Pùvodní znìní ad I./4436.
Interpellation
des Abgeordneten Dr. Emmerich Radda und Genossen
an den Minister des Innern und an den Justizminister
betreffend die Beschlagnahme der Broschüre Abgeordneter Dr. Alois Baeran vor dem Prager Schwurgerichte.
Bei Anfertigung des Werkes Abgeordneter Dr. Alois Baeran vor dem Prager Schwurgerichte ersuchte die Schriftleitung des Brünner Montagsblattes die Pressebehörde, zu gestatten, dass die Zensur bogenweise vorgenommen werde, damit das Werk schneller hergestellt werden könne. Diese Art Vorzensur wurde bezüglich der ersten zwei Bogen (Seite 1-32) bewilligt. In diesen zwei Bogen wurden 6 Stellen beschlagnahmt. Als die weiteren Bogen zur Zensur vorgelegt wurden, eröffnete die Zensurbehörde, dass sie nicht weiter die Vorzensur bewilligen, sondern erst nach vollständiger Vorlage des Werkes den Zensurbefund bekannt geben werde. Die Geschäftsleitung beeilte sich deshalb und legte Samstag am 3. März das fertige Werk der Zensurbehörde vor. Am 5. März erhielt die Schriftleitung den amtlichen Zensurbescheid unter Aufnahme eines Protokolles durch einen Polizeikommissär mit dem Druckereifaktor, laut welchem in den Bogen 3-17 vier weitere Stellen beschlagnahmt wurden. Hiezu muss zunächst erwähnt werden, dass die beschlagnahmten Stellen bereits früher in verschiedenen Zeitungen abgedruckt waren und anstandslos die Zensur passiert hatten.
Die beschlagnahmtem Stellen lauteten:
Auf Seite 5:
I. Als Dr. Baeran nach der Beendigung des Krieges infolge der Auflösung der südwestlichen Front wach Brünn zurückkehrte, fand er das Rathaus in den Händen fremder Leute. Es sah Gewalt gegen die Deutschen auf allen Seiten, er sah, wie man sie rechtlos zu machen suchte. Er sah die Kopflosigkeit und Unfähigkeit der bisherigen deutschen Vertreter und Führer, die die Stadt ohne Widerspruch und ohne den leisesten Versuch eines Widerstandes übergeben hatten.
Damals überkam den Heimgekehrten ein heiliger Zorn und er tat das Gelöbnis, nunmehr den Kampf gegen die Feinde des deutschen Volkes aufzunehmen und ihn mit allen Mitteln zu führen, die ihm zu Gebote ständen.
II. Baeran hat die Gunst seines Volkes im höchsten Masse errungen. Wohin er kommt und wo immer er spricht, überall umbraust ihn der Jubel dankbarer Männer und Frauen. Sie wissen, dass er ein furchtloser und treuer Mann ist, der in Ehren auf seinem Führerplatze steht und einen Titanenkampf gegen den Grössenwahn der regierenden tschechischen Grossprecher und Volksverderber führet. Recht, Freiheit und glühende Liebe zum eigenen Volke sind die Leitgedanken seines Handelns als Parlamentarier. Einen solchen Mann an der Spitze zu wissen, gibt Ruhe und Sicherheit, Mut und Kraft zum Ausdauern.... Das hat wieder so recht deutlich aller Welt die Stinkbombenaffäre gezeigt.... Hinter Dr. Baeran stehen heute nicht allem seine Wähler, sondern das ganze deutsche Volk der Tschechoslowakei und vor ihm als Schild seine deutschen Kollegen des bürgerlichen Lagers im Parlamente! Das Volk aber würde es nicht verstehen, wenn dies anders wäre!
III. Es ist unrichtig, ihm Hass gegen die tschechische Nation vorzuwerfen - er hasst kein Volk, sondern nur das Unrecht, das an uns Deutschen verübt wird. In der Liebe zu seinem angestammten Velke ging er ganz auf. Diesem galt alle Arbeit und seiner Befreiung aus unwürdigen Verhältnissen der Kampf, den er als unerschrokkenster Verfechter der völkischen Idee und des Selbstbestimmungsrechtes geführt hatte.
Seite 6-8:
- vielmehr war dies eine Demonstration, ein Alarm, gerichtet an die ganze Welt... Wir deutschen Abgeordneten machtlos. Die Geschäftsordnung des Hauses bedeutet für uns schwere Ketten. Jeder Versuch, unsere Lage zag verbessern, scheiterte bisher an der Unduldsamkeit eines wahnwitzigen Chauvinismus.... Dann höhnt man uns. Keck und kühn behaupte ich, dass ein Fünftel der tschechischen Abgeordneten die ihnen vorgelegten Gesetzentwürfe nicht kennen. Uns werden letztere meistens erst in der allerletzten Stunde hingeworfen, der Grossteil unserer deutschen Kollegen kann nicht tschechisch, zur Uebersetzung allein würden viele Stunden nötig sein, zum Studium kommt unsereiner nur mit ungeheurer Mühe, alle unsere Einwendungen, Vorschläge, Anträge werden abgelehnt. Bei den wichtigsten Beratungen bekommen wes gesperrte Redezeit. Bei der Budgetberatung, bei welcher es sich um 29 Milliarden handelte, fielen auf einen Redner 14 1/2 Minuten... Unter einigen unserer Kollegen entstand die Meinung; ob es nicht klug wäre, in Güte im Wege des freudlichen Bittens eine Wandlung zu schaffen. Sie überzeugten sich, dass wir recht hatten, als wir Ihnen sagten, dieser Versuch wäre falsch und unserer unwürdig.
Herr Präsident kennenden Grundsatz de Rechten: Vim vi depellere licet. (Man darf der Gewalt mit Gewalt begegenen. D. Sch.) Sie und Ihre Leute haben im österreichischen Parlament gestürmt, alles zerschlagen, schwere Tintenfässer herumgeworfen, schwere messingene Untertassen. Das alles war Gewalt, mit Gefahren für die Beworfenen verbunden. Zu dieser Gewalt habe ich nicht gegriffen. Meine Demonstration war ohne Gefahr für jemanden verbunden. Und doch ist unsere Lage wesentlich verschieden von der, in welcher sich die Tschechen im alten Oesterreich befunden haben. Wir Deutschen, die wir uns wider unseren Willen in Ihrem Staate befinden, wären überglücklich, wenn es ums so ginge, wie es den Tschechen im altem Oesterreich ergangen ist. So aber hobt die Wut des Ohnmächtigem, die Wut des Gefesselten in uns und wir künden es laut und vernehmlich der ganzen Welt, dass die Tschechoslowakei kein demokratisches, kein modernes Staatgebilde ist.
...
Nur ein Polizeistaat kann sich das leisten, was alles jetzt geschieht bei meiner Verfolgung. Wäre es nicht so traurig, man müsste lachen darob. Weshalb wollen Sie mich verurteilen? Weil ich demonstrierte? Weil ich aus der tiefsten Empfindung meines Rechtsgefühles heraus etwas tat, um die Aufmerksamkeit der Welt auf Prag zu richten?
Sie haben ein ausgezeichnetes Spionagebüro. Sie haben eine noch tüchtigere, allerdings feile, bezahlte Journalistik zur Verfügung. Wie herzlich musste ich lachen, als ich gestern im den Wiener Zeitungen las, was alles dpa über mich aus Prag hergefabelt wurde! Ich hätte ein Bubenstück begangen, hätte geleugnet, hätte erst 3 glaubwürdigen Zeugen gegenübergestellt gestanden, hätte um Gnade und Barmherzigkeit gebeten, hätte meine Mandatsniederlegung angeboten. Alles unwahr, Herr Präsident!
Was ich getan habe, habe ich frank und frei, ganz offen getan. Ich habe mich zur Tat offen bekannt, werde mein Mandat nicht niederlegen, bereue nicht und habe nur eins getan: mich geweigert, im offenen Hause um Verzeihung zu bitten. Das konnte ich nicht und das kann ich auch jetzt nicht! Ich habe mich auch nicht geflüchtet vor dem Gesetz. So wie ich meine Angelegenheiten im Auslande geregelt habe, stelle ich mich Ihren Behörden zur Verfügung. Dies habe ich dem Justizminister, dies habe ich dem Präsidenten des Hauses, dies habe ich dem Strafgericht in Prag mittels rekommandierter Briefe bekanntgegeben.
Ich weiss, dass ich in Prag vor nicht unbefangenen Richtern stehen wende. Ich weiss, dress ich zu einer schwerem Kerkerstrafe verurteilt werde. Und ich zucke nicht einen Augenblick mit den Augenwimpern. Ohne Märtyrer hätte das Christentum nie die Welt erobert. Auch unser Volk wird ohne Märtyrer nicht sein Recht erlangen. Und unter diese Märtyrer will ich kommen. Ich bitte den Himmel darum. Und bin dabei kein Jüngling, der einen unbedachtem Streich gespielt hat, ich bin heute 50 Jahre alt und weiss, dass mich fanatisierter Pöbel wieder einmal misshandeln wird, ich weiss, dass ich im Kerker leiden werde. Aber; Herr Präsident, ich komme doch und freue mich wie eben jeder Blutzeuge auf die Verhandlung. Sie wird doch bei offenen Türen stattfinden und ich werde doch die Beweggründe schildern können, ich werde doch sagen dürften, dass ich vorsätzlich und bedacht gehandelt habe, am ihrem Staat vor der ganzem Welt angeklagt zu wissen.
Mir wurde zum Vorwurfe gemacht, dass ich dies macht hätte machen dürfen justament bei einer Demonstration der Kommunisten. Vielleicht ist dieser Vorwurf berechtigt. Wer aber die Szene im Parlament mitgemacht hat, muss sich sagen, dass die.. tätigkeit, die der Präsident Tomaschek ausübt, gleich ist, ob sie uns gegenüber oder den Kommunisten gegenüber geübt wird. Auch die Kommunisten sind Menschen, wenn sie auch andere Wege wandeln als wirr. Und ich habe schon vor Jahr und Tag dagegen protestiert, dass Ihre Soldaten; Herr Präsident, mit Dum-Dumgeschossen ausgerüstet wurden, well es ja doch nur gegen die Kommunisten geht.
Im tschechischen Staat ist jeder, der sich nicht in die Mehrheit fügt, den schwersten Gefahren ausgesetzt. Und an der Spitze dieses Staates steht ein Philosoph, Sie, Herr Präsident! Mich erinnert das lebhaft an das rösche Kaiserreich, wo unter dem sanften Kaiser Marc Aurel die wüstestem Christenverfolgungen stattgefunden haben....
Nicht alles kann ich Ihnen im Rahmen dieses Engen Briefes schreiben, was mich und mein schwer heimgesuchtes Volk bedrückt. Das Eine aber weiss ich, dass Ihre Journalisten der Welt berichten können, was sie wollen. Das deutschböhmische Volk hat mich verstanden, das deutschböhmische Volk bat meine Tat gebilligt, und das deutschböhmische Volk wird mit mir fühlen, wenn ich im Kerker sitzen werde. Dieses Bewusstsein bestärkt mich immerlich so fest, dass ich mich förmlich freue auf die Stunde, denn sie wird der Anfang sein und dann wird einmal eine Stunde kommen, wo unsere Erlösung da sein wird. An diese Stunde der Erlösung glaube ich, wie ich am einen Herrgott glaube, oder noch immer das Gute mit dem Guten belohnt und das Böse mit dem Bösen bestraft hat.
Nehmen Sie diese Worte aus meinem tiefgläubigen Herzen hin. Ich bin kein dummer Junge; der alberne Streiche macht, ich bin ein alter Manen geworden, der heimatslos wurde.
Und als heimatloser, entrechteter Mensch schreibe ich Ihnen diese Worte aus dem - Exil, wenn Sie wollen. Erinnern Sie such, dass Sie auch einmal nm Exil waren! Nach den Tagein der Gefangenschaft in Aegypten kommen die Tage des geilten Landes. Das Rad oder Zeit dreht sich. Mein armes Volk ist heute unten. Wer aber im Glücke übermütig ist, fühlt später im Unglück viel schmerzlicher sein Leid. So lehren es die Philosophen, so lehrt es die Weltgeschichte. Ich aber will kommen, den Präsident, seien Sie dessen gewiss. Und dann sprechen wir uns hoffentlich offen und freier aus!
Seite 15-16:
Dr. Baeran trat den in der Presse gegen ihm erhobenen Beschuldigungen sofort entgegen, namentlich den in den tschechischem Blättern zu dem Zwecke der Stimmungsmache erschienenen phantasiereichen Meldungen, von denen sich die Mehrzahl als erlogen erwies. Dr. Baeran selbst wurde noch am 9. Oktober abends von der Verhaftung seines Sohnes durch die Polizeidirektion verständigt und ihm bedeutet, dass er ihn dortselbst sprechen könne. Er ging tatsächlich zur Polizeidirektion und erklärte bei dieser Gelegenheit dem Oberpolizeirat Dr. Nepožitek, man könne ruhig mit seiner Einwilligung bei ihm eine Hausdurchsuchung vornehmen, was jedoch abgelehnt wurde. Inzwischen hatte die von den Lidové Noviny angekündigte Versammlung stattgefunden, in der im der bekannten Weise gegen die Deutschen gehetzt wunde, um die tschechische Volksseele zum Kochen zu bringen. Dr. Jaroslaus Stransky sprach den Deutschen jede völkische Gleichberechtigung rundweg ab, um in eisern Atem die Demokratie des tsch.-sl. Staates zu preisen. Nach der Versammlung kam es natürlich zu der üblichen Kundgebung. Ein Trupp vor ungefähr 500 Personen zog unter Absingung von Hetzliedern durch die innere Stadt in die Bäckergasse vor das Wohnhaus des Abg. Dr. Baeran, wo eine ohrenbetäubende Katzenmusik veranstaltet wurde. Von dort zogen etwa 200 bis 300 Personen vor die Wohnung des Landeskommandanten General Podhajský, dem sie ebenfalls ein Ständchen mit Pfuirufen und Gepfeife darbrachten. Vor den Parkanlagen des Deutschen Hauses sang man ein Lied und dann ging es durch die Kennergasse und Krapfengrasse zum Stadttheater, wo aber die deutsche Vorstellung schon vorüber war. Um 22 Uhr vierliefen sich die Demonstranten in den Gassen.
Es ist auffallend, dass die Behörde nicht nur die wüste Hetze der tschechischen Presse, sondern auch diese Kundgebung wohlwollend duldete.
Seite 22:
Es herrschte jene eigentümliche Schwüle über denn Zuhörern und den in der Verhandlung selbst tätigen Personen, die bei politischen Prozessen und gar in solchen Zeitläufen, in denen wir leben, die Regel ist. Wer Prag, wo die Feindseligkeit gegen das Deutschtum oft bis zur Siedehitze gesteigert wird, kennt, wer die tschechischen Zeitungen, im denen anlässlich des Prozesses mit einer wüsten Hetze eingesetzt worden war, gelesen hatte, der fühlte die Nervosität, die gleich einer Gewitterwolke über dem Verhandlungssaal lag.
So kam es denn gleich zu Beginn der Verhandlung zu einem bezeichnenden Zwischenfall. Bei der Auslosung der Geschworenen wurde nämlich die Frage der Verhandlungssprache gestreift, wobei der Vorsitzende die Mitteilung machte; dieselbe sei tschechisch mit deutscher Verdolmetschung. Das veranlasste den Geschworenenanwärter Rychtaøik, einen im Ruhestande befindlichen tschechischen Lehrer, dagegen Einspruch zu erheben. In erregten Tone erklärte er, so etwas sei ein Skandal in der Republik. Er wisse ganz genau, dass Br. Baeran gut tschechisch könne, man möge daher die Verhandlung nur in tschechischer Sprache führen. Dr. Goller lehnte infolgedessen Rychtaøik als Geschworenenanwärter ab. Als aber der vorsitzende Vizepräsident Kratochwil dem Antrage des Verteidigers nicht stattgab, da klatschen die Geschworenen wie in einer politischen Versammlung unter lebhaften Výbornì-Rufen Beifall. Es durfte daher niemandem wundern, wenn die tschechischen Zuhörer sich ebenfalls in mehr oder weniger lauten Kundgebungen ergingen, die allerdings vom Vorsitzenden gerügt wurden. Ebenso auffallend war an diesem Tage das Benehmen des Militärsachverständigen, eines Obersten im tsch.-sl. Generalstabe, das mit den bisherigen Gepflognheiten im Gerichtssaale nicht recht im Einklange stand und eher in das tscheschische Parlament gepasst hätte.
Seite 93:
...
Seite 94:
Also, Schande wäre es keine und ich dürfte mich stolz dazu bekennen - aber
Seite 99:
Aber trotzdem fühlt man in diesem Saale eine Atmosphäre des Hasses, fühlt man eine Voreingenommenheit, ein Vorurteil, aus dem das Publikum gar kein Hehl macht. Es gibt Augenblicke, in denen der Prozess an irgend ein französisches Jakobinergericht erinnert, wenn sich auch der Vorsitzende manchmal Mühe gibt, seine Stellung und damit die Stellung der richterlichen Objektivität zu sichern. So ist zum Beispiel schon gestern das Benehmen eines Militärsachverständigen gerügt worden und heute nahm sich ein Geschworener derartige Freiheiten heraus; dass den Angeklagten vor dem Volksgerichte bange werden muss.
Dadurch wurde sowohl der Stand der Angeklagten, als auch der der Verteidigung ungemein erschwert. Man gewann fast den Eindruck, als ob die von Zuhörern herbeigeführten Zwischenfälle von unsichtbaren Händen organisiert worden wären.
Seite 263:
Nichts kann nämlich für einen Staat gefährlicher werden, als ein Justizirrtum in einem Prozesse, der - trotz aller Ableugnung von offizieller Seihe - nach den Stimmen der tschechischen fresse ein politischer Prozess, war. Denn in der deutschen Bevölkerung, die denn doch dreieinhalb Millionen der Gesamtbevölkerung dieses Staates ausmacht, ist das Gefühl vorhanden, dass dieser Prozess nicht gegen Dr. Baeran,.... geführt wurde. An diesem Gedanken, der - das können den massgebenden Kreisen Tausende von Zeugen versichern - fast alle Deutschem beherrscht; kann kein Schutz- und kein Pressegesetz, sei es noch so scharf, etwas einschränken. Denn Gedanken zoll- und zensurfrei - Jassen sich nicht unterdrücken.
Unter Ausschaltung dieser beschlagnahmten Stellen stellte die Schriftleitung dem Reimdruck des Werkes in 5000 Stück mit einem Selbstkostenaufwande vom 50.000 Kè her. Als sie am 12. März mit dem Versand und Verschleiss begann, erschien ein Polizeikommissär mit 8 Polizeiorganen und erklärte die gesamte Auflage für beschlagnahmt, weil nachträglich vom der Zensurbehörde gefunden worden sei, dass in der Interpellation des Senatoren Niessner und Polach die auf Seite 256-257 eingezeichnete Stelle ebenfalls zu beanständen gewesen war.
...
Diese Stelle hatte folgenden Wortlaut:
Trotz Einspruches der Verwaltung wurden ausser den fertigen Büchern auch aus den Buchbindereien die losen Bogen 1-15, die losen Umschläge und die losem Bilder, also Buchteile, die nicht beanständet wunden, beschlagnahmt und auf Streifwagen fortgeschleppt. Mit der blossen Beschlagnahme der losen Bogen 16 und 17, die die neuerlich beanständete Stelle enthielten, wollte sich die Polizeibehörde nicht begnügen.
Die Polizei erlaubte sich sogar der Plakatierungsanstalt den Auftrag zu erteilen, das Plakat, welches das Erscheinender Sonderausgabe anzeigte, sofort zu überkleben, trotzdem diese Plakate vorher die polizeiliche Genehmigung erhalten hatten. Erst der Vermittlung eines Rechtsanwaltes gelang es, beim Polizeidirektor Rychecký durchzusetzen, dass bewilligt wurde, auf eigene Kosten die losen Bogen 1-15, die losem Buchumschläge und die losem Bilder in die Buchbindereien zurückzutransportieren. Natürlich war von diesen rückgestellten Buchteilen ein grosser Teil infolge des zweimaligen Transportes auf offenen Streifwagen und durch unsachgemässe Behandlung beim Aufladen, Abladen und Einlagern, bei der Polizeidirektion unbrauchbar geworden. Aus der ganzen Art der Beschlagnahme ergibt sich, dass es sich der Zensurbehörde nicht allein darum handelte, die Verbreitung des neuem beanständeten Stelle zu verhindern, sondern hauptsächlich darum, die Verwaltung des Blattes materiell zu schädigen. Hiebei ist besonders zu beachten, dass die Schriftleitung der gesetzlichen Verpflichtung bei der Vorlage der Zensurstücke in jeder Hinsicht entsprochen hat und an der nachträglichem Beschlagnahme der immunisierten Interpellation, deren Wortlaut im Sozialdemokraten am 11. Feber 1. J. vom der Zensur unbeanständet und vollinhaltlich veröffentlicht wurde, ohne jedes eigene Verschulden ist.
Zu den beschlagnahmtem Stellen selbst ist zu bemerken: Die drei Stellen lauf Seite 5 sind dem im Brünner Montagsblatt vom 15. Mai 1922 enthaltenen Aufsätze zum 50jährigen Geburtstag Dr. Baerans, der von der Zensur damals unbeanständet blieb.
Der auf Selte 6-8 beschlagnahmte offene Brief an den Präsidenten der Republik wurde im Brünner Montagsblatt Folge 498 und irren Südmährerblatt. Folge 82 ebenfalls von der Zensur unbeanständet gebracht.
Die auf Seite 15 beschlagnahmte Stelle über, die von dem Lidocé Noviny im Brünner Besední dùm veranlasste Demonstration sowie die Schilderung der Eereignisse wurde seinerzeit im Tagesboten und auch im Brünner Montagsblatte (Folge 535) selbst, ebenfalls vom der Zensur unbeänständet, besprochen.
Die auf Seilte 99 beschlagnahmte Stelle entspricht den Ausführungen der Národní Politika Folge 21. vom 23. Jänner 1923 (Ausgabe für das Land) in ihrem Artikel Die Wahrheit über Baeran bei Besprechung des Baeranprozesses.
Es ergib sich somit, dass lila beschlagnahmten Stellen teils Zeitungen entnommen sind, die die Zensur früher unbeanständet gelassen hat, teils Tatsachen entsprechen; wie sie sich im Gerichtssaal zugetragen hatten.
Die Unterzeichneten fragen die Herren Minister:
1. Mit welchem Rechte weiden an einem Druckwerke mehrmalige Beschlagnahmen in verschiedenen Zeitfolgen vorgenommen?
2. Mit welchem Rechte wird eine im Senate Eingebrachte Interpellation vom der Pressbehörde beschlagnahmt?
3. Sind die Herren Minister geneigt, dafür zu sorgen, dass dem Brünner Montagblatte den durch die Beschlagnahne ohne sein Verschulden entstandenen Schaden ersetzt werde?
Prag, am 19. April 1923.
Dr. Radda,
Dr. Brunar, Böhr, Bobek, Simm, Wenzel, Knirsch, Dr. Schollich, Schälzky, Dr. Medinger, Matzner, Dr. Lehnart, Dr. E. Feyerfeil, Dr. Lodgman, Ing. Kallina, Dr. Keibl, Mark, Kraus, Patzel, J. Mayer, Zierhut, Ing. Jung.
Pùvodní znìní ad IV./4436.
Interpellation
des Abgeordneten Josef Mayer und Genossen
an die Minister für Justiz und für Inneres,
wegen willkürlicher Handhabung des Pressegesetzes durch die Staatsanwaltschaft in Eger.
Am 29. Jänner 1924 stand der Herausgeber und Schriftleiter der Zeitung Deutscher Landruf im Eger wegen Uebertretung nach § 11 P. G. als Angeklagter vor dem Bezirksgerichte in Eger und wurde unter Anwendung des § 266 Str. G. zu einer Geldstrafe von 50 Kronen, im Uneinbringlichkeitsfalle zu 5 Tagen Arrest und gemäss § 389 St. P. O. zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.
Der Angelegenheit liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Am 1. Jänner 1924 entfiel mit Rücksicht darauf, dass die am 31. Dezember 1923 zu druckende Zeitungsfolge wegen des Neujahrsfeiertages erst am 2. Jänner in die Hände der Betfeber gelangt wäre, die Ausgabe dieser Folge ebenso, wie wegen der Weihnachtsfeiertage die Folgen von 25. u. 27. Dezember entfallen sind, was in der Nummer 144 des Deutschen Landrufs vom 22. Dezember 1923 mit fettgedruckten Lettern verlautbart worden war.
Merkwürdigerweise hat nun die Staatsanwaltschaft in Eger - vermutlich über die Anzeige des staatlichen Polizeikommissariats - die Anklage gegen den Schriftleiter und Herausgeber nach § 11 des P. G. einzig und allein deswegen erhaben, weil der Entfall der Sylvesternummer und nicht auch der 2 vorhergehen den Nummern nicht schriftlich der Staatsanwaltschaft und dem Polizeikommissariate in Eger angezeigt worden ist, wie die angeblich der § 10 des P. G. vorschreibt.
Dieser § bestimmt wohl, dass unter anderem eine Veränderung in den Zeitabschnitten des Erscheinens einer periodischen Druckschrift den gerannten Behörden anzuzeigen ist. Es ist aber mehr als strittig, ob in dem Entfallen einer Blattfolge eine Veränderung in den Zeltabschnitten des Erscheinens einer Zeitung zu erblicken ist, da man im allgemeinen nm Deutschen unter Veränderung etwas länger Dauerndes versteht. Durch den Wegfall einen Zeitungsfolge wird die Erscheinungsart eines Blattes nach unserer Ansicht nicht geändert.
Aber abgesehen davon, könnte auch die in der Folge des Deutschen Landrufs vom 23. Dezember 1923 erschienene Mitteilung, dass die Folgen vom 25. und 27. Dezember 1923 und 1. Jänner 1924 entfallen, als Mitteilung an die Staatsanwaltschaft und das Polizeikommissariat in Eger, welche zum genauen Lesen auch dieser Folge verpflichtet waren, angesehen wenden, da der § 10 durchaus keine schriftliche Anzeige vorsieht.
Aber nicht in dieser freilich strittigen Auffassung eines § des P. G. erblicken wir eine willkürliche Handhabung desselben, sondern darin, dass die Staatsanwaltschaft in Eger ausgerechnet wegen der Nichtanmeldung des Ausfalles der Neujahrsfolge 1924 die Anklage erhob, nachdem vom 1. Jänner 1922, an welchem der Deutsche Landruf das, erstemal in Eger gedruckt wurde, weder sie selbst noch die politische Bezirksverwaltung (bis 30. Nov. 1922) oder das staattliche Polizeikommissariat (seit 1. Dezember 1922) bis zum Ende des Jahres 1923 auch nur ein einzigesmal den Herausgeber und Schriftleiter irgendwie beanständet hatten, dass er die Meldung über den Ausfall irgend einer Zeitungsfolge unterliess, obwohl dies in den Jahren 1922 und 1923 mindestens 10- bis 15mal vorgekommen ist.
Aus dieser Tatsache geht hervor, dass entweder die Auffassung des Herausgebers und Schriftleiters über die sinngemässe Auslegung des Punktes des § 10 P. G. von diesen Behörden geteilt wurde oder aber die Staatsanwaltschaft in Eger, die politische Bezirksverwaltung in Eger und das staatliche Polizeikommissariat in Eger ihre Pflichten durch volle 2 Jahre auf das gröblichste vernachlässigt haben.
Wie leichtfertig die Anklage erhoben wurde, geht daraus hervor, dass man den Angeklagten nur wegen dir Nichtmeldung des Entfallen der Sylvesternummer und nicht auch wegen der zeitlich nur durch wenige Tage getrennten Weihnachtsfolgen belangt hast. Jedenfalls - mag - nun die Auffassung des Schriftleiters und Herausgebers von dem § 10 P. G. zutreffen oder nicht - muss sehne Verurteilung bei jedem unvoreingenommen Denkenden, namentlich aber beim Verurteiltem selbst, das Gefühl einer schweren Ungerechtigkeit und willkürlichen Handhabung der Gesetze hervorrufen.
Denn ist der § 10 des P. G. so auszulegen, wie ihn der Richter ausgelegt hat, dann sind die Staatsanwaltschaft, die politische Bezirksverwaltung und das staatliche Polizeikommissariat in Eger weit mehr schuldig als der Angeklagte, da sie ihn durch volle 2 Jahre in der Auffassung bestärkt haben dass seine Auslegungen der Bestimmungen des § 10 des Pressgesetzes zutreffend ist und sie daher die Ursache seiner Gesetzesübertretung sind.
Übrigens wurde ausdrücklich festgestellt, dass bisher keine der vorgenannten Behörden irgend ein anderes uns bekanntes Zeitungsunternehmen in dieser Hinsicht belangt hätten.
Die Unterfertigten fragen daher an:
1. Ist der Herr Justizminister geneigt zu veranlassen, dass die Staatsanwaltschaft Eger eine authentische Auslegung des § 10 des Pressegesetzes hinsichtlich der vorgeschilderten Angelegenheit erhält?
2. Sind die Herren Minister geneigt, die Egerer Behörden zu belehren, dann sie sich solcher mutwilliger Schikanen deutscher Zeitungen, wie sie in der vorliegenden Interpellation zum Ausdrucke kommen, überhaupt zu enthalten haben?
Prag, den 28. Feber 1924.
J. Mayer,
Ing. Jung, Simm, Patzel, Wenzel, Knirsch; Schubert, Böhr, Kaiser, Køepek, Dr. Kafka, Stenzl, Zierhut, Dr. Hanreich, Dr. Spina, Heller, Böllmann, Pittinger, Scharnagl, Mark, Schälzky, Windirsch.
Pùvodní znìní ad V./4436.
Interpellation
des Abgeordneten Josef Mayer und Genossen
an den Minister für Nationalverteidigung
in Angelegenheit der Behandlung der deutschen Sprache durch die èechischen Militärstellen.
Es ist eine bekannte Tatsache, dass hauptsächlich über Drängen des französischen Generalstabes die deutschen Offiziere immer mehr und mehr aus der èechischslovakischen Armee entfernt werden. Einren billigen Vorwand bieten die bei der Armee eingeführten Sprachenprüfungen, bei denen die unglaublichsten nicht zurechtfertigenden Dinge verlangt werden und zwar von Leuten, deren Eignung für die Abhaltung solchen Prüfungen wahrlich erst nachgewiesen werden müsste. Die im Friedensvertrage der deutschen Bevölkerung der Èechoslovakei zugesagte Gleichberechtigung erleidet dabei eine Einbusse, die jedem gerechten Empfinden hohn spricht. Der chauvinistische Fanatismus, der in Offizierskreisen Platz gegriffen hat, treibt aber Blüten, die nicht ungerügt und unbeobachtet bleiben dürfen. Es geht soweit, dass man dein letzten Rest der deutschen Offiziere sogar verbietet, ausser Dienst deutsch zu sprechen. Besonders wünscht man dies nicht in öffentlichem Lokalen und auf der Gasse verbietet min es ihnen mit ihren der èechischen Sprache häufig nicht mächtigen Familienangehörigen. So hat der Stationskommandant von Hohenmauth, General Èila, in einem Reservatbefehl das Deutschsprechen in der Oeffentlichkeit verboten und einem jeden, der ihm zur Anzeige gebracht wird, mit Suspendierung gedroht. In der Egerer Offiziersmesse ist der Gebrauch jedes deutschen Wortes mit einer Geldstrafe bedroht, wie dies aus einem Anschlage ersichtlich ist.
Die Gefertigten fragen den Herrn Minister:
1. Sind ihm diese Übergriffe einzelner Kommandanten, die sie sich gegen die deutsche Sprache herausnehmen, bekannt und was gedenkt er zu tun, um diese Bosheiten abzustellen?
2. Ist der Herr Minister der Ansicht, dass diese Vorkommisse im Einklange mit den Friedensverträgen Astehen oder nicht und was gedenkt er zu veranlassen, um der im den Friedensverträgen dem deutschen Volke zustehende Gleichberechtigung Geltung zu verschaffen?
Prag, den 1. März 1924.
J. Mayer,
Zierhut, Stenzl, Køepek, Knirsch, Böllmann, Windirsch, Dr. Kafka, Dr. Spina, Böhr, Dr. Petersilka, Bobek, Heller, Pittinger, Schubert, Kaiser, Mark, Dr. W. Feierfeil, Wenzel, Simm, Ing. Jung, Patzel.
Pùvodní znìní ad VI./4436.
Interpellation
des Abgeordneten Josef Mayer und Genossen
an den Eisenbahnminister
in Angelegenheit der Vorkommnisse bei der Personenkasse der Staatsbahn in Eger.
In Eger ist das Gerücht verbreitet, dass durch einem treulosem Beamten èechischer Nationlität in der letzten Zeit Unterschlagungen bei der Personenkasse vorgekommen sind. Die gefertigten Interpellanten haben schon seinerzeit in einer Interpellation den Herrn Eisenbahnminister darauf aufmerksam gemacht, dass die Neuregelung an den Kassenschaltern in Eger weder dem Bahn betriebe noch dem Personenverkehre besonders förderlich erscheint. In einer recht oberflächlichen und wegwerfenden Antwort hat sich der Herr Eisenbahnminister über diese berechtigte Beschwerde hinwegzusetzen versucht. Das eben erwähnte Gerücht scheint ganz darnach angetan, den Interpellanten bei ihrer seinerzeitigen diesfalligen Anfrage recht zu geben.
Die Gefertigtem fragen den Herrn Minister:
1. Was ist an dem oben erwähnten Gerüchte wegen der Unterschlagung von 19.600 Kè; bei der Personenkasse am Egerer Bahnhofe war?
2. Welcher Nationalität gehört der Beamte an und wie heisst er?
3. Was hat die Bahnverwaltung unternommen, um den Schuldigen zu bestrafen und wie sieht diese Strafe aus?
Prag, dem 1. März 1924.
J. Mayer,
Zierhut, Stenzl, Pittinger, Køepek, Budig, Knirsch, Dr. Kafka, Heller, Dr. Petersilka, Dr. W. Feierfeil, Böhr, Böllmann, Kaiser, Windirsch, Patzel, Simm, Dr. Spina, Ing. Jung, Wenzel, Bobek, Schubert, Mark.
Pùvodní znìní ad VII./4436.
Interpellation
des Abgeordneten Josef Patzet und Genossen
an den Justizminister
betreffend die Beschlagnahme des Romans O Böhmen von Hans Watzlik.
Laut Amtsblatt der Èechoslovakischen Republik Nr. 70 vom 27. März 1923 hat das Landesgericht in Prag als Pressgericht über Antrag der Prager Staatsanwaltschaft vom 19. März 1923 mit Erkenntnis vom 22. März 1923 die nichtperiodische ausländische Druckschrift Hans Watzlik: O Böhmen! - Roman. - L. Staackmann, Verlag Leipzig, an 14 Stellen wegen Vergehens gegen die öffentliche Ruhe und Ordnung nach § 302 Strafgesetz beschlagnahmt. Diese Beschlagnahme erfolgte, nachdem das im Jahre 1917 erschienene Buch bereits seit Jahren in der Oeffentlichkeit bekannt und auch in der Èechoslovakischen Republik seit dem Umsturze hinreichend bekannt und verbreitet war. Diese Beschlagnahme eines Werkes, das eine grossangelegte Dichtung, keineswegs aber etwa eine politische Tendenzschrift ist, muss begreiflicher weise lebhaftes Befremden erregen. Der am 19. März gestellte Beschlagnahme-Antrag führte bereits nach drei Tagen zu dem gerichtlichen Erkenntnis, obwohl es sich hier nicht um einen kurzen Zeitungsaufsatz, sondern ein umfangsreiches Werk handelt, das man doch nur nach vollständiger Durchsicht würdigen und beurteilen kann. Trotzdem der Verfasser eine in allen inländischen Krisen bekannte Persönlichkeit ist, hatte er etliche Wochen nach der Beschlagnahme vor ihr noch keine amtliche Mitteilung, sodass ihm die Möglichkeit genommen war, sieh der gesetzlichen Rechtsmittel zu bedienen. Das kann aber sicherlich nicht oder Wille und die Absicht einer geordneten Rechtspflege sein. Der Roman O Böhmen!, von dem 14 aus dem Zusammenhang gerissene Stellen beanständet wurden, ist eine ergreifende Schilderung seelischer Erlebnisse, deren Hintergrund allerdings die nationalen Verhältnisse im Lande Böhmen sind. Wenn man bei einem solchen Dichterwerk von einer Tendenz sprechen kann, so kann der Grundgedanke dahin gekennzeichnet werden, dass er eine tiefernste Mahnung an die Deutschen im Lande enthält, mit Ballen sittlich erlaubten Mitteln für ihr Recht auf dem Heimatboden zu kämpfen, dass er aber auch an zahlreichen Stellen die Frage aufwirft, ob es nicht doch möglich wäre, nach Ueberwindung alten Hasses eine Zeit heraufzuführen, in der die beiden hochbegabten Volksstämme im Lande in heissem aber edlem kulturellen Wettstreite nebeneinander leben könnten. Dass der Beschlagnahme eine gründliche Durchsicht des Werkes schwerlich vorausgegangen ist, bezeigt die Tatsache, dass die beschlagnahmte dritte Steile sogar die bewegliche Klage eines alten Oesterreichers darüber beanständet; dass die Völker einander nicht verstehen wollen und dass nach dem traurigen Gefühl dieses alten Oesterreichers die Deutschen und die rechen einander nicht genügend Verständnis entgegen bringen. Wir wissen nicht, ob es die Absicht des in dem Gesetze zum Schutze der Republik ausgesprochenen politischen Geistes ist, nicht nur der deutschen Presse einen Maulkorb anzulegen, sondern auch deutsche Dichtungen, Shöpfungen des von den Gebieten der Tagespolitik fernabliegenden deutschen Geisteslebens, zu verfolgen und zu misshandeln. Wir glauben aber, dass es Aufgabe und Pflicht der Justizverwaltung ist, vor solchen Verfügungen, das betreffende Werk gründlich zu studieren und zu prüfen.
Die beschlagnahmten Stellen, die allerdings ans dem Zusammenhang gerissen sind, haben folgenden Wortlaut:
I. (Seite 5-6).
Mit Faust und Ferse müssen wir Deutschen uns wehren, wenn wir in Böhmen bestehen wollen. Der Tscheche will keinen Landfrieden, er will uns vernichten.
Jörg Markwart murrte dies und spiegelte das verfinsterte Antlitz im hellen Wein.
Doktor Walter Preinfalk aber schüttelte das Haupt. Du hast eine dunkle Welt. Der Mensch braucht den Menschen, ein Volk das andere. Die Streiter müssen sich einmal versöhnen.
Die Luft war behangen mit dem Flitter fabelfarbener Falter und irrte trunken durch den Baum, der sich über den vier Freunden wölbte, sein Wunder dem Himmel zublühend. Hoch zu Ast hub ein Schnäblein an, in verschwenderischer Zierlust eine Weise zu beladen, und der Lenz vollendete sich und wuchs ungeheuer an in Schneeweiss und Rosenrot.
Doch Jörg Markwart presste die Faust gegen die Stirn und war abseits von Frühling und Freunden.
Da sagte Walter Preinfalk traurig: Kommt denn unser armes Heimatland nimmer zur Ruhe? O dass der Mai roch Bäume und Blumen und Quellen aus diesem Boden lockt! O dass dieser Boden nicht glühend wird unter dem endlosen Kampf!
Wir sind nicht Schuld daran, wir wehten uns nur gegen masslose Gier.
Ein Volk kann dem andern ungeheuer nützen, fuhr Preinfalk fort. Und was könnten Deutsche und Tschechen leisten in Kunst und Wissenschaft, in Werken der Wohlfahrt und des Fleisses, wenn sie Kraft und Geist nicht an diese lächerliche Fehde bänden!
Wir Deutschböhmen wollen nichts anderes, als uns selbst bestimmen. Dies verweigert man uns. Wir wünschen den Gegnern Reichtum und Entwicklung, doch nicht auf unsere Kosten.
Sollten wir dass Böse nicht durch kluge Güte besiegen? erwiderte Preinfalk. Die Tschechen müssten die Waffen senken.
Markwart aber rief bitter: haben wir ihnen nicht seit altersher geholfen? Und haben sie je Dank gewusst dafür? Die ganze Geschichte Böhmens ist ein Krieg wider da Deutschtum. Und unsere törichte Güte gilb ihnen das Rüstzeug, das sich nun böhmisch gegen uns kehrt. Wir deutschen Schwärmer und Weltumarmer erzogen und wappneten den Feind wider uns selber.