Pátek 18. èervna 1926

Die Kongrua! Im alten Österreich war bisher mit Ausnahme der griechisch-katholischen Kirche in Dalmatien und der Bukowina einzig für die römisch-katholische Kirche eine Kongrua, in der Slovakei seit 1898 auch für die evangelische und griechisch-orientalische Kirche. Die nichtkatholischen Kirchen haben seit den 90er Jahren Dotationen erhalten, die allerdings meist nur ärmliche Bettelbrocken waren. Ich muß sagen, daß auch die èechoslovakische Regierung, die soviel von Freiheitlichkeit und Gleichberechtigung spricht, in dieser Tradition geblieben ist und an diesen Verhältnissen nichts geändert hat. Nun kommt man mit dem Antrage, indem man den übrigen Religionsgenossenschaften das Kongruasystem aufzwingen will, obwohl man weiß, daß die übrigen Religionsgenossenschaften das Kongruasystem entschieden ablehnen und ihre Freiheit und Unabhängigkeit vom Staate wahren und rein erhalten wollen. (Souhlas na levici.) Man hat das Kongruasystem gegenüber den nicht römisch-katholischen Kirchen wohl fallen gelassen, aber man sagt, sie erhalten Dotationen, und indem man ihnen ein Zuckerl gibt, verspricht man ihnen Dotationen, die im Verhältnis der Mitgliederzahl dieser zur Mitgliederzahl der Kongruakirchen stehen. Freilich wird nicht Rücksicht genommen auf die verschiedenen Verhältnisse, auf die Erziehungsbeiträge u. s. w. Es wird nicht Rücksicht darauf genommen, daß die Nichtkongrualkirchen alle konstituierte Pfarrgemeinden haben, die an und für sich nach ihrer Leistungsfähigkeit ihre Pfarrer honorieren, so daß die Nichtkongrualkirchen immer ihrer Zahl und Bedeutung entsprechend gegenüber der römisch-katholischen Kirche zurückgesetzt werden. Auch das ist kein gesunder Zustand in einem modernen Staate. Man sagt, das gegenwärtige Gesetz sollte von den Angehörigen der anderen Konfessionen dankbar gewertet werden, indem es für sie eine Besserstellung und Gleichberechtigung bringt. Ja, die staatlich anerkannten oder rezipierten Kirchen und Religionsgenossenschaften haben Anspruch auf Ergänzung der Bezüge ihrer Seelsorger aus öffentlichen Mitteln auf das Mindestmaß der Kongrua. Der Staat behält sich aber vor, die Zuschüsse nur für jene Stellen zu geben, die mit Genehmigung des Staates systemisiert wurden. Und da die Herren Macher dieses Gesetzes selbst fühlen, daß sie hier etwas Inkorrektes begeben, sagt man - ich weiß nicht, ob es Herr Dr Nosek oder Dr Mièura war - im Motivenbericht des Budgetausschusses, man müsse diese Bestimmung annehmen, denn man könne doch glauben, daß es keine Stelle in der geistlichen Verwaltung gibt, die ohne Ingerenz des Staates errichtet worden wäre. Im Gesetz heißt es "Zustimmung", hier wird bei der Begründung von "Ingerenz" gesprochen. Ich kann mir vorstellen, wenn einmal Msgr. Šrámek Kultusminister sein wird, wie diese Gesetzesbestimmung gehandhabt werden wird. Und die Herren - in der Übung aus der Schule der letzten Jahre - haben auch für diese Dinge sich eine Ermächtigungsklausel vorbehalten, die ihnen alle Möglichkeiten gibt, die in ihrem Belieben liegen. Nun sagt man uns: Euer Widerstand ist doch eigentlich unsozial, ihr vergönnt gerade den armen Geistlichen nicht eine Verbesserung ihrer Bezüge. Jawohl, wir haben ein Gefühl für die trostlosen Verhältnisse gewisser Gruppen von Seelsorgegeistlichen, wir kennen die erbärmliche Lage der Religionsfondpfarrer, wir wissen aber auch, daß es Pfarrgutbesitzer gibt, die sich schon sehen lassen können, und wir wissen auch, daß es reiche Pfarrer gibt, unter deren Knickrigkeit oder unter der seiner Wirtschafterin, die Kapläne ein geradezu elendes Dasein führen, ohne daß jemand ein Gesetz schafft, das den reichen Pfarrer verpflichtete, seinen Kaplan entsprechend zu besolden. Der reiche Pfarrer kommt daher und verlangt vom Staate, daß er das bezahlen solle, was der reiche Pfarrer seinen Kaplänen vorenthält. (Výkøiky a souhlas na levici.) Wir haben Fälle erlebt - und das ist nicht von heute - daß irgendein Ordensgeistlicher mit der Funktion eines Katecheten betraut wurde und die Stelle nur annehmen durfte, wenn er sich verpflichtete, seinem Guardian oder Oberen einen Teil seiner Bezüge als Katechet abzugeben. (Hört! Hört!) Solche Dinge kommen vor und die Unterrichtsverwaltung schreitet nicht dagegen ein. Mit solchen Kenntnissen, meine Herren, sollen wir einem solchen Gesetz unsere Zustimmung geben?

Man sagt uns weiter: Ihr nehmt gar keine Rücksicht, Ihr seht nur gewisse reiche Klöster, andere aber, arme, nicht, und man nennt uns da gewöhnlich den armen Bischof von Budweis. Das ist immer das Argument, das uns gebracht wird, weil das Bistum Budweis keinen Grundbesitz hat. Ja, der arme Bischof von Budweis! Ich habe ein bischen nachgelesen und fand im Staatsvoranschlag des alten Österreichs, daß der Bischof von Budweis aus den Mitteln des alten Österreichs in den Friedensjahren - bitte, nicht am Ende die Pfarrdotation für die Kanzlei eingerechnet, ebenso wenig wie die Dotation für die Kapläne, sondern als Personalgehalt - jährlich 25.200 Friedenskronen und eine Personalzulage von 4800 Kronen, also im Jahre einen Gehalt von 30.000 Friedenskronen bekam. (Hört! Hört!) Der Statthalter von Böhmen, des größten Landes der Österreichisch-Ungarischen Monarchie hatte einen Gehalt mit Aktivitätszulage von 14.000 Kronen. (Smích na levici.) Der Minister in Wien, der für die ganze Monarchie administrierte, hatte 20.000 Kronen, der Ministerpräsident 24.000 K, der Bischof von Budweis aber, der als der ärmste Bischof dieses Landes geschildert wird, erhielt von Staate 30.000 K! Wenn dessen Bezüge heute gar nicht aufgewertet würden, wenn er nur 30.000 èechische Kronen erhielte, könnte dieser Junggeselle davon noch immer ganz gut leben. (Souhlas na levici.) Ja, sagt man uns, denkt doch nur daran, in welch trüben Verhältnissen so mancher kleine Landgeistliche lebt! Ja, wer hindert denn diese wohlhabenden Herren daran, diesem Manne von ihrem Überfluß abzugeben? Und im übrigen, ad vocem Religionsfonds: Es ist interessant, welche Dinge unter dem Titel Religionsfonds verschleiert werden. Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er nicht weiß, daß auch in dieser Beziehung die Erbschaft des alten Österreichs übernommen wurde. Es wird für uns ganz komisch, wenn wir im alten österreichischen Staatsvoranschlag, der redseliger, aber auch korrekter war als der èechoslovakische, weil er den Abgeordneten und jedem Staatsbürger die Möglichkeit bot, wirklich die Staatsverwaltung zu kontrollieren, ich wiederhole: Wenn Sie im österreichischen Kultusbudget nachlesen, so ist dort jeder einzelne Pfarrer, jeder Kaplan und Bischof eingetragen mit den Dotationen, die er vom Staate erhielt. Das gab dem Parlament die Möglichkeit, den Staatshaushaltsplan wirklich zu prüfen, zu kontrollieren, und man wurde nicht wie bei dem hiesigen Budget mit Hausnummern abgespeist. Aber man will heute vielleicht nicht sehen. Da hieß es z. B. Franziskanerklöster: Reisespesen für den Provinzial 210 K, Kapuzinerklöster: Reisepauschale für den Provinzial 210 K. Gott weiß, was der Provinzial eines Ordens also einer Vereinsgemeinschaft mit der Seelsorge zu tun hat. Oder wenn in Böhmen, nicht etwa aus Stiftungen, die der Staat verwaltet, sondern aus Staatsbeiträgen den Kapuzinerklostern an Bierrelutum 996 Kronen, den Franziskanerklostern an Bierrelutum 700 Kronen bezahlt wurden. Ja, soll man den Herren auch noch das Bier bezahlen, statt das Geld zur Aufbesserung für arme Geistliche zu verwenden?

Man hat uns einen Gesetzentwurf vorgelegt, an dem man allerdings, wie ich schon sagte, Änderungen vorgenommen hat. Man ist von der ursprünglichen Ziffer, die man uns als Mindestausmaß vorgesetzt hat, abgegangen und sagt uns jetzt: Die Geistlichen empfangen nach diesem Gesetzentwurf nicht, wie es ursprünglich hieß, an Gehalt die siebente Stufe der Staatsbeamten - oder nicht wie es im zweiten geheimnisvoll ausgearbeiteten Entwurf heißt 12.240 K - sondern nur 9000 K und 10 Triennien á 972 K, so daß das Höchsteinkommen 18.720 K beträgt. Allerdings werden auch Erziehungsbeiträge gewährt. Erfreulich ist, daß diese Erziehungsbeiträge auch für uneheliche Kinder gegeben werden, denn ein Paragraph in diesem Gesetze verweist bezüglich der Erziehungsbeiträge auf den § 13 des Beamtengesetzes und dort findet sich bezüglich des Ausmasses und der Gewährung der Erziehungsbeiträge der Hinweis auf § 144 des Beamtengesetzes, wo es im Absatz 4 heißt: "Für uneheliche Kinder gebührt dem Vater der Erziehungsbeitrag erst von der Zeit, da ihm das Kind mit seiner Zustimmung in der Matrik zugeschrieben wird." Wir hoffen, daß von diesem Rechte zum Schutze vieler unehelicher Kinder recht eingehend Gebrauch gemacht wird. (Souhlas, výkøiky, veselost na levici.)

Mit welcher Oberflächlichkeit die Herren ein Gesetz machen, ergibt sich auch aus Folgendem: Anspruch auf einen Staatsbeitrag zum Gehalt, also auf die Kongrua, haben solche Geistliche die - man hat sie abgestuft - vier Klassen Mittelschule, 6 Klassen Mittelschule und solche die Matura haben. Diese Abstufungen entsprechen zweifellos weniger den Verhältnissen des Westens, als denen der Slovakei und Karpatorußlands. (Pøedsednictví ujal se pøedseda Malypetr.) Aber, sagt das Gesetz, Anspruch auf die Kongrua haben jene Seelsorger, welche Staatsbürger sind. Das ist eine selbstverständliche Bestimmung, die auch im alten Österreich-Ungarn galt, daß gottesdienstliche Funktionen an den Besitz oder den Erwerb der Staatsbürgerschaft gebunden sind. Dann heißt es aber: "Die an einem inländischen Gymnasium abgelegte Maturitätsprüfung." Meine Herren, da muß ich darauf aufmerksam machen, daß sich die Herren, die das gemacht haben, ins eigene Fleisch schneiden. Es gibt genug katholische Geistliche hier im Lande, die aus dem jetzigen Gebiet von Deutsch-Österreich stammen, und in Nordwestböhmen haben wir viele katholisch Geistliche aus dem Rheinland und Westfalen. Wir deutschen Protestanten haben Geistliche aus Deutschösterreich und dem Deutschen Reiche, die alle die Staatsbürgerschaft erhielten, gegen deren Staatsbürgerschaft von niemandem Einwendungen erhoben werden können, die aber ihre Maturitätsprüfung nicht an einem inländischen Gymnasium abgelegt haben. Dasselbe gilt für die Slovakei. Dort gibt es Religionslehrer, die z. B. Mittelschulbildung genossen haben an einem Gymnasium, das auf jetzigem ungarischen Staatsgebiete liegt. Die sind also nach dem Gesetzestext von der Erhöhung ihres Einkommens auf ein Mindestmaß ausgeschlossen, bezw. der Willkür der Kultus-Verwaltung überantwortet. Da sagten mir die geistlichen Herren, die ich auf diesen Unsinn aufmerksam machte, auch der zweite Herr Berichterstatter, der ja aus der Slovakei stammt und die Verhältnisse bei uns hier nicht genug kennt, dieser sagt im Motivenbericht: "Die Maturitätsprüfungen, die vor dem 28. Oktober an einem Gymnasium in der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie abgelegt wurden, gelten als inländische, ebenso wie die nostrifizierten reichsdeutschen Prüfungen." Man sagt, daß angeblich in den alten Kongruagesetzen ähnliche Bestimmungen waren. Meine Herren, im ungarischen Kongruagesetz vom Jahre 1898 findet sich die Bestimmung von der Matura, wie es heißt, an vaterländischen Mittelschulen. Das ist wahr. Im Kongruagesetz des alten Österreichs aus dem Jahre 1898 habe ich aber diese Bestimmung vom inländischen Gymnasium nicht gefunden. Das müssen mir die Herren erst zeigen. Ich habe das Gesetz auch nachgelesen. Etwas aber vergessen die Herren auch: Wir haben eine ganze Reihe von Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes, die besagen, daß der Motivenbericht zu einem Gesetze für den Obersten Gerichtshof keine Richtschnur sein kann, sondern nur der klare Wortlaut des Gesetzes selbst. Der Motivenbericht ist eine Erläuterung für die Administrative bei der Durchführung des Gesetzes, der Oberste Gerichtshof aber hat nicht die Möglichkeit ihn als Unterlage zu nehmen, aus einem sehr gewichtigen Grunde. Beim èechoslovakischen Ehegesetze z. B. steht der Motivenbericht des Ausschlusses in kontradiktorischem Gegensatz zu der Form, welche das Gesetz in mehrnächtigen Verhandlungen gefunden hat. Der Richter, der sich bei der Auslegung des èechoslovakischen Ehegesetzes vom Jahre 1919 an den Motivenbericht halten wollte, würde in einen kläglichen Widerspruch mit dem Gesetze kommen, und gerade bei der Auslegung von Ehestreitigkeiten hat das Oberste Gericht zum erstenmal ausdrücklich erklärt, daß gerade aus diesen Dingen heraus der Motivenbericht nicht maßgebend sein kann. Also statt eine Rechtform zu schaffen, überliefern Sie dieselben Leute, für die Sie angeblich eine Regelung ihrer sozialen Verhältnisse bringen wollen, der Willkür der Administrative. Wenn das der Zweck der Gesetzgebung ist, dann muß ich sagen, eine solche Gesetzgebung verstehen wir nicht. Man hat nun, so sagt man, um die Einwände zu beseitigen, die ursprünglich geplanten Ziffern wesentlich herabgesetzt. Ja, ist denn das Reineinkommen der geistlichen Herren, das auf die Kongrua anrechenbar ist, wirklich das tatsächliche Einkommen dieser Herren? Bei den ärmsten stimmt es, für die ärmsten hat man die Beträge herabgesetzt, die anderen werden davon aber weniger betroffen. Das Einkommen wird geregelt im Sinne der Bestimmungen des Kongruagesetzes vom Jahre 1898. Das ist auch so ein charakteristisches Zeichen für die Art der Verhandlungen in diesem Staate. Die Bestimmungen des Kongruagesetzes vom Jahre 1898 geben einen Anhaltspunkt für die Bemessung des Einkommens und der Abzugsposten. Als Einkommen für den Pfarrer, das ja die Unterlage für das Ansuchen um die Kongrua bilden muß, wird im § 4 auch genannt der Reinertrag von Grund und Boden. Da hat sich nun während der Verhandlungen - wir waren ja nicht dabei, aber wir sind imstande, zwischen den Zeilen zu lesen - ein Schacher vollzogen, der mir sehr unchristlich erscheint. Der erste Entwurf des Ing. Dostálek und Genossen bemißt den Reinertrag von Grund und Boden im Sinne des Kleinpächtergesetzes vom Jahre 1922. Das mußte natürlich Anstoß erregen, denn im Kleinpächtergesetz heißt es: Die Höchstpacht für den Hektar landwirtschaftlichen Bodens ist der Durchschnittspreis der Prager Börse in den Monaten August, September und Oktober laufenden Jahres und zwar im Weidegebiet für 150, im Kartoffelgebiet 180, im Getreidegebiet II 200, im Getreidegebiet 250 und im Rübengebiet für 300 kg Korn. Man hat die Ziffern ausdrücklich hereingenommen. Was heißt das? Das heißt, wenn man einem geistlichen Herrn nicht mehr als Kongruabedürftig anerkennen wollte, mußte er mindestens 30 Hektar besten landwirtschaftlichen Bodens haben. Die Agrarier haben uns belehrt, daß man mit dem Ertrag von 8, ja 5 ha Bodens eine Familie auskömmlich ernähren kann. Die Geistlichen aber haben 30 ha besten landwirtschaftlichen Bodens und erst dann bekommt er keine Kongrua mehr, wenn er 25 ha besten landwirtschaftlichen Bodens bewirtschaftet, ist er noch kongruafähig. Wo liegt da gerade in den agrarischen Kreisen die Gerechtigkeit? Aber man hat gesagt, das führe zu Mißverständnissen, und man hat wieder gehandelt und die letzte Form des Antrages, wie sie heute vorliegt, besagt: "Errechnet wird der Reinertrag, aber nicht der Reinertrag, der versteuert wird, sondern der Reinertrag, genau so wie im alten Österreich, der vom Ackerbauministerium festgesetzt wird." Also jetzt haben wir dasselbe Hintertürl wie früher, die Herren werden einbekennen, was sie wollen, es wird festgesetzt, er erhält die Kongruadotation und das Gesetz wird mißbraucht für die Wohlhabenden, wird zu einem Unglück für jene armen Geistlichen, denen man helfen wollte. (Souhlas na levici.)

Man spricht immer von den armen Geistlichen, denen geholfen werden solle. Jawohl, aber man übersieht dabei, welche schönen Posten für die Bemessung des Einkommens, das auf die Kongrua ergänzt werden muß, nicht zu errechnen sind. Nicht einrechenbar sind z. B. Messestipendien, und die machen gerade in manchen Gegenden schöne Summen aus, gerade in wohlhabenden Gegenden hat der Pfarrer reiche Messestipendien. Die Pfarrer haben so viele Messestipendien, daß sie dem Kaplan einen Bettelbrocken abgeben müssen, weil sie mit dem Messelesen nicht fertig würden, während der arme Gebirgspfarrer - wo können die Gebirgsbauern und die Waldarbeiter Messestipendien stiften das nicht hat und wiederum benachteiligt wird. Die Herren leisten auch Religionsunterricht und das Einkommen aus dem Religionsunterricht kann wie immer sein, es wird ebenfalls bei Bemessung der Kongrua nicht eingerechnet. Aber was hat man da gemacht? Da sieht man erst, wie an dem Antrag herumgedoktert wurde: Die Abgaben, die die Kirchengläubigen für bestimmte Amtshandlungen leisten, wenn der junge Mensch ins Leben tritt, wenn er den ernsten Schritt macht, um eine Ehe zu schließen oder wenn er das Leben verläßt, werden als Stolagebühr bezeichnet. Die Stolagebühren werden natürlich verrechnet, und das ist wieder so charakteristisch: da hat man nach verschiedenem Herumdoktern eine Formel gefunden, die als Schlüssel für die Bemmessung der Stolagebühren dienen soll: 50 Heller auf den Kopf der Angehörigen der Pfarrgemeinde nach der letzten Volkszählung. Das sieht gerecht aus und ist doch nicht so. In reichen wohlhabenden Städten, in reichen wohlhabenden Bauerngegenden, wo die Frauen nicht anders als mit Geschenken zum Pfarrer kommen, wird er reiche Stolagebühren geben. In den Gebirgsgegenden, in armen Sandgegenden und Arbeitergegenden wird er keine Kongrua haben, und wo 2000 katholische Gläubige sind, wird der Pfarrer sicherlich keine 1000 Kronen für Stolagebühren einnehmen, auch hier ist wieder eine böse Teilung zu ungunsten der Kleinen und zugunsten der Großen, die bereits genug haben. Ich muß sagen, ich verstehe es nicht, daß ein katholischer Geistlicher, ein guter Geistlicher, für einen solchen Wechselbalg angeblicher sozialer Fürsorge seine Hand erheben und stimmen kann. Es wäre übrigens Zeit, daß mit diesen Stolagebühren überhaupt bei allen Konfessionen aufgeräumt würde. Wir sind dagegen, daß der Staat für gewisse Amtshandlungen Sondergebühren einhebt, denn wir sagen, der Beamte ist nun einmal ernannt und wird für die Besorgung der öffentlichen Funktionen honoriert, und dafür zahlen wir ja unsere Steuern und Abgaben. Ebenso ist es auch unangebracht, solche Stolagebühren einzuheben, deren Beseitigung in allen Kirchengemeinschaften vorgenommen werden sollte. (Sehr richtig!)

Wird aber dann wenigstens in anderer Beziehung durch dieses Gesetz eine wirkliche Gleichheit hergestellt? Die èechoslovakische Staatsverfassung anerkennt die Gleichheit aller Religionsgemeinschaften und Bekenntnisse. Die Gleichheit sieht aber in Wirklichkeit etwas anders aus. Die deutschen Evangelischen in der Èechoslovakei haben bis zum heutigen Tage keine Anstalt zur Heranbildung ihrer Seelsorger. Ihren Söhnen aber, die in Wien oder in Leipzig studieren müssen und wir haben ja in manchen Gegenden kompakte Siedlungen von deutschen Protestanten, in Asch, in Nord- und Ostböhmen - denen hat die èechoslovakische Unterrichtsverwaltung in zahlreichen Fällen bereits die Gewährung von Studiumunterstützungen verweigert, die man für Studien an der Sorbonne ohne weiters bewilligt. Das verschrieene Ungarn das wir nicht zu loben haben - hat immer jedem deutschen evangelischen Theologiestudenten irgendwelche Stipendien gegeben, damit er ein bis zwei Jahre an reichsdeutschen Hochschulen studieren und seinen Gesichtskreis erweitern konnte. Dafür hat die èechoslovakische Kultusverwaltung bis zum heutigen Tag noch kein Verständnis gehabt, auch wenn Sozialisten als Minister die Kultusverwaltung in der Hand hatten. Das Gesetz hat auch ein evangelischer Bischof unterzeichnet. Alle Kirchengemeinden in diesem Staate sind organisiert und zusammengefaßt. In der Slovakei leben Tausende von Deutsch-Evangelischen und denen verwehrt der Staat den Anschluß an die deutsche evangelische Kirche in westlichen Ländern, die auf Grund der staatlichen Gesetze konstituiert ist, aus kleinlichen und uns ganz unerforschlichen Motiven. Der èechoslovakischen Kirche ist man überhaupt ein paar Jahre lang im Staatsvoranschlag nicht einmal auf den Namen gekommen. Wo ist da die wirkliche soziale Gerechtigkeit, von der die Herren hier ausgehen.

Und nun die Subventionen, die der Staat verschiedenen Kirchengemeinden gibt. Wollte ich obstruieren, so würde ich die Ziffern des Staatsvoranschlages für das Jahr 1926 bekanntgeben. Die katholische Kirche erhält in Böhmen, Mähren, Schlesien und der Slovakei 53,444.632 Kronen, in Karpathorußland 291.000 Kronen. Von dieser Dotation entfallen auf die Slovakei 8,143.800 Kronen, auf die westlichen Länder 45,444.632 Kronen. Die griechisch-katholische Kirche erhält 2,533.546 Kronen, die evangelische Kirche in Böhmen, Mähren und Schlesien 2,293.000 Kronen. Das sind aber verschiedene Kirchengemeinschaften, die unter diesem Budgettitel zusammengefaßt sind. Die èechoslovakische Brüderkirche, die Kirchengemeinschaft, die aus den alten böhmisch-mährischen Brüdern mit den alten èechischen Augsburger helvetisch Evangelischen entstanden ist, 1,239.000 Kronen für Personaldotation und 284.000 Kronen für Sach- und Pauschaldotation, die deutschevangelische Kirche 549.000 Kronen beziehungsweise 121.000 K, die augsburgisch-evangelische Kirche in Ostschlesien 80.000, bezw. 20.000 Kronen. Das ist so ein Sonderding, das man nicht an die deutschen Evangelischen in der Èechoslovakei anschließen lassen will, weil man nicht haben will, daß vielleicht ein paar Slonzaken und ein paar Polen in geistlicher Beziehung zu uns Deutschen kommen könnten, obwohl im alten Österreich durch ein Jahrhundert, seit dem Toleranzpatent des Kaisers Josef, die Protestanten dort in guter nationaler Verträglichkeit gelebt haben und der Superintendent oft einmal ein Deutscher und dann wieder ein Pole oder Èeche gewesen ist, genau so, wie im alten Österreich z. B. in Ostböhmen die deutschen und die èechischen Protestanten seinerzeit bei dem èechischen Superintendenten Lany in Èernilov sich sehr gut verstanden und gut vertragen haben und in einem guten Verhältnisse haben leben können.

Die evangelische Kirche in der Slovakei erhält 9,601.522 Kronen, die jüdischen Kultusgemeinde in der Slovakei 484.000 Kronen, die èechoslovakische Kirche 1,500.000 Kronen und andere Konfessionen 436.000 Kronen. Welche andere Konfessionen das sind, erfahren wir allerdings aus dem Staatsvoranschlage auch nicht. Die jüdischen Kultusgemeinden erhalten in den westlichen Ländern nichts, weil sie meistens nicht aus armen Leuten, sondern aus sehr wohlhabenden Leuten bestehen (Sehr gut!), die ihre kirchlichen Bedürfnisse aus eigenen Mitteln befriedigen können.

Nun spricht man uns von Gerechtigkeit! Nach der Volkszählung von 1921 gab es in Böhmen, Mähren und Schlesien 8,201.464 Römisch-Katholische, 396.852 Evangelische und 523.202 Angehörige der èechoslovakischen Kirche. Es entfallen also nach der Volkszählung von damals in diesen drei Ländern auf den Kopf der Bevölkerung bei den Katholiken 5.7, bei den Evangelischen 5.09 und bei der èechoslovakischen Kirche 3 Kronen. Der Maßstab der letzten Volkszählung aber soll für die Dotation auch nach dem neuen Gesetze weiterhin gelten, so daß die Kirchengemeinschaften, deren Kopfzahl sich doch seit 1920 ganz gewaltig geändert haben, vollständig ungerecht und ungleichmäßig bedacht und behandelt werden. Dabei sind ja bei den Ausgaben für die katholische Kirche noch lange nicht eingerechnet die Ausgaben für die theologischen Fakultäten. Es sind zwar die Ausgaben für die Priesterseminarien bei den bischöflichen Konsistorien eingerechnet, aber nicht die Ausgaben für die anderen. Aber nun haben die katholische Kirche und die èechoslovakische evangelische Kirche theologische Fakultäten an Hochschulen bezw. sie haben wenigstens sogenannte selbständige theologische Fakultäten, z. B. in Olmütz die Husfakultät, glaube ich. Die deutsche evangelische und die èechoslovakische Kirche aber haben keine staatlichen Anstalten und dadurch verschlechtert sich noch zu deren ungunsten und zugunsten der katholischen Kirche das Ausgabenprozent auf den Kopf der Bevölkerung. Darum muß man sagen: Auch hier ist von einem Gleichmaß keine Rede.

Es gibt hier ein einziges Mittel und ich sage: Wir wären bereit gewesen, über ein Provisorium mit uns reden zu lassen, das der wirklichen Not armer Bürger dieses Berufes abhilft, aber unter einer Voraussetzung, daß daran gegangen werde, endlich einmal die große Auseinandersetzung zu vollziehen, die Unabhängigkeit von Kirche und Staat festzustellen, zu der längst die Staaten in den nordgermanischen und angelsächsischen Ländern übergegangen sind. Die Kirchen sollen vom Staate unabhängig sein, freie Gemeinschaften von freien Menschen, die nur durch den gemeinsamen Glauben, aber auch durch den gemeinsamen Willen verbunden sind, in diesem Glauben zu leben und zu wirken. Der Caesaropapismus ist ein Unglück. Aber ein Unglück ist es auch, wenn, wie hier, die Hierarchie versucht, dem staatlichen Leben ihren Willen aufzudrängen. Wenn die Herren von der katholisch-klerikalen politischen Richtung es mit der Sache so ernst meinen, wie sie immer vorgeben, müssen sie mithelfen und mit Sorge tragen für die wahre Beleuchtung des Begriffes "Religionsfond". Sie müßten mit Sorge tragen, daß der Religionsfond von den Pflichtigen das erhalte, was sie ihm zu geben haben, und mit Nachdruck den Gedanken der christlichen kirchlichen Solidarität in ihrer Gemeinschaft vertreten und sie müßten den Mut haben, ihre Pfarrgemeinschaften zu konstituieren. Aber auch die anderen kirchlichen Gemeinschaften haben Aufgaben, die sie gemeinsam noch erfüllen könnten, und es sei mir gestattet, zu diesem Punkte etwas zu sagen: Man sucht von der Kirchenverwaltung bezüglich der 3 Gruppen der evangelischen Gemeinden, der deutsch-evangelischen Kirche, der èechischen Brüderkirche und der besonderen Gruppe in Ostschlesien eine Vereinigung wie im alten Österreich unter dem Oberkirchenrate herbeizuführen. Mann soll von Staatswegen in solchen Dingen keinen Druck ausüben. Wollen sie selbst zusammenwachsen, gemeinsam ihre Aufgaben lösen, dann soll man es der freien Entscheidung überlassen. Aber auch die anderen könnten zur Reinigung des Lebens und zur Zusammenarbeit viel leisten. Wäre es nicht möglich, die Zusammenarbeit dieser Gruppen zu erwirken etwa nach dem Muster der Stockholmer Konferenz, die heuer stattgefunden hat? Man kann zum kirchlichen Glauben und zur kirchlichen Disziplin stehen wie man will, aber der Kongreß hat gezeigt, daß auch diese Gemeinschaften, wenn sie wollen, in der heutigen Zeit große Aufgaben lösen und an der Lösung sozialer Aufgaben rühmlich mitwirken können. Hier wäre vielleicht Gelegenheit, daß auch diese sich auf dem Boden gemeinsamer Arbeit zusammenfinden, nicht um der katholischen Kirche den Kampf anzusagen, nicht zur Entfesselung eines Kulturkampfes, sondern um die Gleichberechtigung in dem Lande miteinander zu erkämpfen (Souhlas na levici.), die Gleichberechtigung alles Denkens, Forschens und Glaubens.

Wir wissen - und damit will ich schließen - es besteht eine große soziale Ungerechtigkeit in der materiellen Stellung der Seelsorgergeistlichkeit. Abhilfe ist notwendig. Aber zunächst im Sinne des josefinischen Generalausgleiches zwischen Armen und Wohlhabenden in derselben Kirchengemeinschaft. (Potlesk na levici.) Der vorliegende Antrag ist das Gegenteil von Wahrheit und Klarheit. Er verhindert die ordentliche dauernde Abgrenzung der beiderseitigen Rechtssphären, er wandelt einher im Gewande der sozialen Gerechtigkeit und vergrößert nur die Ungerechtigkeit im Namen des Christentums. Als freie deutsche Menschen, als Menschen des 20. Jahrhunderts und als ehrliche Sozialisten werden wir einen solchen Antrag mit allen parlamentarischen Mitteln bekämpfen. (Souhlas a potlesk na levici.)

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