von den armen Geistlichen,
denen geholfen werden solle. Jawohl, aber man übersieht dabei,
welche schönen Posten für die Bemessung des Einkommens,
das auf die Kongrua ergänzt werden muß, nicht zu errechnen
sind. Nicht einrechenbar sind z. B. Messestipendien, und die machen
gerade in manchen Gegenden schöne Summen aus, gerade in wohlhabenden
Gegenden hat der Pfarrer reiche Messestipendien. Die Pfarrer haben
so viele Messestipendien, daß sie dem Kaplan einen Bettelbrocken
abgeben müssen, weil sie mit dem Messelesen nicht fertig
würden, während der arme Gebirgspfarrer - wo können
die Gebirgsbauern und die Waldarbeiter Messestipendien stiften
das nicht hat und wiederum benachteiligt wird. Die Herren leisten
auch Religionsunterricht und das Einkommen aus dem Religionsunterricht
kann wie immer sein, es wird ebenfalls bei Bemessung der Kongrua
nicht eingerechnet. Aber was hat man da gemacht? Da sieht man
erst, wie an dem Antrag herumgedoktert wurde: Die Abgaben, die
die Kirchengläubigen für bestimmte Amtshandlungen leisten,
wenn der junge Mensch ins Leben tritt, wenn er den ernsten Schritt
macht, um eine Ehe zu schließen oder wenn er das Leben verläßt,
werden als Stolagebühr bezeichnet. Die Stolagebühren
werden natürlich verrechnet, und das ist wieder so charakteristisch:
da hat man nach verschiedenem Herumdoktern eine Formel gefunden,
die als Schlüssel für die Bemmessung der Stolagebühren
dienen soll: 50 Heller auf den Kopf der Angehörigen der Pfarrgemeinde
nach der letzten Volkszählung. Das sieht gerecht aus und
ist doch nicht so. In reichen wohlhabenden Städten, in reichen
wohlhabenden Bauerngegenden, wo die Frauen nicht anders als mit
Geschenken zum Pfarrer kommen, wird er reiche Stolagebühren
geben. In den Gebirgsgegenden, in armen Sandgegenden und Arbeitergegenden
wird er keine Kongrua haben, und wo 2000 katholische Gläubige
sind, wird der Pfarrer sicherlich keine 1000 Kronen für Stolagebühren
einnehmen, auch hier ist wieder eine böse Teilung zu ungunsten
der Kleinen und zugunsten der Großen, die bereits genug
haben. Ich muß sagen, ich verstehe es nicht, daß ein
katholischer Geistlicher, ein guter Geistlicher, für einen
solchen Wechselbalg angeblicher sozialer Fürsorge seine Hand
erheben und stimmen kann. Es wäre übrigens Zeit, daß
mit diesen Stolagebühren überhaupt bei allen Konfessionen
aufgeräumt würde. Wir sind dagegen, daß der Staat
für gewisse Amtshandlungen Sondergebühren einhebt, denn
wir sagen, der Beamte ist nun einmal ernannt und wird für
die Besorgung der öffentlichen Funktionen honoriert, und
dafür zahlen wir ja unsere Steuern und Abgaben. Ebenso ist
es auch unangebracht, solche Stolagebühren einzuheben, deren
Beseitigung in allen Kirchengemeinschaften vorgenommen werden
sollte. (Sehr richtig!)
Wird aber dann wenigstens in anderer Beziehung
durch dieses Gesetz eine wirkliche Gleichheit hergestellt? Die
èechoslovakische Staatsverfassung anerkennt die Gleichheit
aller Religionsgemeinschaften und Bekenntnisse. Die Gleichheit
sieht aber in Wirklichkeit etwas anders aus. Die deutschen Evangelischen
in der Èechoslovakei haben bis zum
heutigen Tage keine Anstalt
zur Heranbildung ihrer Seelsorger. Ihren Söhnen aber, die
in Wien oder in Leipzig studieren müssen und wir haben ja
in manchen Gegenden kompakte Siedlungen von deutschen Protestanten,
in Asch, in Nord- und Ostböhmen - denen hat die èechoslovakische
Unterrichtsverwaltung in zahlreichen Fällen
bereits die Gewährung von Studiumunterstützungen verweigert,
die man für Studien an der Sorbonne ohne weiters bewilligt.
Das verschrieene Ungarn das wir nicht zu loben haben - hat immer
jedem deutschen evangelischen Theologiestudenten irgendwelche
Stipendien gegeben, damit er ein bis zwei Jahre
an reichsdeutschen Hochschulen studieren und seinen Gesichtskreis
erweitern konnte. Dafür hat die èechoslovakische Kultusverwaltung
bis zum heutigen Tag noch kein Verständnis gehabt, auch wenn
Sozialisten als Minister die Kultusverwaltung in der
Hand hatten. Das Gesetz hat auch ein evangelischer Bischof unterzeichnet.
Alle Kirchengemeinden in diesem Staate sind organisiert und zusammengefaßt.
In der Slovakei leben Tausende von Deutsch-Evangelischen und denen
verwehrt der Staat den Anschluß an die deutsche evangelische
Kirche in westlichen Ländern, die auf Grund der staatlichen
Gesetze konstituiert ist, aus kleinlichen und uns ganz unerforschlichen
Motiven. Der èechoslovakischen Kirche ist man überhaupt
ein paar Jahre lang im Staatsvoranschlag nicht
einmal auf den Namen gekommen. Wo ist da die wirkliche soziale
Gerechtigkeit, von der die Herren hier ausgehen.
Und nun die Subventionen, die der Staat verschiedenen
Kirchengemeinden gibt. Wollte ich obstruieren, so würde ich
die Ziffern des Staatsvoranschlages für das Jahr 1926 bekanntgeben.
Die katholische Kirche erhält in Böhmen, Mähren,
Schlesien und der Slovakei 53,444.632 Kronen, in Karpathorußland
291.000 Kronen. Von dieser Dotation entfallen auf die Slovakei
8,143.800 Kronen, auf die westlichen Länder 45,444.632 Kronen.
Die griechisch-katholische Kirche erhält 2,533.546 Kronen,
die evangelische Kirche in Böhmen, Mähren und Schlesien
2,293.000 Kronen. Das sind aber verschiedene Kirchengemeinschaften,
die unter diesem Budgettitel zusammengefaßt sind.
Die èechoslovakische Brüderkirche, die Kirchengemeinschaft,
die aus den alten böhmisch-mährischen Brüdern mit
den alten èechischen Augsburger helvetisch Evangelischen
entstanden ist, 1,239.000 Kronen für Personaldotation und
284.000 Kronen für Sach- und Pauschaldotation,
die deutschevangelische Kirche 549.000 Kronen beziehungsweise
121.000 K, die augsburgisch-evangelische Kirche in Ostschlesien
80.000, bezw. 20.000 Kronen. Das ist so ein Sonderding, das man
nicht an die deutschen Evangelischen in der Èechoslovakei
anschließen lassen will, weil man nicht haben will, daß
vielleicht ein paar Slonzaken und ein paar Polen in geistlicher
Beziehung zu uns Deutschen kommen könnten, obwohl im alten
Österreich durch ein Jahrhundert, seit dem Toleranzpatent
des Kaisers Josef, die Protestanten dort in guter nationaler
Verträglichkeit gelebt haben und der Superintendent oft einmal
ein Deutscher und dann wieder ein Pole oder Èeche gewesen
ist, genau so, wie im alten Österreich z. B. in Ostböhmen
die deutschen und die èechischen
Protestanten seinerzeit bei dem èechischen Superintendenten
Lany in Èernilov sich sehr gut verstanden und gut vertragen
haben und in einem guten Verhältnisse haben leben können.
Die evangelische Kirche in der Slovakei erhält
9,601.522 Kronen, die jüdischen Kultusgemeinde in
der Slovakei 484.000 Kronen, die èechoslovakische Kirche
1,500.000 Kronen und andere Konfessionen 436.000 Kronen. Welche
andere Konfessionen das sind, erfahren wir allerdings aus dem
Staatsvoranschlage auch nicht. Die jüdischen
Kultusgemeinden erhalten in den westlichen Ländern nichts,
weil sie meistens nicht aus armen Leuten, sondern aus sehr wohlhabenden
Leuten bestehen (Sehr gut!), die ihre kirchlichen Bedürfnisse
aus eigenen Mitteln befriedigen können.
Nun spricht man uns von Gerechtigkeit!
Nach der Volkszählung von 1921 gab es in Böhmen, Mähren
und Schlesien 8,201.464 Römisch-Katholische, 396.852 Evangelische
und 523.202 Angehörige der èechoslovakischen
Kirche. Es entfallen also nach der
Volkszählung von damals in diesen drei Ländern auf den
Kopf der Bevölkerung bei den Katholiken 5.7,
bei den Evangelischen 5.09
und bei der èechoslovakischen Kirche 3 Kronen. Der Maßstab
der letzten Volkszählung aber soll für die Dotation
auch nach dem neuen Gesetze weiterhin gelten, so daß die
Kirchengemeinschaften, deren Kopfzahl sich doch seit 1920 ganz
gewaltig geändert haben, vollständig ungerecht und ungleichmäßig
bedacht und behandelt werden. Dabei sind ja bei den Ausgaben für
die katholische Kirche noch lange nicht eingerechnet die Ausgaben
für die theologischen Fakultäten. Es sind zwar die Ausgaben
für die Priesterseminarien bei den bischöflichen Konsistorien
eingerechnet, aber nicht die Ausgaben für die anderen. Aber
nun haben die katholische Kirche und die èechoslovakische
evangelische Kirche theologische Fakultäten
an Hochschulen bezw. sie haben wenigstens sogenannte selbständige
theologische Fakultäten, z. B. in Olmütz die Husfakultät,
glaube ich. Die deutsche evangelische und die èechoslovakische
Kirche aber haben keine staatlichen Anstalten
und dadurch verschlechtert sich noch zu deren ungunsten und zugunsten
der katholischen Kirche das Ausgabenprozent auf den Kopf der Bevölkerung.
Darum muß man sagen: Auch hier ist von einem Gleichmaß
keine Rede.
Es gibt hier ein einziges Mittel und ich sage:
Wir wären bereit gewesen, über ein Provisorium mit uns
reden zu lassen, das der wirklichen Not armer Bürger dieses
Berufes abhilft, aber unter einer Voraussetzung, daß daran
gegangen werde, endlich einmal die große Auseinandersetzung
zu vollziehen, die Unabhängigkeit von Kirche und Staat festzustellen,
zu der längst die Staaten in den nordgermanischen und angelsächsischen
Ländern übergegangen sind. Die Kirchen sollen vom Staate
unabhängig sein, freie Gemeinschaften von freien Menschen,
die nur durch den gemeinsamen Glauben, aber auch durch den gemeinsamen
Willen verbunden sind, in diesem Glauben zu leben und zu wirken.
Der Caesaropapismus ist ein Unglück. Aber ein Unglück
ist es auch, wenn, wie hier, die Hierarchie versucht, dem staatlichen
Leben ihren Willen aufzudrängen. Wenn die Herren von der
katholisch-klerikalen politischen Richtung es mit der Sache so
ernst meinen, wie sie immer vorgeben, müssen sie mithelfen
und mit Sorge tragen für die wahre Beleuchtung des Begriffes
"Religionsfond". Sie müßten mit Sorge tragen,
daß der Religionsfond von den Pflichtigen das erhalte, was
sie ihm zu geben haben, und mit Nachdruck den Gedanken der christlichen
kirchlichen Solidarität in ihrer Gemeinschaft vertreten und
sie müßten den Mut haben, ihre Pfarrgemeinschaften
zu konstituieren. Aber auch die anderen kirchlichen Gemeinschaften
haben Aufgaben, die sie gemeinsam noch erfüllen könnten,
und es sei mir gestattet, zu diesem Punkte etwas zu sagen: Man
sucht von der Kirchenverwaltung bezüglich der 3 Gruppen der
evangelischen Gemeinden, der deutsch-evangelischen Kirche, der
èechischen Brüderkirche und der besonderen Gruppe
in Ostschlesien eine Vereinigung wie im alten Österreich
unter dem Oberkirchenrate herbeizuführen. Mann soll von Staatswegen
in solchen Dingen keinen Druck ausüben.
Wollen sie selbst zusammenwachsen, gemeinsam ihre Aufgaben lösen,
dann soll man es der freien Entscheidung überlassen. Aber
auch die anderen könnten zur Reinigung des Lebens und zur
Zusammenarbeit viel leisten. Wäre es nicht möglich,
die Zusammenarbeit dieser Gruppen zu erwirken etwa nach dem Muster
der Stockholmer Konferenz, die heuer stattgefunden hat? Man kann
zum kirchlichen Glauben und zur kirchlichen Disziplin stehen wie
man will, aber der Kongreß hat gezeigt, daß auch diese
Gemeinschaften, wenn sie wollen, in der heutigen Zeit große
Aufgaben lösen und an der Lösung sozialer Aufgaben rühmlich
mitwirken können. Hier wäre vielleicht Gelegenheit,
daß auch diese sich auf dem Boden gemeinsamer Arbeit zusammenfinden,
nicht um der katholischen Kirche den Kampf anzusagen, nicht zur
Entfesselung eines Kulturkampfes, sondern um die Gleichberechtigung
in dem Lande miteinander zu erkämpfen (Souhlas na levici.),
die Gleichberechtigung alles Denkens, Forschens und Glaubens.
Wir wissen - und damit will ich schließen
- es besteht eine große soziale Ungerechtigkeit in der materiellen
Stellung der Seelsorgergeistlichkeit. Abhilfe ist notwendig. Aber
zunächst im Sinne des josefinischen Generalausgleiches zwischen
Armen und Wohlhabenden in derselben Kirchengemeinschaft. (Potlesk
na levici.) Der vorliegende Antrag ist das Gegenteil von Wahrheit
und Klarheit. Er verhindert die ordentliche dauernde Abgrenzung
der beiderseitigen Rechtssphären, er wandelt einher im Gewande
der sozialen Gerechtigkeit und vergrößert nur die Ungerechtigkeit
im Namen des Christentums. Als freie deutsche Menschen, als Menschen
des 20. Jahrhunderts und als ehrliche Sozialisten werden wir einen
solchen Antrag mit allen parlamentarischen Mitteln bekämpfen.
(Souhlas a potlesk na levici.)