Nunmehr wird daran gegangen, auch in diesen geringen Rest des deutschen Schulbesitzes im Weitraer Gebiet eine weitere Bresche zu legen. Der Bezirksschulausschuß in Wittingau hat an die Gemeindevertretung Erdweis folgenden Erlaß gerichtet:

Z.: 388.

Bezirksschulausschuß Wittingau 21./I. 1924.


Betrifft: Zusammenziehung der deutschen Volksschulen in Sofienwald, Zuggers und Erdweis in eine Volksschule.

An die Gemeindevertretung in Erdweis.

In Sofienwald ist eine einklassige Volksschule mit 35 Kindern, von welchen 6 Kinder fremder Staatsangehörigkeit sind, in Zuggers eine zweiklassige Volksschule mit 57 Schülern, von welchen ein Kind vorzeitig aufgenommen wurde und 9 Schüler fremder Staatsangehörigkeit sind, und in Erdweis auch eine zweiklassige Volksschule mit 77 Kindern, von denen 22 fremder Staatsangehörigkeit sind.

Alle diese Gemeinden liegen laut Spezialmappe unweit von einander und zwar Zuggers von Erdweis ca 2 km und Sofienwald von Erdweis, welche Gemeinde in der Mitte aller dieser Gemeinden liegt, ca 3 km, gerechnet von der Mitte zu Mitte der Gemeinden. Der Verbindungsweg ist eine herrliche Straße. Es ist daher vom pädagogischen Standpunkt wie auch aus wirtschaftlichen Sparrücksichen am zweckmäßigsten, daß alle diese Schulgemeinden in eine einzige Schule zusammengezogen werde, welche in der Mitte der Gemeinden, das ist Erdweis, untergebracht würde. Nachdem die Schule in Hinsicht zur jetzigen Schülerzahl der einzelnen Schuljahrgänge entweder 3oder 4klassig sein würde, möchten die Schulkinder der einzelnen Schuljahrgänge eine bessere Erziehung genießen, als es in einer einklassigen oder zweiklassigen Schule möglich ist und wäre dieses Vorgehen, wenn auch nicht augenblicklich, so doch in der Zukunft eine große Ersparnis an Schulsachenaufwand, nachdem der Aufwand bloß für ein Gebäude und an Schulsachen bloß für eine Schule zu decken wäre.

In Hinsicht darauf, daß die Gemeindevertretung bis dato die Funktion eines Ortsschulrates versieht, ersuche ich mir binnen 10 Tagen eine Kundgebung in obangeführter Sache zu überreichen.

Vorsitzende: Novotný m. p.

Die geforderte Kundgebung der Gemeindevertretung war der schärfste Protest gegen diese geplante Gewaltmaßregel. Die Erfahrung hat aber gezeigt, daß sich die Behörden bei ihrer Reduzierungsabsichten durch keine wie immer geartete Äußerung der deutschen Gemeinden haben abbringen lassen. Es ist daher der begründete Anlaß zu der Befürchtung vorhanden, daß das Landesschulratspräsidium die angekündigten Schulsperrungen wirklich durchführt Gegen diese Absicht erheben auch die Gefertigten den eindringlichsten Widerspruch.

Die im Erlasse des Bezirksschulausschusses angeführten Umstände entsprechen nicht den Tatsachen. Die deutsche Schule in Sofienwald, seit den 70er Jahren bestehend, war bis zum Jahre 1904 Expositur zur Volksschule in Erdweis. Sie wurde eben wegen der schlechten Wegverhältnisse errichtet. Der im Erlasse als herrliche Straße bezeichnete Weg ist aber in Wirklichkeit derartig, daß im Monate Jänner d. J. schon fast nicht einmal mehr Schlitten darauf fahren konnten. Würde es den Kindern schon im Sommer schwer fallen, zweimal nach Erdweis und zurück zu gehen, so ist es im Winter geradezu eine Unmöglichkeit, daß 6jährige Kinder diesen Weg machen könnten.

Ähnlich verhält es sich mit Zuggers.

Die angekündigten großen Ersparnisse würden für das Land im äußersten Falle darin bestehen, daß eine Klasse weniger erhalten werden müßte, denn die vereinigte Schule müßte bei 169 Kindern unbedingt 4klassig werden, wenn man bedenkt, daß die èechische Volksschule in Beinhöfen bei einer wenig über 100 betragenden Schülerzahl 3klassig ist. Für 4 Klassen ist im Schulgebäude in Erdweis kein Raum, weshalb dortselbst gebaut werden müßte. Die viel gerühmten Ersparnisse, die darin bestehen, daß dann nur mehr der Sachaufwand für eine Schule durch die Gemeinden zu tragen sei, schaut daher in Wirklichkeit ganz anders aus. Und wenn schon gespart werden muß, warum wird nicht an den èechischen Schulen in diesen Gemeinden gespart? Die èechische Minderheitsschule in Erdweis zählte im vergangenen Schuljahre 35 Kinder, jene in Zuggers sogar nur 23 Kinder, darunter manche deutsche. Warum legt man nicht diese Schulen zusammen und greift auf die mehr als doppelt so starken deutschen Volksschulen? Für Sofienwald ist außerdem die Errichtung einer èechischen Minderheitsschule in Aussicht genommen, welche nach den bisherigen Erfahrungen mit Sicherheit erfolgen wird, wenn das deutsche Schulgebäude durch die Auflassung freigeworden ist. Die Sparsamkeitsklausel sucht auch hier nur allzu durchsichtige Pläne zu verdecken.

Warum macht man weiters in diesen deutschen Schulen mit Kindern österreichischer Staatsangehöriger solche Schwierigkeiten, während umgekehrt die Stadt Wien für die Kinder èsl. Staatsangehöriger eine Unzahl von Klassen erhält? Die Verhältnisse im Weitraer Gebiete als eines von Österreich abgetretenen Gebietes sind eben solche, daß naturgemäß eine große Anzahl von Ausländern dortselbst ihren ständigen Wohnsitz haben. Diese Kinder nicht zu zählen, entspricht nicht der Tendenz einer gerechten Gesetzgebung und auch nicht dem Sinne dieser Gesetze selbst, weil dort nirgends die Rede davon ist, daß solche Kinder bei Auflassungen von Klassen nicht gezählt werden dürfen und weil außerdem bei Schulauflassungen gemäß des § des Gesetzes vom 3. April 1919, Nr. 189 Slg. auf alle Kinder Rücksicht zu nehmen ist, welche zum Besuche der Schule verpflichtet sind; und es besteht wohl kein Zweifel, daß dies auch die Kinder fremder Staatsangehörigkeit sind.

Die vom Landesschulrat geplante Maßnahme kann daher auch nicht mit der geringsten gesetzlichen Begründung verständlich gemacht werden und wir fordern daher mit aller Entschiedenheit, daß der deutschen Mehrheit der Bevölkerung der genannten Gemeinden die gleiche Behandlung zuteil werde, wie der èechischen Minderheit dortselbst.

Wir stellen daher die Anfrage, ob sich der Herr Minister zu dieser Forderung bekennt und ob er bereit ist, den unveränderten Bestand der genannten deutschen Schulen zuzusichern und das Landesschulratspräsidium zu beauftragen, von der Durchführung der geplanten ungesetzlichen Maßnahme abzusehen.

Prag, am 11. Feber 1924.

Dr. Spina, Dr. Schollich, Dr. W. Feierfeil, Simm, Dr. Kafka, Ing. Jung, Patzel, Wenzel, Knirsch, Windirsch, Schälzky, Dr. Petersilka, Køepek, Heller, Böllmann, Dr. Hanreich, Pittinger, Stenzl, Budig, Böhr, Schubert, Kaiser, J. Mayer, Bobek, Zierhut.

Pùvodní znìní II./4454.

Interpellation

der Abg. Dr. Kafka, Dr. Luschka und Genossen an die Regierung betreffend die gesetzliche Regelung der Vorrückungs- und Besoldungsverhältnisse der Richter, Professoren und Staatsbeamten mit Hochschulbildung.

Durch eine ganze Reihe von Gesetzen aus den Jahren 1919 und 1920 wurden die Dienstbezüge fast aller Staatsangestelltenkategorien dadurch verbessert, daß dieselben den geänderten Verhältnissen entsprechend automatisch um 2-4 Rangsklassen vorrückten, an die Beamten mit Hochschulbildung ist hiebei vergessen worden und so schließt das Gros der Staatsbeamten mit Hochschulbildung in der VI. Rangsklasse ab, wie dies schon vor 30 Jahren der Fall war.

Das Durchrechnungsgesetz, das den Zweck hatte Ungleicheiten und Zufälligkeiten der Beförderung auszugleichen, ist durch die Durchführungsverordnungen der einzelnen Ministerien für die akademisch gebildeten Staatsbeamten geradezu unwirksam gemacht worden, indem Tausende derselben die oft 10, 12 ja selbst 15 Jahre betragende Dienstzeit in der VI. Rangsklasse für eine weitere Vorrückung nicht berücksichtigt wird.

Durch obige, mit den Intentionen des Durchrechnungsgesetzes nicht in Einklang zu bringenden Verordnungen ist es also dahin gekommen, daß 10, 12 ja selbst 15 Dienstjahre in verantwortungsvoller, oft leitender Tätigkeit zugebracht, den akademisch gebildeten Staatsbeamten verloren gehen, nicht anders, ale ob es sich um eine Dienstzeit mit dem Qualifikationskalkül - nicht entsprechend - handeln würde.

Die Grundgehälter der höheren Rangsklassen wurden gegenüber dem Vorkriegsstande nur ganz unzureichend erhöht. Eine gesetzliche Regelung, die diesen unhaltbaren Zuständen ein Ende machen soll wird der akademisch gebildeten Beamtenschaft bereits seit Jahren versprochen.

Inzwischen ist durch die vollkommen fehlende gesetzliche Regelung die Lage der hochschulgebildeten Staatsbeamten immer trauriger geworden.

Um der gesamten Öffentlichkeit ein Bild dieser Verhältnisse zu geben und ein richtiges Urteil zu ermöglichen, muß darauf hingewiesen werden, daß das Einkommen der hochschulgebildeten Beamtenschaft heute vielfach bloß ein Drittel, ja selbst bloß ein Viertel des Friedenswertes beträgt. Vollbeschäftigte Mittelschulprofessoren erhalten im ersten Dienstjahre 750 Kè monatlich, im 4. Dienstjahre 1.100 Kè. Dieselben Bezüge haben zahlreiche Leiter von Steuerverwaltungen, die sämtliche schlechter gestellt sind als alle ihnen untergeordneten Angestellten ihres Amtes, die gleichfalls auf eine kärgliche Besoldung angewiesen sind. Diese unwürdige Besoldung, die durch viele Jahre (seit 1919) besteht und nach den vorhergegangenen Kriegsentbehrungen umso schlimmer empfunden wird, trifft jenen Teil der öffentlichen Beamtenschaft, der nach schwierigster und kostspieliger Ausbildung die größte Verantwortung und die strengsten geistigen Anforderungen des Dienstes auszuhalten haben. Zehntausende von Familien sind durch diese Besoldungspolitik der Regierung aus den einfachsten, bürgerlichen Verhältnissen in die größte Dürftigkeit versetzt worden. Hunderte und aber Hunderte tüchtiger und arbeitsamer Beamter werden durch sie Jahr für Jahr aus dem Staatsdienste getrieben und den Zurückbleibenden, die mit drückendsten Nahrungssorgen zu kämpfen haben, wird jede Arbeitslust benommen. Müssen sie doch täglich mit ansehen, wie man bereits überall im privaten Arbeitsverhältnis die höhere Leistung und das höhere Wissen. wieder angemessen bewertet, während sie allein im Widerspruche mit allen Grundsätzen der politischen Ökonomie künstlich in unwürdigen Verhältnissen niedergehalten und jährlich, Mann für Mann um viele Tausende Kronen in ihren Bezügen geschädigt werden.

Im Hinblick auf die geschilderten Verhältnisse muß der sicheren Erwartung Ausdruck gegeben werden, daß von der Regierung entsprechend ausgearbeitete Gesetzentwürfe betreffend die Rechtslage der Beamten mit Hochschulbildung mit überwiegender Mehrheit, wenn nicht Einstimmigkeit, der Volksvertreter aller Parteien, werden angenommen werden.

Die Unterzeichneten richten daher an die Regierung die Anfrage:

Ist die Regierung bereit, ihre wiederholten Zusagen betreffend die Regelung der Dienst- und Gehaltsverhältnisse der Beamten mit Hochschulbildung endlich zu erfüllen und diesem Stande den Glauben wiederzugeben, daß auch er auf die gesetzliche Fürsorge Anspruch hat, von der er bisher grundlos ausgeschaltet war?

Prag am 6. März 1924.

Dr. Kafka, Dr. Luschka, J. Mayer, Kaiser, Schubert, Pittinger, Dr. Spina, Windirsch, Zierhut, Dr. Petersilka, Køepek, Stenzl, Kostka, Schälzky, Scharnagl, Böhr, Bobek, Budig, Dr. W. Feierfeil, Böllmann, Heller.

Pùvodní znìní ad III./4454.

Interpellation

des Abg. Windirsch und Genossen an den Minister für soziale Fürsorge betreffend Nichtbeachtung der Bestimmungen des Sprachengesetzes durch das Bezirksamt für Kriegsbeschädigtenfürsorge in Reichenberg.

Über die Amtsführung des Bezirksamtes für Kriegsbeschädigtenfürsorge in Reichenberg werden in sprachlicher Beziehung Klagen laut deswegen, weil dieses Amt an die deutschen Gemeinde- und Bürgermeisterämter nur einsprachig èechische Zuschriften und Verlautbarungen sendet. Dieses Vorgehen widerspricht den Bestimmungen des Sprachengesetzes vom 29. Feber 1920, Slg. Nr. 122, dessen § 2 ausdrückliche Angaben über den sprachlichen Verkehr der Gerichte, Behörden und Organe der Republik mit den sogenannten nationalen Minderheiten enthält. Der Bezirk Reichenberg ist mit einem deutschen Volksanteil von 81.8% ein überwiegend deutsches Gebiet. Ähnlich liegen die Verhältnisse in Reichenberg Stadt, wo der deutsche Teil der Bevölkerung 93.4% beträgt. Das Vorgehen des Bezirksamtes für Kriegsbeschädigtenfürsorge in Reichenberg in sprachlicher Beziehung ist darum nicht nur ungesetzlich, sondern es wird dasselbe direkt provozierend empfunden. Als Beweis für die nichtentsprechende Art der Amtierung in sprachlicher Hinsicht werden die von dem erwähnten Bezirksamte an das Marktamt in Maffersdorf gerichteten nur einsprachigen èechischen Zuschriften Zahl 2578/24-5361/I vom 12. Feber 1924 (Angelegenheit Ilchmann) und Zahl 3018/24-6061/I vom 18. Feber 1924 (Angelegenheit Lagrin) angeführt. Seither sind vom Bezirksamte aber auch noch andere Zuschriften, die zur gleichen Beschwerde Anlaß geben, versendet worden. Mit Rücksicht auf diese Vorkommnisse wird gefragt:

1. Ist der Herr Minister für soziale Fürsorge bereit, im Allgemeinen dafür zu sorgen, daß ein Gebiet, das ausschließlich humanitären Bestrebungen dienen soll, nicht zum Tummelplatz nationaler Streitigkeiten wird?

2. Ist er weiter gewillt, darauf einzuwirken. daß dem Bezirksamte für Kriegsbeschädigtenfürsorge in Reichenberg in dieser Beziehung die erforderlichen Aufklärungen gegeben werden und dieses Amt über die Beachtung der Bestimmungen des Sprachengesetzes entsprechend belehrt wird?

Prag, am 6. März 1924.

Windirsch, Dr. Spina, Køepek, Scharnagl, Kostka, Simm, Wenzel, Kaiser, Schubert, Budig, Knirsch, Ing. Jung, J. Fischer, Patzel, Dr. Lehnert, Zierhut, Dr. Schollich, Pittinger, Böllmann, Bobek, Heller, Stenzl, J. Mayer.

Pùvodní znìní ad IV./4454.

Interpellaion

des Abg. Windirsch und Genossen an den Minister für soziale Fürsorge betreffend unrechtmäßigen Bezug von Arbeitslosenunterstützungen.

Revisionen, die kürzlich bei solchen Personen im Bezirke Reichenberg durchgeführt wurden, welche staatliche Arbeitslosenunterstützung beziehen ergaben, daß diese Unterstützungen zum Teil unrechtmäßiger Weise in Empfang genommen wurden. Manche Personen, die noch immer Arbeitslosenunterstützungen nahmen, standen bereits wochenlang in einem ordentlichen Arbeitsverhältnisse. Solche Fälle unrechtmäßigen Bezuges von Arbeitslosenunterstützungen wurden in Gränzendorf bei 9 Parteien, in Maffersdorf bei 22 Parteien sichergestellt. Die Kontrolle in anderen Gemeinden offenbarte gleichfalls Fälle langandauern der unrechtmäßiger Bezüge von Arbeitslosenunterstützungen. Auch aus anderen Bezirken kamen ähnliche Meldungen, die in ihrer Gesamtheit ergeben, daß aus Staatsmitteln große Beträge zu Unrecht genommen wurden. Dadurch wurde nicht nur ungünstig auf die Staatsfinanzen eingewirkt, sondern eine unberechtigte Anforderung an die Leistungen der Steuerzahler gestellt, die bei Fortdauer eines derartigen Zustandes keine Erleichterung hinsichtlich der Besteuerung erfahren können. Es wird deshalb gefragt:

1. Sind dem Herrn Minister für soziale Fürsorge die angeführten Verhältnisse bekannt?

2. Ist derselbe bereit, über das Ergebnis der Revisionen entsprechende Auskunft zu erteilen unter Anführung der Zahl der Parteien, welche unrechtmäßiger Weise Arbeitslosenunterstützungen genommen haben und unter Angabe der Höhe der Beträge, die damit im Zusammenhang stehen?

3. Welche Schritte wird der Herr Minister für soziale Fürsorge unternehmen, damit der Staatskasse der erlittene Schaden wieder ersetzt wird und damit in Zukunft derartige Schädigungen verhindert werden?

Prag, am 6. März 1924.

Windirsch, J. Fischer, Dr. Hanreich, Stenzl, Dr. Schollich, Dr. Lodgman, J. Mayer, Dr. Brunar, Budig, Bobek, Böllmann, Zierhut, Scharnagl, Matzner, Dr. Spina, Køepek, Kaiser, Kostka, Pittinger, Schubert, Heller.

Pùvodní znìní ad V./4454.

Interpellaion

des Abg. Hugo Simm und Genossen an den Minister für Finanzen in Angelegenheit der ungerechtfertigten Berechnung von Verzugszinsen.

Die Steuerämter üben die Praxis, die Steuersumme und die Verzugszinsen für dieselbe nach den letzten definitiven Vorschreibungen auch für jene Jahre zu berechnen und vorzuschreiben, für welche noch keine definitiven Steuervorschreibungen erflossen sind. Angenommen Bezirke mit starkem Rückstande in den Vorschreibungen sind die definitiven Vorschreibungen der Jahre 1919 bei der Einkommensteuer und 1921 bei der Erwerbssteuer maßgebend für eine solche Praxis. Begründet wird sie mit den Bestimmungen des § 3 des Gesetzes vom 16. März 1921, Slg. 116 betreffend die Fälligkeiten der direkten Steuern und der zu diesen eingehobenen Zuschläge und Beiträge autonomer Körperschaften, ferner betreffend die Verzugs- und Vergütungszinsen von diesen Abgaben sowie von unmittelbaren Gebühren, in denen es heißt: Insolange die Steuern oder die Zuschläge und Beiträge der autonomen Körperschaften für das laufende Steuerjahr nicht vorgeschrieben sind, ist der Steuerpflichtige verpflichtet, sie nach der letzten Vorschreibung zu entrichten.

In Anwendung dieses Gesetzes ergibt sich nun folgendes: Die Summe der Vorschreibung an Personaleinkommensteuer 1919 wie Erwerbssteuer 1921 wird mit der Anzahl der Rückstandsjahre 1920 bis 1923 multipliziert und so die Steuergrundlage festgestellt, welche dann auch die Grundlage für die Berechnung und Vorschreibung der Verzugszinsen darstellt. Die Steuerbehörden glauben damit approximando die tatsächlichen Steuerrückstände behandelt zu haben. Diese Annahme ist eine irrige. Nur in den seltenen Fällen wird es zutreffen, daß die Jahresvorschreibungen aus der Periode 1920-23 die Höhe der letzten definitiven Vorschreibung erreichen, weil diese letzten definitiven Vorschreibungen aus einem Konjunkturjahre, in dem große Lagerabverkäufe getätigt wurden, stammen. Fast immer werden die neuen definitiven Vorschreibungen als solche wirtschaftlicher Krisenjahren Verringerungen aufzuweisen haben.

Ist es demnach schon eine außerordentliche Härte, wenn in Anziehung des Gesetzes der Steuerrückstand 1920-23 auf Grund der letzten definitiven Vorschreibung errechnet und vorgeschrieben wird so stellt unserere Meinung nach die Vorschreibung von Verzugszinsen für einen fiktiven Rückstandsbetrag eine Unmöglichkeit dar, die zu Ungeheuerlichkeiten führt. So werde einer Gablonzer Firma lediglich an Verzugszinsen eine halbe Million Kè zudiktiert und die Verzugszinsen, welche kleinere Unternehmungen vorgeschrieben erhalten, gehen desgleichen in die Tausende, ja Zehntausende. Der Meinung der Unterzeichneten nach erscheint eine solche Vorschreibung an Verzugszinsen selbst auch durch das Gesetz nicht begründet, dagegen steht sie in schreiendem Gegensatze zu den seitens des Herrn Finnanzministers erlassenen Weisungen nach liberaler Behandlung der Steuerträger. Die Verzugszinsen dürften erst nach Feststellung der tatsächlichen Steuerschuld resümiert und vorgeschrieben werden. Immer wieder muß dabei auch des Umstandes gedacht werden, daß die Hauptschuld an den unerträglichen Zuständen die Steuerbehörden selbst tragen, weil sie rechtzeitige Vorschreibungen unterließen. Der Steuerträger sträubt sich naturgemäß, nur angenommene Rückstände zu begleichen.

Die Unterzeichneten stellen daher an den Finanzminister neuerlich die Anfrage:

1. Ist er geneigt, den Steuerbehörden seine Erlässe in Bezug auf liberale Behandlung der Steuerträger wiederholt in Erinnerung zu bringen?

2. Ist er bereit, in Bezug auf die Anfrage der vorliegenden Interpellation zu verfügen, daß die Berechnung und Vorschreibung von Verzugszinsen erst nach vollständiger Klarstellung des Steuerrückstandes, d. i. nach der definitiven Vorschreibung erfolgt.

Prag am 6. März 1924.

Simm, Bobek, Budig, Dr. Spina, Patzel, Heller, Schälzky, Ing. Jung, Dr. Lelley, Schubert, Füssy, Wenzel, Zierhut, Palkovich, Windirsch, Knirsch, Dr. Körmendy-Ékes, Dr. Luschka, Dr. Jabloniczky, Dr. W. Feierfeil, Stenzl, Böhr.

Pùvodní znìní ad VI./4454.

Interpellation

der Abgeordneten Dietl, Hoffmann, Deutsch und Genossen an den Minister für Schulwesen und Volkskultur in Angelegenheit der geplanten Zusammenlegung der deutschen Volksschulen in Sofienwald, Zuggers und Erdweis.

In dem ehemals zu Niederösterreich gehörigen Gebiete von Weitra sind seit seiner Angliederung an die èsl. Republik die deutschen Volksschulen in der Gemeinde Tannenbruck, Witschkoberg, Gundschachen, Beinhöfen, Rottenschachen, Abbrand und Schwarzbach aufgelassen worden. Die deutsche Bevölkerung dieser Gemeinden hat somit keine deutsche Volksschule mehr. Anstelle dieser aufgelassenen deutschen Schulen wurden überall èechische Volksschulen errichtet, in Rottenschachen außerdem auch eine èechische Bürgerschule. Von deutschen Schulen blieben nur jene in Unterwielands, Erdweis, Zuggers, Sofienwald, Weissenbach und Naglitz erhalten. Die deutsche Volksschule in Unter-Wielands ist jedoch von 6 auf 2 Klassen reduziert worden. Dafür wurde aber dort eine 7klassige èechische Volksschule und eine 4klassige èechische Bürgerschule errichtet. Auch die deutschen Volksschulen in Erdweis und Zuggers sind von 3 auf 2 Klassen reduziert worden, während in beiden Gemeinden èechische Minderheitsschulen begründet wurden. Auch Weissenbach hat im vorigen Jahre für ein zugewandertes èechisches Kind eine Minderheitsschule erhalten.

Nunmehr wird daran gegangen, auch in diesen geringen Rest des deutschen Schulbesitzes im Weitraer Gebiet eine weitere Bresche zu legen. Der Bezirksschulausschuß in Wittingau hat an die Gemeindevertretung Erdweis folgenden Erlaß gerichtet:

Z.: 388.

Bezirksschulausschuß Wittingau 21./I. 1924.


Betrifft: Zusammenziehung der deutschen Volksschulen in Sofienwald, Zuggers und Erdweis in eine Volksschule.

An die Gemeindevertretung in Erdweis.

In Sofienwald ist eine einklassige Volksschule mit 35 Kindern, von welchen 6 Kinder fremder Staatsangehörigkeit sind, in Zuggers eine zweiklassige Volksschule mi 57 Schülern, von welchen ein Kind vorzeitig aufgenommen wurde und 9 Schüler fremder Staatsangehörigkeit sind, und in Erdweis auch eine zweiklassige Volksschule mit 77 Kindern, von denen 22 fremder Staatsangehörigkeit sind.

Alle diese Gemeinden liegen laut Spezialmappe unweit von einander und zwar Zuggers von Erdweis ca 2 km und Sofienwald von Erdweis, welche Gemeinde in der Mitte aller dieser Gemeinden liegt, ca 3 km, gerechnet von der Mitte zu Mitte der Gemeinden. Der Verbindungsweg ist eine herrliche Straße. Es ist daher vom pädagogischen Standpunkt wie auch aus wirtschaftlichen Sparrücksichen am zweckmäßigsten, daß alle diese Schulgemeinden in eine einzige Schule zusammengezogen werde, welche in der Mitte der Gemeinden, das ist Erdweis untergebracht würde. Nachdem die Schule in Hinsicht zur jetzigen Schülerzahl der einzelnen Schuljahrgänge entweder 3- oder 4klassig sein würde, möchten die Schulkinder der einzelnen Schuljahrgänge eine bessere Erziehung genießen, als es in einer einklassigen oder zweiklassigen Schule möglich ist, und wäre dieses Vorgehen, wenn auch nicht augenblicklich, so doch in der Zukunft eine große Ersparnis an Schulsachenaufwand nachdem der Aufwand bloß für ein Gebäude und an Schulsachen bloß für eine Schule zu decken wäre.

In Hinsicht darauf, daß die Gemeindevertretung bis dato die Funktion eines Ortsschulrates versieht, ersuche ich mir binnen 10 Tagen eine Kundgebung in obangeführter Sache zu überreichen.

Vorsitzende: Novotný m. p.

Die geforderte Kundgebung der Gemeindevertretung war der schärfste Protest gegen diese geplante Gewaltmaßregel. Die Erfahrung hat aber gezeigt, daß sich die Behörden bei ihrer Reduzierungsabsichten durch keine wie immer geartete Äußerung der deutschen Gemeinden haben abbringen lassen. Es ist daher der begründete Anlaß zu der Befürchtung vorhanden, daß das Landesschulratspräsidium die angekündigten Schulsperrungen wirklich durchführt. Gegen diese Absicht erheben auch die Gefertigten den eindringlichsten Widerspruch.

Die im Erlasse des Bezirksschulausschusses angeführten Umstände entsprechen nicht den Tatsachen. Die deutsche Schule in Sofienwald, seit den 70er Jahren bestehend, war bis zum Jahre 1904 Expositur zur Volksschule in Erdweis. Sie wurde eben wegen der schlechten Wegverhältnisse errichtet. Der im Erlasse als herrliche Straße bezeichnete Weg ist aber in Wirklichkeit derartig, daß im Monate Jänner d. J. schon fast nicht einmal mehr Schlitten darauf fahren konnten. Würde es den Kindern schon im Sommer schwer fallen, zweimal nach Erdweis und zurück zu gehen, so ist es im Winter geradezu eine Unmöglichkeit, daß 6jährige Kinder diesen Weg machen könnten.

Ähnlich verhält es sich mit Zuggers.

Die angekündigten großen Ersparnisse würden für das Land im äußersten Falle darin bestehen daß eine Klasse weniger erhalten werden müßte, denn die vereinigte Schule müßte bei 169 Kindern unbedingt 4klassig werden, wenn man bedenkt, daß die èechische Volksschule in Beinhöfen bei einer wenig über 100 betragenden Schülerzahl 3klassig ist. Für 4 Klassen ist im Schulgebäude in Erdweis kein Raum, weshalb dortselbst gebaut werden müßte. Die viel gerühmten Ersparnisse die darin bestehen, daß dann nur mehr der Sachaufwand für eine Schule durch die Gemeinden zu tragen sei, schaut daher in Wirklichkeit ganz anders aus. Und wenn schon gespart werden muß. warum wird nicht an den èechischen. Schulen in diesen Gemeinden gespart? Die èechische Minderheitsschule in Erdweis zählte im vergangenen Schuljahre 35 Kinder, jene in Zuggers sogar nur 23 Kinder, darunter manche deutsche. Warum legt man nicht diese Schulen zusammen und greift auf die mehr als doppelt so starken deutschen Volksschulen? Für Sofienwald ist außerdem die Errichtung einer èechischen Minderheitsschule in Aussicht genommen, welche nach den bisherigen Erfahrungen mit Sicherheit erfolgen wird, wenn das deutsche Schulgebäude durch die Auflassung freigeworden ist. Die Sparsamkeitsklausel sucht auch hier nur allzu durchsichtige Pläne zu verdecken.

Warum macht man weiters in diesen deutschen Schulen mit Kindern österreichischer Staatsangehöriger solche Schwierigkeiten, während umgekehrt die Stadt Wien für die Kinder èsl. Staatsangehöriger eine Unzahl von Klassen erhält? Die Verhältnisse im Weitraer Gebiete als eines von Österreich abgetretenen Gebietes sind eben solche, daß naturgemäß eine große Anzahl von Ausländern dortselbst ihren ständigen Wohnsitz haben. Diese Kinder nicht zu zählen, entspricht nicht der Tendenz einer gerechten Gesetzgebung und auch nicht dem Sinne dieser Gesetze selbst, weil dort nirgends die Rede davon ist, daß solche Kinder bei Auflsssungen von Klassen nicht gezählt werden dürfen und weil außerdem bei Schulauflassungen gemäß des § 9 des Ges. vom 3. April 1919, Nr. 189 Slg. auf alle Kinder Rücksicht zu nehmen ist, welche zum Besuche der Schule verpflichtet sind; und es besteht wohl kein Zweifel, daß dies auch die Kinder fremder Staatsangehörigkeit sind.

Die vom Landesschulrat geplante Maßnahme kann daher auch nicht mit der geringsten gesetzlichen Begründung verständlich gemacht werden und wir fordern daher mit aller Entschiedenheit, daß der deutschen Mehrheit der Bevölkerung der genannten Gemeinden die gleiche Behandlung zuteil werde, wie der èechischen Minderheit dortselbst.

Wir stellen daher die Anfrage, ob sich der Herr Minister zu dieser Forderung bekennt und ob er bereit ist, den unveränderten Bestand der genannten deutschen Schulen zuzusichern und das Landesschulratspräsidium zu beauftragen, von der Durchführung der geplanten ungesetzlichen Maßnahme abzusehen?

Prag am 11. Feber 1924.

Dietl, Hoffmann, Deutsch,

Dr. Czech, Hausmann, Kaufmann, Pohl, Leibl, Roscher, Uhl, Jokl, Dr. Haas, Èermak, Hackenberg, Taub, Palme, Dr. Holitscher, Schuster, Beutel, Schäfer, Grünzner.

 

 

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