Pùvodní znìní ad I./4462

Interpellation

der Abgeordneten Dr. Keibl, Vinzenz, Kraus und Genossen an den Minister des Innern betreffend die Zusammensetzung der Rumburger Bezirksverwaltungskommision.

Die politische Landesverwaltung in Prag hat die politische Bezirksbehörde in Rumburg veranlaßt, die politischen Parteien auf Grund des von ihr festgesetzten Schlüssels aufzufordern, innerhalb einer Frist von 10 Tagen, d. i. bis 9. Feber 1924 Vorschläge von Mitgliedern in die neu zu ernennenden Bezirksverwaltungskommission zu erstatten.

Dabei hat die politische Landesverwaltung folgenden Schlüssel festgesetzt:

Sozialdemokraten 12, Kommunisten 4, Christlichsoziale 6, Bund der Landwirte 6 Nationalsozialisten 4, Èechen 4, zusammen 36 Mitglieder.

Dieser Schlüssel entspricht in keiner Weise den gegebenen Verhältnissen.

Die politische Landesverwaltung in Prag hat die deutsche Nationalpartei, welche bei den letzten Gemeindewahlen vom Bezirke Rumburg 2717 Stimmen erhielt und die drittstärkste Partei ist, überhapt nicht berücksichtigt.

Im Bezirke Rumburg haben die Parteien folgende Stimmenzahl auf sich vereinigt:

Nationalpartei 2717, Christlichsoziale Partei 3825, Bund der Landwirte 1225, Nationalsozialisten 1248, Gewerbepartei 385, Sozialdemokraten 4640 Kommunisten 1543, Èechen 178 Stimmen.

Bei 36 zu ernennenden Personen müßte der gerechte Schlüssel folgendermaßen lauten:

Nationalpartei 6, Christlichsoziale 9, Bund der Landwirte 3, Nationalsozialisten 3, Gewerbeparte: 1, Sozialdemokraten 11 Kommunisten 3, Èechen kein Mandat.

Die Bezirksparteileitung der Deutschen Nationalpartei in Rumburg hat bei der politische Bezirksverwaltung gegen dieses Vorgehen der politischen Bezirks- und Landesverwaltung sofort protestiert.

Dem Proteste ist aber keine Folge gegeben worden. Da es somit den Anschein hat, als ob die Deutsche Nationalpartei absichtlich von den maßgebenden Regierungsstellen von der Anteilnahme an der Bezirksverwaltung ausgeschlossen werden soll, stellen die Gefertigten an den Herrn Minister die Anfragen:

1. Sind dem Herrn Minister die geschilderten Tatsachen bekannt?

2. Was gedenkt der Herr Minister zu veranlassen um die Folgen dieser zweifellosen Willkür zu beseitigen und der Deutschen Nationalpartei de ihr gebührende Anzahl der Mandate in der Rumburger Bezirksverwaltungskommission zu sichern?

Prag, am 6. März 1924.

Dr. Keibl, Kraus,

Knirsch, Patzel, Dr. Medinger, Böhr, Bobek, Dr. Spina, Wenzel, Schälzky, Dr. Schollich, Dr. Radda, Dr. Lehnert, Budig, Ing. Jung, Dr. Luschka, Dr. Lodgman, Ing. Kallina, Dr. Brunar, Matzner, Windirsch, J. Mayer.

Pùvodní znìní ad II./4462.

Interpellation

des Abgeordneten Dr. Edwin Feyerfeil und Genossen an den Minister des Innern wegen eines Vortragsverbotes seitens der politischen Landesverwaltung Prag.

Der Bezirksverband Budweis des Deutschen Akademikerverbandes hatte im Wege der politischen Bezirksverwaltung Budweis bei der polit. Landesverwaltung Prag um die Bewilligung zur Veranstaltung von wissenschaftlichen Reisevorträgen des Dozenten Dr. Autenried aus Berlin über Indien angesucht. Dieses, am 8. Dezember 1924 überreichte Ansuchen wurde am 21. Jänner 1924 abweislich beschieden mit der Begründung. daß derartige Bewilligungen eingeschränkt werden müssen.

Dieses Verbot und seine unerhörte Begründung kann nur einer allgemeinen Bildungsfeindlichkeit des betreffenden Referenten der politischen Landesverwaltung oder seinem nationalen Fanatismus entspringen, aus dem heraus der Referent der Ansicht ist, daß Bildungsbestrebungen des deutschen Volkes in diesem Staate tunlichst zu unterdrücken sind. Auf jeden Fall aber wird durch das Verbot und seine Begründung die Verwaltung des èsl. Staates auf das schwerste bloßgestellt.

Wir fragen daher den Herrn Minister:

Gedenkt er den schuldtragenden Referenten zur Verantwortung zu ziehen und ähnliche Betätigungen der Bildungsfeindlichkeit oder eines krankhaften Chauvinismus dieses Beamten hintanzuhalten?

Prag am 6. März 1924.

Dr. E. Feyerfeil,

Dr. Lodgman, Knirsch, Patzel, Dr Schollich, Dr. Brunar, Simm, Ing. Jung, Dr. Keibl, Budig, Dr Lehnert, Matzner, Dr. Radda, Kraus, Dr. Medinger, Bobek, J. Mayer, Windirsch, Ing. Kallina, Böhr, Scharnagl.

Pùvodní znìní ad III./4462.

Interpellation

des Abgeordneten Dr. Edwin Feyerfeil und Genossen an den Minister des Innern wegen Übergriffen der Gendarmerie und der politischen Bezirksverwaltung in Krummau.

Laut Zeitungsnachrichten hat die Gendarmerie in Krummau über Auftrag der politischen Behörde in dem Schwarzenberg'schen Bräuhause in Krummau Erhebungen darüber gepflogen, wieviel deutsche und wieviel èechische Arbeiter beschäftigt sind und welchen politischen Parteien die einzelnen Arbeiter angehören.

Wir fragen den Herrn Minister, ob er geneigt ist dieses gesetzlich völlig unbegründete Vorgehen strengstens untersuchen zu lassen und die ihm unterstehenden Organe, die sich eine derartige Überschreitung ihrer Amtsbefugnisse haben zuschulden kommen lassen, zur Verantwortung zu ziehen und zu bestrafen.

Prag, am 6. März 1924.

Dr. E. Feyerfeil, Dr. Schollich, Patzel, Dr. Lodgman, Dr. Brunar, Kraus, Böhr, Windirsch, Ing. Kallina, Dr. Lehnert, Matzner, Dr. Radda, Wenzel, Bobek, J. Mayer, Ing. Jung, Dr. Keibl, Knirsch, Simm, Budig, Dr. Luschka.

Pùvodní znìní ad IV./4462.

Interpellation

des Abg. Dr. Schollich und Genossen an den Eisenbahnminister betreffend den Sprachengebrauch bei der Eisenbahnverwaltung.

Von allen Prager Zentralstellen besitzt das Eisenbahnministerium die meisten Chauvinisten. Wie deutsche Blätter vor einiger Zeit gemeldet haben, suchte ein gewisser Dr. A. Bouèek in einer èechischen Fachschrift die Regierung bei der Herausgabe der Durchführungsverordnung zum Sprachengesetze zu beeinflussen. In seiner Spitzfindigkeit weist er nach, daß der § 2 des Sprachengesetzes, welcher gewisse Bestimmungen zum Schutze der sprachlichen Rechte der Minderheiten enthält sich auf die staatliche Eisenbahnverwaltung nicht beziehen kann, weil die Eisenbahn kein Amt sondern ein Unternehmen sei.

Man sollte meinen, daß sich die Eisenbahn als Geschäftsunternehmen um sprachliche Dinge nicht kümmert, sondern auch ihren deutschen Fahrgästen und Kunden, der deutschen Industrie in sprachlicher Hinsicht Entgegenkommen zeigen muß wie dies ja bei Geschäftsleuten der ganzen Welt üblich ist. Das gerade Gegenteil ist aber nach Ansicht dieses Eisenbahnjuristen unbedingt notwendig. Nach seiner Schlußfolgerung gilt für die Eisenbahn als Unternehmung des Staates nur der § 1 des Sprachengesetzes und èechoslovakische Eisenbahnverwaltung hat es daher nicht notwendig bei Erledigung von Eingaben der sprachlichen Minderheiten auf diese Rücksicht zu nehmen. Nur in jenen Ausnahmsfällen, wo die Eisenbahnverwaltung als Amt das staatliche Aufsichtsrecht ausübt wäre eine solche Rücksichtnahme am Platze. Da aber die Eisenbahstationen keine Ämter sind so ist deshalb bei der Herausgabe der Fahrkarten, Frachtbriefe, der Tarife und der Stationsbenennungen auf die deutsche Bevölkerung keine Rücksicht zu nehmen ja, der genannte Artikelschreiber hebt hervor, daß die Eisenbahnverwaltung der deutschen Bevölkerung bisher sogar schon zu weit entgegengekommen sei und dadurch das Sprachengesetz verletzt hat.

Wenn solche Auffassungen im Eisenbahnministerium herrschen, dann wird uns so manches, was seitens dieses Ministeriums angeordnet wird, nicht Wunder nehmen. So scheint es bereits eine Auswirkung dieses Artikels zu sein, daß die ab 1. März 1924 giltigen neuen Güterund Personentarife der Staatsbahn nicht mehr wie bisher doppelprachig sondern nunmehr in èechischer Sprache erscheinen, obwohl diese Tarife für viele deutsche Interessenten äußerst wichtig und unerläßlich sind. Das Eisenbahnministerium ermächtigte lediglich eine Privatfirma, Mercy's Sohn in Prag, davon eine autorisierte Übersetzung herauszugeben, die infolge der hohen Kosten für viele deutsche Geschäfts- und Handelstreibende unerschwinglich sein wird.

In Auswirkung dieses chauvinistischen Geistes sind noch immer die Stationsbezeichnungen, Aufschriften und Kundmachungen in vielen Orten, welche mehr als 20% Deutsche haben, nur èechisch, obwohl die Ergebnisse der letzten Volkszählung der Eisenbahnverwaltung schon längst bekannt sind. Ich erwähne nur als Beispiel die Station Olmütz. Alle Versuche hier deutsche Aufschriften zu erlangen, waren bisher vergeblich und wurden mit den nichtigsten Gründen zurückgewiesen.

Ebenso sind die Kundmachungen an das reisende Publikum in den Zügen, selbst wenn diese durchwegs nur im deutschen Gebiete fahren, wie zum Beispiel Zauchtel-Bautsch, Zauchtel-Fulnek, nur einsprachig èechisch, möglicherweise aus dem Grunde, weil die deutsche Fahrgäste von Haus aus durch die Erziehung schon wissen, wie sie sich im Zuge bu benehmen haben.

Die Gefertigten fragen nun den Herrn Eisenbahnminister, ob ihm diese Zustände in seinem Amte bekannt sind und ob der Herr Minister sich in sprachlicher Hinsicht der Ansicht des Herrn Dr. Bouèek anschließt, weiters, warum der neue Güterund Personentarif nunmehr èechisch erscheint und warum die doppelsprachigen Stationsbezeichnungen noch immer nicht in Orten mit 20% deutscher Minderheit, wie Olmütz, durchgeführt wurden?

Prag, am 28. Februar 1924.

Dr. Schollich, Dr. Keibl, Dr, Lehnert, Knirsch, Ing. Jung, Patzel, Budig, Simm, Dr. Luschka, Dr. Lodgman, Dr. Brunar, Ing. Kallina, Dr. Radda, Matzner, Dr. Medinger, Dr. E. Feyerfeil, Kraus, Wenzel, Bobek, J. Mayer, Windirsch.

Pùvodní znìní ad X./4462.

Interpellaion

der Abgeordneten Dr. Kafka, Kostka und Genossen an den Minister für Volksgesundheit wegen der Versendung von Fragebogen durch das Prager Stadtphysikat an die Ärzte, in welchen unter anderem über die Nationalität Auskunft verlangt wird.

Das Physikat des Prager Magistrates versendet soeben an die Prager Ärzte im Auftrage der politischen Landesverwaltung Formulare zwecks Zusammenstellung eines Verzeichnisses der in Prag praktizierenden Ärzte. Das Formular enthält folgende Rubriken: Wohnung, Namen, Geburtsdaten Promotionsdatum, Universität, Heimatszuständigkeit, Nationalität, Daten über den Antritt der Praxis, Beschränkung auf ein Spezialfach, und etwaige ständige Anstellung. Ganz abgesehen davon, daß den Prager Ärzten alljährlich die Ausfüllung ähnlicher Formulare zugemutet wurde und der politischen Landesverwaltung doch auch das Amtsblatt des Gesundheitsministeriums zur Verfügung steht, das alle Änderungen im Stande der Ärzte veröffentlicht, stand es der politischen Landesverwaltung frei, sich an das Prager Physikat oder an die beiden Ärztekammern um Mitteilung des Verzeichnisses der Ärzte, das übrigens auch im Druck vorliegt, zu wenden. Allerdings hätte die politische Landesverwaltung dann nur ein ganz sachliches, den Namen, die Wohnung, das Spezialfach des Arztes enthaltendes Verzeichnis erhalten. Das hätte ihr aber nicht genügt; denn es scheint sich weniger um die fachliche Gliederung der Ärzte zu handeln, sondern um ein, zu Zwecken des nationalen Chauvinismus benötigtes Verzeichnis der Ärzte deutscher Nationalität, das unter dem Deckmantel eines Verzeichnisses der praktizierenden Ärzte gewonnen werden soll. Was hätte sonst in diesem Verzeichnisse die Rubrik Nationalität zu suchen?

Die Gefertigten richten daher an den Herrn Gesundheitsminister die Anfrage:

1. Ist dem Herrn Gesundheitsminister dieser Vorgang des Stadtphysikates bekannt?

2. Welche Zwecke verfolgt diese Zusammenstellung der Ärzte und zu welchem Zwecke muß auch die Rubrik Nationalität ausgefüllt werden?

3. Warum begnügt sich das Stadtphysikat nicht mit dem, von der Äztekammer ausgegebenen Verzeichnisse?

Prag, am 6. März 1924.

Dr. Kafka, Kostka, Dr. Luschka, Heller, Zierhut, Schubert, Dr. Spina, Pittinger, J. Fischer, J. Mayer, Schälzky, Budig, Bobek, Windirsch, Stenzl, Böllmann, Dr. Petersilka, Køepek, Kaiser, Böhr, Dr. Hanreich.

Pùvodní znìní ad XI./4462.

Interpellation

des Abgeordneten Ing. O. Kallina und Genossen an den Minister des Innern in Angelegenheit des unverantwortlichen Vorgehens der politischen Bezirksverwaltung in Kaaden anläßlich der für den 4. März d. J. geplanten Gedächtnisfeier für die Märzgefallenen des Jahres 1919.

Wie alljährlich hat auch heuer wieder der Kaadener Stadtrat eine Gedächtnisfeier zur Ehrung der Todesopfer des 4. März 1919 veranstalten wollen Die politische Bezirksverwaltung in Kaaden hat auch mit Erlaß vom 29. Feber d. J. die Veranstaltung der Feier genehmigt - unverständlicherweise aber im Anlange dann die Bestimmung aufgenommen: Jede Kundgebung und jedes Verhalten des staatsfeindlichen Charakters wäre oder als solches gedeutet werden könnte ist ebenso wie jede provokative Äußerung oder Handlung untersagt.

Diese Bestimmung ist mit vollem Rechte als eine Provokation der friedliebenden, bodenständigen Bevölkerung aufgefaßt worden, da gar kein Grund vorlag, anzunehmen, daß Ähnliches beabsichtigt wäre. Die alljährlich stattgefundene Trauerfeier hat bewiesen daß die Bevölkerung nur das Andenken ihrer teuren Toten feiert. Die kleine èechische Minderheit unter Führung des sattsam bekannten Staatsbahnrates Walter hat es sich aber in den Kopf gesetzt, diese geplante Feier unbedingt zu stören wenn nicht überhaupt zu verhindern. Dem Drängen dieser Störenfriede folgend hat der Statthaltereirat Grohmann wenige Stunden nach Herausgabe des ersten Erlasses am gleichen Tage - also noch am 29. Feber - einen neuen Erlaß herausgegeben, in welchem er den bewilligten Trauerchoral, das Läuten der Kirchenglocken und das Tragen von Vereinsabzeichen verbot. Aber auch diese neuerliche Einschränkung der Feier schien der èechischen Minderheit (die einschließlich der Garnison 5% der Bevölkerung beträgt) nicht zu genügen; es wurden in der èechischen Presse Lügennachrichten und Schauermärchen verbreitet, eine Hetzversammlung mit einem Redner aus Beraun veranstaltet die den Erfolg hatte daß die politische Bezirksverwaltung am 3. März 1924 einen neuerlichen Erlaß herausgab, in welchem sie ein vollständiges Verbot der geplanten Gedächtnisfeier auf dem Friedhofe aussprach. Dieses, unter dem Drucke der èechischen Minderheit erlassene Verbot einer Totenehrung ist ein solch unmenschlicher Akt, wie er in der ganzen Welt sich nicht ereignet hat und der an Brutalität nicht übertroffen werden kann. Den Angehörigen der teuren Toten wurde nicht einmal gestattet auf den Gräbern Kränze und Blumen niederzulegen.

Die Unterzeichneten fragen daher:

Ist der Herr Innenminister bereit, die entsprechenden Maßnahmen zu treffen, daß in Zukunft eine solche Einflußnahme èechischer Berufshetzer auf die Entscheidungen staatlicher Behörden unterbleiben und ist er gewillt, der bodenständigen deutschen Bevölkerung in Zukunft die Ausübung des ursprünglichen Rechtes auf Ehrung ihrer Toten zu gewährleisten?

Prag, am 7. März 1924.

Ing Kallina, Dr. Brunar, Matzner, Dr. Medinger, Knirsch, Patzel, Dr. Luschka, Ing. Jung, Simm, Budig, Wenzel, Windirsch, Schubert, Böhr, J. Mayer, Bobek, Dr. Schollich, Dr. Radda, Dr. Lodgman, Dr. Lehnert, Dr. Keibl, Kraus, Dr. E. Feyerfeil.

Pùvodní znìní ad XII./4462.

Interpellation

des Abgeordneten Dr. Lehnert und Genossen an den Minister des Innern betreffend das Vorgehen des Polizeidirektors Schak in Reichenberg.

Zum Gedenken der am 4. Lenzings 1919 für das Selbstbestimmungsrecht gefallenen Sudetendeutschen fand in Reichenberg am 4. Lenzings d. J. eine Feier in der evangelischen Kirche statt. Zu dieser Feier sollten vom Turme der Kirche zwei Trauerchöre zur Einleitung ertönen. Dies kam der Staatspolizeibehörde durch Zeitungsmeldung zur Kenntnis. Sofort untersagte Herr Polizeidirektor Schak telephonisch und nachher schriftlich das Blasen dieser Choräle mit Rücksicht auf die Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung. Den bei ihm deswegen vorsprechenden Herren Abgeordneten Dr. Lehnert und Advokat Dr. Tertsch erklärte der Herr Polizeidirektor auf den Einwand. daß an einem solchen Trauerchoral doch wohl niemand in Reichenberg solchen Anstoß nehmen würde, daß es zu Ruhestörungen kommen könnte, ganz wohlbetont: Ich garantiere Ihnen, meine Herren, daß es zu Ruhestörungen kommen würde!

Herr Minister! Es handelt sich hier um eine Trauerfeier, die in denkbarst edler, feierlicher, gänzlich unpolitischer Weise durchgeführt wurde. Den Schmerz unseres Volkes ohne Unterschied von Klasse, Stand und Bekenntnis können die Behörden nicht dadurch lindern, daß sie je de Bekundigung dieses Schmerzes an den Tag zu legen verbieten. Das Gefühl, unterdrückt und entrechtet zu sein. wird dadurch immer mehr vertieft. Was aber besonders die Äußerung des Polizeidirektors anbelangt, so scheint sie zu beweisen, daß ihm die Ruhestörer und ihre Absicht schon bekannt waren. Da sie nur im Národní výbor und seinem Gefolge vermutet werden können, so ist nur möglich, daß diese Leute auf die Bestimmungen des Herrn Polizeidirektors bestimmenden Einfluß haben, indem er sich entweder vor ihnen fürchtet oder daß sie seinen Absichten mit ihren Drohungen entgegenkommen.

Diese Verhältnisse sind geeignet, das Vertrauen der Bevölkerung zur Sicherheitsbehörde zu erschüttern.

Wir fragen daher den Herrn Minister:

1. Sind aus Anlaß der Märzfeiern von den Oberbehörden allgemeine oder besondere Weisungen ergangen?

2. Wenn ja, wie lauten diese?

3. Hält der Herr Minister das Vorgehen des Polizeidirektors Schak für im Interesse des Staates gelegen?

4. Was gedenkt der Herr Minister zu veranlassen, daß die Polizeibehörden nicht nach Weisungen des Národní výbor handeln?

Prag, am 6. März 1924.

Dr. Lehnert, Dr. E. Feyerfeil, Patzel, Knirsch, Ing. Jung, Simm, Budig, Dr. Luschka, Dr. Radda, Dr. Schollich, Matzner, Kraus, Dr. Brunar, Dr. Lodgman, J. Mayer, Wenzel, Dr. Medinger, Dr. Spina, Bobek, Böhr, Windirsch.

Pùvodní znìní ad XIII./4462.

Interpellation

des Abgeordneten Dr. Rudolf Lodgman und Genossen an den Minister des Innern und den Justizminister in Angelegenheit der Beschlagnahme des Trautenauer Tagblattes, der Hohenelber Zeitung und des Braunauer Tagblattes vom 24. Jänner 1924.

Die obgenannten Zeitungen wurden wegen des folgenden Leitaufsatzes beschlagnahmt:

Dr. Riehl über die national-sozialistische Politik. Gegen die Parteitaktik der österreichischen Großdeutschen. Dr. Walter Riehl, der gewesene Obmann der österreichischen Nationalsozialistischen Partei, veröffentlicht am 13. ds. M. in der Wochenschrift Michel einen ausgezeichneten Aufsatz unter dem Titel Gedanken eines Nationalsozialisten, dem wir folgende Stellen entnehmen:

Unendlich viel wird über all die Vorgänge des letzten Halbjahres geschrieben. Fast alles ist parteiisch eingestellt. Ich habe schon seit langem die Dinge heranreifen gesehen, aber ich bin zu schwach gewesen dem unter den Beteiligten allein von mir erkannten Übel entgegenzutreten. Um es nur gleich zu sagen: Wenn die Hitlersche Erhebung mehr sein sollte als eine Demonstration im Sinne Schills, so war sie sachlich falsch, wenn auch gerade Kahr und die Seinen mit dem Fluche des Verrates belastet sind.

Schon seit zwei Jahren, ja seit dem Umsturze, ist es meine traurige Erkenntnis, daß eine deutsche Erhebung nur im Zuge einer ernsten, kriegerischen Auseinandersetzung zweier Sieger - oder wenigstens starker, nichtdeutscher Militärstaaten - Hoffnung auf Erfolg habe. In zahlreichen mündlichen und brieflichen Auseinandersetzungen mit Hitler und den anderen Führern, aber auch den Vaterlandstreuen uns befreundeter Völker, habe ich darauf hingewiesen, daß das deutsche Volk angesichts der heutigen Kampfmittel und unserer in der Geschichte bisher noch nie dagewesenen Schwäche und Ohnmacht, rund herausgesagt, nur an der Seite Rußlands Englands und Italiens, das neue Napoleonjoch brechen könne. Der erste Fall war zur Zeit der ungarischen Räteherrschaft und des polnischen Krieges gegeben - er wurde aus vielleicht triftigen Gründen abgelehnt. Vor eineinhalb Jahren hätte ein Konflikt Ungarns mit der Èechoslovakei den Anlaß geben können - deutschösterreichische und..... Bereitschaft vorausgesetzt!

Ganz falsch war der Glaube, daß eine innere Umwälzung in Deutschland nicht sogleich und naturnotwendig eine äußere Umwälzung zur Folge gehabt hätte. Die Frage der inneren deutschen Reinigung ist eben, wie die Dinge heute liegen, eine außenpolitische Frage, weil die Sieger an der durch Schiebertum und Marxismus bedingten deutschen Ohnmacht ein Lebensinteresse haben. Die besten Militärüberwachungskommissäre der Feinde sind eben die Bosel und Castiglione die Adler und Seitz. Solange die in Deutschland herrschten, hat... und Paris nichts zu fürchten! Und glaubt man, daß die Pressemagnaten in Paris und in der ganzen Welt nicht sofort die ihnen dienstbaren französischen und slavischen Bataillone in Bewegung setzen werden, wenn in Deutschland eine ernstliche..... einsetzt? Man sehe auf Bethlen in Ungarn, dem es gewiß schwer fällt, die Vergenferung Ungarns mit einer neuen..... seiner Heimat zu erkaufen. In irgend einer Form hat diese Internationale heute die ganze Welt im Joche - von Moskau bis Paris, nur daß die Völker die Sache nicht sehen und nur die äußeren, plumpen Gegensätze. - -

Und nun zu Salzburg: Abg. Jung und ich haben das Verfehlte in der an sich kleinen österreichischen taktischen Frage (Wahlbeteiligung) erkannt. Heute aber erkennen es uneingestanden alle. Wenn ich der ich am Parteitage selbst leider nachgab, wenigstens nachher meine Schuld mit dem politischen Ausscheiden sühnte, so geschah dies wahrhaftig nicht nur wegen der verfehlten österreichischen Politik. Mein Empfinden war, daß ich nach der Niederlage meiner alten Taktik der Vorsicht nun endgültig die Führung der deutschen Freiheitspolitik an die Münchener Sturmtaktik verloren hatte und nicht mitschuldig sein wollte, da ich nichts mehr hindern konnte.

Hatte ich im August 1920 in Salzburg alle Nationalsozialisten den Hort der deutschen Freiheitsbewegung, an die Wiener Kanzlei gekettet, deren Fäden ich spann so war jetzt 1923 die Münchener Sturmfahne über Wien, ja zum Teil sogar über das sudetendeutsche Korps siegreich. Der abwägende Historiker und Diplomat der alten Schule (Hier bezichtigt sich Dr. Riehl selbst in einer Weise, daß man objektiv feststellen muß, daß er gar kein Diplomat der alten Schule sondern ein sogar sehr moderner Mensch ist. Die Schriftltg.) hatte abzutreten.

Noch drei Wochen vor dem 9. November ein Brief: Nur wenn alle deutschen Faktoren, von Kahr bis Claß bindend zusagen und absolute Sicherheit des Mittuns in England und Italien vorhanden ist woran ich nicht entfernt glaube, ist ein Marsch nach Berlin gerechtfertigt.

Ich setzte dabei bestimmt voraus, daß vorher wenigstens innerpolitisch alles abgemacht und fest ist und daß Kahr und Hitler zusammen in Berlin einziehen werden. Aber gegen dieses Wagnis (Hitler allein) erhob ich im voraus mein Bedenken. Was tun, wenn am nächsten Tag (die marxistische Gegenbewegung wäre diesmal leichter niedergeschlagen worden, als unter Kapp) der französische Gesandte, womöglich mit allen Verbandsanhängseln, im Berliner Schlosse erscheint und binnen 24 Stunden ein Luftzeuggeschwader ankündigt?

Es hätte nur eine Antwort gegeben, um die neue Regierung zu retten: Versailles anerkennen.

Und dies wäre bei den eigenen Leuten tödlich gewesen, die in ihrem kindlichen Glauben den Marsch nach Berlin nur als Vorübung für den nach Paris angesehen hätten.

Es ist anders gekommen. Ein Ungeheuerliches hat sich vollzogen. Ein Staatsmann wie Kahr, der doch wahrlich mehr Verantwortlichkeitsgefühl haben sollte, wie ein Parteiführer, hat Ja gesagt - ohne erstlichen Zwang, daran ist nicht zu deuteln - um sich dann nach drei Stunden die Sache zu überlegen. Ein männliches Nein! und es wäre derselbe Zweck erreicht: ein mit größter Wahrscheinlichkeit unglücklich ausgehender Bürgerkrieg und eine äußere Niederlage verhindert gewesen und nicht ein Riesenkapital von Idealismus verdorrt.

Doch, Hand aufs Herz! Dürfen wir verurteilen? 1806 schlug Preußen allein los und wurde vernichtet, 1809 Österreich unter gleichen Umständen. Hunderttausende mußten zwecklos verbluten, bis endlich 1813 oder richtiger 1812, die Vorbedingungen geschaffen wurden. Adolf Hitler war und ist ein York - es war nur noch nicht die Erfüllung der Zeiten gekommen.

So sonderbar es klinkt - wir brauchen jetzt Diplomaten der besten alten Schule, Cavours und nicht Cromwells. Daß sich unser Volk daran nicht gewöhnt, ist ein Zeichen seiner Unreife für die Republik. Solange wir nur Erzberger und Renner haben, die auch innerlich charakterlose, vaterlandslose Weltfriedler sind ist eine erfolgreiche Außenpolitik unmöglich.

Wie man sieht, bewegt sich Dr. Riehl ganz auf der Linie, die wir von Anfang an mit den Worten gekennzeichnet haben:

Warten, Nerven behalten, und wenn es noch so schwer und schmerzlich ist, bis der Augenblick gekommen ist. Bis dahin aber alles vorbereiten! Da gibts genug zu tun!

Und auch dann gibt es nur einen Erfolg, wenn alle völkischen Richtungen in einer Linie marschieren! Die herzustellen ist also das Gebot der Stunde. Wir sagen das mit allem Ernste nach beiden Seiten.

Und gerade dieser Dr. Riehl, der alles so richtig einschätzt, wird von seiner eigenen Partei ausgeschaltet! Es ist ein Jammer!

Sonst wäre zu Dr. Riehls trefflichen Worten nur etwas zu sagen, daß Hitler auch kein York ist. Denn der hat eben erst losgeschlagen, als die Erfüllung der Zeiten gekommen war!

Wir geben diese Ausführungen Dr. Riehls auch aus dem Grunde wieder, um dem Versuche der österreichischen Großdeutschen entgegenzutreten, die in gewohnt falscher und zweckwidriger Art dieselben zu kleinlicher Parteiagitation verwenden möchten, anstatt endlich Dr. Riehls ehrliche Absicht der Herstellung jener gemeinsamen Linie anzuerkennen und durch ernste Würdigung (ohne Ausschlachtung für besondere Parteiziele) zu unterstützen. Aber auf diesen hohen, wirklich völkischen Standpunkt können sie sich leider nicht mehr erheben. -

So glauben sie, ihrer Partei zu nützen, wenn sie diesen Aufsatz Dr. Riehls durch hämische Bemerkungen herabsetzen und ihn in den Augen seiner eigenen Parteigenossen kompromittieren.

Statt wenigstens durch Stillschweigen, wenn sies sonst nicht treffen, dafür zu sorgen, daß dieser vernünftige Mensch vielleicht doch wieder jene führende Rolle in der nationalsozialistischen Partei erhält, die er verdient, - die jetzigen - österr. Führer derselben können ihm nicht das Wasser reichen - wird es ihm so, durch derartige Auseinandersetzung geradezu unmöglich gemacht.

Aber indem die Großdeutschen so immer wieder die Kluft aufreißen, nützen sie sich selbst nichts (denn die Nationalsozialisten haben doch trotz allem die größte Stoßkraft) und schaden der gemeinsamen Volkssache.

Es ist wie wir nochmals feststellen, grundfalsch, wenn sie nun triumphieren, daß sie sich eben nicht auf jenen Weg treiben ließen, den Dr. Riehl Jahre hindurch mitgehend, als einen gefährlichen Irrweg darstellt. Hätten sie nicht einen kleinlichen Parteikrieg gegen seine Partei und ihn geführt, sondern, ihrerseits die Fühlung behaltend, seine ruhige, konsequente Politik vorsichtig unterstützt, wäre es nicht so weit gekommen. Aber so etwas sind sie halt nicht imstande.

Und wenn sie im Zusammenhange damit meinen, daß sie etwa durch das Mitmachen der Seipelei eine ernste nationale Pflicht auch auf Kosten augenblicklicher Volkstümlichkeit erfüllt hätten, so möge gesagt sein, daß dies nur eine Selbstentschuldigung ist. Es war nicht notwendig, daß das die Großdeutschen taten und so, wie die letzten österreichischen Wahlen zeigten. dort die nationale Sache in Wirklichkeit zur Ohnmacht, ja zum Spott führten. Denn die Sozialdemokraten hätten die berühmte Genfer Sanierung geradeso gut und gern mit den Christlichsozialen gemacht wie sie und die Großdeutschen und die Nationalen hätten nicht parteimäßig unter den an sich freilich notwendigen Folgen dieser Sanierung gelitten und sich nicht mit dem Vorwurf belastet, Österreich und diesen Teil des deutschen Volkes um ein Linsengericht an den Ententekapitalismus verkauft zu haben - was in Wirklichkeit geschehen ist.

Wir Fragen die Herren Minister, ob sie diese Beschlagnahme billigen und welche Beweggründe für sie maßgebend waren?

Prag, den 15. Feber 1924.

Dr. Lodgman, Zierhut, Böhr, Bobek, Knirsch, Dr. Radda, Dr. Schollich, J. Mayer, Böllmann, Heller, Dr. W. Feierfeil, Kraus, Matzner, Kaiser, Ing. Kallina, Dr Brunar, Simm, Dr. Keibl, Dr. E. Feyerfeil, Patzel, Dr. Lehnert, J. Fischer.

 

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