Pùvodní znìní ad IV./5013.

Interpellation

des Abgeordneten Ing. Othmar Kallina und Genossen

an den Minister des Innern

in Angelegenheit der unerhörten Konfiskationspraxis.

Der beste Wertmesser für die demokratischen Einrichtungen eines Staates sind die Zensurverhältnisse. Der Èechoslovakische Staat, der angeblich als demokratische Republik gegründet wurde, hat in dieser Beziehung sämtliche absolutistischen Staaten der Welt in den Schatten gestellt, denn hier herrscht eine Konfiskationspraxis, wie sie die ganze Welt noch nicht gesehen hat. Es vergeht keine Woche, ja fast kein Tag, an welchen nicht ganze Spalten in den Zeitungen der verschiedenen unterdrückten Nationen dem Rohstifte des Zensors verfallen. Am unerhörtesten wird aber gegen die deutschnationale Presse vorgegangen, so dass man sich des Eindruckes nicht erwehren kann, dass es sich um ein fein ausgeklügeltes System handelt, diese Presse, durch die mit der Beschlagnahme verbundene finanzielle Schädigung mundtot zu machen. In dieser Richtung tut sich besonders die Zensurbehörde in Graslitz hervor und so verfiel die Nummer 126 vom 25. Oktober 1924 des Graslitzer Volksblattes der Beschlagnahme, weil das genannte Blatt in einem Gedenkartikel an die Blutopfer des 27. Oktobers 1921, noch einer Wiedergabe der offiziellen Meldung des Prager Pressebüros, wie folgt schrieb:

Soviel Sätze, soviel Lidgen! Ein Augenzeuge kann den Bericht jedenfalls nicht verfasst haben und hätte er es, dann müsste er ein Verworfener sein. Der Bericht wunde wahrscheinlich in Prag irgendwo zusammengeschustert und dann die Presse damit gefüttert. Was braucht man's mit der Wahrheit so genau zu nehmen, die Hauptsache war ja doch die Tatsache, dass in Graslitz aus den Häusern auf das Militär geschossen wunde und dass die Soldaten, dem Selbsterhaltungstriebe folgend, sodann in die Menge feuern mussten. - Doch es ist nichts so fein gesponnen... Schon am 1. November konnten wir einen umfassenden und erschöpfenden Bericht veröffentlichen, der von allen deutschen Blättern übernommen wurde und aus welchem klar und ohne jede Zweideutigkeit zu erkennen ist, dass an dem tieftraurigen Unglücke des 27. Oktober das System schuldig zu sprechen ist, jenes System, das die Tschechen im alten Oesterreich (mit Recht) so wütend bekämpften, welches sie aber bei der erstbesten Gelegenheit selbst in Anwendung brachten, um damit einer für sie unangenehmen Volkskundgebung mit einem Striche den Garaus zu machen. Das Volk durfte trotz aller Versicherungen und Beteuerungen, dass wir in der freiesten und demokratischen Republik leben, keine freie Willensmeinung äussern, es mussten die Bajonette her und die Bleikugeln, die mit Gewalt das besorgten, was im Guten nicht zu erreichen war: die Menschen zum Schweigen zu bringen. - Was hatten die Männer und die Frauen, die am 27. Oktober 1921 auf dem Graslitzer Marktplatze ihr Leben opferten, so furchtbares verbrochen? Sie waren gleich vielen hundert anderen Volksgenossen auf die Strasse gegangen und hatten laut und vernehmlich die Stimme wider eine drohende Kriegsgefahr erhoben, weil sie, durch harte Kriegsschule gegangen, die unglücklichen Folgen eines nennen bewaffneten Zusammenstosses zweier Mächte voraussahen und den Machthabern in Prag in letzter Stunde ein banges Eialt zuriefen, ein Halt, das man in diesem Augenblicke nicht gerne hörte, weil das Ausland über die wahre Stimmung in der Republik nichts erfahren sollte. Deshalb die Opfer von Graslitz. - Und wo immer seit dem 28. Oktober 1918 in dieser Republik Deutsche gefallen sind, dann sind sie dem gleichen Systeme geopfert worden. Wo immer aber Deutsche stehen, denen Liebe und Treue zu Volk und Heimat kein leerer Wahn sind, werden sie mit der gleichen Todesfreudigkeit den Weg der Pflicht bis zum Ende gehen. - Heute nach 3 Jahren stehen wir wieder an den Gräbern unserer ersten Opfer: Das Sturmläuten kündet der Gegenwart und der Nachwelt, dass wir das Andenken der Helden nicht vergessen haben, sondern heilig gehalten haben und im innersten Winkel unseres Herzens bewahren. Mehr können wir augenblicklich nicht tun. Aus dem heldenmütigen Sterben unserer Brüder aber möge uns der Mut und die Kraft erwachsen, trotzig auszuhalten, getreu unserer Sendung bis zur Erfüllung der Zeit. Einst wird kommen der Tag...

Die Unterzeichneten fragen daher an, ob der Herr Minister bereit ist, endlich die entsprechende Vorsorge zu treffen, dass dieses, jeder Demokratie hohnsprechende Vorgehen der mit der Zensur betrauten Organe einige teilt wird.

Prag, am 15. November 1924.

Ing. Kallina, Dr. Lodgman, Dr. Brunar, Dr. Lehnert, Dr. Keibl, Dr. E. Feyerfeil, Dr. Jabloniczky, Palkovich, Dr. Körmendy-Ékes, Füssy, Bobek, Dr. Lelley, Böhr, Dr. Korláth, Matzner, Schälzky, Dr. Radda, Mark, Dr. Schollich, Schubert, Kraus, Szentiványi.

Pùvodní znìní ad V./5013.

Interpellation

der Abgeordneten Dr. Wenzel Feierfeil, Dr. Luschka, Georg Scharnagl, Budig und Genossen

an die Regierung

betreffend den Fond für die Versorgung der Angestellten des Grossgrundbesitzes.

In dem Entschädigungsgesetze vom 8. April 1920 § 73 wird bestimmt, dass bei der allgemeinen Pensionsanstalt in Prag ein Fond zur Versorgung der Angestellten des Grossgrundbesitzes errichtet wird. Zu diesem Fond hat der Staat ein für allemal den Betrag von 5 Millionen Kronen beizusteuern. Ferner sind alle Eigentümer von beschlagnahmen, jedoch bisher nicht übernommenen Grossgrundbesitzen verpflichtet, zu diesem Fonde jährlich 3 Kronen für den Hektar Boden zuzuzahlen. Durch die Regierungsverordnung vom 17./IX. 1920 wird bestimmt, dass diese jährliche Zuzahlung auf 5 Kronen pro Hektar zu erhöhen ist.

Die Unterfertigten fragen an:

Ist die Regierung bereit, mitzuteilen, welche Höhe dieser Fond bisher erreicht und wie er verwaltet wird?

Prag, am 11. Dezember 1924.

Dr. W. Feierfeil, Dr. Luschka, Scharnagl, Budig, Zierhut, Böllmann, Dr. Petersilka, Dr. Spina, Sauer, Simm, Schälzky, Kostka, Böhr, Heller, Mark, Dr. Kafka, Patzel, Køepek, J. Mayer, Ing. Jung, Knirsch, Wenzel.

Pùvodní znìní ad VI./5013.

Interpellation

der Abgeordneten Dr. Wenzel Feierfeil, Dr. Luschka, Georg Scharnagl, Budig und Genossen

an die Regierung

betreffend die Zuteilung von Restgütern und den Verkauf von ganzen Grossgrundbesitzen.

Selbst aus den Reihen der Koalitionsparteien heraus wird über die Tätigkeit des Bodenamtes, namentlich was die Zuteilung des enteigneten Bodens, insbesondere der Restgüter betrifft, schwere Klage geführt. Es sei nur erinnert an die Kritik, welche diese Tätigkeit in der Aussprache über den Staatsvoranschlag durch Mitglieder der Koalitionsparteien erfahren hat. Ausserdem bringen die Zeitungen fast täglich Berichte von argen Unzukömmlichkeiten, die ohne Widerspruch und ohne Versuch einer Richtungstellung, bleiben. Es sei diesbezüglich nur erinnert was über die Zuteilung der bisherigen erzbischöflichen Herrschaft Schwaz, Bezirk Bilin, in den Blättern berichtet wird. Danach hätte die Gemeinde Schwaz ein fast im eine Million Näheres Angebot gemacht als ein Privater und doch wurde der Besitz diesem zugewiesen, und nicht der Gemeinde.

Auch erscheinen immer wieder Zeitungsberichte, welche dartun, dass die neuen Zuweisungen oft das Höchtsmass von 150 ha bezw. 250 ha übersteigen. Mit Zustimmung des Bodenamtes geschehen Verkäufe von ganzen Grossgrundbesitzen an neue Besitzer, auch über das Höchtsausmass. Die erwähnte Herrschaft Schwaz ist hiefür ein Beispiel.

Es erscheint dringend notwendig, dass darüber authentische Mitteilungen erfolgen. Man kann nicht sagen, dass die bisherigen Verlautbarungen des Vertreters des Bodenamtes eine ausreichende Aufklärung gebracht hätten.

Die Unterfertigten stellen daher folgende Anfragen:

1. Ist die Regierung bereit, ein Verzeichnis darüber zu veröffentlichen, wem Restgüter zugeteilt worden sind, und dieses Verzeichnis nach Ablauf einer gewissen Zeit immer zu ergänzen?

2. Ist die Regierung bereit, dein Zuteilungspreis für jedes einzelne bisher zugeteilte Restgut und ebenso das Flächenausmass jedes einzelnen Restgutes bekanntzugeben?

3. Ist die Regierung bereit, ein Verzeichnis jener Grossgrundbesitze zu veröffentlichen, die mit Zustimmung des Bodenamtes auf dem Wehe des sogenannten freihändigen Verkaufes in andere Bände übergegangen sind, und auch hier den Namen des neuen Besitzers, das Flächenausmass und den Kaufpreis kundzutun?

Prag, am 11. Dezember 1924.

Dr. W. Feierfeil, Dr. Luschka, Scharnagl, Budig, Böhr, Zierhut, Køepek, Böllmann, Dr. Spina, Heller, Mark, Sauer, Dr. Kafka, Dr. Petersilka, Schälzky, Kostka, Wenzel, Simm, Knirsch, Patzel, Ing. Jung, J. Mayer.

Pùvodní znìní ad VIII./5013.

Interpellation

des Abgeordneten Kraus und Genassen

an den Justizminister

wegen Uebergriffe der Staatsanwaltschaft in B. Leipa und der durch keine gesetzlichen Bestimmungen gerechtfertigten Verhaftung des Beamten der nordböhmischen Häuteverwertung in B. Leipa.

Am Staatsfeiertage hat der Schuhmacher Linka in B. Leipa, Postgasse, eine rot-weisse Fahne, also keine Staatsfahne gehisst. In der Frühe stellte es sich heraus, dass die Fahne heruntergerissen, verknotet und zerschnitten war. Gleichzeitig wende in dem 500-Schritte entfernten Národní dùm, dem èechischen Vereinshause eine riesig grosse und lange Leiter gefunden, die nur von mehreren Personen dorthin geschafft worden sein konnte. Die Fahne des Národní dùm war aber unversehrt, woraus die Gendarmerie den scharfsinnigen Schluss ableitete, dass jemand versucht habe, auch beim Národní dùm die Staatsfahne herunterzureissen.

Trotzdem die Ortspolizei eine Funktion der Gemeinde ist, hat die Gendarmerie sofort Erhebungen gepflogen, welche von der Voraussetzung ausgingen, dass nur ein guter Deutscher der Täter sein kann; dadurch war den Erhebungen vom ersten Augenblick eine einseitige Richtung gegeben. Bezeichnend war es, dass in der Frühe, als diese Fahnengeschichte ruchbar wurde, sofort eine grosse Anzahl von Fotografen aufmarschierte und die heruntergerissene Fahne fotografierten. Wenige Stunden später fand eine unangemeldete Versammlung der èechischen Minderheit statt, an der sich 800 Personen aus der weitesten Umgebung zusammenfanden. Es war aber notwendig, dass bis zu dieser Versammlung ein Täter gefunden werden musste. Die Gendarmerie hat nun in allen Gasthäusern wo die Sperrstunden behördlich verlängert wurden, Nachforschungen gepflogen, um herauszufinden, welche Deutsche zwischen 3-1/25 Uhr morgens die mutmassliche Zeit der Tat in den Gasthäusern noch anwesend waren. Èechische Kreise sprachen sofort den Verdacht aus, dass der Täter nur Herr Knechtl sein könne, welcher schon früher von 3 frechen blutig geschlagen wurde. Man hat sofort von dieser Seite den Verdacht auf den genannten Herrn gelenkt, worauf er verhaftet wurde, was die Staatsanwaltschaft, da Verdachtsbeweise nicht vorlagen, dadurch zu begründen versuchte, dass die Festnahme deswegen erfolgt sei, um Knechtl von Aalgriffen der èechischen Minderheit zu schützen.

Anstatt nun jene festzunehmen, die Drohungen gegen ihn ausgestossen hatten, hat sich in der Rechtspflege der auch in der Èechoslovakei seltene Fall ereignet, einen Unschuldigen zu verhaften, um ihn vor den Gewalttaten einer kleinen èechischen Minderheit in einer rein deutschen Stadt zu schützen.

Die ganze Fahnengeschichte hat aber einen politischen Hintergrund: Die èechische Minderheit will, dass die Regierung die Stadtvertretung in B. Leipa auflöst, was daraus hervorgeht, dass der èechische Stadtrat Franz Hanuš am 16: Oktober in einer Stadtratssitzung in B. Leipa den Antrag stellte, das Rathaus und die Gemeindegebäude zur Feier der Beendigung des Westkriege und der Errichtung der Èechoslovakischen Republik mit Staatsahnen zu schmücken. Der Antrag wurde allerdings abgelehnt. Eine Berufung des Herrn Hanuš von der Stadtvertretung wurde abgewiesen. In der vorhergegangenen Sitzung der Rechtsabteilung der Stadt B. Leipa hat der Minderheitsvertreter Staatsanwalt Kotek mit der Auflösung der Gemeindevertretung und Ersatz derselben durch Einsetzung einer Verwaltungskommission gedroht, welcher Herr in der kritischen Zeit sich ebenfalls in einem Gasthause aufhielt und mit der Leitung der Untersuchung bis zur Verhaftung betraut wunde. Alle Versuche des Rechtsanwaltes Dr. Miegel welcher die Vertretung des Herrn Knechtl übernommen hatte, die Freilassung durchzusetzen, mussten unter solchen Verhältnissen scheitern. Die Zeugenaussagen, die Herrn Knechtl entlasten mussten, wurden viele Tage hinausgezogen. Sie wären aber geeignet gewesen, die Sachlage in einem ganz anderen Lichte dar zustellen. Die Leiter die unnatürlich gross und schwer ist, dass sie der kleine Knechtl nicht erschleppen konnte, ist dem Fleischermeister Kretschmer gestohlen worden, welcher dieselbe an einer versteckten Stelle in seinem Garten verwahrt hatte, wovon Knechtl, der noch nie dort war, keine Ahnung hatte. Herr Kretschmer und seine Familienangehörigen und 2 Gehilfen waren die ganze Nacht zu Hause; Kenntnis von der Aufbewahrung der Leiter hauen ausserdem der im Hause wohnhafte Èeche Korza und ein èechischer Malergehilfe, der einmal die Leiter geborgt hatte. Die Leiter wurde vor dem Národní dùm hingelegt, um einen Angriff auf dieses Gebäude zu fingieren, was schon dadurch richtig erscheint, dass an der Leiter 5 Sprossen fehlen und die beiden Seitenteile derselben beim Anlegen der Leiter auseinandergehen mussten. Ohne Leiter konnte beim Schuhmacher keine Fahne heruntergenommen werden, sodass von den Tätern eine sondere Leiter benützt hätte werden müssen, wenn eine solche überhaupt für das Herunterreissen der Fahne verwendet wunde.

Die Unterfertigten stellen daher an den Herrn Justizminister die Anfragen:

1. Ob ihm die geschilderten Verhältnisse bekannt sind,

2. was er zu tun gedenkt, den schuldlos Verhafteten entsprechend zu entschädigen und, falls seine Enthaftung noch nicht erfolgt ist, eine sofortige entsprechende Weisung an das Kreisgericht in B. Leipa gelangen zu lassen,

3. ob er geneigt ist, die Staatsanwaltshaft in B. Leipa zu veranlassen, die Erhebungen nach dem Täter nicht einseitig zu führen und damit einen objektiven Besamten zu betrauen?

Prag, am 3. Dezember 1924.

Kraus, Dr. Lodgman, Dr. Brunar, Budig, Dr. Medinger, Böhr, Mark, Bobek, Dr. Keibl, Dr. E. Feyerfeil, Matzner, Ing. Kallina, Schälzky, Ing. Jung, Simm, J. Mayer, Wenzel, Knirsch, Dr. Lehnert, Dr. Schollich, Dr. Radda.

Pùvodní znìní ad IX./5013.

Interpellation

der Abgeordneten Dr. Lodgman, Knirsch und Genossen

an den Justizminister

wegen grober Vergehen von Gefangenen Aufsehern.

Vor einigen Monaten hatte der Aufseher Sus, ein Legionär, den Aufsichtsdienst am Hofe der Strafanstalt Pilsen-Bory, während die Sträflinge ihren vorgeschriebenen Ausgang von einer Stunde absolvierten.

Ein Offiziersanwärter trat an ihn heran und fragte ihn, wer von den Sträflingen der berüchtigte Abgeordnete Baeran sei, man solle doch mit diesem Menschen keine Geschichten machen.

Aufseher Sus zeigte hierauf ostentativ mit der Hand auf Baeran und gab laut vor allen Sträflingen zur Antwort, dass mit diesem Menschen ohnedies keine Geschichten gemacht wenden. Wir behandeln ihn wie jeden anderen gemeinen Verbrecher, weil wir überzeugt sind, dass der Mensch schon längst hätte hingerichtet werden müssen. Bongen Sie mir Ihren Revolver und ich schiesse diesen Hund hier sofort nieder.

Ueber die Beschwerde Baerans bei der Hauskommission wurde der Fall untersucht, die Angelegenheit wurde der Disziplinarkammer übergeben und nach einigen Wochen kam das Erkenntnis, dass der Aufseher Sus mit einer - Regel - bestraft wird, welche ein illusorisches dreijähriges Beförderungshindernis bildet.

Dieses im Vergleich zur begangenen Tat sehr gelinde Straferkenntnis musste umsomehr auffallen, als der genannte Aufseher Sus schon mehrere Anstände im Dienste hatte und schon vorher mit mündlichen Rügen bedacht war.

Die Roheit des Vorfalles veranlasst die Gefertigten an den Herrn Justizminister die Fragen zu stellen:

1. Ob ihm der Tatbestand bekannt ist?

2. Ob ihm das gelinde Strafausmass als genügende Sühne für diesen unglaublichen Vorfall erscheint,

3. was er zu tun gedenkt, um derartige brutale Akte von Aufsichtspersonen für die Zukunft zu verhindern und

4. ob er die Versicherung abgeben kann, dass diese Legionären Ausfälle nur vereinzelt vorkommen oder aber die Gerüchte auf Wahrheit beruhen, dass Baeran von den Legionären zu wiederholtenmalen auf das Schwerste attakiert worden ist?

Prag, am 10. Dezember 1924.

Dr. Lodgman, Knirsch, Dr. Schollich, Matzner, Dr. Brunar, Ing. Jung, Wenzel, Patzel, Zierhut, J. Mayer, Windirsch, Heller, Böllmann, Stenzl, Schubert, Dr. Spina, Simm, Dr. Keibl, Dr. E. Feyerfeil, Kraus, Dr. Lehnert, Dr. Radda.

Pùvodní znìní ad X./5013.

Interpellation

der Abgeordneten Josef Patzel, Dr. Spina, Dr. Schollich, Dr. W. Feierfeil und Genossen

an den Minister des Innern betreffend das Vorgehen der politischen Behörden gegenüber einem Ausflug deutscher Hochschüler nach Aussig a. E.

Der Lese- und Redeverein deutscher Hochschüler Germania in Prag hatte für die Tage vom 5. bis 7. Dezember eine Studienreise nach Aussig geplant und der politischen Behörde zur Anzeige gebracht. Ueber den Charakter der Reise unterrichtet am besten die wörtliche Anführung der Anzeige des Vereines an die Aussiger politische Bezirksverwaltung.

Löbliche

politische Bezirksverwaltung

Aussig a. E.

Der gefertigte Lese- und Redeverein deutscher Hochschüler Germania in Prag teilt der löblichen politischen Bezirksverwaltung in Aussig zwecks gefälliger Kenntnisnahme mit:

Die Teilnehmer kommen am Freitag, den 5. Dezember 1924 um 16.46 h am Hauptbahnhofe Aussig an und begeben sieh sofort in die Quartiere.

Am Samstag, 6. Dezember, finden Besichtigungen der Firmen Schäffler und Budenberg und des städtischen Gaswerkes unter Führung von Fachleuten der Firmen und der beiden Direktoren gemeinsam mit den Professoren der Prager Universität und der deutschen technischen Hochschule statt. Am Nachmittag wird im Vereine mit den Professoren der Prager deutschen Hochschulen die. Bücherei und Lesehalle der Stadt Aussig als derzeit grösste Einrichtung dieser Art in der Èechoslovakischen Republik besucht, die Führung wurde von Herrn Professor Martin übernommen.

Am Sonntag begibt sich eine Abordnung der Teilnehmer um 11 Uhr zum Stadtrate, um ihm seine Aufwartung zumachen. Am Nachmittage findet um 2 Uhr eine Unterhaltung mit Tanz auf der Bergwirtschaft Ferdinandshöhe des Gebirgsvereines in Aussig statt.

Der Besuch der am Freitag, 5. Dezember, stattfindenden Festvorstellung Lohengrin zu Gunsten der Germania im Aussiger Stadttheater und der Besuch des Völkischen Abends in der Turnhalle wurde den Teilnehmern empfohlen, bezw. freigestellt.

Die Veranstaltungen des Vereines finden bei freiem Eintritt statt, für Ruhe und Ordnung bei diesen Veranstaltungen bürgt der Verein durch seine Funktionäre.

Prag, am 1. Dezember 1924.

Aus dieser Ankündigung ist der Charakter der Reise als einer Studienreise mit anschliessenden gesellschaftlichen Veranstaltungen klar ersichtlich und es konnte bei einem anständig denkenden und geistig normal veranlagten Menschen darüber ein Zweifel gar nicht obwalten. Trotzdem fanden es die politischen Behörden für gut, diesen Ausflug zu verbieten. Der Verein erhielt am 4. d. M. folgende Verständigung:

Politische Bezirksverwaltung Aussig.

Zl. 15.732.

Am 2./XII. 1924.


An den

Lese- und Redeverein deutscher Hochschüler Germania

 

in Prag,

Ktakovská ul. 15.


zu Handen des Obmannes des Vereines.

Dem Gesuche de present. 2. XII. 1924 um Bewilligung der Veranstaltung einer Fahrt nach Aussig für die Tage 5., 6, und 7. Dezember 1924 hat die politische Bezirksverwaltung keine Folge gegeben und verbietet die Veranstaltung der Fahrt.

Gründe:

Ohne Rücksicht darauf, dass das Gesuch ungestempelt ist, das Gesuch von der Bewilligung der Polizeidirektion in Prag zu dieser Fahrt keine Erwähnung macht, weiters, dass der Vorsitzende und Schriftführer des Vereines auf denn Gesuche als solche nicht ausdrücklich bezeichnet sind und das Gesuch zu spät, d, h. nicht 3 Tage vor der Veranstaltung überreicht wunde, wie es der § 2 des Versammlungsgesetzes vom 15. XI. 1867, Zl. 135, R. G. Bl. vom 15. Oktober 1901, Zl. 370 Hye No. 1088 fordert, wird die Fahrt im Grunde des § 6 des cit. Gesetzes aus Gründen des öffentlichen Wohles und der öffentlichen Sicherheit, die gefährdet sein könnte, verboten, weil die Bevölkerung von Aussig gegen die Veranstaltung der Fahrt bei der politischen Bezirksverwaltung schriftlich protestiert hat.

Gegen diesen Bescheid kann binnen 8 Tagen die Berufung an die politische Landesverwaltung Prag bei der politischen Bezirksverwaltung Aussig eingebracht werden. Dieser wird jedoch im Grunde des § 23 der Ministerialverordnung vom 17. März 1855, Zl. 52 die aufschiebende Wirkung abgesprochen.

Der Regierungsrat:

Sedláèek m. p.

Dieses Verbot und seine Begründung sind in ihrer Art einfach ungeheuerlich, sie schlagen jeden Rechtsempfinden ins Gesicht. Wenn die politische Landesverwaltung in Prag den Rekurs dieses Vereines gegen diese Verfügung abgewiesen und das Ministerium des Innern, trotzdem es rechtzeitig auf den Sachverhalt durch persönliche Vorsprachen aufmerksam gemacht worden war, diese ungerechtfertigte Massnahme nicht aufgehoben hat, so waren sie sich offenbar über die Verhältnisse nicht vollständig im Klaren. Es dürfte in der Welt einzig dastehen, dass man ohne in den wirklichen Grund eine von einem studentischen Verein eingeleitete Studienreise von Hochschülern untersagt. Die Anmeldung dieser Studienreise wäre im Uebrigen gar nicht notwendig gewesen sondern höchstens die Anmeldung eines öffentlichen Aufzuges. Geradezu als Frechheit muss die Behauptung des Leiters der politischen Bezirksverwaltung Aussig bezeichnet wenden, die Bevölkerung von Aussig habe gegen diesen Ausflug protestiert. Die Wahrheit hierüber ist aus folgender Zuschrift des Aussiger Bürgermeisteramtes klar ersichtlich:

An die

Politische Landesverwaltung

Prag.

Die im Erlass der polit. Bezirksverwaltung Aussig Zl. 75.732 aufgestellte Behauptung, dass die Bevölkerung Aussigs gegen die Veranstaltung der Fahrt des Lese- und Redevereines deutscher Kochschüler Germania bei der politischen Bezirks Verwaltung schriftlich protestiert hat, ist unrichtig. Die Bevölkerung Aussigs freut sich, Hochschüler in ihrer Mitte begrüssen zu können und hat freiwillig für Kost und Wohnung vorgesorgt; nur ein Teil intransigenter Elemente kann daher protestiert haben, was natürlich ausdrücklich hätte festgestellt werden müssen. Die Behauptung ist geeignet, den bewährten Ruf der Stadt Aussig als gastfreundlicher Stadt zu schädigen.

Ich protestiere daher namens der Bevölkerung als deren freigewählter Bürgermeister gegen die Aufstellung derart unwahrer, den Ruf der Stadt schädigender Behauptungen durch die politische Bezirksverwaltung.

Aussig, am 4. Dezember 1924.

 

Dr. Schöppe,

Bürgermeister.


Diesem ungeheuerlichen Verhalten des Leiters der politischen Bezirksverwaltung Aussig, den Prager deutschen Studenten einen Studienausflug in eine zu 841 deutsche Stadt verbieten zu wollen, reihte sich eine weitere Massnahme an, ein Farbenverbot, in dem er angeblich Im Interesse der Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung unter Androhung der Anwendung des berüchtigten Prügelpatentes ein Verbot des Tragens von Kappen und Bändern erliess.

Unabhängig von den oben genannten Veranstaltungen fand Sonntag vormittag in der deutschen Turnhalle in Aussig eine von den deutsch-arischen Parteien in Aussig einberufene Versammlung mit der Tagesordnung Kundgebung für die Verlegung der deutschen Hochschulen statt. In der Versammlung verlangte der anwesende Regierungskommissär Dr. Sachs von den Studenten im geschlossenen Saale das Ablegen ihrer studentischen Abzeichen. Es dürfte schwer fallen zu behaupten, dass durch das Tragen studentischer Abzeichen in einer deutschen Versammlung die Ruhe und Ordnung gestört werden konnte. Als dann ein reichsdeutscher Student den sudetendeutschen Studenten kollegiale Grüsse überbrachte, löste der Regierungsvertreter die Versammlung auf, weil einige Studenten entgegen seinem Verbote ihre Abzeichen getragen hätten und weil ein Ausländer über Politik gesprochen habe. Sicherlich findet sich in keinem Gesetze der Republik eine Bestimmung, welche dies untersagt. Als dann die Studenten in zweier Reihen einen Spaziergang auf denn Marktplatz unternehmen wollten, wurden sie von der Gendarmerie auseinander getrieben und der Marktplatz abgesperrt.

Dieses Verhalten der Behörden erscheint angesichts der soviel betonten Demokratie ungeheuerlich und unerklärlich. Hiebi gehen die Behörden offensichtlich darauf aus, den deutschen Hochschülern nicht nur die öffentliche Betätigung in Prag, sondern auch in deutschen Provinzstädten vollständig unmöglich machen zu wollen. Eine offensichtlich bestellte Protestkundgebung vom ein paar Chauvinisten genügt, um die Behörden zu T Massnahmen zu veranlassen, welche der deutschen Bevölkerung die staatsbürgerlichen Rechte auf dem eigenen Heimatboden unterbinden.

Wir fragen den Herrn Minister:

1. Billigt der Herr Minister das Vorgehen der politischen Bezirksverwaltung Aussig?

2. Ist der Herr Minister bereit festzustellen, dass die von der politischen Bezirksverwaltung Aussig erlassenen Verbote ungerechtfertigt und durch vollständig unwahre Angaben begründet wunden?

3. Hält es der Herr Minister für ein Unrecht, deutschen Hochschülern eine Studienreise zu verbieten und die Begrüssung des deutchen Bürgermeisters von Aussig untersagen zu wollen?

4. Oder glaubt der Herr Minister, dass die erwähnten Massnahmen mit den Grundsätzen der Demokratie vereinbar sind?

Prag, am 10. Dezember 1924.

Patzel, Dr. Spina, Dr. Schollich, Dr. W. Feierfeil, Zierhut, Dr. Lodgman, Dr. Brunar, Dr. E. Feyerfeil, Kraus, Böhr, Matzner, Dr. Lehnert, Simm, Knirsch, Wenzel, Heller, Böllmann, Sauer, Dr. Radda, Schälzky, Budig, Dr. Luschka.

Pùvodní znìní ad XI./5013.

Interpellation

des Abgeordneten Ing. Othmar Kallina und Genossen

an den Minister des Innern

in Angelegenheit einer zweiten Ausfertigung (Duplikat) der szt. erteilten Bewilligung zum Tragen der Schläger und der Vereinsfahne des Deutschen Turnvereines in Marienbad.

Der Deutsche Turnverein in Marienbad erhielt im Jahre 1886 von der Bezirkshauptmannschaft in Tepl die Bewilligung zum Tragen der Vereinsfahne und der Schläger. Bei einem ausgebrochenen Brande wurde das Archiv des Turnvereines vollständig vernichtet und hiebei auch die Ausfertigung obgenannter Bewilligung. Nunmehr wunde die Leitung des Turnvereines vom staatlichen Polizeikommissariate aufgefordert, den Nachweis zu erbringen, dass der Verein zum Tragen der Fahne berechtigt sei. Der Deutsche Turnverein in Marienbad wendete sich infolge dessen an die politische Bezirksverwaltung in Tepl mit denn Ersuchen um Ausfertigung einer Abschrift des gerannen Bewilligungserlasses; diese teilte jedoch mit, dass die gesamten diesbezüglichen Akten szt. der neugegründeten Bezirkshauptmannschaft in Marienbad übergeben werden. Letztere wiederum gab auf Grund des gleichen Ersuchens bekennt, dass die Akten im Dezember 1923 dem neuerrichteten Polizeikommissariate über geben wurden. Es ist mithin bewiesen, dass sich das Original des Bewilligungserlasses beim staatlichen Polizeikommissariate befindet und es ist aus diesem Grunde vollständig unverständlich, warum das staatliche Polizeikommissariat, statt in den ihm vorliegenden Akten selbst nachzusehen, vom Deutschen Turnverein in Marienbad die Bewilligung fordert, obwohl ihm bereits gemeldet wurde, dass beim Brande des Archivs das diesbezügliche Papier der Vernichtung anheimgefallen ist.

Es ist überdies bezeichnend, dass die neuerrichteten staatlichen Polizeikommissariate in Westböhmen ihre Haupttätigkeit in der Richtung entwickeln, dass sie von sämtlichen deutschen Vereinen, die vor Jahrzehnten das Recht, Fahnen zu tragen, behördlich erwirkt haben, die Vorlage der diesbezüglichen Bewilligungsakten fordern. Ich möchte bei dieser Gelegenheit nur darauf verweisen, dass das Karlsbader Polizeikommissariat auf Betreiben des Herrn Regierungsrates Jan Sigl in der gleichen Weise gegen die deutschen Vereine vorgeht, um Ihnen allerhand Schwierigkeiten zu bereiten. So konnte bezüglich des Turnvereines in Fischern der Beweis erbracht werden, dass die Originalakten beim Polizeikommissariate in Karlsbad vorlagen und trotzdem der genannte Turnverein gezwungen werden sollte, die vor Jahrzehnten erhaltene Bewilligungsausfertigung vorzulegen. In diesem Vorgehen kann nur eine Schikanierung der deutschen Vereine erblickt werden, was unseres Erachtens nicht Aufgabe und Zweck der Errichtung staatlicher Polizeikommissariate sein kann.

Die Unterfertigten stellen daher an den Herrn Minister die Frage, ob er bereit ist, das Polizeikommissariat in Marienbad beauftragen, mit Rücksicht auf den geschilderten Tatbestand die in Rede stehende Bewilligung aus den ihm von der pol. Bezirksverwaltung übergebenen Akten selbst herauszusuchen und dem Ersuchen des Deutschen Turnvereines in Marienbad um Ausfertigung einer Abschrift (Duplikat) ehestens Folge zu gelben?

Prag, am 12. Dezember 1924.

Ing. Kallina, Kraus, Dr. Brunar, Dr. Keibl, Dr. Lodgman, Dr. E. Feyerfeil, Dr. Lehnert, Dr. Radda, Windirsch, Pittinger, Mark, Kaiser, Dr. W. Feierfeil, Zierhut, Schubert, Dr. Spina, J. Mayer, Dr. Medinger, Dr. Schollich, Matzner, Dr. Hanreich.

 

 

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