Meine Damen und Herren! Vor 40 Jahren am 9.
Juni 1886 war es, als im alten Österreich im Parlament zu
Wien die Generaldebatte über den Zolltarif abgeführt
wurde. Damals sind die Alldeutschen unter Führung Schönerers
für einen ausreichenden Schutz der landwirtschaftlichen Erzeugnisse
durch gesetzliche Festlegung eines Zolles eingetreten, von der
Überzeugung ausgehend, daß die Landwirte als ein Teil
des gesamten Volksstammes ebenso geschützt werden müssen,
wie die übrigen Stände. Abg. Karl Türk schloß
seine in dieser Angelegenheit im Parlament gehaltene Rede mit
folgender Aufforderung an das Haus: "Meine Herren! Es ist
wahr, das Volk ist im großen und ganzen interessiert an
den niedrigen Brot- und Getreidepreisen. Aber es muß doch
eine Grenze geben für diese Niedrigkeit des Getreidepreises.
Wenn das Getreide zu einem solchen Preise herabgesunken ist, daß
es umöglich ist, für diesen Preis das Getreide am Land
zu produzieren, so ist dies wohl eine Sache, welche selbst von
den eifrigsten Manchestermännern gewürdigt und anerkannt
werden soll, und ich glaube daher, daß in Hinsicht der Getreidezölle
nicht nur wir und die Rechte, sondern auch viele Herren von der
Linken ihre Stimmen abgeben werden, und zwar im Interesse der
arbeitenden und ackerbautreibenden Bevölkerung." Ebenso
wie die alldeutsche Partei, weil sie eben eine Volkspartei war
und die Wichtigkeit des Bauernstandes für das gesamte Volkstum
anerkannte, tritt die deutsche Nationalpartei dafür ein,
daß die Landwirtschaft lebensfähig erhalten wird. Das
Sprichwort, das schon damals bekannt war und angewendet wurde,
gilt noch heute: "Hat der Bauer Geld, so hat es alle Welt."
(Posl. Schweichhart: Ja, das war einmal so, das ist schon lange
nicht mehr wahr!) Das ist auch heute noch so. Im Sinne dieses
Sprichwortes bewegte sich die ganze Wirtschaftspolitik Schönerers,
dem man doch wahrlich nicht den Vorwurf machen kann, daß
er einseitig einen Stand des Volkes begünstigen wollte, sondern
der, wie die Stellung der alldeutschen Partei zu sozialen Fragen
deutlich erkennen ließ, auch für die sozialen Forderungen
der Arbeiterschaft ein gutes Verständnis und ein Herz hatte.
Seit jenen 40 Jahren sind Umwälzungen
gewaltigster Art über das alte Europa niedergeprasselt. Kaisertume,
Königreiche stürzten zusammen, Staaten wurden zertrümmert,
auf einstmals mächtige Throne setzten sich Zwerge und Wichtelmänner,
das Selbstbestimmungsrecht fand nur Geltung für Zwergvölker,
die sich eben solche Staaten schufen, dem Riesen Alldeutschland
riß man Fetzen aus dem Volksganzen und vergrößerte
die Staatsgrenzen der Zwergvölker. Durch diese Zerreißung
großer Wirtschaftsgebiete wurde nicht nur die Industrie,
sondern sicher auch die Landwirtschaft schwer geschädigt,
schon aus dem Grunde, weil durch das Entstehen so vieler neuer
kleiner und kleinster Staaten, die Auslagen für die Verwaltung
und für die Sicherung derselben ins Ungeheuerliche gewachsen
sind und infolgedessen der Steuerdruck bedeutend größer
wurde, unter dem die Landwirtschaft heute zu leiden hat. Diese
Herabdrückung der landwirtschaftlichen Bevölkerung bedeutet
nicht nur für sie selbst, sondern für alle Stände
eine Verschlechterung ihrer Lebenslage, denn auch heute gilt wie
vor 40 Jahren das Sprichwort: "Hat der Bauer Geld, so hat
es alle Welt." (Posl. Schweichhart: Das ist ein alter
Schlager!) Das gilt heute noch. Neben dieser durch die Zerreissung
der großen Wirtschaftsgebiete geschaffenen ungünstigen
Lage für die Landwirtschaft wurde gegen sie noch während
des Krieges und nach dem Kriege in der frevelhaftesten Weise vorgegangen.
Die Zwangswirtschaft kam. Wie Hyänen stürzten sich die
Kommissionen auf die Erzeugnisse der Bauernschaft, tausende Tonnen
von Getreide gingen durch die blödsinnige Bewirtschaftung
der Kommissionäre zugrunde. Dürre, Hagelschläge
und andere Unbilden ertrugen die Bauern, doch kein wie immer geartetes
Elementarereignis, konnte die Schaffenskraft des Bauern so lähmen
wie die Menschenhirnen entsprungenen Steuerpläne und Vorschreibungen.
Dabei befindet sich der Bauernstand gegenüber den andern
Berufsklassen der Bevölkerung in der ungünstigsten Lage,
indem sein Grundbesitz offen vor aller Welt und ebenso vor den
Steuerbehörden zutage liegt, daß er sich nicht, wenn
er in Zahlungsschwierigkeiten kommt, vielleicht mit 35% ausgleichen
oder in den Konkurs gehen kann, weil für ihn nur die exekutive
Entsetzung von Haus und Hof als Folge seiner Zahlungsunfähigkeit
übrig bleibt. Diese Unmöglichkeit, sein Vermögen
irgendwie zu verbergen und zu verschleiern, hatte zur Folge, daß
bei der Vorschreibung und Eintreibung der Vermögensabgabe
und der besonders harten und ungerechten Vermögenszuwachsabgabe
der landwirtschaftliche Besitzer sehr stark zur Zahlung herangezogen
wurde. Dazu kommt noch, daß die Steuerbehörden dieses
Staates die Steuerschraube besonders stark anzuziehen verstehen,
wenn es sich um einen deutschen Steuerzahler handelt. Mir wurde
dieser Tage mitgeteilt, daß ein Hannabauer, der auf speckfettem
Boden sitzt und reiche Ernten einführt, viele Tausende Kronen
Steuern weniger zahlt, als ein Bauer mit ebenso großem Flächenausmaß
in deutschen Gemeinden, wenn er ein Deutscher ist. Wir, die deutschen
Bauern, die 80% auf gebirgigen Höhenlagen ihre Besitzungen,
kleine und Mittelbesitze, liegen haben, wissen ein Lied zu singen
aus der harten Schule des Lebens insbesondere in Bezug auf Steuerbelastung
und ungerechten Steuerdruck. Der Herr Finanzminister hat vor einigen
Tagen von der Umsatzsteuer gesprochen. Diese kann er nicht missen,
weil sie viel trägt, sagt er. Das glaube ich recht gern.
Die Umsatzsteuer ist die Lupussteuer, die fressende Flechte am
deutschen Bauernstamme, weil gerade auf dem Bauernstande diese
Steuer am meisten lastet, sie ist eine Bedarfssteuer. Als letzter
Käufer ist der Bauer der Lastträger dieser Wuchersteuer,
während er auf seine Erzeugnisse keine Steuer einheben kann,
da er doch niemals eine Faktura über die verkauften Eier,
Butter, Fleisch, Vieh ausstellt. Er muß froh sein, wenn
ihm jemand seine Erzeugnisse abkauft, weil die Weltkonkurrenz
viel zu groß ist. Diese und noch viele andere Ereignisse
und Maßnahmen der Regierung sind daran schuld, daß
die Landwirtschaft, die ja schon immer, soweit es sich nicht um
Großgrundbesitzer handelt, sondern um mittlere und kleinere
Bauernwirtschaften, schwer um ihr Dasein zu kämpfen hatte,
im Laufe der letzten Jahre in eine Lage gekommen ist, daß
sie mit dem in Massen eingeführten ausländischen Getreide
und Vieh, bezw. Fleisch nicht mehr konkurrieren kann. Wenn dieser
Zustand noch länger anhält und der Bauer, der das Geld
braucht, um leben und seinen Besitz bewirtschaften zu können,
seine Erzeugnisse infolgedessen auf jeden Fall verkaufen muß,
ob ihm der Preis paßt oder nicht, und soviel für seine
Erzeugnisse bekommt, daß nicht einmal seine Gestehungskosten
gedeckt werden, so ergibt sich da eine immer fortschreitendere
Verarmung und Verelendung des Bauernstandes. Die Forderung der
agrarischen Kreise nach einem ausreichenden Zollschutz ist daher
voll gerechtfertigt und muß erfüllt werden. Dieser
Zollschutz muß sich aber gleichmäßig und je nach
Bedarf der einzelnen Artikel auf die gesamten Erzeugnisse der
Landwirtschaft erstrecken. Für uns deutsche Bauern ist neben
dem Getreidezoll besonders der Zoll für Vieh, Fleisch und
Flachs notwendig.
Der deutsche Bauer hat nur einen geringen Anteil
am Getreidebau in diesem Staate. Über 80% des
erbauten Weizens liegt in der èechischen Hand. Bei der
Viehzucht ist das Verhältnis gerade umgekehrt. Die deutschen
Bauern sind Viehzüchter, darum muß auch der Viehschutzzoll
Hand in Hand mit den Getreidezöllen gehen.
Ein sehr wichtiger Teil der deutschen Landwirtschaft ist der Flachsbau.
Gerade die Ärmsten der Armen können noch in beträchtlichen
Höhenlage, wo Weizen überhaupt nicht mehr, Korn, Gerste
und Hafer nur sehr spärlich gedeihen, die Kartoffeln Frostgefahr
ausgesetzt sind, nur noch Flachs anbauen, weil der Flachsbau recht
kurze Entwicklungszeit braucht, diese Gespinstart mit noch halbwegigem
Erfolg anbauen.
Von den 5,907.312 ha Ackerboden im ganzen Staatsgebiet
sind nach der Statistik vom Jahre 1924 21.924 ha mit Flachs bebaut,
welche im selben Jahre einen Ertrag von 138.572 q, d. i. durchschnittlich
6.3 q per ha von Flachsfasern und von 106.834 q, d. i. 4.9 q pro
Hektar an Flachssamen ergeben haben. Dabei erfordert gerade der
Flachsbau sehr viel menschliche Arbeitsleistung und große
Sachkenntnis und hängt im Ertrag sehr stark von Witterungseinflüssen
ab. Bewundern muß man die Bauern, die mit soviel Fleiß
und Zähigkeit dem kalten kargen Boden noch Erträge abringen,
die zum Leben zu wenig, zum Sterben zuviel sind. Ein Staat, der
auf das Wohl seiner Bürger bedacht ist, muß, d. h.
müßte zuerst für diejenigen Menschen sorgen, die
im harten Kampfe des Lebens mit Wind und Wetter, mit Regen und
Schnee, mit Kälte und Eis, mit Sturm und Hagel den Kampf
aufgenommen haben, den höchstmöglichen Schutz angedeihen
lassen. Gerade die Flachsbauern benötigen den Schutz durch
ausreichende Zölle vielleicht am meisten, da sie mit Rücksicht
auf die Qualität ihres Bodens sich nicht auf eine andere
Fruchtgattung, umstellen können, wenn infolge der Einfuhr
billigen Flachses aus dem Auslande insbesondere aus Rußland,
der Preis dieser von ihnen unter ungeheurer Mühe erzeugten
Gespinstart soweit heruntersinkt, daß der Ertrag die Arbeit
und das hineingesteckte Geld nicht mehr lohnt.
Rund 40% der gesamten Bevölkerung in diesem
Staate leben von der Land- und Forstwirtschaft. Diesem hohen Prozentsatze
der Bevölkerung gebührt auch ein angemessener Schutz.
Würden durch den Zollschutz die Erträgnisse in der Landwirtschaft
eine Besserung erfahren, so hätten alle anderen Berufe und
Schichtungen einen Nutzen davon. Ein kleiner Wohlstand der bodenständigen
Gruppe hat schon immer allen anderen Ständen Segen gebracht.
Ich frage die Gegner der Viehzölle wie ein Banernbesitz vorwärts
kommen kann, wenn solche Zustände herrschen, die ich jetzt
als Beispiel angeben werde. Klein- und Mittelbesitze, die in ihren
Ställen 10 bis 20, 100 bis 130 q Lebendgewicht an Vieh besitzen,
zu Anfang des Herbstes 1925 für den Meterzentner Lebendgewicht
Schlachtvieh 8 Kè bis 7 1/2 bis 7 Kè
bezahlt bekommen haben, seit jener Zeit die Preise im steten Sinken
sich befinden, sodaß man heute nur noch 4 1/2 bis 5 1/2,
höchstens mit 6 Kè schon sehr schwer den besten Mastochsen
und Stier anbringen kann, weil seit dem
Zlotysturz in Polen eine Massenüberschwemmung an Vieh auf
unseren Märkten zu verzeichnen ist. Es soll nach Mitteilungen,
die ich erhielt, mit 1 1/2 Kè das Kilo Lebendgewicht
Vieh in Polen angekauft worden sein, das auf die heimischen Märkte
gebracht, vielfach gepascht, preißdrückend
wirken muß. Wie soll der heimische Viehzüchter bestehen
und leben können, wenn er an jedem Kilo Lebendgewicht bis
zu 2 1/2 Kronen Verluste zu verzeichnen hat in einem Zeitraum
von 8 bis 9 Monaten dabei das ganze Winterfutter an seine Tiere
verfüttert hat nebst Beilagen von teuren Kraftfuttermitteln
von Wartung und Pflege gar nicht zu reden, diese Verluste machen
nach der Besitzgröße viele Tausende Kronen aus. Dabei
hat die verbrauchende Bevölkerung fast gar nichts von der
Preissenkung, während der Zwischenhandel Millionen anhäufte.
Ich frage, die Gegner der Viehzölle, ob unter solchen Umständen
die Viehzucht gedeihen oder auch nur kleine Erträgnisse abwerfen
kann. Wenn Hand in Hand mit der Wertverminderung der Erzeugnisse
der Landwirtschaft ein Abbau der Steuerleistungen platzgreifen
würde, ließe man sich ja manches gefallen. So aber
steigen die Steuern, die Abgaben und Lasten werden immer größer,
unbarmherzige Steuertreibungen sind an der Tagesordnung, die englische
Steuerkrankheit grassiert schrecklich bei den deutschen Gebirgsbauern.
Vor Jahren brachte ich schon einen Eintrag ein, man möge
bei den Steuerbemessungen Höhenlage und Kultur-Erschwernisse
in Berücksichtigung ziehen, nichts ist geschehen. Schablonenhaft
bemißt man aufwärtsbewegend die Steuern. Je
fleißiger, sparsamer der Gebirgsbauer ist, je mehr er Entbehrungen
hat, desto mehr muß er Strafe zahlen in Form von Steuern,
damit die Kolonie Frankreichs, die Èechoslovakei genannt,
hübsch Soldaten spielen kann. Wollen die Èechen
mit aller Gewalt Großmacht spielen, so mögen sie es
allein tun ohne uns Deutsche. Die Verschuldung der Landwirtschaft
nimmt immer erschreckende Formen an, die Grundbuchschulden häufen
sich von Jahr zu Jahr, die Verarmung trifft die deutsche Bauernschaft
am härtesten. Eine Ungerechtigkeit sondergleichen ist es,
wenn man Gebirgsgemeinden in das Getreidegebiet einreiht, sowie
es im Jägerndorfer Bezirke geübt wurde, um nur eine
recht hohe Veimögensabgabe zu erzielen. Bauernbesitze, die
im Jahre höchstens 10 q Getreide verkaufen können, bei
einer Besitzgröße bis zu 40 bis 50 Joch, reiht man
ins Getreidegebiet ein, da hilft keine Beschwerde, da heißt
es nur zahlen.
Jeder Mensch, der die wirtschaftliche Lage
unserer deutschen Bauern, insbesondere der Gebirgsbauern kennt,
muß zugeben, daß es ihnen sehr schlecht geht und daß
sie wenn sie sich jahrein jahraus plagen müssen und von Sonnenaufgang
bis Sonnenuntergang im schwersten Kampfe mit dem Boden und der
Witterung stehen davon so viel wie nichts haben. Wir geben selbstverständlich
zu, daß es im allgemeinen Interesse gelegen ist, daß
die Lebensmittel billig sind, damit sich auch die ärmeren
Schichten der Bevölkerung genügend ernähren können,
aber wir sehen nicht ein, wie so gerade die Bauern, die diese
Lebensmittel für die Allgemeinheit durch ihre Arbeit bereitsstellen
jeder sozialen Gesinnung zum Trotz von jeder Besserstellung ausgeschaltet
werden sollen. Die Preise für die landwirtschaftlichen Produkte
sind wie der Index zeigt, nicht zurückgegangen, trotzdem
sie dem Bauern als dem Erzeuger immer billiger abgenommen werden,
weil eben die ausländische Konkurrenz die freie Einfuhr oder
die Einfuhr mit einem ungenügenden Zollschutz der Lebensmittel
diese Preise drückt. Der Index für die Nahrungsmittel
bewegt sich zwischen 800 und 900 im Vergleich zu 1914, der Index
für die übrigen Bedarfsartikel das sind Industrieerzeugnisse,
zwischen 1200 und 1300 so daß wir zu dem ganzen Ergebnis
kommen, daß dem Landwirt seine Erzeugnisse um den rund 8fachen
Friedenspreis oder noch darunter abgenommen werden, er aber alles
das, was er zum Leben braucht und nicht selbst baut, seine Kleidung,
seine Schuhe, seine landwirtschaftlichen Bedarfsartikel um den
12- bis 14fachen Friedenspreis bezahlen muß. Wenn dann der
Landwirt die Forderung erhebt, daß auch er als einer der
wichtigsten Teile der Gesamtbevölkerung ebenso geschützt
werde, wie die übrigen erzeugenden Stände, damit sie
sich gegen die Weltkonkurrenz durchsetzen können, dann schreien
alle, daß er ein Wucherer sei, und das Brot und das Fleisch
diese wichtigsten Nahrungsmottel verteuern will. Wir Bauern verzichteten
gerne auf jeden Zoll und würden es der Bevölkerung vergönnen
Brot und Fleisch billig zu erhalten. Wir können aber nicht
zugeben, daß wir dabei vollständig zugrunde gehen.
Wir können dies nicht zugeben, schon im Interesse des Gesamtvolkstums
als solchen, da ein Bauernstand, der der Verarmung entgegengeht,
das Volk mit sich in diese Verarmung hineinzieht. Wir sind überzeugt,
daß es noch andere Methoden gibt, um den Bauernstand zu
schützen, ohne dadurch die Lebensmittel für die Bevölkerung
zu verteuern. Wir sehen ein, daß durch den Schutzzoll allein
der Wohlstand der Gesamtbevölkerung auf die Dauer nicht erhöht
werden kann und daß auch der Bauernstand davon nicht den
ganzen Nutzen haben wird, weil es immer gewisse Kreise gibt, welche
es verstehen, einen. Teil des Nutzens in ihre Taschen fließen
zu lassen. Nur dann wenn es gelingt die Erzeugungskosten herunterzudrücken
und andererseits die Ertragsfähigkeit der Landwirtschaft
zu erhöhen, können wir auf Schutzzölle verzichten
und dadurch würde gleichzeitig das Vermögen des Volkes
als ganzes erhöht werden können. Insbesondere würde
die Ausschaltung des Zwischenhandels und der Spekulation mit den
landwirtschaftlichen Erzeugnissen, des Börsenspieles viel
dazu beitragen, um die Lebensmittel trotz der Zölle für
den Verbraucher auf derselben Preishöhe zu erhalten, die
sie jetzt haben. Wenn wir in einem idealen Staate leben würden,
wenn das ganze Volk zu der Erkenntnis käme, daß jeder
Stand auf den anderen angewiesen ist und nur vom anderen lebt,
wenn die Klassenverhetzung endlich einmal aufhören würde
und jeder nicht nur sich und seinen Stand, sondern auch dem lieben
Nächsten und den anderen Ständen Glück und Wohlergehen
vergönnen würde, dann könnte auch diese Frage in
einer Weise gelöst werden, daß alle mit dieser Lösung
zufrieden sind. Ich stelle mir vor, daß die gesamten Erzeugnisse
der Landwirtschaft von dieser in den großen landwirtschaftlichen
Organisationen, in den Magazins- und Speichergenossenschaften
verwaltet werden, daß der durch die Erzeugung im Inlande
nicht gedeckte Teil des Bedarfes ebenfalls von diesen Genossenschaften
aus dem Auslande eingeführt werden und daß die Preise
für Lebensmittel dann im Einvernehmen zwischen den Erzeugern
und den Verbrauchern festgesetzt werden, wobei als Grundlage die
aufgewendeten Kosten, die Entlohnung für die aufgewendete
Arbeit und ein den Verhältnissen angepaßter Gewinn
angenommen werden müssen und wobei selbstverständlich
gegenseitiges Vertrauen in die Richtigkeit der Angaben gesetzt
wird. Eine derartige Organisation und Preiserstellung, die den
Zwischenhandel ausschaltet und die möglichst billigen Preise
in einer Weise festsetzen würde, daß alle Teile sowohl
die Landwirte als Erzeuger, als auch die übrige Bevölkerung
als Verbraucher damit zufrieden sein könnten, ist aber selbstverständlich
nur in einem idealen Staatswesen, insbesondere nur in einem nationalen
Staate möglich, sie ist nur dann möglich, wenn wie gesagt
die einzelnen Stände nicht von vornherein einander mit Mißtrauen
und mit Feindschaft gegenüberstehen, sondern wenn einmal
die Verhetzung aufhört und an deren Stelle gegenseitiges
Verstehen und der Wille tritt, sich im Kampfe ums Dasein und um
die besten Lebensbedingungen als Angehörige desselben Volkes
zu unterstützen. Vorbereitet sollte dieser zukünftige
ideale Zustand dadurch werden, daß der Ausbau unserer deutschen
Speichergenossenschaften, Magazinsgenossenschaften, Lagerhausgenossenschaften,
der Milch- und Käsereigenossenschaften, sowie die Gründung
von landwirtschaftlichen Ein- und Verkaufgenossenschaften durchgeführt
und dadurch eine die gesamte landwirtschaftliche Erzeugung umfassende
wirtschaftliche Organisation von größter Lebensfähigkeit
und wirtschaftlicher Kraft geschaffen würde, die dann im
Verkehr mit den von den Konsumentenkreisen gebildeten Konsumgenossenschaften
den Zwischenhandel möglichst beschränken und durch Ausschaltung
der vielen Zwischenglieder, die heute vom Erzeuger bis zum Verbraucher
und von jedem einzelnen für sich einen Gewinn und Verdienst
in Anspruch nehmen, die Preise herabdrücken könnte,
ohne daß dadurch die Urerzeugung in Mitleidenschaft gezogen
würde. Die bis zu dem Zeitpunkt als nicht durch geeignete
Maßnahme die Landwirtschaft ohne Schutzzoll für die
aus dem Ausland eingeführten Produkte in Wettbewerb treten
kann, muß sie nur durch einen entsprechenden Zoll geschützt
werden. Wenn wir daher für die Forderung der Landwirtschaft
auf einen entsprechenden Schutzzoll voll und ganz eintreten, diese
Forderung nicht nur für berechtigt, sondern für unbedingt
notwendig halten, so wollen wir trotzdem nicht sagen, daß
wir die Lösung dieser Frage wie sie der vorliegende Gesetzentwurf
bringt, als eine glückliche erachten können. Die in
den ersten Artikeln des Gesetzesantrages erscheinenden
Zollsätze sind nicht das Ergebnis unparteiischer Bedachtnahme,
auf die tatsächlichen Bedürfnisse der Landwirtschaft,
sondern sie sind das Ergebnis eines politischen Kuhhandels, das
zwischen den èechischen Zollparteien abgeschlossen
wurde, wobei wie dies in diesem Staate bereits Gewohnheit geworden
ist, jede einzelne Partei dafür daß sie für eine
Forderung einer anderen Partei ihre Stimme abgibt, irgend ein
Entgelt erhalten muß. Die Hauptfragen, um die es sich dreht,
war bekanntlich der Schutz der Landwirtschaft und diese Frage
hat die große Erregung und die politischen Erschütterungen
der letzten Zeit ausgelöst. Nun setzt man uns einen Gesetzentwurf
vor, in welchem zwar auch die landwirtschaftlichen Erzeugnisse
und zwar der größte Teil derselben, wenn auch nicht
alle, mehr oder minder stark mit Zöllen belegt werden, in
welchem aber gleichzeitig auch Zölle für Artikel eingeführt
werden, die mit der Landwirtschaft - bei Gott - nicht das mindeste
zu tun haben.
Seide und Baumwolle sind - das wird jeder zugeben
müssen - keine Waren, die besonders stark von Landwirt gekauft
werden Und wir können nicht einsehen, was diese und die übrigen
Industrieartikel in einem Gesetzentwurf zu suchen haben, der sich
seiner ganzen Entstehung und seinem Inhalte nach eigentlich nur
mit den landwirtschaftlichen Erzeugnissen befassen sollte. Bei
der Art und Weise, wie man hier Gesetze macht, hätte es manchen
nicht Wunder genommen, wenn in dem gleichen Gesetzentwurf vielleicht
auch noch in dem Artikel die Kongruafrage mitgelöst
worden oder eine Bestimmung getroffen worden wäre, daß
die verschiedenen èechischen Parteien dafür, daß
sie für die Zölle ihre Stimme abgaben, zuhanden ihrer
Zentralwahlparteileitung eine Unterstützung von mehreren
Millionen èechischen Kronen aus dem
Ertrage der landwirtschaftlichen Zölle zugesichert erhalten.
Schon diese Art und Weise, wie dieses Gesetz nicht vielleicht
auf Grund von Verhandlungen mit den Berufskörperschaften
zustande gekommen ist, sondern durch Verhandlungen mit politischen
Parteien, die sich ihre Stimme abkaufen ließen, daß
Abgeordnete für die Bestimmungen des Gesetzes nicht aus wohl
verstandenem Interesse für die Landwirtschaft sondern um
des eigenen Parteivorteiles willen, weil z. B. die Kunstseidefabrikation
der Živnostenská banka durch die Einführung eines
höheren Zolles geschützt wird, ihre Stimme abgeben,
hat zur Folge, daß man bei der Feststellung der landwirtschaftlichen
Zölle in der leichtfertigsten Art und Weise vorgegangen ist,
und sich dabei nicht vom Interesse der Landwirtschaft
als solche allein und insbesondere nicht von den Interessen der
deutschen Landwirtschaft, die in diesem Staate mit Rücksicht
auf die schon früher betonten Verhältnisse eine ganz
eigene Stellung einnimmt, leiten ließe. Den Hauptpunkt dieser
nicht auf Sachlichkeit, sondern auf einen politischen Schachergeschäft
beruhen den Gesetzmacherei bildet aber die Einführung eines
Schutzzolles für Kunstdünger. Man will die Landwirtschaft
dadurch schutz- und konkurrenzfähig machen, daß man
einen der wichtigsten Bedarfsartikel, den Kunstdünger verteuert.
Das Interesse für Kunstdüngerfabrikation der Živnostenská
banka, die bekanntlich eine Domäne der nationaldemokratischen
Partei ist, ist höher als die Rücksichtsnahme auf die
Bedürfnisse der Landwirtschaft. So könnte
man wenn man wollte, jede einzelne Bestimmung der Artikel I, II
und III hernehmen, und beweisen, wie unsachlich dieses Gesetz
gemacht worden ist. Ich will mich aber nicht damit befassen, sondern
darauf hinweisen, daß dieses Gesetz, wie wir das ja schon
seit jener gewohnt sind, mit einer Hand etwas gibt und es mit
der anderen Hand wieder nimmt. Unser ganzes öffentliches
Leben und die Verwaltung in diesem Staate ist auf Ermächtigungen
der verschiedenen Regierungen aufgebaut. Die Gesetze selbst mit
ihrem harmlosen Text zeigen ein Gesicht, als ob es hier in diesem
Staate keine herrschende Nation und keine unterdrückten Nationen
gäbe, als ob jeder, der das ungeheure Glück hat, Bürger
dieses Staates zu sein vom Gesetz gleich behandelt würde,
aber das ist nur zum Schein so: Die Hauptbestimmung, die wichtigste
Bestimmung insbesondere unserer Gesetze liegt darin, daß
die Regierung ermächtigt wird, den Inhalt des Gesetzes nach
ihrem Gutdünken anzuwenden, eventuell auch vollständig
aufzugeben. Dadurch wird die gesamte Bevölkerung der Willkür
einer Regierung ausgeliefert, die, da das Verfahren über
die Verantwortlichkeit der Minister noch gar nicht gesetzlich
geregelt wurde, umso gefährlicher ist, wenn die Regierung
in ganz undemokratischer Weise aus Beamten zusammengesetzt ist,
die niemandem verantwortlich sind. Und so sehen wir es auch wieder
in diesem Gesetz. Die Regierung wird ermächtigt, zu den Zöllen
Zuschläge ganz nach Belieben zu machen, sie wird auch ermächtigt,
wenn sie glaubt, daß dies notwendig sei, die Zölle
wieder auf die Dauer eines halben Jahres in ganzem oder für
einzelne Teile aufzugeben. Natürlich bleibt es ganz dem Ermessen
einer hochwohlweisen Regierung überlassen, wie und in welcher
Beziehung sie dann mit diesen ihr erteilten Ermächtigungen
operieren wird. Sie kann sie verwenden, um Zollkämpfe mit
dem Ausland herbeizuführen und ich glaube, daß wir
mit Rücksicht auf unsere Erfahrungen und mit Rücksicht
auf die Erfahrungen der letzten Zeit nicht fehlgehen mit der Vermutung,
daß man diese Bestimmungen verwenden wird, um der unbequemen
Konkurrenz aus dem benachbarten Deutschen Reiche einen Riegel
vorzuschieben. Die Bestimmungen dieses Gesetzentwurfes, womit
der Regierung derartig weit reichende Ermächtigungen erteilt
werden, sind für uns auf jeden Fall unannehmbar. Wir
selbst als die deutsche Nationalpartei können und werden
niemals einer èechischen Regierung Vollmachten erteilen,
die für diese Regierung die Waffen liefern, mit denen sie
uns wieder bekämpft. Denn abgesehen von den außenpolitischen
Auswirkungen eines mit dem benachbarten
Deutschen Reiche oder mit Deutsch-Österreich heraufbeschworenen
Zollkampfes, der uns nicht tiefer berühren würde, weil
darunter die kleine Èechoslovakei viel mehr leiden würde,
als das große wirtschaftlich bedeutende Deutsche Reich,
abgesehen davon kann die Regierung diese Ermächtigungen,
die ihr das Gesetz gibt, dazu benützen, um mit politischen
Parteien Schachergeschäfte zu machen, sie kann sie dazu benützen,
insbesondere um den Wiedereintritt der èechischen sozialistischen
Parteien zu einer allnationalen èechischen
Koalition zu erkaufen. Auf diesen Handel kann die Nationalpartei
nicht eingehen. Sie kann und wird sich nicht so weit entwürdigen,
daß sie nach all dem was wir Deutschen in diesem Staate
auf Grund der in den einzelnen Gesetzen
niedergelegten Ermächtigungen von der èechischen Regierung
an Unrecht und ungeheuerlicher Behandlung erfahren mußten,
selbst, dazu die Hand bietet, und ihre Stimme hergibt, um in einer
so wichtigen Frage einer Regierung eine Biankovollmacht einzuhändigen,
auf daß sie das Recht habe, in unserer deutschen Wirtschaft
herumzutrampeln wie ein Elefant im Porzellanladen, wenn sie damit
nur irgendeine èechische Partei erkaufen kann. Wir sehen,
wie wir bei verschiedenen Gelegenheiten bereits hinlänglich
zum Ausdruck gebracht haben, daß nach
unserer Meinung die Zollfrage ebenso wie die Frage der Kongrua
eine politische Angelegenheit von größter Bedeutung
ist. Wir können uns der Beweisführung anderer Parteien,
daß es sich hier um eine rein wirtschaftliche Frage handle,
nicht anschließen. Richtig ist wohl, daß die Zölle
für wirtschaftliche Erzeugnisse auf die Wirtschaft Einfluß
haben, und im Interesse der Landwirtschaft gefordert werden. Wenn
aber eine wirtschaftliche Frage solch starke politische Folgen
nach sich zieht, wie es die Frage der wirtschaftlichen
Schutzzölle getan hat, wenn wegen einer solchen Forderung
die alte allèechische Koalition, die so lange und so fest
zusammenhielt, auseinander gefallen ist, wenn wegen dieser Frage
nicht nur eine Regierungskrise, sondern
beinahe schon eine Staatskrise ausgebrochen ist, wenn wegen dieser
Frage von vielen èechischen Seiten mit dem Gedanken eines
èechischen Fascismus kokettiert wurde, wenn sich aus dieser
Frage der beste Beweis dafür ergibt, daß auf die Dauer
die èechischen Parteien allein
dieses von ihnen gegründete und für sich als Ausbeutungsobjekt
in Anspruch genommene Staatswesen nicht erhalten und verwalten
können, sondern daß sich Möglichkeiten ergeben,
die von ihnen allen nicht gelöst werden können, daß
daher der Staat unter einer irrsinnigen
Parteiwirtschaft ohne Mitarbeit der nicht-èechischen Nationen
nicht auf die Dauer aufrechterhalten werden kann, dann wird eben
eine derartige an sich wirtschaftliche Frage zu einer politischen
Frage. Und zu einer politischen Frage muß
eine politische Partei Stellung nehmen unter Berücksichtigung
der politischen Verhältnisse. Wir sehen diese politischen
Verhältnisse so an - und bereits die nächste Zeit wird
uns vielleicht Recht geben - daß die Regierung Èerný
nur den Zweck hat, die Hindernisse zu dem Wiederzusammentritt
der èechischen Parteien zur alten Koalition aus dem Wege
zu räumen. (Posl. inž. Kallina: Die Šestka berät
schon nebenan!) Jawohl. Wir haben die èechische Koalition
und ihre Wirksamkeit in der vergangenen Zeit noch zu gut in Erinnerung,
um uns dazu hergeben zu können, daß sie so rasch als
möglich wieder ins Leben tritt und ihre auf die Entrechtung
der nicht-èechischen Nationen abgestellte Diktatur in diesem
Staate wieder ausübt. Wir können und wollen daher nicht
den Knecht spielen, der den Mist ausräumt aus dem Koalitionsstalle,
um nach getaner Arbeit einen wohlgemeinten Fußtritt zu bekommen.
Ich als Bauer, der auf einer ererbten Scholle ein ganzes Leben
lang gearbeitet hat und der am eigenen Leibe die Not kennt, unter
der wir deutschen Bauern infolge der traurigen Lage der Landwirtschaft
leiden, ich weiß, wie notwendig wir einen ausreichenden
Schutz unserer landwirtschaftlichen Erzeugnisse brauchen. Trotzdem
aber sehe ich ein, daß wir im gegebenen Zeitpunkt und
unter den gegebenen Verhältnissen uns als Deutsche in diesem
Staate nicht dazu hergeben dürfen, Wegbereiter einer wieder
geborenen, allèechischen Koalition zu werden. Die deutsche
Nationalpartei wird daher unter vollkommener Anerkennung der berechtigten
Forderungen der Landwirtschaft auf ausreichenden Schutz gegen
das vorliegende Gesetz stimmen. Ich bin überzeugt, daß
schon die nächste Zukunft erweisen wird, daß wir durch
unsere Haltung dem deutschen Volk in diesem Staate und damit auch
dem deutschen Bauer gerecht geworden sind. (Souhlas a potlesk
na levici.)