Pùvodní znìní ad X./5201.
Interpellation
der Abgeordneten Kaufmann, Heeger, Schäfer, Pohl und Genossen
an den Minister des Innern
wegen ungesetzlichen Vorgehens von Gendarmen anlässlich des Ausstandes der Metallarbeiter.
Im Verlaufe des gegenwärtigen Metallarbeiterstreiks haben die Unternehmer wiederholt Versuche unternommen, die Arbeiter zum Streikbruch zu bewegen. Hiebei wurde II.nen vom Gendarmen und Bahnorganen in unzulässiger Weise Assistenz geleistet.
Wie wir festgestellt haben, werden die Unternehmer, die sofort über Wunsch von den zuständigen politischen Bezirksverwaltungen in ganz unbegründeten Ausmasse Gendarmerie zum Schutze der Arbeitswilligen erhalten haben, in einer geradezu ungesetzlichen Art von der Gendarmerie bei der Werbung von Arbeitswilligen unterstützt.
So haben die Gefertigten festgestellt, dass am Montag, den 18. Mai in Pömmerle eine Gendarmerieeskorte (10 Mann) unter Führung des Bezirkswachtmeisters von Aussig erschien, um die Ueberführung eines beladenen Wagens aus den Kupferwerken zum Bahnhof zu sichern. Die auf der Strasse befindlichen ausgesperrten Arbeiter, die diesem Transport zusahen, wurden von der Gendarmerie, ohne dass hiezu ein Grund vorhanden war, mit gefällten Bajonett aufgefordert, auseinanderzugehen, ohne zuerst eine einfache Aufforderung an dieselben zu richten. Als der Wagen das Tor der Kupferwerke passiert hatte und zu dem ca 20 Schritte entfernten Bahngeleise kam, war vom Bahnwächter der Schranken geschlossen worden, weil ein Zug die Bahnübersetzung jeden Augenblick passiverem sollte. Der Oberwachtmeister von Nestersitz verlangte von dem Bahnwächter mit vorgehaltenem Revolver die sofortige Oeffnung der Schranken, andernfalls er schiessen würde. Der Bahnwächter kam dieser Aufforderung nicht nach und schon wenige Sekunden später brauste der Zug vorbei und wäre, wenn der Bahnwächter die Schranken geöffnet hätte, das grösste Unglück geschehen.
Weiters haben einzelne Gendarmen Arbeiter, die nicht schnell einer Weisung folgten, bei der Gurgel gefasst. Der bereits genannte Wachtmeister, der als einziger den Revolver gezogen hatte, hat auch die Arbeiter mit Schiessen bedroht, obwohl gar kein Grund hiezu vorhanden war.
Die Arbeiter: Zarschke Heinrich, Baum Franz, Illmann Anton, Illitsch Jakob, Kurte Rudolf, Wolf Josef, Richter Wenzel, Passand Karl und mehrere andere können diese Vorfälle bezeugen.
Am 26. Mai wurde die Aussperung aufgehoben und eine Verstärkung der Gendarmerie unter Leitung eines Oberleutnants vorgenommen.
Am 28. Mai 9 Uhr vormittags fuhr der Direktor der Kupferwerke Adolf Merck mit dem Gendarmerieoberleutnant und zwei Gendarmen im die Ortschaften: Böhm.-Pockau, Rongstock, Grosspriesen, Kleinpriesen. Der Direktor begab sich mit dem Gendarmen in die Wohnungen der einzelnen Arbeiter und forderte sie auf, zur Arbeit zu kommen, wobei er den Arbeitern den Schutz der Gendarmen anbot. Der Herr Oberleutnant leistete II.m dabei Assistenz. So wurden die Arbeiter Hollei Albert, Rollei Heinrich und Wonny von Böhm.-Pockau aufgefordert, mit zur Arbeit zu kommen. Zwei von den Gendarmen blieben in Böhm.-Pockau. Mit dem Oberleutnant und einem Wachtmeister fuhr Direktor Merck dann nach Rongstock und Wesseln zu dem gleichen Zweck. Auf der Strasse nach Grosspriesen wurde der Arbeiter Krolop Rudolf angetroffen und ebenfalls von Direktor Merck und dem Gendarmerieoberleutnant aufgefordert, zur Arbeit zu kommen.
Bei der Ueberfähre im Kleinpriesen lagen 16 Kupferwerksarbeiter am Elbestrand. Das Auto mit dem Direktor und Gendarmerieoberleutnant fuhr vorbei und hielt in kurzer Entfernung. Der Oberleutnant stieg aus, begab sich zu diesen Arbeitern, fragte zuerst nach einem Namen der in der dortigem Gegend überhaupt nicht existiert und wendete sich dann an die Arbeiter mit der Frage ob sie Arbeiter der Kupferwerke sind. Als II.m dies bejaht wurde, fragte er ob sie nicht ins Werk arbeiten gehen wollen. Die Arbeiter verneinten dies worauf der Oberleutnant wieder frs Auto stieg und mit dem Direktor wegfuhr.
Zeugen: Schiepek Richard, Strosche Wenzel, Richter Wenzel, Hrowatisch Heinrich, Nowotny Josef, Würzebesser Josef, Sander Albin.
Die Gendarmerie holt die von Aussig zugesendeten Arbeitswilligen vom Bahnhof ab und führt diese Leute nicht der Strasse entlang, sondern auf dem Bahnkörper zur Fabrik. Trotzdem Bahnorgane die Gendarmerie auf die Unzulässigkeit der Benützung des Bahnkörpers als Weg aufmerksam machten, erklärten die Gendarmen, dass sie den Bahnkörper weiter benützen.
Wenn ein Streikposten einem zugekommenen Arbeitswilligen darauf aufmerksam machen will, dass die Arbeiter der Kupferwerke im Streik stehen, werden sie mit Gewalt daran gehindert.
Zeugen: Klinger Karl, Pochmann Johann, Alscher Josef, Fertschnig Franz.
Am 28. Mai begleiteten die Gendarmen, zirka 30, die 20 Arbeitswilligen nach Mause. Aus diesem Anlasse sperren sie hinter den Arbeitswilligen die Strasse ab und lassen niemand passieren. Ein Arbeiter der Firma Köhler der von der Arbeit nachhause ging und weder an dem Streik beteiligt ist noch eine Ahnung von den Vorgängen hatte wurde von einem die Strasse mit gefälltem Bajonett absperrenden Gendarmen in den Oberarm gestochen und II.m die Kleider zerrissen. Dieses Vorgehen des Gendarmen ist umso unbegründeter, weil der betreffende Arbeiter ausdrücklich erklärte: Ich komme von der Arbeit, ich bin Bauarbeiter und wohne dort hinten. Der Arbeiter heisst Adolf Köckert.
Zeugen: Gemeindevorsteher Distler aus Pömmerle (bei dem auch ein Protokoll aufgenommen wurde). Fiedler Josef und Sonder Albin alle aus Pömmerle.
Bei der Firma Gerhart und Rahm in Graupen bei Teplitz Trat die Gendarmerie die Streikposten vor der Fabrik verboten Als die Streikposten dann mehrere Minuten von der Fabrik weg auf öffentlichen Strassen patroullierten, besetze der Gendarmeriewachtmeister Pohl mit seiner Mannschaft auch diese Strassen und verbat dort das Promenieren. Auf diese Art ist zirka 1 bis 2 Kilometer im Umkreise von dem Betrieb das Gehen von Leuten die der Gendarmerie nicht genehm sind verboten ohne dass die politische Bezirksverwaltung in Teplitz ein solches Verbot für notwendig gehalten und erlassen hätte.
Die Gefertigten stellen daher an den Herrn Minister des Innern die Frage ob II.m:
1. Bekannt ist, dass die Gendarmerie in so ungesetzlicher und einseitiger Weise für die Unternehmer Partei ergreift, für die Unternehmer direkt Streikbrecher wirbt, zu mindestens aber bei dieser Werbearbeit durch Organe der Unternehmer, Assistenz leistet und ohne Not mit blanker Waffe einschreitet.
2. Ob dem Herrn Minister bekannt ist, dass die Gendarmen auch die Bahnvorschriften verletzt und die Sicherheit des Verkehrs schwer gefährdet haben.
3. Ob der Herr Minister des Innern bereit ist sofort eine strenge Untersuchung einzuleiten und jene Amtsorgane die sich einen Missbrauch zuschulden kommen lassen und parteiisch zu Gunsten der Unternehmer in dem von diesem provozierten Kampf eingreifen, der entsprechenden Bestrafung zuzuführen.
Prag, am 4. Juni 1925.
Kaufmann, Heeger, Schäfer, Pohl, Dr. Czech, Deutsch, Dr. Haas, Kirpal, Palme, Schuster, Uhl, Blatny, Grünzner, Häusler, Leibl, Dr. Holitscher, Beutel, R. Fischer, Dietl, Jokl, Hackenberg, Hoffmann, Roscher, Schweichhart, Taub.