Wenn ich jetzt auf den finanziellen Ertrag
der landwirtschaftlichen Zölle zurückkomme, bemerke
ich, daß der Staat diese Einnahmen sehr wohl brauchen wird.
Wenn ich Sie daran erinnere, daß mit 1. Juli d. J. die Sozialversicherung
in Kraft treten soll, welche den allgemeinen Steuersäckel
mit mehreren Hundert Millionen Kronen belasten wird, wenn ich
Sie an die wachsende Zahl der Arbeitslosen in den Industriezentren
erinnere, die ebenfalls aus dem Staatssäckel erhalten werden
müssen, bin ich nicht der Meinung des Koll. Krebs,
der da sagt: "Wie können wir dem Staate soviel Millionen
geben?" Er wird schon helfen, daß gerade seine Leute
etwas davon bekommen. Er hat vorhin von der Arbeitslosigkeit gesprochen,
die sich immer mehr ausbreitet. Die Erwerbslosenfürsorge
wird aus dem Steuersäckel bezahlt und in den Steuersäckel
fließen auch die Zolleinnahmen hinein. (Posl. Krebs:
Für die Erwerblosen braucht man nicht einmal 1 1/2 Millionen!)
Herr Kollege Krebs! Ich weiß mich noch ganz genau
zu erinnern, daß Minister Habrmann den Etat
des Fürsorgeministeriums um 375 Millionen Kè infolge
der Unterstützung der Erwerbslosen überschritten hat.
Im übrigen bin ich der Meinung, daß die Lasten des
Zolles zum größten Teil das liefernde Ausland tragen
kann. Wenn ich heute auf dem jungfräulichen
Boden Kanadas, Argentiniens, auch Südungarns, des Banats
und eines Teiles Rumäniens Weizen bauen werde, werde ich
mit verhältnissmäßig wenig Arbeit und geringer
oder gar keiner Düngung einen viel höheren Ertrag erzielen,
als auf unserem Jahrhunderte alten Kulturboden, der nur mit viel
Arbeit und Dünger noch halbwegs einen entsprechenden Ertrag
liefert. Die Produktionskosten in jenen Ländern werden selbstverständlich
niedrig sein, ganz abgesehen von der Bedürfnislosigkeit der
Bevölkerung, sodaß der Weizenpreis in diesen Ländern
so niedrig gehalten sein kann, daß er selbst mit der Belastung
des Zollschutzes ruhig die Grenze passieren kann, ohne daß
der heimische Konsum belastet werden muß. Genau dasselbe
ist beim Vieh. Beweise sind vorhanden. Auf einen Ochsen,
der 500 kg schwer ist und den man in Rumänien mit 1400 Kè
bezahlt, kommt 360 Kè Zoll. Das ist bei unseren Preisverhältnissen
von keinem Einshlag, infolgedessen kann auch das liefernde Ausland
zum großen Teil diesen Zollschutz ertragen.
Was wir gewinnen, ist die Stabilisierung unseres Absatzes. Jetzt
sind Ochsen mit 1400 Kè hereingekommen und haben uns vollends
niederkonkurriert. Als Zeugen führe ich einen Kollegen Halke
an, der mit einem polnischen Großgrundbesitzer von Ostrau
nach Prag gefahren ist. Und dieser hat ruhig erklärt: "Ihre
Zollsätze können uns nicht tangieren, die Hauptsache
ist, wenn wir das Vieh hereinbringen können". Denn bei
der Billigkeit des Viehes in Polen verschlägt ihnen dieser
verhältnissmäßig geringe Zollsatz nichts und infolgedessen
ist es nicht ganz richtig, wenn von gegnerischer Seite immer auf
diesem Argument herumgeritten wird, daß die konsumierende
Bevölkerung diese ganze Zollerhöhung zu tragen hat.
Zum Schlusse will ich noch auf die politischen
Kombinationen zurückkommen, die von verschiedener
Seite an unser Eintreten für diesen Zollgesetzantrag geknüpft
wurden. Der eigentliche Urheber, war, wenn ich nicht irre, das
"Èeské Slovo". Ich kenne die Ursachen
nicht, die das "Èeské Slovo" bewogen haben,
gerade uns einer Tat zu zeihen, nämlich
daß wir diese Stellungnahme nicht umsonst machen werden.
Ich möchte hier das "Èeské Slovo"
versichern, daß wir keine Schmutziane sind und daß
wir nichts dafür verlangen werden. Denn hier geht es um die
paritätische Gleichberechtigung mit anderen
Berufen und nicht darum, ein Geschäft zu machen. Weder Kaiser
Josef II. noch Hans Kudlich haben bei der politischen Befreiung
des Bauernstamdes gefragt, ob sie ein Geschäft dabei machen,
sie haben beide bös draufgezahlt. Auch wir zahlen heute schon
bös drauf, weil man uns verdächtigt, weil man uns einer
niedrigen Handlungsweise für fähig hält, das ist
kein schönes Zeichen von jenen, die das nachschreiben und
nachbeten, von der ganzen deutschen Presse, von Prag angefangen.
Es müssen wohl lauter Schmutziane dort sein, weil sie eine
derartig schmutzige Tat von uns voraussetzen können, denn
wie der Lump ist, so denkt er auch von anderen. Für uns ist
das eine primäre Forderung nach Gleichberechtigung und wir
haben keinen politischen Kuhhandel damit verknüpft.
Es ist der Initiativantrag eines èechischen Kollegen gewesen,
aber der Antrag ist für uns und wir werden für ihn stimmen,
genau so, wie die èechischen Bauern aus dem Wahlkreis Bennisch
den Deutschen Hans Kudlich gewählt haben, weil sie
gewußt haben, daß er sie freimachen wird. (Výkøiky
komunistických poslancù.) Was
Sie reden, ist ein Zeichen, daß Sie vom Landleben überhaupt
nichts wissen und daß Sie so weit sind, daß Sie sich
nicht einmal erinnern können, daß Sie schließlich
ja auch vom Landvolke abstammen. Sie kommen mir vor wie ein Vogel,
der sein eigenes Nest beschmutzt. (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda Stivín.)
Wenn wir für den Initiativantrag eintreten,
so glaube ich, daß wir hier kein Verbrechen begangen haben.
Wir haben weder die Regierung unterstützt, noch sonst
irgend jemanden, sondern für unsere Interessen gekämpft.
Man hat die Befürchtung, daß durch unser Eintreten
den èechischen Parteien aus einer argen Klemme geholfen
werden könnte, daß jene allnationale Koalition wieder
zusammenkommt. Wir haben gesagt: In Gottes Namen, ob die Koalition
so oder so aussieht, oder ob eine nationalistische Diktatur kommt,
ist uns ganz schnuppe, aber das ist ein Antrag, der paßt
für uns als Landvolk, der wird von uns unterstützt!
Die anderen deutschen, sowie sonstige Parteien, die uns das so
sehr verübelt haben, haben für den Mieterschutz, für
die Sozialversicherung, für alle möglichen Gesetze gestimmt,
wo wir nicht mitgestimmt haben. Wir haben Opposition getrieben,
sind jedoch zumindest so anständig gewesen, als einfache
Bauern, daß wir Sie nicht beschimpft haben. Sie haben das
heute getan. Wir haben nur das gleiche getan, was andere deutsche
Parteien im Verlaufe der letzten Legislaturperiode so häufig
gemacht haben und uns beschimpft man: "Ja, dummer Bauer,
das ist halt etwas anderes!" Die können es tun, wir
dürfen es nicht tun. Diesen Standpunkt werden wir uns einfach
verbieten, wir werden tun, was uns recht erscheint, wir werden
niemanden beleidigen, werden gerne helfen, wenn es sein muß,
aber wir lassen uns nicht davon abhalten, den richtigen Weg zu
gehen. Ich habe bis jetzt immer nur erlebt, daß man etwas
besser machen kann mit Vernunft, aber nicht mit Terror. Ein Vorgehen,
das auf Gewalt und Terror beruht, wird nicht zum Ziele führen.
Es mag innerhalb der èechischen Bevölkerung
heute diese oder jene Meinung vorherrschend sein, vorläufig
sind wir hier, ersäufen können Sie uns nicht, gefressen
werden können wir auch nicht. Wir werden infolgedessen dableiben
und daß wir dableiben, dafür kämpfen
wir und werden auch trachten, uns soweit wirtschaftlich besser
zu stellen, daß wir nicht mit unseren Frauen und Kindern
betteln gehen müssen.
Im übrigen möchte ich den Herren
von den Konsunientengruppen zum Schluß noch ein Wort sagen,
von einem Städter und Intelligenzler, dem Reichsdeutschen
Friedrich Naumann, der während des Krieges ein Mitteleuropa
schaffen wollte, also gerade jene Idee, die Ihnen am nächsten
liegt. Er hat sehr treffend gesagt: "Es wäre völlig
verdreht, wenn jemand Nur-Städter sein will mit Verachtung
des ländlichen Untergrundes. Das ist falsch durch und durch.
So oft Ihr Euch zu Tisch setzt, verzehrt Ihr Bauernfleiß."
So, meine Herren. Und wenn diese Zollvorlage auch nicht unser
Ideal bedeutet, werden wir trotzdem für sie stimmen, trotz
alle und alledem. (Potlesk.)
Hohes Haus! Der uns vorliegende zur parlamentarischen
Beratung unterbreitete Zollantrag ist der erste Antrag, der auch
unserer so sehr vernachlässigten Landwirtschaft gedenkt.
Die Kriegshungerjahre wurden rasch vergessen, damit auch die Landwirtschaft.
Gerade aber diesen wichtigen Zweig der gesamten Volkswirtschaft
hat man durch die Finanz- und Währungsgesetze, die Vermögensabgabe,
Kriegsanleihe und Steuern an den Rand des wirtschaftlichen Unterganges
gebracht.
Haben die Nachkriegsjahre den Schein einer
Bodenentschuldung der bäuerlichen Besitze erzielt, so zeigte
sich alsbald, daß dieser Schein trügerisch war. Alle
Investitionen an den Gebäuden und am Inventar sind unterblieben,
die Viehstände wurden dezimiert, ihre Qualität sank,
das Kälbermorden wurde zum Schaden nicht nur des heimischen,
bodenständigen Landwirtes viel zu weit getrieben, sondern
besonders zum Schaden des heimischen Konsums. Darauf hat sich
das Augenmerk der Regierungen nicht gelenkt, sondern auf die Einfuhr
aus dem Auslande abgelenkt. So ging und geht die heimische Landwirtschaft
im Eilzugstempo einer Verschuldung entgegen, die die Bodenverschuldung
der Vorkriegsjahre schon jetzt überholt hat. Nach dem uns
zur Verfügung stehenden statistischen Material beträgt
die Neuverschuldung des èechoslovakischen Bauernstandes
bereits 5 Milliarden Kronen, die Verzinsung dieser Riesensumme
beträgt zu nur 7% gerechnet 350 Millionen Kronen jährlich.
Ich frage Sie deshalb: Ist es unter diesen
Umständen heute noch möglich, gegen die Einführung
von Schutzzöllen zu stimmen oder zu sprechen? (Posl. Dietl:
Die Verschuldung war in der Vorkriegszeit größer wie
jetzt. Davon sprechen Sie nicht! Nur die Wahrheit sagen!) Wir
sagen sicherlich die Wahrheit! Der Koeffizient auf Weizen beträgt
nach der Vorlage 4, dagegen der Steuerkoeffizient von heute gegenüber
den Vorkriegsjahren ganze 12%. Ist das Mißverhältnis
der Ausdruck der Einseitigkeit oder der Ausdruck von Gerechtigkeit?
Bei der Beratung der Vorlage müssen wir uns einige Fragen
vorlegen: 1. Braucht die Landwirtschaft einen Schutzzoll? 2. Ist
die heimische Landwirtschaft eines Schutzes wert? Auf beide Fragen
gibt es für Unvoreingenommenen nur ein Ja. Nach den Ziffern
der Volkszählung vom Jahre 1921 sind in der gesamten Land-
und Forstwirtschaft 5,385.790 Personen, d. i. von der gesamten
Einwohnerzahl von 13,613.172 Personen rund 40% beschäftigt,
mithin lebt von diesem Beruf ein Großteil der Bewohner dieses
Staates.
Der Anwurf von einer Seite der Zollgegner,
die Schutzzölle seien das Faulbett der Landwirtschaft, trifft
nicht zu. In keinem wie immer gearteten Betriebe wird so lange
und so intensiv gearbeitet als gerade in der Landwirtschaft, wo
vom frühen Morgen bis in die sinkende Nacht der kleine und
mittlere Landwirt mit Frau und Kindern an der Spitze seiner Hilfskräfte
die schwerste Arbeit leistet, dieselbe leisten muß, wenn
er den Anforderungen seines Berufes nachkommen will. Die Ansprüche
aber, die heute an den Bauernstand in diesem Staate gestellt werden,
verlangen die intensivste Ausnützung von Grund und Boden.
Die Lasten, die heute auch noch ohne Sozialversicherung der Landwirtschaft
aufgebürdet wurden, betragen ein vielfaches der Steuerlasten
der Vorkriegszeit. Der Landwirt arbeitet gern, ja sogar mit Hintansetzung
seiner Gesundheit und sonstiger menschlichen Wünsche, um
seinen Verpflichtungen gegenüber dem Staate und der Gesellschaft
nachzukommen, was ihm bei der schlechtesten Kost und Kleidung
kein anderer Stand nachmacht. Wenn nun allen politischen Parteien
daran gelegen ist, auf dem flachen Lande einen selbständigen
Bauernstand als Grundlage der gesamten Volkswirtschaft zu erhalten,
so bleibt nichts anderes übrig, als für die Einführung
von Schutzzöllen zu stimmen. (Posl. Schweichhart: Warum
reden Sie nur vom flachen Lande, reden Sie doch auch von den Gebirgsbauern!)
Herr Kollege Schweichhart! Ich bin zufälligerweise
Gebirgsbauer aus dem Böhmerwalde und habe jedenfalls soviel
Erfahrung wie Sie auf diesem Gebiete.
Man versteht unter Schutzzöllen jene Zölle,
die den Zweck haben, die heimische Produktion gegen die Konkurrenz
des Auslandes zu schützen und die Produktion des Inlandes
zu fördern und so die wichtigsten Zweige der Volkswirtschaft
zu erhalten. Wenn auf der einen Seite Industriezölle bestehen
und eingeführt werden, die das 10- bis 40fache der Friedenspreise
erreichen, so darf und kann die Landwirtschaft auf keinen Fall
zoll- und schutzlos bleiben. Derartige Zustände sind unerträglich
und unhaltbar. Nicht der Landwirt allein hat ein Interesse an
der entsprechenden Entlohnung seiner Arbeit, sondern die gesamte
Volkswirtschaft des Staates. Die mit Regierungsverordnung vom
4. Juni 1925 festgesetzten Gleitzölle haben sich nicht bewährt.
Sie haben die Einfuhr gefördert, ohne den Schutz der heimischen
Arbeit zu berücksichtigen. Die Landwirtschaft ist aber nicht
der einzige Leidtragende dieser kurzsichtigen Zoll- und Handelspolitik.
Zu den übrigen Leidtragenden gehört vor allem der Konsum
selbst. Durch die Niedrighaltung der Preise der landwirtschaftlichen
Produkte wurde die Steuerkraft der Landwirtschaft geradezu erschlagen.
Hunderte von Millionen Kronen sind für wirtschaftliche Erzeugnisse
ins Ausland gewandert zum Schaden des Staates, der Industrie und
ihrer Arbeiterschaft, die bei einer halbwegs freundlichen Zoll-
und Handelspolitik im Inlande hätten gewonnen werden können.
Daß wir deutsche Christlich-Soziale den Antrag auf
Einführung von festen Zöllen für Getreide und Vieh
mit dem Bund der Landwirte, der deutschen Gewerbepartei und den
èechischen und slovakischen bürgerlichen Parteien
mit unterschrieben haben, braucht Sie nicht aufzuregen, bedeutet
kein Aufgeben unserer oppositionellen Stellung in diesem Parlament,
bedeutet aber umsoweniger einen nationalen Verrat an unserem Volke,
keine Preisgabe unserer nationalen Rechte. Als Volkspartei müssen
wir bemüht sein, den Ausgleich aller ehrlich arbeitenden
Stände herbeizuführen, was unseren Bruderparteien im
Auslande in gleicher Weise gelungen ist. Unser alterprobtes Parteiprogramm
sagt im 6. Abschnitt, Punkt 2: In der Landwirtschaft soll ein
gesunder selbständiger Bauernstand gefördert werden.
Also müssen wir ihm auch Schutz geben. Umgeben von
meist auf dem Gebiete der Landwirtschaft extensiv arbeitenden
Ländern ist es nicht möglich in einem Lande, wie es
die Èechoslovakei ist, bei einem intensiven Wirtschaftsbetrieb
im Inlande sich schutzlos der billigeren Erzeugung
und einer zoll-, ziel- und planlosen Einfuhr aus dem Auslande
preiszugeben. Der Abschnitt der Wirtschaftsgeschichte, den unsere
Landwirtschaft im letzten Jahre durchmachte, ist düster,
ja trostlos in wirtschaftlicher Hinsicht, mit Rücksicht auf
die Rolle, die die heimische Landwirtschaft in der Gesamtwirtschaft
spielt. Den Produktenpreisen vom Jahre 1924 ist ein sehr starker
Preisrückschlag gefolgt. Der Weizenpreis, der zu Anfang 1925
bis 290 Kè betrug, ist bis auf 180 Kè gefallen,
Roggen von 245 Kè auf 115 Kè, Gerste von 300 Kè
auf 135 Kè herunter gegangen. Betrachtet
man nun gegenüber dieser Preisentwicklung die Brot- und Mehlpreise,
so kann man nur feststellen, daß sich diese Preise nicht
angepaßt haben. Brot ist um eine Minimum billiger, Mehl
sogar teurer geworden. Während in den Jahren 1920 bis 1924
durchschnittlich an Weizen 912.190 Meterzentner eingeführt
wurden, betrug die Einfuhr im Jahre 1925 1,670.692 Meterzentner,
bei Roggen 1,701.381 Meterzentner gegen 719.894, überdies
noch Roggenmehl 322.3.42 Meterzentner gegen 79.834 Meterzentner.
Der Import ist im Jahre 1925 rund auf das doppelte gegenüber
dem Durchschnitt der letzten 5 Jahre gestiegen. Der Außenhandel
der Èechoslovakei ist mithin im Jahre 1925 passiv bei Weizen
um 1,669.050 Meterzentner, bei Roggen um 1,696.437 Meterzentner,
bei Weizenmehl um 2,345.821, bei Roggenmehl
um 309.332, bei Getreide, Malz, Hülsenfrüchten, Mehl,
Mahlprodukten und Reis zusammengenommen um 9,437.420 q, was in
Prozenten ausgedrückt einer Steigerung von 113% gegenüber
dem fünfjährigen Durchschnitt von 1920 bis 1924 gleichkommt.
In keinem Verhältnisse zu diesen Ziffern stehen aber die
Anforderungen, die von Seite des Staates und der Industrie gegen
die Landwirtschaft gestellt werden. Die Ursache dieser die Landwirtschaft
und damit die gesamte Volkswirtschaft in ihren Grundfesten bedrohenden
Erscheinung ist nicht in vorübergehenden, in ihrer Wirkung
beschränkten Umständen zu suchen. Wir stehen vor dem
Zusammenwirken der verschiedensten verfehlten Maßnahmen
auf wirtschaftlichem Gebiete, die als Resultat das katastrophale
Sinken der Produktionskapazität zeitigen. Der letzte Grund
dieser Erscheinungen liegt im Zusammenwirken von Bodenreform,
Steuer- und Zollpolitik. Was in wenigen Jahren hier vernichtet
wurde, wird eine jahrzehntelange Arbeit nicht wieder aufrichten
können.
Besonders merkwürdig klingt bei der Behandlung
der Zollvorlage durch verschiedene Parteiredner die große
Fürsorge und die noch größeren Bedenken, wie weit
die einzelnen Kleinlandwirte von der Zollvorlage geschädigt
werden. Angeblich sind von der gesamten Landwirtschaft zumindest
70% Kleinlandwirte, deren Ausmaß 10 bis 15 ha Grundbesitz
nicht übersteigt. Diese Kategorie von Landwirten müsse
mehr zukaufen, als sie von ihren Produkten verkaufen kann. Das
klingt sehr verdächtig, ja zweideutig. Vor wenigen Jahren
waren es noch die Herren Ernährungsminister von den sozialistischen
Parteien, die heute so fürsorglich für diese Kleinlandwirte
sprechen und fühlen, die damals anderer Meinung waren, nämlich,
daß man nicht nur die Ernten des Großgrundbesitzers
und des Großbauern beschlagnahmt, sondern auch die Ernte
des Häuslers. Damals mußten gerade diese Leute verhältnismäßig
am meisten abliefern und haben auch bei den Viehlieferungen alle
anderen Besitzer relativ weit überholt. Die Lieferungsvorschreibungen
aus diesen Jahren sind ja noch in den meisten Gemeinden und politischen
Bezirksverwaltungen zu haben und es kann sich jeder, der daran
Interesse hat, überzeugen, daß man erst jetzt für
diese Kleinhäusler ein Herz entdeckt, trotzdem man selbe
vor wenigen Jahren bei den Requirierungen und Vorschreibungen
nicht berücksichtigt hat. (Souhlas a výkøiky
na levici.) Damals gab es Männer,
die die Aufbringung der Kontingente übernommen hatten. Sie
rühmten sich oftmals ihres Geschickes, die Schlupfwinkel
in allen diesen Betrieben zu kennen und liessen sich dafür
mit den Auffinderprämien belohnen. Wenn nun nach dem Antrag,
der in Verhandlung steht, auch ein fester Zollsatz auf die Einfuhr
von Lebendvieh eingeführt wird, so findet die Notwendigkeit
gerade dieses Zollschutzes ihre Begründung in der fortwährend
steigenden Vieheinfuhr aus den Nachbarstaaten, denn in der Beschickung
der Märkte ist der weit größere Prozentsatz hievon
ausländischer Provenienz. Dabei sind die Ställe unserer
viehzüchtenden Landwirte vollgepfropft, die Konsumstellen
jedoch werden fast ausschließlich mit Auslandware beschickt,
trotzdem diese Ware aus Polen, Jugoslavien und Rumänien meist
minderwertiges Material ist. Dagegen kann unsere heimische Landwirtschaft
auch bei niederen Preisen ihr überschüssiges Vieh nicht
an dem Mann bringen.
Außerdem herrschen in diesen Importländern
fast das ganze Jahr über Viehseuchen, weshalb auch bei den
Einbruchstellen in den Staat die heimische Viehzucht der Seucheneinschleppung
fortwährend ausgesetzt ist, weshalb eine unbedingte staatliche
Überwachung der veterinären Verhältnisse in diesen
Übernahmsstellen eingeführt und durchgeführt werden
muß, um die Viehproduktion sowie den Konsum vor Seuchengefahr
zu schützen.
Enorme Beträge haben die inländischen
Viehzüchter für die Hebung der Viehzucht ausgegeben,
was aber unmöglich würde, wenn man den Absatz der Produktion
dem heimischen Markte verschließt und den Konsum mit argentinischem
Gefrierfleisch versorgt.
Gerade der deutsche Gebirgsbauer ist ausschließlich
auf Viehzucht und Futterbau angewiesen, weil der Getreidebau im
Böhmerwald, im Erz- und Riesengebirge, im Altvatergebirge
bei 8 bis 10 q Hektarertrag vollkommen unrentabel bleibt. Wir
deutsche Gebirgsbauern vermissen in der Vorlage ganz besonders
den Schutz der heimischen Flachsproduktion, der Brechereigenossenschaften
und die Regelung des Absatzes dieser Genossenschaften auf dem
heimischen Markt. Hier muß unbedingt Wandel geschaffen werden.
Das Ministerium für nationale Verteidigung, das großen
Bedarf an Leib- und Bettwäsche und Sommeruniformen hat, sollte
schon längst sich verpflichtet fühlen, seinen Bedarf
bei inländischen Genossenschaften zu decken und ebenso müßte
die Regierung der Einfuhr von Originalsaatgut das größte
Augenmerk zuwenden, um die Produktion im Inlande zu heben und
die Einfuhr überflüssig zu machen. Preisregulatoren
sind Anbot und Nachfrage, nicht die Zölle. Je leistungsfähiger
die Inlandsproduktion wird, umso billiger die Preise. Ausschaltung
des übermäßigen Zwischenhandels durch möglichst
direkten Verkehr vom Produzenten zum Konsumenten. An einer blühenden
Landwirtschaft profitiert nicht nur der Staat, sondern vor allem
der Konsum. Ein altes Sprichwort sagt: Wer einen Bauer spotten
kann, der ist ein schlechter Held. (Souhlas a potlesk.)
Hohes Haus! Das arbeitende Volk wird noch lange
an die Tagesordnung der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses
denken, auf der eine ganze Liste von Volksbedürfnissen aufgezählt
ist: Zölle, Erhöhung der Zuckerabgabe, der Spiritusabgabe.
Ich muß sagen, in die Zeit, in der diese Vorlagen eingebracht
werden, wirken sie wie eine Verhöhnung des Volkes. Aber nicht
nur die Tagesordnung dieser Sitzung wird das Volk lange in schmerzhaften
Erinnerung behalten. Die Abstimmung über die Vorlagen wird
ein schwarzer Tag erster Ordnung für das arbeitende Volk
in diesem Staate, für alle Lohn- und Gehaltsempfänger,
für den größten Teil der Gewerbetreibenden und
für viele Zehntausende von kleinen Landwirten sein. (Souhlas
na levici.) Rasch, muß man sagen, präsentieren
die Zollparteien den Wählern ihre Rechnung vom 15. November
1925, und noch rascher, als sie die Rechnung präsentieren
- das beweist die Eile, das beweist die Anwendung der Geschäftsordnung,
das beweist das förmliche Diktat bei der Behandlung dieser
ungeheuer wichtigen und volkswirtschaftlich bedeutenden Vorlagen
- sind sie mit der Einkassierung dieser Rechnung, und sie kassieren
sie ein mit Hilfe jener Geschäftsordnung, mit der bisher
alle Gesetze in diesem Staate gemacht wurden und von der unser
Führer Seeliger bei Betreten des Hauses erklärt hat,
sie sei der Strick um den Hals jedes aufrechten Menschen, der
hier hereinkommt.
Ich glaube, daß dieser letztere Umstand
dem Kampf um die Zölle eine politische Bedeutung verleiht,
eine politische Bedeutung in doppelter Hinsicht: es ist das erstemal,
daß Parteien des Hauses diese Geschäftsordnung zu fühlen
bekommen, daß sich die Bestimmungen der Geschäftsordnung
auch gegen die richten, die sie mitbeschlossen und sieben Jahre
gegen uns bis zur letzten Potenz angewendet haben. Das parlamentarische
Leben erinnern wir uns nur der letzten sieben Jahre - war fast
unmöglich, jeder anders Denkende, jeder anders Eingestellte
bekam sie zu fühlen. Wir wurden, als wir gegen die Geschäftsordnung
ankämpften, von diesen Parteien, gegen die sie sich heute
richtet, nicht verstanden und wegen unseres Kampfes verurteilt.
Es muß bei dieser Stelle daran erinnert werden, daß
selbst der Hinweis auf die Geschäftsordnung als ein Angriff
auf die Grundfesten des Staates angekreidet wurde. Nicht nur die
Parteien, die heute zum erstenmale die Wirkung der Geschäftsordnung
gegen sich gespürt haben, verkennen die Bedeutung des politischen
Kampfes, sondern auch die anderen oppositionellen Parteien, die
deutschen und magyarischen Parteien, die mit Hilfe der Geschäftsordnung
und mit ihrer schrankenlosen Ausnützung diese Vorlage durchdrücken
und ihr zum Gesetze verhelfen, sind Träger und Unterstützer
dieser Geschäftsordnung, obwohl sie gegen sie gemacht und
sieben Jahre gegen sie angewendet wurde. (Souhlas a
výkøiky na levici.)
Wir deutschen Sozialdemokraten bedauern diese
Entwicklung keineswegs. Endlich ist eine etwas klarere politische
Situation in den hiesigen politischen Verhältnissen eingetreten.
In diesem Staate, wo bisher die bürgerlichen Parteien ihren
Klassenstandpunkt so wunderbar und glänzend verbergen konnten,
wo sie ihn mit Staats- und Volksinteressen bemäntelten, wo
der chauvinistische Nationalismus die Klassengegensätze verwischte
und verzerrte, wird es nun klar, daß der Klassenkampf immer
da war. Jetzt zeigt es sich, was der bürgerliche Parteienklassenstandpunkt
für die größte Mehrheit der Menschen in diesem
Staate bedeutet und welche Wirkung die Wahrnehmung des Klassenstandpunktes
der kapitalistisch-bürgerlichen Parteien hervorbringt.